Das Thema Inklusion ist nicht nur Bestandteil einer von Deutschland ratifizierten UN-Konvention; es ist auch für uns alle im Bayerischen Landtag ein Thema von herausgehobener Bedeutung. Ich finde es gut, dass alle Fraktionen zusammenarbeiten, um im Interesse der Menschen zu guten Ergebnissen zu kommen.
Das Thema Inklusion ist Teil der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung. Wir haben auch auf anderen Gebieten - ich nenne beispielhaft, aber ebenfalls mit besonderem Nachdruck das Thema Barrierefreiheit in unserer Gesellschaft noch Nachholbedarf. Diesem Nachholbedarf müssen wir uns stellen. Deswegen wollen wir der Inklusion im Bereich der schulischen Bildung fraktionsübergreifend zum Erfolg verhelfen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es muss ein Erfolg werden, und dazu müssen wir entscheidend beitragen. Wir tragen nicht dazu bei, wenn wir unsere Städte und Gemeinden im Regen stehen lassen. Wir als Bayerischer Landtag müssen uns unserer Aufgabe und der Fürsorgepflicht gegenüber unseren Kommunen bewusst sein und sie von Mehrbelastungen freistellen. Wir meinen, das ist Ausfluss des Konnexitätsprinzips, das in der Bayerischen Verfassung verankert ist. Aber wir brauchen im Parlament keinen
Ich bin der Meinung, wir als Bayerischer Landtag müssen unabhängig davon, ob es das Konnexitätsprinzip gebietet, die Städte und Gemeinden von Mehrbelastungen freistellen.
Momentan wissen wir natürlich noch nicht, wie sich die Vorschriften konkret auf die Belastungen der Kommunen auswirken. Aus diesem Grund müssen wir zunächst einmal Erfahrungen sammeln. Deswegen beantragen wir, innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes die Mehrbelastungen zu ermitteln. Die Staatsregierung soll die Ergebnisse dieser Prüfung dem Bayerischen Landtag berichten und den Kommunen im Fall einer wesentlichen Mehrbelastung einen adäquaten Ausgleich ab dem Zeitpunkt bezahlen, zu dem die Mehrkosten entstanden sind.
Ich denke, wenn wir die kommunale Selbstverwaltung, die Unterstützung und Förderung der Kommunen ernst nehmen, aber auch wenn wir die Inklusion ernst nehmen, gibt es zu diesem Antrag keine Alternative. Denn wenn wir es nicht tun, wird die Inklusion nur in reichen Gemeinden gelingen, die sich die Inklusion leisten können, und in anderen Gemeinden, die mit Müh und Not ihre Pflichtaufgaben bewältigen und deren Haushalte am Rande der Genehmigungsfähigkeit sind, werden die Kommunalpolitiker versuchen, sich diesem Thema nur halbherzig oder auch gar nicht zu stellen.
Wenn wir die Inklusion wollen, müssen wir diejenigen, die die Inklusion umsetzen - und das sind nun einmal die Kommunen -, auch entsprechend finanziell ausstatten. Dem dient dieser Antrag. Ich bitte um Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 13. Juli dieses Jahres haben wir hier im Plenum den interfraktionellen Gesetzentwurf zur Inklusion einstimmig verabschiedet. Als kommunalpolitische Sprecherin meiner Fraktion habe auch ich mich damals für den vorliegenden Gesetzentwurf ausgesprochen, und das ganz bewusst und mit voller Überzeugung.
Ich habe seinerzeit allerdings auch deutlich gemacht, dass wir unsere Kommunen hier nicht alleinlassen dürfen. Denn im Parlament etwas aufzuschreiben, ist das eine, es draußen in unseren Städten und Gemeinden Wirklichkeit werden zu lassen, ist das andere. Inklusion muss dort geschehen, wo die Menschen leben, nämlich in den Kommunen. Aber das wissen wir alle.
Dort entscheidet sich, ob und was von dem Gesetz Erlebbaren alltägliche Wirklichkeit wird. Dort entscheidet sich, welche Verbesserungen es für behinderte Kinder und ihre Familien tatsächlich gibt. Dort entscheidet sich, ob unser aller Ziel, die Inklusion, in Bayern wirklich flächendeckend erreicht werden kann oder ob unsere Befürchtung eintritt: Inklusionsschulen dort, wo es sich Kommunen leisten können, keine Inklusionsschulen in finanzschwachen Kommunen. Käme es so, wie zuletzt angesprochen, dann widerspräche das allem, was wir gemeinsam wollen, nämlich eine Verbesserung für alle behinderten Kinder und deren Familien.
