Protocol of the Session on October 20, 2011

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Thalhammer hat so viele Punkte angesprochen, denen man widersprechen müsste, dass allein dafür schon die gesamte Redezeit aufgebraucht würde. Ich mache es kurz.

Interessant war, dass Sie die Flächeninanspruchnahme und die Eingriffe in das Vogelschutzgebiet als Erstes genannt haben und nicht den Menschen. Das war vielleicht Zufall, aber ich möchte schon sagen, dass die Betroffenheit der Menschen gewaltig ist und dass sie mit den Maßnahmen, die jetzt im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen sind, bei Weitem nicht aufgefangen werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN)

Die Attachinger haben zwar die Möglichkeit - der Streifen geht mitten durch das Dorf -, einen Anspruch an die FMG zu stellen, dass sie abgesiedelt werden können. Dies geschieht aber nach den Wertverhältnissen von 2007. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass damit in der Nähe niemand etwas kaufen will. Dieser 1200 Jahre alte Ort wird in der Mitte einfach getrennt, die ganz wichtigen Einrichtungen "fliegen" alle weg, und die ringsherum Wohnenden haben

die ungeheuere Lärmbelastung und andere Probleme weiterhin auf sich zu nehmen. Ich nenne ein Beispiel: Attaching liegt im Wirbelschleppengebiet. Die Menschen dort haben die Auflage bekommen - das ist kein Spaß -, dass Sonnenschirme, wenn sie diese aufstellen, die Windstärke sechs aushalten müssen. Das gilt für den gesamten Ort. Weitere Orte im Westen und im Osten werden davon auch erheblich betroffen sein.

Ich möchte allgemein sagen, dass wir uns in der Region mit dem Flughafen abgefunden haben. Wir haben mit diesem Flughafen zusammengearbeitet und viele Dinge gemeinsam gemacht. Wir haben ihn akzeptiert. Aber so, wie diese dritte Bahn geplant ist, kann man sie nicht akzeptieren. Die bisherigen Start- und Landebahnen sind so fixiert, dass sie noch einigermaßen an den benachbarten Orten vorbeikommen. Dort haben wir aber auch schon Lärmpegel bis 60 dB(A). Aber künftig würden die nächstgelegenen Orte direkt in der Mitte überflogen. Auch der Süden der Stadt Freising würde bei Abflügen überflogen. Das ist eine ganz andere Dimension, die nicht mit dem bisherigen Flughafen vergleichbar ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Angesprochen wurden hier der Dialog und der Nachbarschaftsbeirat. Ich war von Anfang an dabei. Es hat keinen Dialog gegeben, sondern nur Kenntnisnahmen: Wir werden das machen, aus, fertig!

Wir haben dann einen Antrag gestellt, auf die dritte Bahn zu verzichten, weil sie so, wie sie geplant ist, nicht möglich ist. Der Antrag ist mit sehr großer Mehrheit angenommen worden. Natürlich sind die FMG und die Gesellschafter diesem Antrag nicht gefolgt, wie wir wissen.

Sie haben die Flugbewegungen angesprochen, die so an der Grenze liegen. Wir hatten im Jahr 2007 schon einmal 429.000 Flugbewegungen. Im Jahr 2010 waren es dann 386.000. Im Jahr 2011 werden wir vielleicht auf 405.000 Bewegungen kommen. Sie wissen aber auch, dass die Lufthansa und die Air Berlin ihr Programm ausdünnen wollen. Das heißt, es könnten weniger Flugbewegungen werden.

(Tobias Thalhammer (FDP): Diverse Fluggesellschaften müssen abgelehnt werden!)

- Unterbrechen Sie mich jetzt nicht, weil mir die Zeit wegläuft. Wir können nachher darüber reden. Die müssen nicht abgelehnt werden. Ich kann Ihnen das auch belegen.

Die Kapazität beträgt 480.000, aber unter der Vorgabe vier Minuten Verspätungszeit und 30 Minuten Um

steigezeit. Das wird nur wegen des Umsteigens gemacht. Wenn man diese Vorgaben nur leicht verändert, steigt die Kapazität sofort auf über 500.000.

Ich habe mir die Mühe gemacht, für einen Tag - das war der 30. September, an dem bisher die meisten Passagiere umgestiegen sind und die meisten Flugbewegungen gemacht wurden -

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

- Ja, das ist doch ganz klar. Da müssten Sie aber nicht an die Passagiere heran, Herr Huber. Da würde ja der Flughafen leicht reichen, wenn Sie jetzt London Heathrow betrachten. Dort hat man 68 Millionen Passagiere und 480.000 Flugbewegungen und das gleiche Zweibahnensystem. Es geht also um die Flugbewegungen. An diesem Tag waren in dem vorliegenden Rahmen mit 90 Flugbewegungen pro Stunde noch weitere 250 Flugbewegungen möglich. Es ist also noch einiges an Kapazität da. Die Kapazität lässt sich steigern, wenn man die Zielvorgaben der FMG, die nicht verhandelbar waren, aufgibt. Zum Zweiten gibt es neue Verfahren, die es ermöglichen, dass die Flugzeuge auch in kürzeren Abständen starten oder landen können. Das wird untersucht. Da lässt sich die Zahl von 90 Flugbewegungen noch um einiges erhöhen.

