Dennoch muss gleiches Recht für alle gelten, egal, ob Widerspruch eingereicht wurde oder nicht. Sollten die Anstrengungen auf der Bundesebene und der europäischen Ebene nicht erfolgreich sein, erwarte ich, dass Bayern eine Allgemeinverfügung zur Gleichbehandlung erlässt. Die bisherige Entschließung der Staatssekretäre, wonach die Widersprüche zunächst ruhen sollten, ist vollkommen unzureichend. Was passiert denn mit den vielen Landwirten, die keinen Widerspruch einlegen? Sind deren Ansprüche dann nicht rechtskräftig? Bayern muss im Sinne der Bauern handeln; schließlich ist jeder zweite Betrieb davon betroffen.
Wir wollen unseren Antrag um einen weiteren Halbsatz ergänzen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass wir nicht wollen, dass dieses Geld vom Freistaat Bayern finanziert, sondern von der EU eingefordert werden soll. Nach den Worten "der Europäische Gerichtshof die erhöhte Modulation für rechts
widrig erklärt" soll folgender Halbsatz ergänzt werden: "und sich dafür einzusetzen, dass die dazu benötigten Mittel von der EU bereitgestellt werden."
Wir werden dem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU zustimmen, obwohl mir persönlich noch nicht klar ist, ob die CSU und die FDP meinen, dass hinterher alle Bauern das Geld erstattet bekommen sollen, wenn sich der Europäische Gerichtshof entscheidet, oder ob sie der Auffassung sind, dass nur die Bauern Geld erhalten sollten, die einen Widerspruch eingelegt haben. Ich hoffe, dass wir diese Frage im Rahmen dieser Debatte noch klären können. Trotzdem stimmen wir dem Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP zu. Ich bitte Sie auch um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.
Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Biechl. Sie ist schon unterwegs. Danach kommt Herr Kollege Dr. Kirschner.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich über diesen Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER, weil er zum jetzigen Zeitpunkt nicht dringlich ist.
Die Grundlage für diesen Dringlichkeitsantrag ist die Klage zweier Landwirte aus Brandenburg, die mehr als 300.000 Euro erhalten haben, weshalb bei ihnen noch einmal 4 % einbehalten wurden. Das Verwaltungsgericht Frankfurt an der Oder hat nun den Europäischen Gerichtshof um eine Klärung der Frage gebeten, ob die Erhöhung der Modulation von bisher 5 % bis 2012 auf 10 % sowie die Erhöhung und weitere 4 % bei einer Betriebsprämie ab 300.000 Euro rechtskonform sind.
Für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof die mit dem Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik 2008 beschlossene Erhöhung der Modulationssätze für nicht rechtskonform erklärt, wird die Staatsregierung gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die Europäische Union den Mitgliedstaaten die notwendigen Mittel bereitstellt, um allen Betroffenen die zu Unrecht modulierten Direktzahlungen rückerstatten zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil der modulierten Direktzahlungen über die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik für Projekte und Maßnahmen im ländlichen Raum in Bayern bereits
verausgabt und eben nicht mehr rückholbar sind. Vor allem die kleinen Bauern stehen in der Gefahr, Gelder zu verlieren, weil wir dann Programme nicht mehr ausbezahlen könnten.
Die Hälfte der Bauern ist von der Modulierung aufgrund des Freibetrags von 5.000 Euro nicht betroffen, müsste aber hinnehmen, dass Programme wie das Bergbauernprogramm, die einzelbetriebliche Förderung oder die Ausgleichszulage gekürzt würden. Auch eine Kürzung der ELER-Mittel muss ausgeschlossen sein. Sollte der EuGH diese Regelung ganz oder teilweise für ungültig erklären, müsste die EU eine Regelung treffen, die in allen bestandskräftigen Fällen im entsprechenden Umfang gegebenenfalls Nachzahlungen erlaubt. Es ist die Aufgabe der EU, die zusätzlichen Ausgaben allein zu tragen und hierfür die notwendigen Mittel bereitzustellen. Die finanziellen Belastungen dürfen nicht auf die Mitgliedstaaten umgewälzt werden. Allein in Bayern beläuft sich das Prämienvolumen der ab dem Jahr 2009 über 5 % hinausgehenden Modulationskürzungssätze
auf 65 Millionen Euro, danke. EU-weit wäre mit Nachzahlungen von bis zu vier Milliarden Euro zu rechnen. Deshalb müssen die immensen Risiken für die öffentlichen Haushalte in Bund und Ländern verhindert werden.