Wenn - auch dies haben alle unterstrichen - die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention schon eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, dann ist sie das auch auf allen politischen Ebenen, und zwar mit einer klaren und ehrlichen Kostenfolgenabschätzung sowie auch mit der Übernahme von Finanzierungsverantwortung.
Wir Sozialdemokraten fordern deshalb in unserem Dringlichkeitsantrag, für den ich heute nochmals um Zustimmung werbe, den Konflikt mit den Kommunen um die Finanzierungsverantwortung, den es zweifellos gibt, nicht auf dem Rücken der betroffenen Kinder und Familien und nicht auf dem Rücken der Kommunen auszutragen. Im Gegenteil: Wir fordern ein verbindliches Signal auf dem Weg zur Umsetzung des Gesetzes, dass wir die berechtigten Interessen der Kommunen ernst nehmen, sie bei der Bewältigung der Mehrkosten nicht alleinlassen und bei eventuell auftauchenden finanziellen Problemen nicht die Augen verschließen, sondern eine angemessene finanzielle Unterstützung leisten werden. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sollten jetzt ein solches Signal an die Kommunen senden und nicht noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten.
Eine solche abwartende Haltung, wie sie die Mehrheit dieses Hauses will, würde eine Umsetzung der Inklusion verzögern, ja sogar torpedieren.
einholen lassen und möchte Ihnen drei Beispiele nennen, wie sich die bisherige unklare Regelung in den Kommunen auswirkt.
Als Beispiel Nummer eins möchte ich Marktoberdorf nennen. Dort sollte ein Klassenzimmer inklusionsgerecht erweitert werden. Die Regierung von Schwaben hat von den beantragten 70 qm allerdings nur 58 qm als zuschussfähig anerkannt. Darüber hinaus gebe es keine Förderung.
Ein zweites Beispiel in Mühldorf: Dort wurde in einer Grundschule ein Aufzug eingebaut. Für einen zweiten Aufzug sollten Vorkehrungen getroffen werden. Kosten rund 200.000 Euro, staatliche Förderung dazu bisher Fehlanzeige.
Ein drittes Beispiel aus Fürth: Dort gibt es schon sehr viele erfolgreiche sogenannte Tandemklassen, die in Kooperationsklassen überführt werden sollten. Man hat davon abgesehen, diese Kooperationsmodelle einzuführen, weil pro Klasse dafür 40.000 Euro in Rede standen. Diese Kosten wurden nicht übernommen. Staatlicherseits wurde keine Zusage gemacht. Deswegen wurde von der Umsetzung abgesehen.
Inklusion wird durch die derzeitige unsichere Situation aufgehalten und nicht so vorangebracht, wie es unserer Meinung nach notwendig wäre. Deswegen schlagen wir - wir haben wirklich bescheidene Vorschläge eine Evaluierung der Kostensituation nach einem Jahr vor. Uns ist es eigentlich zu lange, wenn man, wie die FREIEN WÄHLER vorschlagen, zwei Jahre wartet. Das Signal seitens der Regierungskoalition aus dem Innenausschuss war, nach Ablauf des Schuljahres 2011/2012 einen Schnitt zu machen. Das ist quasi ein Jahr. Ich würde darum bitten, dass wir das mit einer entsprechenden Kostenfolgeabschätzung verbinden, aber mit der klaren Aussage - das ist für uns das Entscheidende -, Investitionskosten zu übernehmen, wenn sie anfallen.
Wenn Sie das nicht tun, wenn wir das hier nicht beschließen, dann, so meine ich, wird der Ausbau von Inklusionsmaßnahmen, von Inklusion generell behindert. Wir tun das Gegenteil dessen, was wir mit dem Gesetz wollen. Deswegen bitte ich heute noch einmal um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die UN-Behindertenrechtskonvention ist eine große Verpflichtung, eine große Chance und eine große Aufgabe für alle: für Bund, Länder und Kommunen, aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Das Schwierigste, was umzusetzen ist, ist eine Bewusstseinsänderung. Gerade weil in diesem Bereich eine Bewusstseinsänderung notwendig ist, freut es mich wirklich außerordentlich, dass sich alle Fraktionen hier im Hohen Haus gemeinsam dieses Themas angenommen haben, dass sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe diesem Thema widmet und dass ein gemeinsamer Gesetzentwurf eingebracht und einstimmig beschlossen worden ist. Damit haben wir gemeinsam ein Signal an die Gesellschaft gesendet. Wir können auf diesen ersten gemeinsamen Schritt stolz sein.
Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich schon vor der UN-Konvention viele Eltern, Lehrer und Institutionen um Kinder mit besonderem Förderbedarf und um Kinder mit Behinderungen gekümmert haben. Wichtig ist auch, dass es schon vor dieser UN-Konvention eine Reihe von Verpflichtungen gegeben hat, unter anderem für die Kommunen, zum Beispiel im Bereich der Fahrtkosten, der Barrierefreiheit und des Sachaufwands. Das sollte man bei dieser Debatte als Ausgangspunkt immer klar feststellen.
Wir alle wissen, dass die Umsetzung der UN-Konvention ein längerfristiger Prozess ist, der nur schrittweise erfolgen kann. Ich möchte Folgendes klarstellen: Für uns sind die Kommunen in diesem Prozess ein ganz wichtiger Partner. Inklusion kann man nur mit den Kommunen als Partner umsetzen, nachdem sie als Träger des Sachaufwands für einen wesentlichen Teil der Umsetzung zuständig sind. Wir standen deswegen schon vor dem Gesetzesbeschluss mit den Kommunen in einem intensiven Dialog. Wir haben diesen Dialog auch nach dem Beschluss des Gesetzes fortgesetzt. Wir werden selbstverständlich auch in Zukunft den Dialog mit den Kommunen fortsetzen, weil uns an gemeinsamen Lösungen und auch an gemeinsamen Konzepten für die Umsetzung gelegen ist.
Wichtig wäre mir - das richtet sich an die Adresse der Kommunen -, dass sich auch die Kommunen zu dieser Aufgabe bekennen und vielleicht auch verbal ein bisschen abrüsten. Sätze wie "Wer Inklusion bestellt, soll Inklusion auch bezahlen" sind nicht hilfreich. Die sind auch gar nicht notwendig, weil wir die Kommunen als Partner sehen und gemeinsam mit ihnen Lösungen erarbeiten wollen. Was wir jetzt brauchen, sind belastbare Zahlen und Fakten darüber, wie sich die Dinge verändert haben, nachdem die Situation ganz neu ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir zusammen mit den Kommunen Wege und Lösungen finden
werden, um die Kommunen bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Den in den Anträgen genannten Forderungen, dass wir mit den Kommunen den Dialog führen, Zahlen und Fakten sammeln - dabei sind wir auf die Kommunen angewiesen - und in der interfraktionellen Arbeitsgruppe regelmäßig Bilanz ziehen, um daraus die richtigen Schritte abzuleiten, entsprechen wir bereits. Es ist jetzt wichtig, den intensiven Dialog fortzusetzen. Dann erzielen wir am Ende Lösungen, um die Kommunen bei dieser Aufgabe unterstützen zu können.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention haben sich in Deutschland alle politischen Ebenen dazu bekannt, die Konkretisierung dieses Rechts für Menschen mit Behinderung im Land umzusetzen. Es geht um die umfassende Teilhabe aller Menschen mit Behinderung. Es gilt der Grundsatz: Es ist nicht das einzelne Handicap, sondern es sind die gesellschaftlichen Strukturen, die diese Menschen behindern. Diese Strukturen müssen wir verändern, um diese Behinderungen abzuschaffen.
Wir haben diesen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht, weil es uns wichtig war, bei diesem Thema gemeinsam voranzugehen und die Diskussion dazu fachlich und konstruktiv zu führen. Es ist notwendig, dass auch auf kommunaler Seite ein etwas anderer Ton in die Diskussion einkehrt. Mein Eindruck ist, dass das mittlerweile der Fall ist. Diesen Weg sollten wir weitergehen.
Erstens: Wer über Inklusion redet, muss sich klarmachen, dass wir allein bei der schulischen Unterrichtung von Kindern mit Förderbedarf unterschiedliche Schulen und so ein sehr zersplittertes Wesen haben: Wir haben Förderschulen in staatlicher und privater Trägerschaft. Wir haben Finanzierungen des Bundes und des Landes, aber auch über die Bezirke, Kreise und Kommunen. Das heißt, wer in diesem Geflecht etwas verändert, und wir wollen etwas verändern, wird die Finanzierung verschieben und vor neuen Finanzierungsfragen stehen. Natürlich wird sich im einen oder anderen Fall auch die Frage der Konnexität stellen.
