Wunderbar! Das ist Ihre Vorgehensweise. Mit dem Finger auf Berlin zeigen, sich im Land aber dagegen wehren, dass man nach einer solchen Katastrophe und nach klaren verbalen Äußerungen auch nur einen einzigen Cent für die Energiewende in Bayern in diesen Doppelhaushalt einstellt.
Sagen Sie auch, dass Sie durch Ihre miserable Besetzungspolitik bei den Finanzämtern den Bereich Kultur und Wissenschaft nebst den staatlichen Theatern und Orchestern nicht so unterstützen, wie dies notwendig wäre, dass Sie die Förderung der Sing- und Musikschulen auf einem niedrigen Level halten, den Denkmalschutz so behandeln, wie ich es gerade dargestellt habe, nämlich in einer Zickzack-Politik, und dass Sie bei den Hochschulen - ich greife die Debatte auf - eigentlich nur auf das Prinzip Hoffnung setzen, Sie hoffen, dass die maroden Gebäude irgendwie doch halten und dass die Studentenzahlen durch den
Das ist Ihr Prinzip Hoffnung. Sagen Sie die Wahrheit. Sagen Sie: Wegen unserer Fehler bei der Landesbank, wegen unserer Entscheidungen in der Steuerpolitik und wegen unserer Personalpolitik in der Finanzverwaltung können wir vom "Aufbruch Bayern" leider nur reden, aber keinen "Aufbruch Bayern" realisieren. Würden Sie das sagen, dann wären Sie ehrlich zu den Leuten.
Um von diesen selbst verursachten Gründen für Ihre Kürzungspolitik abzulenken, zünden Sie haushaltspolitische Nebelkerzen. Darin sind Sie erprobt. Letztendlich - das kann ich vorwegnehmen - verbrennen Sie sich an jeder einzelnen Ihrer Nebelkerzen selbst die Finger.
Was ist das "Best of" der finanzpolitischen Nebelkerzen von Schwarz-Gelb? Wir kommen zur Preisverleihung.
Finanzpolitische Nebelkerze Nummer 1 ist der Länderfinanzausgleich. Er kommt immer dann aufs Tapet, wenn von Problemen der Finanzen in Bayern abgelenkt wird, wenn von Kürzungen im Staatshaushalt abgelenkt werden soll.
Ihr Konzept des Länderfinanzausgleichs, das Sie jetzt kritisieren, haben Sie doch unter Stoiber als tollen Erfolg verkauft. Jetzt kritisieren Sie das, was Stoiber als tollen Erfolg verkauft hat. Das besitzt keine Logik.
Wir brauchen auch Solidität. Ihr Vorgehen spricht Bände: keine Gespräche, keine Vorschläge gegenüber den anderen Ländern. Ihre Argumente zum Länderfinanzausgleich sind nach meiner festen Überzeugung wie ein Soufflé: Es schaut stattlich aus, es lässt sich gut damit renommieren, wenn man hineinsticht, fällt es in sich zusammen.
Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir Anreizstrukturen im Länderfinanzausgleich gleichermaßen für Geber- und Nehmerländer brauchen, was die Einnah
Herr Staatsminister, liebe Staatsregierung, Sie haben diesem Landtag noch keine einzige Zeile darüber vorgelegt, wie Sie den Länderfinanzausgleich ändern wollen. Sie reden darüber, aber Sie bekennen nicht Farbe, und das muss man kritisieren.
Ihre Polemik gegen den Länderfinanzausgleich fällt doch auf Sie selbst zurück, weil Sie das, was Sie beim Länderfinanzausgleich monieren, beim kommunalen Finanzausgleich in Bayern selbst praktizieren. Wie ist es denn in Bayern? Ich greife einmal einen Landkreis heraus, dessen Finanzstrukturdaten mir bekannt sind. Das ist der Landkreis Ebersberg, der ein steuer- und umlagekräftiger Landkreis ist, aber am Ende des kommunalen Finanzausgleichs an letzter Stelle der kommunalen Finanzkraft in Bayern steht, nach Freyung-Grafenau. Das gibt es beim Länderfinanzausgleich nicht, aber in Bayern haben Sie selbst ein solches System errichtet. Insofern ist Ihre Argumentation absolut scheinheilig.
An dieser Stelle muss man auch einmal sagen: Für ein überhebliches Auftreten Bayerns besteht überhaupt kein Anlass. Bayern hat bis zum Jahr 1992 erheblich vom Länderfinanzausgleich profitiert.
- Jetzt hören Sie einmal gut zu. Die wirtschaftliche Prosperität, die nachprüfbar ist, war in Bayern auch und gerade in den letzten Jahren -
- Ich weiß schon, dass das, was ich sage, nicht bequem ist und Ihnen unangenehm aufstößt, weil es Ihre Rhetorik entzaubert. Das ist mir schon klar.
Die wirtschaftliche Prosperität hat ihre Gründe natürlich zum Teil in der Politik, aber - das müssen Sie auch einmal kapieren - vor allem in strukturellen und historischen Entwicklungen. Anders wären die großen Unterschiede in der Wirtschafts- und Steuerkraft in Bayern auch nicht zu erklären.