Zunächst aber ist die Äußerung des EuGH abzuwarten, und erst anschließend sind gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu veranlassen. Ein sofortiges Handeln im Sinne einer Erklärung zur Rücknahme aller betroffenen Bescheide von Amts wegen birgt die Gefahr in sich, dass dann die Forderungen an die EU zur Bereitstellung der Mittel ins Leere laufen. Wir haben im Moment für den Antrag der FREIEN WÄHLER keinerlei Rechtsgrundlage und würden die Bauern in falscher Sicherheit wiegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich meine Entscheidungen hier im Hohen Hause nur emotional zu treffen hätte, dann würde ich genauso entscheiden, dass ich den Bauern sagen kann: Kümmert euch nicht. Im Falle der Aufhebung der zusätzlichen Modulation durch den EuGH werdet ihr alle gleich behandelt. Da wir aber nach Recht und Ordnung handeln und Rechtsgrundlagen beachten müssen, kann ich dem Antrag der FREIEN WÄHLER so, wie er vorliegt, leider nicht zustimmen, und ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Kollegin Biechl, Sie stimmen doch sicher mit mir überein, dass es seit Langem keinen so dringlichen Dringlichkeitsantrag im Bereich der Landwirtschaft gegeben hat wie diesen. Sie wissen genau wie ich auch, dass draußen 50.000 Bauern auf die Entscheidung des Bayerischen Landtags warten, ob sie noch in den nächsten zwei Tagen einen Widerspruch bei den Ämtern einreichen sollen oder nicht.
- Das sollen sie machen? Aber wir wollen doch immer Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau, und das wäre eine Möglichkeit.
Wenn dieses Hohe Haus ein klares Signal gibt, dass der Europäische Gerichtshof bald die Vermutung des Gerichts in Frankfurt an der Oder bestätigt, dass dann alle gleich behandelt werden, dann könnten wir diese Antragsflut eindämmen und die Bauern wären ernst genommen und wären mitgenommen. So muss ich jetzt leider sagen: Liebe Landwirte, ihr habt vielleicht, wenn ihr Glück habt, noch Zeit bis zum 28. Januar. Ich hoffe, dass die Ämter diese Widersprüche auch so lange annehmen. Unser Bescheid ist zwischen Weihnachten und Neujahr verschickt worden. Das wurde durchaus unterschiedlich gehandhabt. Darum ist es dringlich.
Die Bauern wollen Klarheit, sie wollen eine Aussage. Wenn ich heute mitbekomme, dass die Diskussion anders läuft und Sie unserem Antrag nicht zustimmen können, dann muss ich klar und deutlich das Signal geben: Liebe Landwirte, geht aufs Amt und legt euren Widerspruch ein.
Frau Kollegin, wenn ich bloß emotional mit den Bauern sprechen müsste, dann würde ich auch sagen: Lasst es bleiben. Wir regeln das dann schon. Das geht aber nicht. Wir müssen hier nach Rechtsgrundlagen handeln. Deshalb können wir jetzt nicht sagen: Ihr braucht keinen Widerspruch einzulegen. Bei anderen Bescheiden ist es ja auch so. Wenn man einen Steuerbescheid bekommt, muss man auch Widerspruch einlegen. Wenn man das nicht tut, hat man keine Rechtsgrundlage. Aus diesem Grund müssen wir einfach so handeln, wie wir es jetzt tun.
Ich darf das Wort jetzt Herrn Dr. Kirschner geben, der heute - ich werde im Anschluss daran gleich noch etwas dazu sagen - seine Abschiedsrede vor dem Hohen Hause hält.
Bitte schön, Herr Kollege Dr. Kirschner. Ich bitte um volle Aufmerksamkeit. Das ist die letzte Chance, ihn zu hören.
