Protocol of the Session on July 13, 2011

Für die SPD bitte ich Frau Schmitt-Bussinger an das Mikrofon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Geschäft mit der Sucht lohnt sich. So titulieren die "Nürnberger Nachrichten" ihren Beitrag anlässlich eines Fachgesprächs, das die SPD-Landtagsfraktion im Mai dieses Jahres durchgeführt hat. Die "Nürnberger Nachrichten" beschreiben damit die Hauptursache für die explosionsartige Ausbreitung von Spielhallen in den letzten Jahren. Weil sich das Geschäft mit der Sucht lohnt, die Gewinnmargen bei 25 % und mehr liegen, werden sich Spielhallen auch weiterhin ausbreiten. Es wird in Bayern noch mehr Spielhallen geben mit all den negativen Begleiterscheinungen, die wir alle kennen und die wir alle beklagen. Ganze Stadtteile gehen kaputt. Anwohner ziehen weg. Kriminalität breitet sich aus. Immer mehr Menschen sind von der Spielsucht betroffen mit all den negativen sozialen Folgen für das Umfeld der Betroffenen.

Was tut die Politik? - Seitens der Opposition im Bayerischen Landtag - wir sehen es auch heute wieder werden Anträge gestellt, Gesetzentwürfe vorgelegt, Instrumente wie eine Spielgerätesteuer in die Diskussion gebracht, und Sie, Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, blockieren jede Initiative. Sie wollen erst mal abwarten. Sie wollen endlich die richtigen Zahlen erfahren, so Kollege Zellmeier in seiner Argumentation am 22.04. des letzten Jahres. Oder Sie wiegeln ab, indem Sie auf den Glücksspielstaatsvertrag verweisen, der vermutlich gar nicht zustande

kommen wird, wie wir in den letzten Tagen erfahren haben.

Die Staatsregierung, allen voran Herr Innenminister Herrmann, erklärt im Brustton der Überzeugung, sie wolle etwas tun. Sie nennen die Ausbreitung der Spielhallen eine problematische Entwicklung. Sie sympathisieren mit einer Spielhallensteuer, wollen dann aber doch nichts davon wissen. Sie erhoffen sich einen Durchbruch durch den Glücksspielstaatsvertrag, der vermutlich nicht kommt. Dabei vergeht Woche für Woche und Monat für Monat und nichts geschieht.

Warum geschieht nichts? - Ein Großteil der Verantwortung für das Nichtstun liegt bei der FDP im Bund und im Land. Sie sind als Bremser tätig. Das ist absolut unverständlich. Ich frage mich schon, ob Sie, Kolleginnen und Kollegen der FDP, hier einer falsch verstandenen Liberalität das Wort reden. Gewerbefreiheit um jeden Preis ist hier fehl am Platze. Schauen Sie sich in Nürnberg, in Deggendorf, in Regensburg oder in Schweinfurt um. Es kann doch nicht in Ihrem Sinne sein, wenn ganze Stadtteile kaputtgehen und mit ihnen immer mehr Menschen ins soziale Abseits gedrängt werden. Im Interesse der von Sucht betroffenen und bedrohten Menschen, im Interesse vor allem auch des Jugendschutzes und im Interesse von lebenswerten Städten und Stadtteilen muss endlich etwas geschehen. Sie dürfen den alarmierenden Entwicklungen nicht länger tatenlos zusehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP.

Wir sagen: Notwendig ist ein Maßnahmenbündel auf Bundes-, Landes-, und Kommunalebene. Wie es im Einzelnen auch aussehen mag, unser Ziel muss sein, die Spielhallenflut einzudämmen, den Spielerschutz zu verbessern und die Suchtprävention voranzubringen. Wir haben dazu im vorliegenden Antrag etliche Vorschläge gemacht und notwendige Bausteine benannt. Sie reichen von den Änderungen im Planungsund Baurecht, die freilich von der Bundesebene zu verantworten sind, wo wir aber - Kollege Pohl hat es angesprochen - über den Bundesrat tätig werden können, über die Beschränkungen der Öffnungszeiten durch Sperrzeiten bis zum Verbot von Mehrfachkonzessionen und vielen anderen Einzelmaßnahmen, die alle in einem bayerischen Spielhallengesetz geregelt werden könnten, bis hin zur Möglichkeit der Kommunen, durch Änderung des Kommunalabgabengesetzes eine kommunale Steuer auf Gewinnspielgeräte zu erheben, wie es sie in allen anderen Bundesländern gibt. Der Bayerische Landtag muss die Voraussetzungen dafür schaffen. Wir müssen endlich als Landesgesetzgeber erkennbar handeln, umso mehr als wir nach den jüngsten Entwicklungen auf den schon er

wähnten Staatsvertrag nicht mehr zu warten brauchen.