Sie haben den Nachtflug angesprochen. Sie sagen, das betreffe dann die Nachtflugregelung. Das wird nicht so sein. Es gibt eine eindeutige Nachtflugregelung. Sie ist großzügig und wird Gott sei Dank bei Weitem noch nicht ausgefüllt. Aber das kann die Nachtflugregelung gar nicht betreffen, weil bei den Fluggesellschaften kein großes Interesse besteht, in der Nacht zu fliegen. Es gibt eine bestimmte Tendenz, dort nicht hineinzugehen.

Auch in Frankfurt ist ab 23.00 Uhr Schluss. Dort geht das also auch, wenn das mit den 17 Flugbewegungen aufgehoben wird. Interessant ist, dass die Frankfurter und die Lufthansa dann lieber auf die vierte Bahn verzichten.

Noch etwas ist auch sehr interessant: Die 4.000Meter-Bahn in München bringt in der Stunde 30 Bewegungen mehr, die 2.800-Meter-Bahn in Frankfurt bringt 45 Bewegungen mehr. Sie sollten sich einmal überlegen, ob dieser Aufwand für diesen geringen Ertrag gerechtfertigt ist.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Eigentlich ist es unmöglich, in dieser kurzen Zeit alles anzuspre

chen: Arbeitslose, Arbeitsstätten. Sie haben gesagt, Freising habe die geringste Arbeitslosenquote. Das hätten wir gern, haben wir aber nicht. Eichstätt hat in Bayern die geringste Arbeitslosenquote, dann kommt Pfaffenhofen, dann kommt Neuburg, dann kommen noch ein paar andere, und dann kommen wir. Diese geringe Arbeitslosenquote hatten wir schon, bevor der Flughafen kam. Wir haben natürlich gute Voraussetzungen.

Bei den Dringlichkeitsanträgen taucht dieses Thema nochmals auf. Dann kann ich das Weitere bringen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Pointner. Es tut mir leid, ich weiß schon, fünf Minuten sind knapp, wenn einem das Herz voll ist. Aber ich bin gehalten, ein bisschen auf die Zeit zu achten. - Bitte schön, Herr Kollege Dr. Magerl.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat schade, dass man dieses komplexe Thema in so kurzer Zeit abhandeln muss. Ich weiß nicht, ob das das richtige Format ist, aber das ist eine Entscheidung der FDP gewesen.

Die dritte Startbahn ist für uns ein Musterbeispiel für klimaschädliche, naturzerstörende und auch menschenverachtende Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Wir sind gegen diese dritte Startbahn, weil es erstens keine Notwendigkeit dafür gibt. Sie sollten hier nicht auf die Zahl der Passagiere abheben; denn die Passagiere werden nicht einzeln hochgeschossen, sondern in Flugzeugen, die immer größer werden. Daher sollten Sie auf die Anzahl der Flugbewegungen abheben.

Ich möchte das unterstreichen, was Kollege Mannfred Pointner gesagt hat. Wenn wir uns die Zahlen des Jahres anschauen - ich nehme gar nicht die von 2009 und 2010, wo es ganz deutlich nach unten gegangen ist -, stellen wir fest, dass wir in den ersten drei Quartalen 2011 gerade einmal das Niveau des Jahres 2006 erreicht haben, also des Jahres, in dem die Planungen begonnen wurden. Das heißt, es existiert keinerlei Druck, den Flughafen auszubauen. Diese ganze Geschichte sollten wir wirklich einmal auch hier im Hause aufdröseln und diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist auch nach dem Planfeststellungsbeschluss notwendig. Er entlässt uns nicht aus der Verantwortung.

Wir haben die enormen Eingriffe in den Naturhaushalt. Wir haben Möglichkeiten, den Verkehr vom Flugzeug auf die Schiene zu verlagern. Es gibt sehr vieles, was wir tun können.

