Ein weiteres Argument möchte ich heute aber noch anfügen. Der Einsatz Privater zur Erledigung staatlicher Aufgaben nimmt zu. Der Staat zieht sich mehr und mehr zurück. Er überträgt Aufgaben, ist nur noch für den gesetzlichen Rahmen zuständig und natürlich für die Kontrolle.
Es stellt sich gerade in den Feldern, wo Private beteiligt sind, immer häufiger die Frage, wer letztendlich den Datenschutz gewährleisten kann. Es könnte letztendlich eine ganz klare Regelung geben, aber die will man nicht.
Anlässlich der ersten Lesung zum SPD-Entwurf habe ich angeführt, dass ich eine Verfassungsänderung in diesem Zusammenhang für sinnvoll, aber nicht unbedingt für eine Grundvoraussetzung halte. Das möchte ich noch einmal klarstellen. Artikel 33 a der Bayerischen Verfassung - Herr Kollege Arnold hat es gesagt - diente vormals dazu, ausschließlich die Verlagerung der Datenschutzkontrolle von der Staatsebene hin zu mehr Unabhängigkeit zu organisieren. Weder in der Rechtsprechung noch in den Materialien zur Änderung werden Sie etwas zur Verlagerung finden, was darauf schließen ließe, dass es sich um eine abschließende Aufzählung handelt.
Dann würde sich für uns natürlich die Frage stellen, ob der Datenschutzbeauftragte tatsächlich nur im öffentlich-rechtlichen Bereich kontrollieren darf. Herr Arnold, Sie haben es schon ausgeführt.
Dennoch halte ich eine Verfassungsänderung, die selbstverständlich in einen Volksentscheid darüber münden muss - wir kennen unsere Verfassung, Frau Kollegin Guttenberger -, aus deklaratorischen Gründen für sinnvoll, genau um die Debatte zu vermeiden, dass man künftig immer wieder darüber streiten muss: Ist es so, dass er es darf, oder geht es nicht tatsächlich auch anders? Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass wir gemeinsam den Weg zu einer Verfassungsergänzung gehen. Ich würde mir auch wünschen, dass Sie nicht immer dem Datenschutz
hinterherlaufen, sondern endlich einmal voranschreiten. Von uns hätten Sie dafür auf jeden Fall Rückendeckung.
Was ich nicht verstanden habe, Herr Innenminister, ist Ihre wertneutral oder namensneutral formulierte Kritik an Berlin. Im Gegensatz zu Ihnen nenne ich Ross und in diesem Fall Reiterin. Es ist unsere liebe Frau Bundesministerin Aigner, die es in der Hand hätte, für die Behörden in den Ländern entsprechende Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit diese tatsächlich die Möglichkeit haben, datenschutzgerecht einzugreifen. Werden Sie hier endlich tätig.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir zu diesem Thema vor zwei Wochen einen Gesetzentwurf der SPD behandelt haben, befassen wir uns heute mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung. Auftrag war das EuGH-Urteil vom März 2010, die völlige Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde im nichtöffentlichen Bereich zu schaffen, das heißt die Schaffung einer sogenannten ministerialfreien Verwaltung.
Beide Gesetzentwürfe sind europarechtlich zulässig und stärken den Datenschutz in Bayern. Aber beide Gesetzentwürfe haben auch Licht und Schatten. Es gibt gute, sachliche Argumente, die für eine Zusammenlegung des öffentlichen und nichtöffentlichen Datenschutzes sprechen. So sind zum einen zu nennen die Synergieeffekte und zum anderen ist für den Bürger eine einzige Anlaufstelle übersichtlicher als es mehrere Anlaufstellen wären. Alle anderen Bundesländer außer Bayern haben sich für eine Zusammenlegung entschieden. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir in Bayern diesen Weg auch gehen müssen.
