In der Aktuellen Stunde - das wissen Sie - dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung für mehr als zehn Minuten das Wort, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner zu sprechen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Anpassung des Münchner Flughafens an die Herausforderungen einer immer kleiner, immer globaler werdenden Welt ist eine der Hauptaufgaben der Politik der heutigen Tage. Wir müssen dafür sorgen, dass der Großraum München und unser gesamter Freistaat Bayern auch in Zukunft wachstumsfähig sind.
Aber wie bei jedem Großprojekt gibt es neben den vielen Vorteilen auch manche Nachteile. Zu einer offenen Diskussion gehört es, dass man über diese nicht hinweggeht, sondern sie offen anspricht.
Ja, die dritte Startbahn wird eine Länge von vier Kilometern und eine Breite von 60 Metern haben. Mit allem, was sonst noch dazugehört, wird eine große Fläche benötigt werden. Teile davon sind FFH-Gebiet. Ein Vogelschutzgebiet, aber auch landwirtschaftlich genutzte Fläche sind betroffen.
Deswegen ist es wichtig, wie wir mit der Inanspruchnahme bzw. Herausnahme dieser Fläche umgehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Verantwortlichen des Flughafens München und die Vertreter der Politik dieses Thema sehr ernst nehmen. Es werden 908 Hektar an Ausgleichsfläche geschaffen. Einige Flächen werden sogar einem höheren ökologischen Standard zugeführt. Es wird Wert darauf gelegt, dass die Wiesen, auch die Habitate der Vögel, artgerecht gepflegt werden, sodass man auch unter Umweltgesichtspunkten zu dem Schluss kommen kann, dass der mit diesem großen Vorhaben verbundene Eingriff in die Natur als gerechtfertigt eingestuft werden kann.
Die dritte Startbahn bedeutet für die Anwohner unmittelbar vor Ort - ich meine vor allem Attaching - einen großen Einschnitt; die Lebensbedingungen werden sich verändern. Deswegen ist es gut, dass man von Anfang an einen intensiven Dialog mit den Anwohnern geführt hat, beispielsweise im Rahmen des neu gegründeten Nachbarschaftsbeirats. Nach meinem Kenntnisstand wurden für alle Härtefälle in der Region bereits Lösungen gefunden. Aber auch für alle anderen, die unter einem Mehr an Lärm leiden müssen, gibt es Möglichkeiten, dieses Leid zumindest zu lindern.
Man muss der Flughafen München GmbH ein Lob dafür aussprechen, dass sie sich intensiv und ernsthaft der Sorgen der Menschen vor Ort annimmt. So
hat sie freiwillig - ich betone: freiwillig! - einen Umlandfonds mit einem Volumen von 100 Millionen Euro aufgelegt, um das Leid nochmals zu mindern.
Im stelle fest: Im Großen und Ganzen wird mit dem Vorhaben der dritten Start- und Landebahn sehr verantwortungsbewusst umgegangen.
Wer unmittelbar in der Einflugschneise lebt, hat natürlich eine Lärmbelästigung zu erleiden. Wir benötigen die dritte Startbahn jedoch auch deshalb, um an manchen Stunden für besseren Lärmschutz zu sorgen. Ich möchte Ihnen das im Folgenden begründen. Wir verzeichnen einen unglaublichen Anstieg der Zahl der Flugbewegungen und der Fluggäste am Münchner Flughafen; eine weitere Zunahme wird prognostiziert. Ohne dritte Start- und Landebahn wird es nicht möglich sein, das Nachtflugverbot in München zu halten. Das wäre wirtschaftlich nicht vertretbar und würde auch den Ansprüchen an ein internationales Drehkreuz nicht gerecht. Die dritte Startbahn ist damit auch ein Garant für die Aufrechterhaltung des Nachtflugverbots.
Auch wenn die Opposition hier gezielt Desinteresse zeigt, so ist es doch wichtig, sich mit beiden Seiten der Medaille zu beschäftigen. Generell ist der Flughafen München, was den Lärmschutz angeht, ein Vorzeigeflughafen. Laute Maschinen werden mit höheren Start- und Landegebühren belastet; in Zukunft dürfen hier nur noch leise Maschinen starten und landen. Zu bestimmten Zeiten haben wir in München einen besonders steilen Start- bzw. Anflug, um den Lärmteppich möglichst gering zu halten. Der Flughafen München nimmt das Thema Lärmschutz sehr, sehr ernst, und wir haben das Nachtflugverbot, das ich vorhin bereits erwähnte; es gibt bedeutend wichtigere Kriterien, die, bei allen Nachteilen, auch Vorteile für die Region vor Ort liefern. Ich spreche von der Wirtschaftsfinanzkraft und der Job-Lokomotive Münchner Flughafen.
Der Landkreis Freising, unmittelbar betroffen, hat nicht nur die geringste Arbeitslosigkeit in ganz Bayern, sondern in ganz Deutschland, und ich wage zu behaupten: Diese Vollbeschäftigung ist nicht trotz des Flughafens erreicht worden, sondern wegen des Flughafens. Das muss auch einmal gesagt werden.
Derzeit sind 30.000 Beschäftigte unmittelbar am Münchner Flughafen in Lohn und Brot. Wenn man all die Zulieferer einbezieht, kommen nochmals 10.000
hinzu. Auf einen geschaffenen Arbeitsplatz am Münchner Flughafen kommen, statistisch gesehen, 1,8 weitere Arbeitsplätze, die auch in nicht unmittelbarem Zusammenhang mit dem Flughafen geschaffen werden; deshalb auch die Vollbeschäftigung in dieser Region.