Die ganz große Frage ist - und diese Frage müssen wir diskutieren -: Wie viel Flughafen verträgt diese Region noch? Die Belastung ist heute bereits für einige Regionen unerträglich, und sie würde für viele zehntausend Menschen in enormem Umfang gesteigert. Auch vor der Antwort auf diese Frage können wir uns nicht drücken. Herr Kollege Thalhammer, wir würden darüber auch gern draußen abstimmen lassen, aber die Möglichkeit des Bürgerbegehrens haben wir leider nur in München, weil die Stadt München mit 23 % beteiligt ist. Freising ist nicht beteiligt. Wir würden das Bürgerbegehren sofort in Freising durchführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir bevormunden die Leute nicht, sondern wir werden - das sage ich ganz klar - ein Instrument finden, damit auch die Leute in der Umgebung des Flughafens die Möglichkeit haben, vor der Landtagswahl ihre Meinung entsprechend zu äußern und ihr Votum abzugeben.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Damit man sieht, wie andere Regierungen die Thematik Flughafen angehen - und das sei Ihnen, den Konservativen und den Liberalen, ins Stammbuch geschrieben -, zitiere ich aus einem Schreiben der Staatssekretärin im britischen Verkehrsministerium, also eines Mitglieds einer konservativen Koalitionsregierung, zum Flughafenstandort London. Diese Frau schreibt klar und deutlich: Die neue Koalitionsregierung schlägt im Vergleich zur Vorgängerregierung ganz neue Wege ein, was Flughäfen und Luftverkehr generell betrifft. Wir haben alle Pläne für zusätzliche Start- und Landebahnen auf den Londoner Flughäfen Heathrow, Gatwick und Stansted gestrichen. Unserer Auffassung nach hätten diese Bahnen nicht hinnehmbare Umweltschäden zur Folge gehabt und die Lebensqualität in den umliegenden Gemeinden beträchtlich beeinträchtigt. Die Regierung ist der Ansicht, dass die Luftfahrt einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft dieses Landes und zum Lebensstandard unserer Bürger leistet. Dennoch können wir nicht zulassen, dass die Wachstumsraten auf dem gleichen hohen Niveau fortschreiten wie in der Vergangenheit. Dies würde inakzeptable Folgen hinsichtlich Lärmbelastung und Luftqualität im Flughafenumland mit sich

bringen, von den globalen Auswirkungen hinsichtlich CO2-Emission ganz zu schweigen. Unser Ziel ist, die Effizienz unserer Flughäfen auf eine Art zu verbessern, die mit unserer Verpflichtung, die Umwelt zu schützen, im Einklang steht. - Das wurde am 3. August 2010 geschrieben.

Sie sollten sich an dem orientieren, was konservative britische Politiker für möglich halten und was machbar ist. Damit wird sehr wohl auch die Wirtschaft bedient, und damit wird sehr wohl auch das Argument Arbeitsplätze gegenüber den Belastungen für die Umwelt sowohl in der Region als auch global abgewogen, was das Kohlendioxid anbelangt.

(Tobias Thalhammer (FDP): Und die Flieger fliegen über die Stadt! - Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

- Die wollen nicht mehr weiter ausbauen. Das ist der wesentliche Punkt. Von der Situation in Heathrow sind wir doch meilenweit entfernt, Herr Kollege Huber.

Die Frage ist: Wie wird es weitergehen? - Wir werden uns mit allen demokratischen Mitteln gegen diese Planung zur Wehr setzen. Das ist unser gutes Recht. Das wird uns wohl auch niemand absprechen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Bürgerbegehren in München ist eines von mehreren Instrumenten in diesem Zusammenhang. Es laufen beispielsweise weiterhin die Klagen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Wann und wie die Gerichte hierüber entscheiden werden, ist völlig offen. Ich war hoch erstaunt, als aus der SPD die Signale kamen, dass 2012 ohnehin alles entschieden sei. Das sehe ich in keiner Weise. Wann und wie das Gericht entscheidet, werden wir sehen. Über das Wählervotum werden wir diskutieren, wenn es abgegeben worden ist, aber wir werben um Zustimmung für unser Bürgerbegehren, und wir gehen davon aus, dass wir dies nicht nur gewinnen können, sondern auch gewinnen werden. Wenn der erste Schritt getan ist, werden wir über den zweiten Schritt reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht aber um das Votum des Münchner Oberbürgermeisters in der Gesellschafterversammlung. Das kann meines Erachtens nicht bindend für das ganze Land sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Magerl. Nächster Redner ist Herr Huber. Herr Huber, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP ist schon eine Offenbarung. Klare Aussagen zur dritten Startbahn machen CSU und FDP. In der Abwägung aller Umweltprobleme, in der Abwägung der Schwierigkeiten für die Menschen, für die Natur sprechen wir uns klar für die dritte Startbahn aus, weil wir sehen, dass sie eine Chance für die Zukunft Bayerns ist. Sie ist eine Chance für die junge Generation in den nächsten Jahrzehnten.