Wir beginnen mit der Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/10179, das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Das sind die Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER sowie Frau Kollegin Dr. Pauli. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Der zweite Antrag in der Runde ist der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 16/10182. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie Frau Kollegin Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf der Drucksache 16/10191. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER und Frau Dr. Pauli. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den interfraktionellen Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der FDP und der CSU auf der Drucksache 16/10192. Die 15-Minuten-Frist wurde eingehalten. Wir werden wieder das übliche Verfahren durchführen. Die Urnen stehen an den bereits bekannten Stellen. Mit dem Abstimmungsvorgang, der fünf Minuten dauern wird, kann begonnen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmungsfrist neigt sich dem Ende zu. Wir können in der Tagesordnung fortfahren. Ich bitte darum, die Kärtchen außerhalb des Plenarsaals auszuzählen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Renate Will, Dr. Andreas Fischer u. a. und Fraktion (FDP) Das Aufspüren von Urheberrechtsverletzungen darf nicht zur Ausforschung von Schulrechnern führen (Drs. 16/10180)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Florian Ritter, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Ausspähung von Schulcomputern verhindern (Drs. 16/10181)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kein Ausspionieren von Schulcomputern (Drs. 16/10183)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Eva Gottstein u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Schultrojaner - Hände weg von Schulcomputern! (Drs. 16/10193)
Ich möchte darauf hinweisen, dass durch den erhöhten Bedarf an Redezeit seitens der Staatsregierung den Fraktionen jeweils eine Redezeit von vier Minuten und fünfzig Sekunden zugewachsen ist, die sie nutzen können oder auch nicht. Ich weise außerdem darauf hin, dass zum Dringlichkeitsantrag der SPD namentliche Abstimmung beantragt worden ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine verehrten Damen und Herren! Am 21. Dezember 2010 haben die Bundesländer, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, einen Vertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 des Urhebergesetzes mit den Schulbuchverlagen unterzeichnet. Dieser Vertrag regelt die Möglichkeit von Vervielfältigungen für den Unterrichts- und Prüfungsgebrauch aus allen urheberrechtlich geschützten Werken. Im Vertrag wird festgelegt, dass Lehrer in ganz engen Grenzen Kopien von Schulbüchern für ihre Schüler erstellen dürfen. Das Buch auf den Kopierer zu legen, auf den Knopf zu drücken und maximal 20 Seiten oder 12 % eines Schulbuches zu vervielfältigen, ist erlaubt; das Buch auf den Scanner zu legen, das Ganze zu speichern und dann zu drucken oder zu mailen ist verboten. Die digitale Speicherung und das Verbreiten digitaler Kopien sind nicht gestattet.
Vorab gesagt: Es ist sehr positiv, dass überhaupt und klar geregelt wird, in welchem Umfang Schulbücher, wenn auch nur temporär, also ohne Speicherung durch Scans, vervielfältigt werden dürfen; denn uns Liberalen liegt der Schutz des Urheberrechts am Herzen.
Doch was gut angedacht ist, ist leider nicht gut durchdacht. Es bleiben eine Reihe von Fragen offen, die sich aus § 6 Nummer 4 des Vertrages ergeben. Ich zitiere:
Die Verlage stellen den (…) Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können.
Eine Software, die die Verleger herstellen lassen, soll also die Schulrechner stichprobenartig auf Raubkopien überprüfen. Verantwortlich für die Überprüfung sind die Länder. Damit sind sehr viele Fragen verbunden:
Erstens. Auf welcher Rechtsgrundlage soll die von den Schulbuchverlagen zur Verfügung gestellte Plagiatssoftware zum Einsatz kommen?
Zweitens. Wie will die Staatsregierung sicherstellen, dass die Software keine weiteren Daten der Schulen, der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler an die Schulbuchverlage übermittelt?
Drittens. Wird überhaupt und, wenn ja, in welcher Form, der Datenschutzbeauftragte einbezogen werden?
Viertens. Wer liefert die Software und wer gewährleistet die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software?
Fünftens. Ist es mit dem Arbeits- und dem Beamtenrecht vereinbar, wenn der Schulfamilie im Prinzip grundsätzlich das Misstrauen ausgesprochen wird, indem der Dienstherr, wenn er die Software einsetzt, seine Beamten und Angestellten mittelbar überwacht?
Fazit: Diese Tatsache können wir Liberalen nicht akzeptieren. Wir verlangen, dass der Datenschutz jederzeit gewährleistet ist und der Datenschutzbeauftragte von Beginn an in das Verfahren einbezogen ist. Falls die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit nicht gesichert werden kann, muss der Freistaat auf den Einsatz der Software verzichten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Will hat schon etwas zum Zweck dieses Vertrages gesagt. Über das, worüber wir heute verhandeln, hinaus ist anzumerken, dass eine Vereinbarung, die das Kopieren von 20 Seiten für eine ganze Klasse vorsieht, angesichts der Klassenstärken nicht besonders sinnvoll ist. Das ist aber eine andere Diskussion, die der zuständige Ausschuss führen muss.
In dem Zusammenhang ist wichtig, sich vor Augen zu halten, wie Software entwickelt wird. Da wird nicht eine Software entwickelt und hinterher entschieden, ob sie mit dem Datenschutzrecht konform ist. Üblicherweise schaut man sich die Daten an, die ausgewertet werden sollen, schaut sich die gesetzliche Regelung an, schaut, welche schützenswerten Interessen damit verbunden sind, und dann definiert man die Funktionalität der Software. In diesem Fall ist das offensichtlich nicht passiert, und das ist einer der Kernkritikpunkte.
