Der Münchner Oberbürgermeister teilte mit, München habe die größten Gewerbesteuereinnahmen seiner Geschichte und es könnten eine Menge Schulden getilgt werden. Das halte ich für sehr gut, sehe München aber auch in der Verpflichtung, für eines der größten Nahverkehrsprojekte in der Landeshauptstadt München eine gewisse Zwischenfinanzierung zu übernehmen.
Herr Dr. Piazolo hat behauptet, das wäre singulär für die Landeshauptstadt München. Hätten Sie zugehört, wüssten Sie, dass in Hessen alle Kommunen zahlen, dass Stuttgart und Leipzig zahlen. Das sind Vergleichsfälle. Warum soll der Bundesverkehrsminister dafür sorgen, dass der Bund alles zahlt und die Stadt München nichts?
Ich habe die Sätze nicht mitgezählt. Zum Trost für alle Fraktionen kann ich vermelden, dass alle noch relativ viel Redezeit haben. Bitte, Herr Dr. Bertermann.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Die erste Frage kann ich am leichtesten beantworten. Die verkehrspolitische Inkompetenz liegt aufseiten der Opposition, die gefragt hat. Das war die erste klare Antwort.
Die zweite Frage ist klipp und klar von Herrn Huber beantwortet worden. Als Verkehrsexperte hat er deutlich gesagt, München habe viel Gewerbesteuer, es könne also 350 Millionen Euro für die Menschen im Großraum München mobilisieren, damit diese pünktlich zur Arbeit kommen und auch der Mittelstand davon profitiert.
Danke, Herr Dr. Bertermann. Es liegen keine weiteren Anmeldungen für Wortmeldungen vor. Nun hat Herr Pfaffmann das Wort.
Frau Präsidentin, vielen Dank! Es ist sehr interessant, wie man einen einfachen Berichtsantrag, der im Übrigen schon vor einem halben Jahr beantwortet wurde, nutzen kann, um Wahlkampf in das Hohe Haus zu tragen. Ich bedanke mich ganz herzlich für die gut gemeinten Ratschläge der Vertreterinnen und Vertreter der CSU und der FDP. Diese Debatte, so wie sie bisher geführt wurde, zeigt eindeutig: Sie haben nur ein einziges Interesse. Sie haben nur das Interesse, den Münchner Oberbürgermeister hier anzuschwärzen, und dies ohne jegliche sachliche Begründung.
Es ist geradezu skurril, wenn derjenige, der für das Desaster der Landesbank zuständig ist, hier meint, der Landeshauptstadt Ratschläge geben zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen noch einmal: Der Antrag ist erledigt. Wenn Sie die Politik verfolgen würden, gerade auch die Münchner Verkehrspolitik, dann wüssten Sie, Herr Kollege Dr. Bertermann, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Münchner Rathausfraktion den Antrag, den Sie hier eingebracht haben, nahezu wortgleich vor einem halben Jahr im Münchner Stadtrat gestellt haben. Dieser Antrag ist bereits beantwortet. Allein diese Tatsache zeigt, dass Sie nur ein einziges Interesse verfolgen: Sie wollen hier öffentlichen Wahlkampf machen, sonst nichts. Ich lese Ihnen jetzt die Beantwortung Ihrer eigenen Anfrage vor, damit Sie Bescheid wissen. Das ist eine völlig überflüssige Anfrage. Die Antwort lautet:
1,5 Milliarden Euro wurden in den letzten 15 Jahren investiert. Davon hat der Bund 815,6 Millionen Euro, das Land 233,8 Millionen Euro und die Stadt 409,0 Millionen Euro bezahlt.
Danke schön für die Unterstützung des Landes und des Bundes, wir können das Geld in München gut brauchen. Das haben wir schon immer gesagt, und auch der Oberbürgermeister hat schon immer erklärt, er bedanke sich bei den Mitfinanzierern der Münchner U-Bahn.
Wenn Sie aber den Eindruck erwecken wollen, das wäre eine Wohltat der Bayerischen Staatsregierung, es handle sich sozusagen um eine freiwillige Leistung, wenn Sie also den Eindruck erwecken wollen, Sie würden die Landeshauptstadt München gönnerhaft unterstützen, dann darf ich Sie auf die Gesetzeslage verweisen. Es ist keine gönnerhafte Unterstützung und auch kein Almosen, Sie sind geradezu gesetzlich dazu verpflichtet, die Stadt hier zu unterstützen. Ich verweise auf das FAG - Finanzausgleichsgesetz - und das GVFG - Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Es ist also nicht Ihre freiwillige Leistung, sondern Ihre gesetzliche Pflicht.
Ich möchte noch einmal auf das Thema "zweite Stammstrecke" hinweisen. Die ganze Zeit verlangen Sie von der Stadt München eine Mitfinanzierung der zweiten Stammstrecke. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte das für eine Aufforderung zum Rechtsbruch. Es gibt Gesetze in diesem Land, die sind mit Ihrer Stimme beschlossen worden und die besagen, dass es Ihre Aufgabe ist, lieber Herr Zeil; es ist Aufgabe von Land und Bund, die S-Bahn zu finanzieren. Genau das machen Sie aber nicht. Weil Sie es nicht fertigbringen, die zweite Stammstrecke zu realisieren, versuchen Sie heute in diesem Hause, die Stadt in die Pflicht zu nehmen, obwohl sie gar nicht
verpflichtet ist. Das ist schäbig. Das ist der Versuch, den Menschen ein "X" für ein "U" vorzumachen und sie letzten Endes für dumm zu verkaufen.
