Herr Kollege Dr. Bertermann, darüber unterhalten wir uns anschließend, wie wir das sonst gerne machen.
Wenden wir uns wieder dem Koalitionspartner, dem Haushalt und der Energiewende zu. Sie kennen die Pressemeldung, die Wirtschaftsminister Zeil zum Atomausstieg dahin gehend abgegeben hat, dass dieser doch nicht so rasch passieren dürfe und nichts überstürzt werden dürfe. Niemand im Hohen Hause hat gesagt, dass der Atomausstieg von null auf hundert passieren soll. Niemand hat gesagt, er soll überstürzt werden. Aber, Kolleginnen und Kollegen, bei der Energiewende handelt es sich doch auch um einen Standortfaktor und einen Wettbewerbsvorteil. Der Strukturwandel wird kommen, und er muss kom
men. Wenn wir den Strukturwandel auch aus Bayern unterstützen oder zumindest unterstützend begleiten, ist das nur gut für Bayern und die bayerische Wirtschaft.
Was passiert stattdessen? Stattdessen wird ein Zwist über Zuständigkeiten zwischen Minister Zeil und dem Hause von Minister Söder öffentlich ausgetragen. Kolleginnen und Kollegen, wir wollen, dass etwas passiert, aber nicht, dass sich zwei Ressorts und deren Chefs öffentlich darüber streiten, wer überhaupt etwas tun darf. Das kann nicht wahr sein. Herr Ministerpräsident, das ist und war schlicht und ergreifend eine Witznummer.
Es ist und bleibt einfach ein Witz, dass man da nicht einfach zum Telefonhörer greift oder den Kollegen einmal persönlich anspricht: Wie sieht es aus mit den Zuständigkeiten, wer macht was? Stattdessen hat sich der eine Minister öffentlich auf der Jahrespressekonferenz über den anderen beklagt. Das spricht nicht gerade für große Professionalität.
Zur Energiewende: Wir haben gesagt, dass wir das ganze Programm selbstverständlich gerne der Staatsregierung, dem Ministerpräsidenten und allen Ministern geben, die sich hierfür zuständig fühlen. Wir wollen so schnell wie möglich aussteigen und umsteigen. Die drei großen E sind genannt worden: Einsparung, effiziente Nutzung und der Umstieg in die erneuerbaren Energien. Uns ist bewusst, dass das nicht von heute auf morgen geht. Wir müssen zubauen bei konventionellen Kraftwerken, am besten bei Gaskraftwerken. Wir brauchen auch Übertragungsnetze, um Strom aus anderen Bundesländern partiell einführen zu können.
Sie sagen sicher: Wie sieht es bei der Gaskraft aus mit dem anderen großen Ziel in der Energie- und Klimapolitik, der Senkung des Ausstoßes an Kohlendioxid? - Selbstverständlich ist uns bewusst, dass Gaskraftwerke CO2 ausstoßen. Aber Kolleginnen und Kollegen, schauen wir uns doch einmal die Klimabilanz der Bayern insgesamt an, beispielsweise im Sektor Verkehr: Dieser ist zu fast 40 % verantwortlich für den Ausstoß an CO2. Bei diesem Potenzial könnten wir ansetzen, hier müssen wir ansetzen, um den CO2Ausstoß zu senken.
Uns hat alle ja die Verkehrsprognose für das Jahr 2025 ereilt. Sie ist Grundlage der ganzen künftigen Verkehrspolitik. Da geht es um viele große, ganz schlimme Verkehrsprojekte, die ins Haus stehen, zum Beispiel die A 94 durch das Isental, die dritte Startund Landebahn, den Donauausbau und vieles andere mehr. Es geht auch darum, den Gesamtverkehrsplan und den Staatsstraßenausbauplan fortzuschreiben. Die Prognosen sagen ein gewaltiges Verkehrswachstum voraus. Der motorisierte Individualverkehr soll um 20 % anwachsen, der Flugverkehr sogar um über 90 %, der Güterkraftverkehr auf der Straße um fast 60 %. Was antwortet die Staatsregierung? - Sie fordert einen bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur. - Kolleginnen und Kollegen, das kann es doch in der heutigen Zeit nicht sein: Zum einen sind die Grundlagen dieser Prognosen sehr, sehr zweifelhaft; die Wachstumszahlen, die angenommen werden, sind viel zu groß und der Spritpreis soll stagnieren. Vor allem darf die Politik diese Zahlen nicht als gott- oder naturgegeben sehen; Politik muss vielmehr versuchen, durch entsprechende Angebote im öffentlichen Verkehr und umgekehrt durch eine entsprechende Kostenanlastung gegenzusteuern. Das ist angesagt, das, was von der Staatsregierung kommt oder im Haushalt vorgesehen ist, ist nichts anderes als ein Armutszeugnis.