Bayern hat wie kaum ein anderes Bundesland vom Fall des Eisernen Vorhangs profitiert, und Bayern hat in München - Gott sei Dank - ein Kraftzentrum, das
mehr als 60 % der Steuereinnahmen des Freistaats erwirtschaftet und das zugleich auch ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche sozialdemokratische kommunale Wirtschaftspolitik ist.
Wenn Sie mir nicht glauben, dann empfehle ich Ihnen eine wirklich sehr spannende Lektüre. Ein führender Wirtschaftshistoriker Bayerns, Prof. Dr. Dirk Götschmann von der Universität Würzburg, hat ein Standardwerk zur bayerischen Wirtschaftsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert herausgegeben. Ich zitiere aus einem Bericht über die Vorstellung des Buchs in Regensburg:
Der Historiker Götschmann räumt auf mit dem Mythos der staatstragenden CSU, die sich das Verdienst der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns zuschreibt. Eine klischeehafte Vorstellung sei das, die "wenig mit der Realität, aber viel mit den politischen Verhältnissen in Bayern zu tun hat", so Götschmann. Dass dies, wie von der Bayerischen Staatsregierung gern behauptet, der Grund dafür sei, dass man heute besser dastehe als die meisten anderen Bundesländer, sieht Götschmann nicht bestätigt. "Unstrittig ist, dass die Entwicklung, die Bayern seit 1990 genommen hat, ohne die Wiedervereinigung, den Fall des Eisernen Vorhangs und die Osterweiterung der EU nicht möglich gewesen wäre". Dadurch rückte Bayern ins Zentrum des europäischen Wirtschaftsraums, Standortnachteile wurden zu Vorteilen.
Schlusszitat: "Wie groß der Anteil der bayerischen Politik an diesem Aufschwung war, ist deshalb völlig unbestimmbar."
Das schreibt Ihnen der führende Wirtschaftshistoriker des Freistaats ins Stammbuch, und Sie blasen sich in einer Art und Weise auf, die völlig indiskutabel ist.
Nebelkerze Nummer 2 ist die Situation in anderen, vorzugsweise rot-grünen Bundesländern, die Situation in Nordrhein-Westfalen. Auch an dieser Nebelkerze verbrennt sich Schwarz-Gelb selbst die Finger, und das gleich dreimal. Ein Zeigefinger mag nach Nordrhein-Westfalen deuten, drei Finger deuten auf Sie selbst zurück.
Im Haushaltsjahr 2009 lag die Nettoneuverschuldung in Nordrhein-Westfalen bei 5,6 Milliarden Euro, und zwar im Rechnungsabschluss-Ist. Preisrätsel: Wer war dafür verantwortlich? Rot-Grün? Nein, Ihre
Haushaltsentwurf 2010: 6,6 Milliarden Nettoneuverschuldung. Preisrätsel: Rot-Grün? Nein, Ihre schwarzen Freunde und Ihre gelben Brüder in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Und dann der Nachtragshaushalt 2010 von Rot-Grün. Rot-Grün hat in diesen Nachtragshaushalt nur noch das aufgenommen, was Sie, um Ihren Haushaltsentwurf besser darzustellen, unter den Teppich gekehrt hatten, nämlich Rücklagen insbesondere für die Problematik der WestLB, Rücklagen für Ansprüche der Kommunen, eine Entlastung der Kommunen, weil die Staatsregierung dort dies bislang verweigert hatte, und - hört, hört - eine Zuführung zum Versorgungsfonds.
Das waren die Änderungen. Wir haben damit nur den Scherbenhaufen zusammenkehren müssen, den uns Ihre schwarz-gelbe Landesregierung dort hinterlassen hat. Das ist die Wahrheit.
- Lieber Herr Kollege, ich weiß, dass Sie das durcheinanderbringt. - Er hat ihn gestoppt, weil die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht ausreichend begründet und belegt wurde. Die Polemik fällt doch auf Sie selbst zurück. Obwohl Sie sich hier großartig von NRW abgrenzen wollen, machen Sie es genauso. Sie begründen die Nichtzuführung zum Versorgungsfonds im Umfang von 500 Millionen Euro und die damit verbundene Verschiebung von Lasten in die Zukunft mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Da zeigt der Finger wieder auf Sie zurück.
Drittens hat Herr Kollege Klein von einer Ausweitung der Ausgaben in NRW gesprochen. Das Gegenteil ist der Fall. Informieren Sie sich als Haushaltspolitiker einmal über die Kennzahlen: NRW hat im Jahr 2011 mit 3.111 Euro die niedrigsten Pro-Kopf-Ausgaben aller 16 Bundesländer. In Bayern sind es 3.392 Euro.
Das generelle Problem der Länderhaushalte sind doch nicht die Ausgaben, sondern die fehlenden Einnahmen, in NRW durch das Fortwirken eines dramati