Wir können doch nicht sagen: Weil der Staat Kommunen unterstützt, müssen die Kommunen plötzlich einspringen, wenn der Staat für ein Projekt kein Geld hat. In diesem Fall müssten die Kommunen für jede Staatsstraße zahlen. Diese Argumentation erschließt sich mir nicht.
Das Nächste, was mich überrascht hat, war die Methode, wie Sie Dringlichkeitsanträge begründen. Die FDP hat einen Dringlichkeitsantrag an die Staatsregierung gestellt, in dem sie die Staatsregierung etwas fragt. Diesen Dringlichkeitsantrag begründet der Staatsminister. Irgendwie greifen da doch die Ebenen nicht ineinander.
- Er war nicht als Abgeordneter tätig, sondern als Staatsminister. Heißt das, dass er sich selbst fragt, oder was macht er denn hier?
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD - Tobias Thalhammer (FDP): Jetzt werde ich Ihnen mal die Geschäftsordnung geben!)
Das ist doch einfach lächerlich. Es ist völlig grotesk, so tätig zu werden. Er hat die Fragen ja auch beantwortet.
(Tobias Thalhammer (FDP): Die FREIEN WÄHLER sind im Parlament immer noch nicht angekommen! - Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Sie auch nicht! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
- Herr Thalhammer, vorhin war Herr Zeil hier im Parlament noch nicht angekommen. Er war zu spät dran. Daher sollten Sie ganz vorsichtig sein, wenn Sie sagen, wer angekommen ist und wer nicht. Da saß die ganze Opposition schon da und hat dankenswerterweise gewartet, bis Herr Zeil kam.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir über U- und S-Bahn reden, sollten wir uns überlegen, was die Menschen in München und Umgebung interessiert. Die interessiert, dass S-Bahn und U-Bahn pünktlich sind, sie interessiert, dass S-Bahn und UBahn sicher sind, dass die Menschen nicht vor die SBahn fallen, wie das in letzter Zeit geschehen ist, dass S-Bahn und U-Bahn schneller werden, dass es also eine Taktverkürzung gibt. Das sind die Dinge, um die wir uns hier kümmern müssen, anstatt miteinander zu hadern, wer wem wie viel Geld schuldet oder nicht schuldet und wer zuständig ist. Diese Fragen kann man klären. Dringlicher ist die Beschäftigung mit dem, was die Menschen in diesem Land wirklich interessiert.
Da müssen wir handeln. Wir brauchen eine vernünftige S-Bahn. Wir brauchen nicht unbedingt einen zweiten S-Bahn-Stammstreckentunnel, sondern wir brauchen eine Ertüchtigung. Mich stört unglaublich, dass im Moment jede Ertüchtigung der S-Bahn aufgeschoben wird, damit der Kosten-Nutzen-Faktor nicht nach unten geht. Wir brauchen Maßnahmen auf den Außenästen; wir brauchen im Leitsystem Maßnahmen; wir brauchen Vollzüge; wir brauchen sehr, sehr viele kleine Verbesserungen, die man jetzt schon leisten könnte. Wir aber verschieben alles auf das Jahr 2020 oder 2022.
Herr Zeil, ich sage Ihnen: Handeln Sie so schnell, wie sie vorhin gelaufen sind, und agieren Sie im Kleinen. Das ist für uns wichtig, und nicht der Streit darüber, ob die Stadt München dem Freistaat ein paar Millionen vorstreckt. Das muss man dann schon selbst stemmen, so wie es im Gesetz vorgesehen ist.
Danke, Herr Dr. Piazolo. Als Nächsten bitte ich Herrn Dr. Bertermann zu uns nach vorne. Bitte schön.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir in diesem Hohen Hause sehr wohl unterscheiden können, wer gefragt wird und wer antwortet. Herr Zeil hat eine Antwort gegeben und keine Frage gestellt. Das steht ihm als Minister auch zu.