In der Presseerklärung der Staatsregierung anlässlich der Vorstellung der Verkehrsprognose heißt es, ich zitiere:
Der Verkehrszuwachs lässt sich vor allem dadurch erklären, dass sich die Siedlungsstrukturen verändern und damit die Fahrwege zunehmen werden.
Wer sorgt denn dafür, dass sich die Siedlungsstrukturen verändern? - Das sind auch wieder Sie. Ich erinnere an die letzte Kabinettssitzung im alten Jahr, als Sie es mit einem Federstrich zugelassen haben, dass Gemeinden im ländlichen Raum ohne Zielabweichungsverfahren Großmärkte mit einer Verkaufsflä
che von bis zu 1.200 m2 ansiedeln. Das heißt mehr Verkehr, das heißt Besiedelung der Ortsrandlagen, das heißt Zwang zur Automobilität. Und dann sagen Sie, die geänderten Siedlungsstrukturen seien dafür verantwortlich, dass wir mehr Autoverkehr haben. Sie verbocken es doch immer wieder selber - Sie haben das selber zu verantworten.
klärung mit der Deutschen Lufthansa gegeben. Das ist unfassbar! Da gibt es einen Vertrag mit der Deutschen Lufthansa, in dem sich die Deutsche Lufthansa verpflichten muss, in München II die prognostizierten Wachstumszahlen zu erreichen, auch wenn die vierte Start- und Landebahn am Flughafen Frankfurt gebaut ist. Wenn Sie diese überhöhten, prognostizierten Wachstumszahlen nicht erreicht, muss sie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 50 Millionen Euro leisten. Wo sind wir denn angelangt, wenn solche Mechanismen in der Politik wirksam sind? Da wird ein ganz großes Wachstum prognostiziert, damit man für die entsprechende Infrastruktur sorgen kann. Dann werden die Verkehrsanbieter verpflichtet, dieses Wachstum zu erreichen. Wenn Sie es nicht erreichen, müssen Sie 50 Millionen Euro Ausgleich zahlen. Und da beschweren Sie sich dann über mehr Verkehr und einen größeren CO2-Ausstoß? - Es gilt vielmehr, gegenzusteuern. Das hätten Sie schon über den Haushalt tun können.
Sie wollen aber Großprojekte; Ihnen fällt nichts anderes ein, als Großprojekte mit aller Gewalt durchzuhauen. Der Staatsstraßenausbauplan ist völlig überfrachtet. Stattdessen lassen Sie den Bestand verlottern.
Das sagen nicht nur wir, das sagt beispielsweise auch der Bayerische Oberste Rechnungshof. Das gilt nicht nur für die Staatsstraßen, sondern beispielsweise auch für die öffentlichen Gebäude.
Zum Thema Verkehr haben wir vor wenigen Tagen wieder die famose Idee unseres Ministerpräsidenten lesen dürfen, eine Pkw-Maut einzuführen. Dazu sagen wir: Das ist eindeutig der falsche Weg. Wir wollen weg von der Kfz-Steuer und sind dafür, die ganzen Kosten in die Spritbesteuerung einzurechnen. Das wäre der richtige Weg, anstatt über viele verschiedene Töpfchen zu gehen.
(Beifall bei den GRÜNEN - Karl Freller (CSU): Das wäre ja ganz hervorragend für das flache Land und unsere Pendler!)
Noch eine kleine Anmerkung: Sie sollten Ihren Haushalt besser lesen und besser kennen. Dazu eine Anekdote - wir werden im Lauf der Beratungen noch viele weitere bringen. Zur zweiten Stammstrecke gab es ja immer eine Verpflichtungsermächtigung. Diese Verpflichtungsermächtigung haben wir im Haushaltsentwurf aber auf einmal nicht mehr gefunden. Die erste Ansage von Ihnen war auf unsere Anfrage: Lest doch gescheit, die steht schon drin. Daraufhin haben
wir noch einmal nachgelesen; sie war aber nicht drin. Darauf mussten Sie eingestehen, dass die Verpflichtungsermächtigung fehlt. Und dann kam die tolle Begründung: Sie fehlt deswegen, weil Sie sie gar nicht brauchen, denn der Bau- und Finanzierungsvertrag, der uns zum 107. Mal versprochen wurde, komme jetzt spätestens im März. Schließlich haben Sie gemerkt, dass er doch nicht kommt. Sie haben die Verpflichtungsermächtigung dann klammheimlich über die Nachschubliste wieder hineingeschrieben - Kolleginnen und Kollegen, lernen Sie doch eher von uns! Hören Sie auf uns, glauben Sie uns! Sie sollten generell früher und grundsätzlich auf uns hören, Herr Kollege Klein.