Ein weiteres Argument für eine Zusammenlegung geht dahin: Der technische und juristische Sachverstand sind vorhanden und durch die Zusammenlegung erfolgt eine bessere Transparenz für den Bürger. Stichwort auch: Bürokratieabbau.
gungen: Es gibt strukturelle Unterschiede zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Datenschutz. Die Übertragung zusätzlicher Aufgaben - das ist offensichtlich der Knackpunkt - auf den Datenschutzbeauftragten ist unserer Einschätzung nach verfassungsrechtlich nicht zulässig. Aufgabe nach Maßgabe des Gesetzes ist, nur bei den öffentlichen Stellen die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz zu kontrollieren und eben nicht bei den nichtöffentlichen Stellen. Gerade aber die Erweiterung dieses Aufgabenbereiches ist unserer Meinung nach dem Verfassungsgesetzgeber vorbehalten. Darüber hinaus ist die unionsrechtliche Verpflichtung, umgehend die EuGHEntscheidung umzusetzen, unserer Einschätzung nach so kurzfristig nicht möglich.
Kurzfristige, möglichst einfachgesetzliche Handlungsoptionen können bei einer Übertragung auf den Landesbeauftragten für den Datenschutz unserer Meinung nach nicht adäquat umgesetzt werden.
Für den heute vorgelegten Gesetzentwurf spricht aber erstens die Tatsache, dass gerade in Ansbach hervorragende Arbeit, wie wir am Beispiel Microsoft gesehen haben, geleistet wird und es daher nicht sinnvoll wäre, dieses Kompetenzzentrum zu zerschlagen, ein Zentrum, das bundesweit eine anerkannte Kontrollinstanz für den Datenschutz ist, also ein Markenzeichen für Bayern.
Drittens. Bei unserer Entscheidung gegen eine Zusammenlegung nehmen wir Rücksicht auf regionale und strukturpolitische Aspekte. Stichwort: Weitere Entwicklung des ländlichen Raumes.
Natürlich hätte man Ansbach als Außenstelle unter dem Dach des Landesbeauftragten für den Datenschutz führen können; eine Ideallösung wäre dies aber nicht.
Nach langer Diskussion in unserer Fraktion und mit dem Innenminister sowie nach sorgfältiger Abwägung der Argumente, die für oder gegen eine Zusammenlegung sprechen, haben wir uns entschieden, aufgrund sachlicher Überlegungen dem vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung zuzustimmen.
Das Wichtigste aber sollten wir bei der ganzen Diskussion nicht aus dem Auge verlieren. Wir brauchen, egal wo und bei wem angesiedelt, eine starke, unab
hängige und durchsetzungsfähige Datenschutzaufsicht. Dazu bedarf es unserer Meinung nach nicht nur neuer gesetzlicher Regelungen, sondern vor allem auch einer personellen und sachlichen Aufrüstung des Landesamtes für Datenschutzaufsicht. Diese wird - da sind wir uns mit dem Innenminister einig - zeitnah erfolgen. Datenschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Bürgerschutz und damit ein Markenzeichen für diese Koalition. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Bertermann. Sie haben es schon geahnt. Es kommt jetzt eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Stahl.
Herr Kollege! Dieses Ihr Bekenntnis zum Datenschutz erfolgt in der Regel doch immer erst dann, wenn eine Rüge der EU-Kommission erfolgt ist. Soweit zur Fähigkeit der Koalition, hier Datenschutz für die Bürger einzurichten.
Aber ich habe noch eine andere Frage, Herr Kollege Dr. Bertermann. Sie haben die Regelungen und das Engagement, das es gerade hinsichtlich Google Street View gibt, so sehr gelobt. Halten Sie die Regelungen, die wir zu Geo-Datendiensten, haben, hinsichtlich des Missbrauchs von W-Lan-Netzen in diesem Zusammenhang für ausreichend? Meinen Sie wirklich, dass das, was an Selbstverpflichtung mit der Wirtschaft ausgehandelt worden ist, im Hinblick auf das, was wir jetzt mit Microsoft erleben, schon das Ende der Fahnenstange ist? Meinen Sie, den Bürgerinnen und Bürgern genügt das?
Liebe Frau Stahl, dazu sage ich ein klares Nein. Die Regelungen sind nicht ausreichend. Das ist meine Meinung.
Vielen Dank. Der Herr Staatsminister hat sich noch zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Staatsminister Herrmann.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur eine kurze Anmerkung, weil mich reichlich irritiert hat, was Kollegin Stahl hier geboten hat.