Es geht um den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger und um den Erhalt lebendiger Städte, nicht um falsch verstandene, ja ideologisch vorgeschobene Gewerbefreiheit für eine milliardenschwere Automatenbranche.

Legen Sie endlich ein bayerisches Spielhallengesetz vor, das Spielhallen wirkungsvoll begrenzt und Menschen vor Missbrauch und vor Sucht schützt. Den Anträgen der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN stimmen wir zu, weil beide einen Weg in die richtige Richtung zeigen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CSU bitte ich Herrn Dr. Herrmann an das Redepult. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere die Ausführungen von Frau Kollegin Schmitt-Bussinger und von Frau Kamm, denn sie waren nicht zur Sache, sondern sollten nur darstellen, dass die Staatsregierung angeblich untätig ist. Das ist falsch.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Dann haben Sie nicht zugehört!)

Da Sie in Ihren Anträgen fordern, dass die Staatsregierung Aktivitäten starten soll, die sie längst gestartet hat, werden wir Ihre Anträge schon aus diesem Grund ablehnen; denn Staatsregierung und Bundesregierung sind aktiv geworden, ohne dass es dazu Ihrer Anträge bedurft hätte.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wann?)

Das inhaltliche Ziel, die Spielsucht einzudämmen und dazu das Betreiben von Spielautomaten und Spielhallen zu erschweren, ist nachvollziehbar und richtig. Das teilen wir auch. Spielhallen sind tendenziell verruchte Orte, die wir eher weniger als mehr brauchen, die ein Kulminationspunkt unter anderem für halbweltliche Aktivitäten sind und die wir in unseren Orten nicht brauchen.

Herr Dr. Herrmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Schmitt-Bussinger?

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Später, vielleicht erübrigt sich die Frage durch die weiteren Ausführungen!)

Danke.

Die Spielsucht ist eine Geißel, die seitens des Staates eingedämmt werden muss, aber nicht weiter gefördert werden darf. Das Vorhaben aber, die Staatsregierung als untätig darzustellen, geht daneben - wie häufig.

Herr Kollege Pohl, es ist etwas komplizierter, als es Ihr Antrag nahelegt, wobei Sie darin immerhin einen konkreten, konstruktiven Vorschlag machen. Das will ich zugestehen. Allerdings haben wir die Ebenen des Bundes-, des Landes- und des Kommunalrechts, zum Teil des Kommunalabgabenrechts, die miteinander verwoben sind und die gegenüber dem Glücksspielstaatsvertrag verwoben sind. Deshalb genügt es meiner Ansicht nach nicht, wenn wir nur den Aspekt des Baurechts herausgreifen.

Tatsache ist, dass wir einen aktuellen Stand der Änderungen auf der Ebene des Gewerberechts haben, das Bundesrecht ist, und auf der Ebene des Glücksspielstaatsvertrags, der in den Verhandlungen steckt.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Der gescheitert ist!)

Darin werden zahlreiche Punkte aus Ihren Anträgen aufgenommen bzw. berücksichtigt, weil wir auf der gleichen Linie liegen, nämlich deutlich verschärfte Regelungen mit dem Ziel der Eindämmung von Spielhallen. Beispiele sind das Verbot von Mehrfachkonzessionen durch die Vorgabe eines Mindestabstands zwischen Spielhallen und das, was auf der Ebene des Bundesrechts durch die Spielverordnung zum 01.01.2012 vom Bundeswirtschaftsministerium zu regeln ist. Beispielhaft sind die Verschärfung der Gewinn- und Verlustgrenzen, das Verbot des sogenannten Vorheizens, also des Aufmünzens der Automaten durch Spielhallenpersonal, gerätebezogene Verschärfungen, die wichtig sind, wie maximale Gewinnanmutung, Reduzierung der Durchschnittsverlustmöglichkeit, Herabsetzung des Maximalverlusts, Herabsetzung des maximalen Betrages von gespeicherten Geldbeträgen im Einsatz- und Gewinnspeicher, die komplette Nullstellung der Geräte zur effektiven Durchsetzung von Spielpausen, die notwendig sind, und die Senkung der Zahl der Geräte pro Gaststätte von drei auf zwei.

Wichtig sind auch - das wurde schon angesprochen die Schaffung der technischen Voraussetzungen für den Jugendschutz bereits ab dem ersten Gerät und die Erhöhung der Geldbußen bei Verstößen. Diese Maßnahmen werden zu einem besseren und stärkeren Spielerschutz führen.

