Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP und auch von der Staatsregierung, Ihr Ausstieg aus dem Ausstieg im Herbst 2010 - das ist noch nicht allzu lange her - wurde unter anderem mit folgenden Aussagen begründet: Sie würden Versorgungssicherheit herstellen und für moderate Strompreise sorgen. Dieser Ausstieg aus dem Ausstieg war eigentlich eine prima Sache für uns GRÜNE. Wir haben damit massiv an Sympathie und Anhängerschaft zugelegt. Vor allem konnten wir viele Tausend neue Mitglieder gewinnen. Sie haben uns diese neuen Mitglieder zugeführt. Trotzdem hätten wir uns das nicht gewünscht. Kollege Rinderspacher hat es schon angesprochen. Sie haben mit dem Ausstieg aus dem Ausstieg in der jetzigen Entwicklung dafür gesorgt, dass dem Steuerzahler Kosten in Milliardenhöhe drohen. Das sei hier auch noch einmal ganz klar gesagt. Diese Kosten in Milliardenhöhe haben wiederum Sie und nur allein Sie zu verantworten.
Grundsätzlich - damit bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Schmid - hat sich die Union seit Jahren als DagegenPartei profiliert. Gemeinsam mit der FDP war sie gegen das Gesetz über Erneuerbare Energien. Auf Landesebene hat sie den Ausbau der Windenergie systematisch behindert. CDU und CSU haben gegen den Emissionshandel gekämpft. Sie haben immer verbindliche Energiesparziele abgelehnt. Auch die Merkel’sche Energiewende ist in toto immer noch eine Mogelpackung. Sie ist zu wenig, zu langsam, und sie wird vor allem von oben herab durchgesetzt.
Einige wenige Belege dafür: Anstatt zielstrebig den vollständigen Umstieg auf Strom aus erneuerbaren Energiequellen anzustreben, strebt die Bundesregierung bis 2020 erst einmal nur einen Öko-Stromanteil von 35 % an. Dann will sie eine Kostengrenze für das Gesetz über die Erneuerbaren Energien. Gleichzeitig will sie die Industrie großzügiger von der Umlage befreien. Das ist sozial ungerecht und schädlich für den
Ausbau erneuerbarer Energien. Zentral statt dezentral ist weiterhin die schwarz-gelbe Devise. Nicht die dezentralen erneuerbaren Energiequellen stehen ganz im Vordergrund, sondern erst einmal sollen Kohlekraftwerke ans Netz und einen großen Anteil des wegfallenden Atomstroms ersetzen. Die Planung soll gestrafft werden. Die Bürgerbeteiligung soll eingeschränkt werden. Der Neubau der Klimakiller aus Kohle soll ausgerechnet aus Mitteln aus dem Klimaschutzfonds finanziert werden. Das ist alles andere als sinnvoll.
Von oben herab will die Bundesregierung das Land mit neuen Stromtrassen durchziehen. Sie will die Planungen beim Bund zentralisieren, statt transparente Verfahren durchzuführen und beispielsweise durch Erdkabel mehr Akzeptanz zu erzielen. Schwarz-Gelb organisiert den Netzausbau und den Umstieg auf erneuerbare Energien erst einmal nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern, sondern gegen sie. Herr Ministerpräsident, hier sind Sie aufgefordert, für die notwendigen Korrekturen zu sorgen.
Beim Energiesparen muss man sich Folgendes vor Augen führen: Die EU wollte verbindliche Einsparziele. An wem sind diese gescheitert? Wiederum an der schwarz-gelben Bundesregierung. Schauen wir es uns doch an: Erst kürzlich ist das Gebäudesanierungsprogramm zusammengestrichen worden. Zögerlich werden jetzt Zusagen gegeben, wieder stärker zu fördern, obwohl man weiß, welch segensreiche Wirkung dieses Programm entfaltet hat.
Jetzt aber ein klein wenig Lob: Herr Schmid und Herr Seehofer, Sie haben unseren Parteitag am Samstag in Berlin angesprochen. Wir sagen ganz klar: Mit der Rücknahme der Laufzeitverlängerung kehrt die Bundesregierung zum rot-grünen Atomgesetz von 2001 zurück. Das ist gut so, das begrüßen wir.