Lassen Sie mich zwei Dinge unterscheiden. Erstens. Warum ist das Thema so wichtig? - Es ist deshalb so wichtig, weil im Winter Tausende von Menschen an den S-Bahnen in der Kälte stehen, frieren und Nach
teile haben, weil dieses System nicht funktioniert. Sie sind sachlich anderer Meinung als wir. Sie sagen, wir müssten die Außenäste und die Südkurve ausbauen.
Ich sage Ihnen aber: Die zweite S-Bahn-Stammstrecke löst das Problem der Verspätungen und Wartezeiten. Sie denken bei Ihrer Argumentation nicht an die Landshuter, nicht an die Augsburger, nicht an die Rosenheimer. Sie machen eine reine Politik für die Metropolregion und lassen das Land darben.
Wenn man argumentiert, ich kümmere mich um die SBahn, ich kümmere mich um die U-Bahn, ich habe Geld für die Infrastruktur, streut man den Leuten Sand in die Augen, weil für die U-Bahn der Staat und der Bund zuständig sind.
80 % der Gelder werden vom Staat und vom Bund an die Stadt gegeben. Wenn man dann argumentiert, das ist mein Erfolg, das ist meine Arbeit, dann ist das unredlich und der falsche Weg. So können wir dem Bürger nicht glaubhafte Politik verkaufen.
Oberbürgermeister Ude zieht sich auf die Position zurück, dass die Stadt rechtlich nicht für die Finanzierung der Stammstrecke zuständig ist. Das ist richtig. Er will damit aber die Chance verstreichen lassen, jetzt die zweite Stammstrecke zu realisieren, und das alleine - hören Sie gut zu! - wegen formaler Zuständigkeit.
Natürlich gibt es Regeln, aber nützen sie denn denjenigen, die an der S-Bahn warten, die frieren, die zu spät zur Arbeit kommen? Was ist denn das für ein Politikverständnis?
Weiter fordert der Oberbürgermeister, dass der Freistaat für die Finanzierung der zweiten Stammstrecke GVFG-Bundesmittel - und jetzt hören Sie gut zu - von anderen Projekten abzieht. Was bedeutet das denn für Bayern? - Das Geld wird anderen wichtigen Strecken, zum Beispiel in der Oberpfalz, weggenommen.
Was sind denn 350 Millionen für die Stadt München? Ich erinnere mich noch daran, wie ich als Stadtrat allein 4 Millionen für eine Radlkampagne ausgeben sollte. Dagegen sind 350 Millionen doch überhaupt nichts.
Meine Damen und Herren, deshalb appelliere ich an den Oberbürgermeister, die zweite S-Bahn-Stammstrecke nicht wahlkampftaktischen Spielchen zu opfern.
Die Landeshauptstadt muss zu ihrer Verantwortung stehen und alles dafür tun, dass wir gemeinsam das Zukunftsprojekt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke realisieren können. Derzeit ist beharrliche Sacharbeit gefragt und nicht öffentliche Deklaration. Gefragt sind nicht Taktik und nicht Dialektik, wie Sie sich das vielleicht wünschen, sondern Sacharbeit.
Andere Städte in Deutschland sind mit Investitionen in ihren Nahverkehr nicht überfordert. Denken Sie nur an Frankfurt oder Hamburg. Warum soll also München nicht in der Lage sein, in die Verkehrssysteme zu investieren? Das ist ein billiges parteitaktisches Manöver, um die ganze Problematik in die nächsten Runden zu verschleppen. Ude zieht offensichtlich die machtpolitische Auseinandersetzung einer sachpolitischen Auseinandersetzung vor - auf Kosten der
Pendler aus Augsburg, Rosenheim und Landshut. Die Landbevölkerung hat aber den OB noch nie interessiert. Seine geografischen Kenntnisse sind nicht besonders gut, wie wir aus der jüngsten Vergangenheit wissen, meine Damen und Herren.