Soweit der Antrag von den FREIEN WÄHLERN auf eine Änderung der Baunutzungsverordnung abstellt, sehen wir keinen Handlungsbedarf; die Baunutzungsverordnung wird ohnehin novelliert und um eine Verbotsmöglichkeit von Vergnügungsstätten bzw. Spielhallen ergänzt werden. Der Hinweis auf die Konzentrationsflächen geht meines Erachtens systematisch in die falsche Richtung, weil das eher den Außenbereich betrifft; er ist systematisch nicht stimmig. Jedenfalls wird in § 9 des Baugesetzbuches eine Möglichkeit geschaffen werden, um eine Verhinderungsplanung zu ermöglichen als Ausnahme von dem, was wir bisher als Verbot vom Verhinderungsplanungsrecht kennen, dass man nämlich Innenbereiche von Spielhallen und Vergnügungsstätten freihalten kann. Das halte ich für einen richtigen Weg. Das ist auch gerechtfertigt, weil wir bei bauplanungsrechtlichen Regelungen immer einen städteplanerischen Grund brauchen, nicht nur allgemeine politische Gründe. Aus den genannten Gründen werden wir das bei Spielhallen haben. Dieses Ziel wird auf diesem Weg erreicht werden; denn wir wollen keinen massenhaften Aufwuchs von Spielhallen in Innenstädten.

Aus diesem Grund sehen wir auch keinen Anlass, was auch systematisch falsch wäre, für die Einführung eines bayerischen Spielhallengesetzes; denn das komplizierte Miteinander der verschiedenen Ebenen wird berücksichtigt, wie schon ausgeführt.

Den Vorschlag einer Automatensteuer als neue kommunale Bagatellsteuer haben wir bereits im Plenum am 15.12.2010 behandelt und abgelehnt. Diese Möglichkeit ist umstritten. Ich persönlich halte es eher für zweifelhaft, dass kommunale Bagatellsteuern eine Lenkungswirkung haben werden. Es ist widersprüchlich, einerseits die Spielsucht bekämpfen und Spielhallen zurückdrängen zu wollen und gleichzeitig den Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, neue Steuern zu schaffen, um damit von dem zu profitieren, was man eigentlich ablehnt. Das ist ein widersprüchliches Vorgehen.

(Jörg Rohde (FDP): Das ist richtig!)

Abgesehen davon ist die Lenkungswirkung derartiger Bagatellsteuern nicht nachgewiesen. Wenn andere Bundesländer so etwas haben, sollte das evaluiert werden. Jedenfalls ist das nicht der richtige Weg.

Wir sind unserem Ziel insgesamt schon näher, als die drei Anträge das glauben lassen. Aus diesem Grund lehnen wir die Anträge ab.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Danke, Herr Kollege Herrmann. Es gibt eine Zwischenbemerkung von Kollegin Schmitt-Bussinger; bitte schön.

Herr Kollege Dr. Herrmann, Sie sagten, Sie seien bereits in der Weise tätig, wie wir sie heute einfordern. Deswegen frage ich Sie erstens: Welche konkreten Maßnahmen und Initiativen gegen die Ausbreitung von Spielstätten und Spielautomaten haben Sie wann in die Wege geleitet?

Zum Zweiten frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass der Glücksspielstaatsvertrag, auf den Sie offensichtlich all Ihre Hoffnung setzen, vor dem Aus steht, da er offensichtlich mit geltendem EU-Recht nicht vereinbar ist?

(Jörg Rohde (FDP): Dann muss man ihn halt ändern!)

Bitte, Herr Dr. Herrmann.

Darauf muss ich mit der Gegenfrage antworten, was Ihre Anträge dann eigentlich bringen sollen.

(Zurufe von der SPD)

Die Anträge sind bloße Papiertiger, mit denen man nicht weiterkommt. Wir sind aber schon deutlich weiter.

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Ich habe ausführlich dargestellt, welche Punkte derzeit in der Diskussion stehen.

(Zuruf von der SPD: Was haben Sie gemacht?)

- Eine Baugesetzbuchänderung; da haben Sie wahrscheinlich nicht zugehört oder konnten das nicht nachvollziehen. Jedenfalls kommen wir mit Ihren Anträgen gar nicht weiter.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Dr. Herrmann, bitte, Sie haben das Wort.

Das ist bereits beantwortet.

(Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Bitte bleiben Sie am Redepult. Es gibt eine weitere Zwischenbe

merkung, nämlich von Frau Kollegin Kamm; bitte schön.