Selbstverständlich erkennen wir auch an, dass mit den festen Ausstiegsdaten das Ende der Atomkraft sogar noch besser abgesichert ist. Es gibt nicht mehr die Übertragung der Reststrommengen. Das ist sogar noch besser, Herr Ministerpräsident. Das sage ich an dieser Stelle ganz dezidiert. Hier haben Sie eine Verbesserung erreicht. Außerdem ist es begrüßenswert, dass die sieben ältesten Atomkraftwerke und das Pannenkraftwerk Krümmel nicht mehr ans Netz gehen. Das freut uns. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb begrüßen wir es, wenn möglichst
Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich werden wir alle - das gilt für die SPD genauso wie für uns darauf drängen, dass diese Novelle rechtssicher begründet - hierzu gibt es noch das eine oder andere Fragezeichen - und in dem einen oder anderen Punkt noch spürbar verbessert wird. Der Abschaltplan der Bundesregierung bis zum Jahre 2022 stellt nicht den schnellstmöglichen Atomausstieg dar. Das haben die GRÜNEN, die Deutsche Umwelthilfe und das Umweltbundesamt vorgerechnet: Das Abschalten der Atomkraftwerke wäre wirtschaftlich und im Hinblick auf die Rechtssicherheit bis zum Jahr 2017 machbar. Dafür sollten wir weiterhin kämpfen und uns einsetzen.
Selbstverständlich werden wir uns auch dafür einsetzen, dass die noch am Netz verbleibenden Atomkraftwerke mit höheren Sicherheitsanforderungen konfrontiert werden. Der § 7 d des Atomgesetzes, mit dem die Sicherheitsstandards gesenkt worden sind, muss schleunigst wieder gestrichen werden.
Gleichzeitig gilt es auch, die mittlerweile seit zwei Jahren vorliegende Überarbeitung des kerntechnischen Regelwerkes endlich in Kraft treten zu lassen.
Diesbezüglich gibt es eine Reihe weiterer Forderungen, die wir in die künftigen parlamentarischen Beratungen einbringen werden. Für das AKW-Personal muss der Strahlenschutz deutlich verbessert werden. Selbstverständlich muss endlich eine ergebnisoffene und bundesweit vergleichende Suche nach dem bestmöglichen Standort für Endlager durchgeführt werden.
Herr Ministerpräsident, zu Bayern: Die Energiewende in Bayern und von Bayern aus ist das Thema, das uns beschäftigen sollte. Es sieht nicht alles so rosig aus, wie Sie es vorhin kundgetan haben. Alle zwei Jahre wird eine wunderbare Vergleichsstudie in Auftrag gegeben. Es handelt sich um ein Ranking im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbarer Energien. Diese Studie wird von großen Wirtschaftsforschungsinstituten erstellt. Dort heißt es für das Jahr 2010:
Es liegt ein uneinheitliches Bild vor. Beispielsweise liegt Bayern bei der Nutzung von Solarwärme und Holzheizungen ganz vorne. In anderen Sektoren gibt es jedoch deutliche Schwächen. Bayern wird mit dem "Leitstern 2010" in der Kategorie "Bürgerengagement" ausgezeichnet. Dort wird jedoch nur zusammengefasst, was dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu verdanken ist. Wie hoch ist der Anteil der Bürgerinnen und Bürger, die besonders umweltfreundlichen Strom beziehen? Wie viele der bayerischen Bürgerinnen und Bürger haben Photovoltaikanlagen auf ihrem Dach oder nutzen die Solarthermie? In diesem Punkt liegt Bayern vorne. Jetzt nenne ich die Kategorien, in denen Bayern hinten liegt. Das haben Sie, Herr Ministerpräsident, bei der Nennung Ihrer Baustellen falsch dargestellt. Ich zitiere:
Im Bundesländervergleich liegt Bayern in folgenden Punkten hinten: Unzureichende Fördermaßnahmen: Ungeachtet der politischen Zielsetzungen und Programme schneidet Bayern bei konkreten Fördermaßnahmen relativ schlecht ab, so bei Informationsangeboten (Rang 13), Förderprogrammen (Rang 14) und beim Hemmnisabbau (Rang 14).