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für Ihre Worte. Ich bin zum Bauern mutiert, weil unser landwirtschaftspolitischer Sprecher, Herr Dechant, leider erkrankt ist. Ich übernehme seinen Part gerne.
Ich muss Ihnen sagen, ich bin in diesem Thema nicht tief drin. Ich hatte selber einmal eine kleine Landwirtschaft und bin auch in einer Landwirtschaft aufgewachsen. Aber ich habe nur einen einzigen Antrag gestellt. Ich hatte eine Hecke von ungefähr einem Kilometer Länge gepflanzt und habe 5.000 Mark dafür bekommen. Das war der einzige Subventionsantrag, den ich gestellt habe. Ich habe mich aber mit dem Thema gerne auseinandergesetzt, Frau Müller, auch wenn es etwas Neues für mich ist.
Ich schließe mich den Ausführungen meiner Vorrednerin schon einmal an. Unabhängig davon, ob es ein Bescheid vom Landwirtschaftsamt oder vom Finanzamt ist, dürfen wir die Bauern nicht dazu animieren, keinen Widerspruch einzulegen, im Gegenteil: Wir müssen sie auffordern, Widerspruch einzulegen,
Entschuldigung, wenn ich einen Bescheid bekomme, steht ein Hinweis auf Rechtsmittel mit drin. Wenn ein Landwirt einen Bescheid bekommt, ist doch selbstverständlich, dass er zu seinem Rechtsanwalt geht oder zu einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle, und dort wird man ihm empfehlen, Widerspruch einzulegen, wenn er nicht zufrieden ist. Wir sind doch keine Kinder, sondern erwachsene Menschen.
Insofern müssen wir sie noch einmal nachdrücklich auffordern, sofort Widerspruch einzulegen. Wenn sie es nicht tun, könnte das dazu führen, dass der bayerische Staat haftet, weil er die Menschen dazu animiert hat, es nicht zu tun. Wenn ein Schaden entsteht, dann sind wir unter Umständen dran. Aber lassen wir das einmal dahingestellt.
Zu den sachlichen Themen haben Sie hinreichende Ausführungen gemacht. Wenn sich die erhöhte Kürzung der Modulation, das heißt die Kürzung der Subvention, vor dem Europäischen Gerichtshof für die Landwirte als rechtswidrig erweist, kann es nicht sein, dass die Landwirte diese Suppe auslöffeln müssen, ganz im Gegenteil: Uns liegen die Interessen der Landwirte sehr am Herzen.
Sollte der EuGH die neuen Vorschriften zur Kürzung dieser Subvention tatsächlich für rechtswidrig erklären, muss es ein technisch ausgereiftes Verfahren geben, dass die Landwirte ihr Geld zurückbekommen, unabhängig davon, ob sie rechtswirksam Widerspruch eingelegt haben oder nicht. Das sind wir den Landwirten schuldig.
Man muss auch wissen, dass das Geld für diese Subventionen bereits in Bayern gelandet ist und mit anderen Mitteln verausgabt wurde und damit nicht zusätzlich zur Verfügung steht. Unser Ziel ist es, genau wie es meine Vorrednerin kundgetan hat, dass wir die EU verpflichten, dafür zu sorgen, dass die Gelder auch bezahlt werden, unabhängig davon, wie der EuGH entscheidet. Dazu dient unser Antrag.
Aus den genannten Gründen können wir dem Antrag der FREIEN WÄHLER nicht zustimmen, obwohl ich es gern getan hätte, und ich bitte, unserem Antrag zuzustimmen.
Jetzt habe ich dankenswerterweise die Möglichkeit, noch ein paar persönliche Worte zu sagen. Ich bedanke mich beim Präsidenten dafür, dass ich mich mit einigen Sätzen von Ihnen verabschieden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man über einen längeren Zeitraum feststellt, dass man seine persönlichen Vorstellungen von der Arbeit, die hier zu erbringen ist, nicht erfüllen kann - und das beschäftigt mich nicht erst seit vier oder sechs Wochen, sondern schon seit Mitte des letzten Jahres -, dann muss man für sich selber eine Entscheidung treffen, spätestens dann, wenn man gesundheitlich angeschlagen ist. Das ist mir mit Sicherheit nicht leicht gefallen, aber ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich nicht meinen