Diese Lokomotive entfaltet ihre Wirkung, wir sehen es im gesamten Umkreis. Wunderbare Zahlen haben wir auch im Großraum München, in Erding, in der Stadt München. Wir sehen es beispielsweise an den Landkreisgemeinden, wo ich herkomme: an Ismaning und Unterföhring. Sie sind zwei der reichsten Gemeinden in ganz Deutschland, weil sich dort so viel Gewerbe angesiedelt hat. Für diese ist wichtig, dass es eine gute Anbindung an den Flughafen gibt, und es ist auch richtig, dass Herr Zeil dafür sorgt, dass der Flughafen nicht nur aus der Luft zu erreichen ist, sondern auch ein Anschlusskonzept, auch für Nord- und Ostbayern weiterentwickelt wird; denn ein internationales Drehkreuz ist attraktiv für Investoren. Sie können einem amerikanischen Investor sagen: Kommen Sie beispielsweise zu uns in den Großraum Regensburg. Wir sind nur eine Stunde von einem internationalen Drehkreuz entfernt. Für einen amerikanischen Investor ist eine Stunde ein Katzensprung. Der Flughafen München hat eine Impulskraft für ganz Bayern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Idee mit dem internationalen Drehkreuz - ich möchte jetzt ein wenig politisch werden - möchte ich den Kollegen von den FREIEN WÄHLERN gern erklären. Herr Kollege Aiwanger ist wahrscheinlich schon gesenkten Hauptes gegangen. Die Kollegen der FREIEN WÄHLER haben sinngemäß vorgeschlagen, die dritte Startbahn solle nicht in München, sondern in Nürnberg gebaut werden.
Ein bemerkenswerter Vorschlag. Vor allem in Nürnberg gibt es andere Probleme. Ich vermute einmal zu Ihren Gunsten, Ihnen wurde einfach lokal vor Ort ein Ei gelegt.
Das Konzept eines internationalen Drehkreuzes sieht Folgendes vor: Wenn Sie viele Städte dieser Welt einzeln verbinden, brauchen Sie insgesamt deutlich mehr Flugbewegungen, als wenn Sie in der Mitte ein Drehkreuz haben; und für das Drehkreuz, in dem Sinne für München, haben Sie unmittelbare Vorteile und können deutlich mehr Direktflüge nach Europa oder in die Welt anbieten. Wir können nur als interna
tionales Drehkreuz beispielsweise täglich einen Direktflug von München nach Shanghai anbieten, weil wir auch die Umsteiger brauchen, die ungefähr 50 % der Passagiere ausmachen. Deshalb ist auch das Argument falsch, dass die Umsteiger der Region nichts bringen würden.
Zur SPD: Es ist bemerkenswert, dass Oberbürgermeister Ude anderer Meinung als die Parteibasis ist. Ich empfehle, einen Selbstfindungsprozess durchzuführen,
denn ich denke, die Bürgerinnen und Bürger haben schon ein Anrecht darauf, bei diesem wichtigen Thema zu erfahren, wie Sie sich hierzu entsprechend aufstellen.
Aber man muss auf alle Fälle definitiv die Haltung der GRÜNEN kritisieren. Die GRÜNEN wollen zum Flughafen München einen Bürgerentscheid in der Stadt München durchführen. Die anliegenden, unmittelbar betroffenen Gemeinden Freising und Erding sollen nicht befragt werden, sondern lediglich die Menschen in der Stadt München - aus parteipolitischem Kalkül heraus. Sie tragen sonst wie eine Monstranz vor sich her, dass Sie die Mitspracherechte der Bürgerinnen und Bürger stärken wollen.
Hier diskreditieren und disqualifizieren Sie sich und treten die Mitspracherechte der Bürger mit Füßen.
Es kommt noch schlimmer: Wenn das Ergebnis nach Ihren Wünschen ausfällt, dann sagen Sie: Es zählt die Stimme des Volkes. Wenn das Ergebnis nicht nach Ihren Wünschen ausfällt, dann zählt auf einmal die Stimme des Volkes überhaupt nicht mehr. So kann man keine Politik machen. Das hat keinen Anspruch, und ich muss wirklich sagen: Man muss sich für Sie fremdschämen.
Meine Damen und Herren, ich wünsche mir abschließend, dass die Bürgerinnen und Bürger nach einer sachlichen Diskussion abwägen und entscheiden können, welche Vorteile der Bau der dritten Start- und Landebahn vielleicht
auch für sie hat. Die FDP - nicht nur im Bayerischen Landtag und in Berlin, sondern auch die FDP vor Ort in Freising und in Erding - steht hinter dem Vorhaben der dritten Startbahn; denn wir brauchen sie für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, für die Wirtschaftsund Beschäftigungskraft in Bayern.
Danke schön, Herr Kollege Thalhammer. - Nächster Redner ist Kollege Blume. Ihm folgt Herr Kollege Dr. Beyer. Bitte schön, Herr Kollege Blume.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass diese Debatte heute stattfindet, da sie die Gelegenheit gibt, noch einmal sachlich Argumente auszutauschen. Dabei hoffe ich auch auf die Opposition.
Es ist notwendig, dass wir nicht nur über die dritte Startbahn sprechen, sondern über den Flughafen "Franz Josef Strauß" insgesamt.
Der Flughafen trägt diesen Namen zu Recht; denn die Entscheidung für den Bau war eine der wegweisenden Entscheidungen, die in seiner Amtszeit getroffen worden sind