Ich zitiere Herrn Wirtschaftsminister Zeil aus dem Verbundbericht der MVG vor ungefähr eineinhalb Jahren. Damals hat er öffentlich mit schönen Worten erklärt:
Es ist dringlich, die zweite S-Bahn-Stammstrecke zu realisieren. Die Verhandlungen mit Bund und Bahn müssen zügig zu Ende gebracht werden, damit 2011 gebaut werden kann.
2011! Jetzt haben wir 2012, doch bisher wurde mit keiner einzigen Baumaßnahme begonnen. Lieber Herr Wirtschaftsminister, Sie haben in diesen Verhandlungen komplett versagt.
Hier aber tun Sie so, als müsse die Stadt dieses Versagen kompensieren. Das ist geradezu lächerlich.
Lieber Herr Kollege Bertermann, ich darf Ihnen noch etwas zu den Investitionen sagen. Die Landeshauptstadt München wird 2012 135 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt selbst finanzieren. Sie hat 2011 aus dem städtischen Haushalt 150 Millionen Euro investiert. Das ergibt eine Summe von 285 Millionen Euro in zwei Jahren. Diesen Betrag hat die Stadt München aus eigener Kraft erbracht. Ihre Zuschussleistung für die U-Bahn betrug in den letzten 15 Jahren 233 Millionen Euro. Nach Adam Riese heißt das, die Stadt München hat aus eigener Kraft doppelt so viel in die U-Bahn, die Trambahn und in die Busse investiert, wie Sie Zuschüsse für den U-Bahnbau gegeben haben. Das beruht auf der effektiven Finanzpolitik der Stadt München, und dies bei gleichzeitiger Schuldenrückführung im Haushalt. Das ist effektive Politik, lieber Herr Huber, das ist sozialdemokratische Politik. Davon können Sie sich ein Stück abschneiden!
Ich darf Ihnen nun auch noch die Investitionsplanung für die nächsten acht Jahre nennen. München wird in den nächsten acht Jahren, also bis 2020, 1,5 Milliarden Euro aus eigener Kraft in die Modernisierung, in die Verbesserung der Strecken, in die Züge und in die Infrastruktur investieren, und zwar aus eigener Kraft. So viel Geld aus eigener Kraft! Mir würde gut gefallen, wenn es Ihnen gelingen würde, auch nur einen Bruchteil dieser Investitionsmaßnahmen für die zweite Stammstrecke bei Ihrem Kollegen Ramsauer und bei Ihren Kollegen von der Bahn lockerzumachen. Damit wäre den Fahrgästen und den Münchnern, überhaupt dem Ballungsraum München, mehr genützt als mit dem, was Sie hier abliefern. Das sind nämlich rein
wahlkampftaktische Formulierungen. Hätten Sie, lieber Herr Zeil, lieber Herr Huber, nicht jahrelang mit Transrapid-Träumereien wertvolle Zeit für die Planung verschleudert,
hätten Sie nicht jahrelang auf den Transrapid gesetzt, dann wären wir heute vielleicht mit einem besseren Verkehrssystem der S-Bahn weiter.
Ich darf Ihnen deshalb sagen, und das haben Sie auch selbst schon gesagt: Das Münchner U-Bahnund Verbundsystem ist eines der besten und effektivsten in ganz Europa. Die Planungen und die Durchführung dieses Systems sind im Kernpunkt von einer Stadt München ausgegangen, die sozialdemokratisch regiert ist. Sie hingegen gehen heute bei der Stadt München betteln, weil Sie die zweite Stammstrecke, die Sie selbst für wichtig halten, nicht mehr finanzieren können. Sie gehen bei der Landeshauptstadt betteln, damit Sie Ihre eigenen Aufgaben erfüllen können. Und dann versuchen Sie, die Menschen für dumm zu verkaufen, indem Sie den Eindruck vermitteln, die Stadt München sei schuld, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht machen können.
Bleiben Sie bitte am Mikrofon, es gibt eine Zwischenbemerkung von Herrn Dr. Bertermann. Bitte, Herr Dr. Bertermann.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Pfaffmann, wir sollten keine Geschichtsklitterung treiben. Die Geschichte, die Wahrheit und die Glaubwürdigkeit, die Sie glauben, hier ins Hohe Haus zu bringen, stimmen nur zum Teil. Es sind nicht alles Regeln und Gesetze, auf deren Basis die Stadt München die Gelder bekommen hat. Ich nenne Ihnen hierzu ein kleines Projekt, nämlich die U-Bahn-Verlängerung nach Garching. Das ist eine freiwillige Leistung des Freistaats Bayern gewesen, der zusätzlich im Rahmen seines Ermessensspielraums die Gelder hierfür gegeben hat. Soviel zu Ihrer Äußerung über Gesetze. Das hat der Freistaat freiwillig gemacht.
Was mir überhaupt nicht gefallen hat, war Ihre Behauptung, die Staatsregierung würde betteln. Wir haben es überhaupt nicht nötig, bei der Stadt München betteln zu gehen. Wir appellieren an ihre Verantwortung. Wenn jemand in den nächsten Jahren 1,5 Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert warum ist es ihm dann nicht möglich, 350 Millionen vorzuschießen? Er hat doch das Geld!
Zu Ihrer ersten Bemerkung kann ich Ihnen nur sagen: Danke schön, dass Sie sich für ein effektives Münchner Verkehrssystem einsetzen; darüber freuen wir uns. Machen Sie weiter so!
Was Ihre zweite Äußerung angeht, so frage ich Sie: Würden Sie - ohne Sicherheiten, ohne Rückzahlungsgarantie - 350 Millionen Euro vorfinanzieren, und das für eine Aufgabe, für die Sie gesetzlich nicht zuständig sind? Es kommt hinzu, dass der von Ihnen gestellte Wirtschaftsminister keinerlei Verhandlungserfolge erzielen konnte. Würden Sie das vorfinanzieren? - Ich glaube nicht.