Bayern ist bei der Windenergie Schlusslicht. Dass die Potenziale nicht ausgenutzt werden, ist erkannt und bekannt. Darauf brauche ich nicht weiter einzugehen. Wasserkraft und Wärme stagnieren. Dort ist Bayern in den letzten Jahren nicht weiter vorangekommen. Darüber hinaus führt Bayern eine zurückhaltende Industrie- und Technologiepolitik. Hier liegt Bayern im Bundesländervergleich hinten. Die Forschungsausgaben für erneuerbare Energien bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt fallen für Bayern sehr gering aus. Bayern liegt dort auf dem vorletzten Platz. Auch bei den Studiengängen und Stellenanzeigen gehört Bayern zu den Schlusslichtern und belegt jeweils Platz 14. Hinsichtlich der Unternehmen aus der ErneuerbarenEnergien-Branche liegt Bayern lediglich im Mittelfeld. Herr Ministerpräsident, was Sie vorhin unter Verweis auf Herrn Kollegen Heubisch gesagt haben, war nicht zutreffend. Das bedeutet, es gibt großen Nachholbedarf.
Damit der Anteil Erneuerbarer Energien in Bayern künftig gemäß den eigenen Zielen erheblich gesteigert werden kann, muss insbesondere auch der Beitrag der Windenergie wesentlich stärker zunehmen als bisher. Bestehende Hemmnisse müssen abgebaut werden. Auch bei För
derprogrammen und Informationsangeboten könnte sich das Land besser profilieren. Daneben sollten die industrie- und technologiepolitischen Anstrengungen wesentlich verstärkt werden. Hierzu zählt insbesondere ein verstärktes Engagement bei der Förderung von Forschung und Bildung im Bereich Erneuerbarer Energien.
Das sind andere Fakten als die, die Sie sich schulterklopfenderweise immer zuschreiben. Das sind ganz große Defizite.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU und neuerdings auch von der FDP - obwohl Sie sich jetzt nicht angesprochen fühlen müssen: Wenn Sie schon früher unseren Anträgen, Gesetzentwürfen und zahllosen Initiativen gefolgt wären, stünde Bayern jetzt wesentlich besser da.
Herr Ministerpräsident, Sie haben vorhin wörtlich ausgeführt - ich zitiere zumindest aus Ihrem Manuskript -: "Wir werden unsere staatlichen Gebäude energetisch sanieren." Warum denn erst jetzt? Hierzu gibt es zahlreiche Anträge von uns, von der SPD und auch von den FREIEN WÄHLERN.
Der staatliche Gebäudebestand gehört endlich energetisch saniert. Der Staat hat eine Vorbild- und Vorreiterfunktion. Warum geht da nichts voran? Wären Sie unseren Initiativen doch bloß früher gefolgt! Wir haben dort mal ein wenig reingeblättert: "Gesetzentwurf für eine sparsame, sozial und ökologisch verträgliche Energienutzung in Bayern (Bayerisches Energie- wendegesetz)", Drucksache 11/12316. Dieser Gesetzentwurf stammt aus dem Jahr 1989. Herr Kollege Magerl steht auf dem Kopf des Gesetzentwurfs. Ein Bayerisches Energiewendegesetz ist also bereits im Jahr 1989 beantragt worden.
So geht es weiter. Ich bin nicht neu im Gremium. Ich kann mich noch an den Antrag zusammen mit Kollegin Kellner "Energiewende in Bayern umsetzen" erinnern. Dieser Antrag ist mittlerweile 12,13 oder 14 Jahre alt.
Wenn wir das Ganze im Kleinen betrachten heißt, nicht diejenigen Gesetzentwürfe und Anträge meinen, welche die Energiewende insgesamt thematisieren, können wir Hunderte Anträge und Initiativen vorweisen. Herr Kollege Rinderspacher hat darauf hingewiesen, dass in letzter Zeit nach den Ereignissen in Fukushima jede Menge Anträge gestellt worden sind.
Diese sind entweder vertagt oder abgelehnt worden. Besonders schäbig, aber bezeichnend war der Umgang mit den Haushaltsanträgen. Mehrere Fraktionen haben diese Anträge vor den Ereignissen in Fukushima gestellt. Nach den Ereignissen in Fukushima wurden diese Anträge erst diskutiert und schließlich abgelehnt. Das zeigt nicht unbedingt, dass Sie guten Willens sind.