Die Bayerische Staatsregierung als Verhandlungsführerin bzw. das Ministerium hat in diesem Fall das Ansinnen der Schulbuchverlage einfach zu seinem eigenen Ansinnen gemacht. Die Kopien für die Schülerinnen und Schüler sind davon nicht betroffen. Das muss tatsächlich nicht im Vertrag stehen, denn für die einfachen Kopien werden bis zum Jahr 2014 die Rechte mit circa 34 Millionen Euro abgegolten.
Wir haben ein massives Problem mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die in dem Fall unseres Erachtens nicht eingehalten werden. Man muss aber auch sagen: Wir haben ein massives Problem, weil den Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen ein abgrundtiefes Misstrauen entgegengebracht wird. Dieses Misstrauen muss man sich einmal vorstellen. Es gibt durchaus noch andere staatliche Stellen, bei denen urheberrechtsrelevante Texte verwendet werden, beispielsweise bei der Justiz und der Polizei. Stellen Sie sich einmal vor, die Verlage kämen zu dem Innenminister mit dem Ansinnen, die Polizeicomputer auszuspähen. Dann wäre aber etwas los, und zwar zu Recht.
Daher bitten wir Sie dringend, dazu beizutragen, dass diese Software in Bayern nicht eingesetzt wird. Darüber hinaus sollten alle offenen Fragen, die Sie in unserem Antrag finden, in Form eines Berichts geklärt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Will, es ist positiv, dass Sie dieses Thema heute durch einen Dringlichkeitsantrag aufgegriffen haben. Wir würden uns allerdings wünschen, dass es nicht bei einem Bericht bleibt, sondern klar festgestellt wird, dass der Arbeitnehmerdatenschutz auch für die bayerischen Beamtinnen und Beamten gilt und der Einsatz von Software zur Durchsuchung von Rechnern unzulässig ist.
Auch wir sind nicht damit einverstanden, dass der Datenschutzbeauftragte, wie es angeklungen ist, erst dann einbezogen wird, wenn der Quellcode bereits geliefert worden ist, und daraufhin entscheiden soll, ob die Software eingesetzt werden durfte oder nicht.
Ich meine, der Datenschutzbeauftragte muss bei Grundsatzfragen hinzugezogen werden. Er muss zu der Überlegung gehört werden, wie ein Vertrag zu gestalten und abzufassen ist; dies darf nicht hinterher geschehen.
Seit der umstrittene Vertrag der KMK mit den Schulbuchverlagen bekannt geworden ist, ist in den vergangenen Tagen weiteres Porzellan zerschlagen worden. Zunächst wurde versucht, abzuwiegeln und zu beschönigen. Es wurde so getan - ich zitiere den Generalsekretär der Kultusministerkonferenz -, als wäre
das Ziel des Programms nicht die Überwachung der Lehrer, sondern als sollten Schulen und Lehrer vor Raubkopien geschützt werden. Die Software solle verhindern, dass Lehrer unwissentlich gegen Urheberrecht verstoßen.
Das ist natürlich Unsinn. Denn erstens sind mit dem Vertrag disziplinarrechtliche Folgen und Fragen des Schadensersatzes verknüpft. Zweitens muss man jemanden vor Uninformiertheit nicht durch eine Überwachungssoftware, sondern durch klare Informationen schützen.
Herr Spaenle sagte, in Bayern werde eine Software nicht eingesetzt, die den Datenschutz unterlaufe oder technisch nicht sicher sei. Angesichts dieser Beschwichtigungen haben wir die Sorge, dass dem Arbeitnehmerdatenschutz insgesamt kein sehr hoher Stellenwert zugemessen wird.
Wir haben den Fragen, die die FREIEN WÄHLER und die SPD aufgeworfen haben, die Frage hinzugefügt: Wie sieht es denn insgesamt aus? Gibt es weitere Programme in den bayerischen Verwaltungen, die Arbeitsplatzrechner tatsächlich durchsuchen?
Es muss uns klar sein, dass das Ausspähen von Rechnern gegen die Grundsätze der informationellen Selbstbestimmung und gegen die Grundsätze der Datenvermeidung und Sparsamkeit verstößt. Offenbar besteht ein abgrundtiefes Misstrauen gegen Lehrerinnen und Lehrer, denen durch diesen Vertrag Raubkopiererei unterstellt wird.
Der Vertrag wirft außer den datenschutzrechtlichen Problemen ein weiteres Problem auf. Er regelt lediglich das papierene Kopieren von Schulbüchern, gibt aber keine Antwort darauf, wie es sich mit Scannen und digitalen Kopien verhält. In dieser Hinsicht muss der Vertrag nachgebessert werden, damit Klarheit besteht. Die heutige Wirklichkeit ist nämlich viel digitaler, als bei dem Vertrag unterstellt wird, der sich lediglich auf das papierene Kopieren bezieht.
Wir fordern Sie auf, umgehend dafür zu sorgen, dass § 6 Absatz 2 ff. geändert wird. Sorgen Sie dafür, dass den bayerischen Beamtinnen und Beamten sowie Angestellten klargemacht wird, dass Arbeitsplätze nicht elektronisch durchsucht werden dürfen und die Arbeitnehmerdatenschutzgrundsätze ernst genommen werden müssen. Begegnen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit kooperativem Vertrauen. Beachten Sie künftig die Grundsätze des Datenschutzes. Und missbrauchen Sie den Datenschutzbeauftragten nicht als nachträglich tätig werdende Instanz zur Zertifizierung irgendwelcher unsinniger Software, die ir