Das betrifft nicht nur die Energiewende. Ich denke, hier konnte man es eindrucksvoll dokumentieren. Das betrifft eigentlich alles. Kolleginnen und Kollegen, wir stehen mit unseren Anträgen für Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit, wir stehen für soziale Gerechtigkeit, für mehr und bessere Bildung, für wirklichen Umweltund Klimaschutz.
Kolleginnen und Kollegen, Ihr Haushalt ist bedauerlicherweise der Ausweis einer Politik des "Weiter so". Im Interesse Bayerns ist das hoffentlich einer Ihrer letzten Haushalte.
Danke, Herr Kollege Dr. Runge. Herr Dr. Runge, Sie mögen darauf spekuliert haben, dass ich mir die Regelübertretungen aufgrund der Dauer Ihrer Rede nicht merke. Dem ist aber mitnichten so. Nachdem wir hier noch mehrere Tage miteinander verbringen dürfen, möchte ich darauf hinweisen, dass auf solche bewussten Regelübertretungen eine genauso klare Ansage von meiner Seite folgt, dass ich diese hier nicht dulde.
(Heiterkeit bei den GRÜNEN - Dr. Martin Runge (GRÜNE): Frau Präsidentin, meinen Sie die fränkische Problematik? )
Hochverehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren über den Doppelhaushalt für die Jahre 2011 und 2012. Im Rahmen einer Generalaussprache zur Politik der Landesregierung geht es um das, was erreicht ist, und um das, was in den nächsten zwei Jahren kommen wird. Wir wollen die Fragen beantworten, die diesem Haushalt zugrunde liegen.
Wir erfahren also auch viel Neues und Spannendes. Kollege Runge outet sich als Professor für die Psychologie der Dynamik bzw. als Sprachwissenschaftler, der sich die bayerischen und die fränkischen Idiome sehr genau angeschaut hat.
Wir erfahren vor allem, was die Kolleginnen und Kollegen der Opposition zusätzlich zu den Themen der Landespolitik noch wissen wollen. Von der Euro-Rettung bis zum Wildsau-Management - all das wurde heute angesprochen. Wir müssen aber zu den wichtigen Fragen der Landespolitik zurückkommen. Das sind folgende: Wie können wir den Spitzenplatz Bayerns auch in Zukunft sichern? Wie können wir Investitionen in allen Teilen des Freistaates befördern? Wie können wir Bayern insgesamt nach vorn bringen? Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir dafür die Grundlage gelegt: Investitionen, "Aufbruch Bayern" Bayern ist im Aufbruch!
Herr Kollege Rinderspacher, es ist richtig: Das ganze vergangene Jahr war geprägt von einer intensiven Diskussion zwischen den Fraktionen der CSU und der FDP sowie zwischen den Ministern der Staatsregierung. Den ganzen Sommer über haben wir vorbereitende Gespräche zur Haushaltsaufstellung geführt. Wir als FDP-Landtagsfraktion empfinden es als Grundlage der Demokratie, dass man im Diskurs miteinander Positionen entwickelt und den Rahmen für den künftigen Haushalt setzt.
Als vor Weihnachten der Haushalt vom Kabinett beschlossen wurde, wies Kollege Georg Schmid sehr richtig darauf hin, dass die Fraktionen des Bayerischen Landtags nie zuvor so früh in die Verhandlungen über die Aufstellung eines Haushalts eingebunden waren. Wir können feststellen: Dieser Haushalt ist ein deutliches Signal für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes;
denn er verbindet eine solide Haushaltsführung, das heißt den Verzicht auf die Neuaufnahme von Schulden, mit Investitionen in Zukunftsbereiche.
An erster Stelle nenne ich die Investitionen in den Bildungsbereich. Das beginnt bei der frühkindlichen Bildung und reicht bis hin zur Hochschule.
Ich verweise auf die Innovations- bzw. Technologieförderung; denn nur solche Investitionen werden sich in neuen Arbeitsplätzen auszahlen. Arbeitsplätze sind aber das Entscheidende, wenn es um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und um das Glück der hier lebenden Menschen geht. Selbstverwirklichung hängt immer mit Teilhabe zusammen, mit dem Sich-Einbringen in eine Gesellschaft, in das Erwerbsleben. Dafür steht die FDP, dafür steht die Regierungskoalition aus CSU und FDP.