Zum einen erlaube ich mir die Bemerkung, dass wir das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Tat so nicht erwartet hatten, und ich habe an dieser Stelle wiederholt deutlich gemacht, dass ich es aus meiner Rechtssicht für nicht nachvollziehbar halte. Aber wir haben es zu respektieren.
Ich erlaubte mir nur den Hinweis, dass es keiner anderen Landesregierung besser ging und dass kein einziges Datenschutzgesetz in Deutschland, auch wenn daran eine grüne Fraktion mitgewirkt hatte, von dem gleichen Fehler ausgenommen war. Man braucht sich da auch als Grüne jetzt nicht als besonders gescheit hinzustellen und zu sagen, sie hätten es schon immer besser gewusst.
Und noch eines möchte ich anmerken, Frau Kollegin Stahl. Was mich am meisten erschreckt, ist Folgendes: Der Dringlichkeitsantrag, der heute nicht mehr aufgerufen wird, weil er zu verweisen ist, fordert über eine ganze Seite hinweg die Staatsregierung dazu auf, etwas sicherzustellen bzw. Maßnahmen zu ergreifen und Ähnliches. Wie es scheint, haben Sie noch überhaupt nicht kapiert, was hier in Zukunft Sache ist: Wir haben überhaupt nichts anzuordnen. Das Landesamt für Datenschutzaufsicht in Ansbach ist völlig selbstständig. Es allein hat das Gesetz zu vollziehen und wir in der Staatsregierung haben keine Anweisungen mehr zu geben. Sie können deshalb vonseiten des Landtags auch nicht mehr die Staatsregierung auffordern, dies oder jenes durchzusetzen. Das Landesamt in Ansbach ist unabhängig. Sie, Kollegin Stahl, begreifen offensichtlich überhaupt nicht, wovon Sie hier reden. Denn das gilt in Zukunft uneingeschränkt: Die Ansbacher sind unabhängig.
Wir können Wünsche äußern und vielleicht Forderungen erheben. Aber sicherstellen kann diese Staatsregierung oder der Landtag in einem unabhängigen Amt nichts mehr. Das Amt ist, wie gesagt, unabhängig und das ist genau das, was der EuGH fordert. Deshalb ist die ganze Formulierung Ihres Dringlichkeitsantrags schon von vornherein rechtspolitisch größter Humbug.
Verehrter Herr Staatsminister, Sie werden mir doch bitte zustimmen, dass Sie rechtspolitische Aufgaben zu erfüllen haben. Das heißt, Sie sind für die entsprechenden Gesetze zuständig. Ich habe das gerade in Bezug auf die Rede von Herrn Dr. Bertermann angesprochen. Sie müssen dafür sorgen, dass es überhaupt die entsprechenden Rechtsgrundlagen im Bayerischen Datenschutzgesetz, aber auch im Bundesdatenschutzgesetz gibt, die uns einen Eingriff ermöglichen. Ich weiß jetzt nicht, was Sie im Einzelnen zu meinem Dringlichkeitsantrag sagen wollten. Vielleicht können Sie anschließend noch mit Kollegin Kamm darüber streiten, falls dieser Dringlichkeitsantrag heute noch aufgerufen werden sollte. Mit mir können Sie darüber nicht streiten. Unsere Haltung ist eindeutig. Nennen Sie mir bitte diejenigen Gesetze, die unter Rot-Grün, wie Sie hier gesagt haben, völlig falsch auf den Weg gebracht worden wären. Da müssten Sie mir dann auch die entsprechenden Regelungen konkret nennen und mir sagen, welche Absätze Sie im Einzelnen für falsch halten. Dieser Pauschalangriff, auch Rot-Grün hätte es nicht besser gemacht, beeindruckt mich nicht.
Seit ich hier im Landtag bin - das halte ich Ihnen gern entgegen -, haben Sie eine Niederlage nach der anderen vor dem Verfassungsgericht erleben müssen, weil Sie entweder die Verfassung nicht einhalten oder von sich aus schlicht und einfach nicht auf die Idee kommen - ich erinnere dabei an das Versammlungsrecht -, etwas zu modernisieren.