Wir begrüßen deswegen die beiden Anträge der SPD und der FREIEN WÄHLER zum Monitoring-Prozess; denn es ist tatsächlich notwendig, sich anzuschauen, was passiert und was verändert wird. Wir werden diese beiden Anträge unterstützen. Aber wir müssen die Zeit des Monitoring nützen, um dann tatsächlich Gespräche auf den verschiedenen Ebenen zu führen, weil eine ganze Reihe von Themen systematisch zu lösen ist. Ein Beispiel dafür sind die Rolle und die Finanzierung der Schulbegleiter, die heute vor allem vom Bezirk finanziert werden. Diese Themen müssen natürlich auf den Tisch. Wir müssen uns etwa mit der Frage auseinandersetzen, ob Schulbegleiter nicht Aufgabe des Landes sind.
Zweitens stellen wir heute schon fest: Es wird auf kommunaler Ebene eine Kostenverlagerung vom Bezirk auf die Kommune und vom Landkreis auf die Gemeinde geben. Auch diese Themen müssen wir schnell analysieren und sorgfältig bearbeiten. Sehr wichtig ist auch: Das Land muss auch gegenüber den Kommunen deutlich machen, dass es seine Verantwortung übernimmt. Das heißt, wir müssen zum Beispiel die Förderrichtlinien in Bezug auf den Schulbau sehr schnell inklusionsfähig gestalten, damit solche Fälle wie in Marktoberdorf, die die Kollegin geschildert hat, nicht mehr vorkommen. Die Inklusion ist also beim Schulbau ein Thema. Wir müssen auch die Förderrichtlinien für den Schulbustransport entsprechend ändern.
Drittens muss das Land in die finanzielle Verantwortung einsteigen und die Kommunen unterstützen, ähnlich wie es beim Sonderförderprogramm "FAGplus 15" der Fall ist. Für die Inklusion brauchen wir auch solche Bereiche.
Viertens: Das Land muss seine Verantwortung vor allem dort wahrnehmen, wo es in der Pflicht ist, also bei der Ausstattung der Schulen mit entsprechendem Personal und der Ausstattung der Regelschulen mit sonderpädagogischer Förderung. Es geht sowohl um die Unterstützung der Kommunen als auch darum, mehr für die Inklusion zu tun, wenn es um die Verpflichtung des Landes geht. Es ist jetzt schon Aufgabe des Landes, beim nächsten Nachtrag angemessene Leistungen zu erbringen und Mittel bereitzustellen als Zeichen für die Kommunen, dass wir die kommunale Verantwortung ernst nehmen, die Inklusion als Aufgabe aller Ebenen betrachten und das Land diese Aufgabe ganz besonders wahrnehmen wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema kenne ich von Berlin her sehr gut. Ich war damals für die Bundestagsfraktion der behindertenpolitische Sprecher der FDP. Wir haben beim Thema Inklusion gestritten. Es ging damals um Integration und Inklusion, aber auch um Umsetzungsprobleme. Worüber wir in der politischen Debatte überhaupt nicht gestritten haben, war die Konnexität. Warum? Weil wir es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen haben, dass bei diesem Thema jede Ebene Verantwortung tragen muss. Als kommunalpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion kann ich mich Herrn Gehring nur nahtlos anschließen. Sie haben die einzelnen Handlungsfelder eben aufgezählt und dargelegt, dass auch das Land entsprechende Verpflichtungen hat.
Sie haben den Lehrkörper angesprochen. Natürlich erfordert eine Integration behinderter Kinder in den Klassen mehr Personal und mehr Betreuung. Das Land trägt die laufenden Ausgaben für dieses Lehrpersonal. Die Kommunen haben ihrerseits die Verpflichtung als Sachaufwandsträger, an den Schulen die Barrierefreiheit sicherzustellen, etwa einen Aufzug oder eine Rampe zu bauen. Da muss einmalig etwas angeschoben werden. Hinzu kommt die Instandhaltung der Gebäude, aber das ist eher zu vernachlässigen. Das heißt, da gibt es eine deutliche Verschiebung der Kosten, denn das Land trägt den größeren Anteil an diesem Prozess; zu sagen "zulasten" ist die falsche Formulierung.