Herr Ministerpräsident, wir befassen uns gerne mit Ihren Verlautbarungen. Herr Kollege Schmid, wir haben das Programm der Regierung sehr genau studiert und mehrfach durchgearbeitet. Wir haben das bereits diskutiert. Das ist das Konkreteste und Faßbarste, was es derzeit gibt. Mit diesem Programm sollten wir uns auseinandersetzen, weil die heutige Rede sehr pathetisch war und viele Allgemeinplätze enthalten hat. Herr Ministerpräsident, Ihre Rede hat relativ wenig Konkretes enthalten. Sehen Sie uns das nach.
An dem Konzept der Staatsregierung muss man doch einiges kritisieren, beispielsweise die Mängel bei den Instrumenten und Maßnahmen. Die Zielformulierungen sind über weite Strecken gut und sinnvoll, aber es fehlen meistens konkrete Instrumente und Maßnahmen. Wenn welche genannt werden, handelt es sich um Förderinstrumente. Unseres Erachtens muss noch das eine oder andere gemacht werden.
Bei der Windenergie wäre noch viel mehr drin. Zwar ist es erfreulich, dass Sie Ihre Blockadepolitik aufgeben wollen, jedoch sind Ihre Ziele nicht ehrgeizig genug. Im Hinblick auf die Biomasse kommt die KraftWärme-Kopplung viel zu kurz. Außerdem kommt die ökologische Ausrichtung viel zu kurz. Für erneuerbare Energien im Gebäudebestand sind keine rechtlichen Festlegungen, die unbedingt notwendig wären, geplant.
Was die Erdgasnutzung angeht, so war vom Ausbau von Großkraftwerken mit einer Leistung von ungefähr 4 Gigawatt die Rede; Ihre heutigen Ausführungen kann man insofern schon als Verbesserung bewerten. Gaskraftwerke, Kraft-Wärme-Kopplung haben jedoch fast keine Rolle gespielt. Es hätte die Gefahr bestanden, dass Investitionsruinen geschaffen worden wären bzw. dass Gaskraftwerke sich als Blockadekraftwerke erwiesen hätten. An dieser Stelle ist die schöne Formulierung des Politikberaters Spreng passend: "Die Brücke erscheint als Selbstzweck, als Ziel, nicht das Ufer der erneuerbaren Energien." Möglicherweise wäre das bei der Brücke auf einmal der Fall gewesen.
Zum Verkehr hat es in Ihrer Regierungserklärung an allem gefehlt; es waren ein paar vage Absichtserklärungen zu hören. Es gibt einen ganz entscheidenden Kritikpunkt - Herr Schmid und Herr Seehofer, wir bitten Sie, das schleunigst zu korrigieren -: Ihr Regierungsprogramm bietet überhaupt keine Zeitperspektive. Im Schlusskapitel ist zwar zu lesen, was wir bis wann erreichen können, aber hinter dieser Überschrift versteckt sich nichts Konkretes. Es heißt dort lediglich, in zehn Jahren könnten wir das alles erreichen. Das ist viel zu wenig. Wir brauchen konkrete Maßnahmen, die in ein konkretes Zeitkorsett eingebunden sind.
Wie das schon vorgetragene Ranking belegt, gibt es auch in Bayern großen Handlungsbedarf. Bayern hat sich, was die Energieversorgung angeht, viel zu lange ausgeruht - einerseits auf dem hohen Anteil der Kernkraftwerke, andererseits auf dem hohen Anteil an abgeschriebenen Wasserkraftanlagen. Deswegen ist bei den anderen erneuerbaren Energien viel zu wenig vorangegangen.
Beim Sparen und der effizienten Nutzung von Energie sind wir ebenfalls zu langsam vorangekommen. Sie selbst haben es gesagt: Es ist wichtig, die vorhandene Energie effizienter als bisher zu nutzen. Im Kraftwerksbereich brauchen wir dringend höhere Wirkungsgrade. Auf der Verbrauchsseite müssen Stromschleudern durch effiziente Geräte ersetzt werden. Wir brauchen intelligente Netze und Möglichkeiten des intelligenten Messens, um Stromproduktion und Stromnachfrage besser steuern zu können.