Auch was das große Kapitel Innovationen angeht, setzen wir Schwerpunkte im gesamten Land, sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum. Die Innovationsförderung umfasst den gesamten Bereich der Zukunftstechnologien, angefangen bei der Elektromobilität über die Medizintechnik bis hin zur Umwelttechnik.
Ich möchte mich heute aus gegebenem Anlass auf einen Innovationsaspekt beschränken, nämlich auf die Energiewende, die als Ergebnis der Vorgänge in Japan vollzogen werden muss. Ich wiederhole gern den Satz aus der Regierungserklärung von vor acht Tagen: Japan hat die Welt verändert.
Meine Damen und Herren, in aller Ernsthaftigkeit: Wenn dieses apokalyptische Ereignis in Japan bei den politisch Verantwortlichen nicht zu einem Innehalten geführt hätte, um Erkenntnisse auch für Deutschland abzuleiten, dann wäre das ein Armutszeugnis für die deutsche Politik gewesen.
Eine Anmerkung an die linke Seite: Alle Kraftwerke, die zum Zeitpunkt des Ereignisses in Japan bei uns in Bayern und im übrigen Deutschland liefen, wären auch zu den Bedingungen des rot-grünen Atomkompromisses noch gelaufen. Kein einziges Kraftwerk war in Betrieb, weil es etwa die Möglichkeit der Laufzeitverlängerung in Anspruch genommen hatte.
Herr Ministerpräsident, ich darf Sie einen Augenblick unterbrechen. - Es wird darum gebeten, auf der Regierungsbank nicht zu klatschen, auch wenn den Mitgliedern der Regierung danach ist. Wenn dies befolgt wird, kann die Rede in Ruhe fortgesetzt werden. Dass auf der Regierungsbank nicht geklatscht wird, ist eine Verabredung, die wir im Ältestenrat getroffen haben.
Herr Präsident, ich verstehe Ihren Hinweis. Er möge beachtet werden. Natürlich bedaure ich, dass sich bei diesen Aussagen mein eigenes Kabinett zurückhalten muss. Aber ich habe dafür Verständnis.
Wir gehen jetzt die Energiewende an. Ich nenne die wesentlichen Ziele, die wir dabei zu bewältigen haben.
An erster Stelle steht die Maximierung der Sicherheit. Alle Kraftwerke in Bayern werden nach den Maßgaben überprüft, die die Reaktorsicherheitskommission an Schutzzielen und Sicherheitsstandards neu definiert hat. Die Sicherheit hat oberste Priorität. Wenn ein Kraftwerk nachgerüstet oder gar stillgelegt werden muss, weil es den neuen Sicherheitsstandards und Schutzzielen nicht entspricht, kann davon nicht aus wirtschaftlichen Gründen, oder weil wir sonst eine Versorgungslücke hätten, abgesehen werden. Die Sicherheit steht an erster Stelle.
Nach allem, was ich bisher weiß, sage ich das, was schon letzte Woche von beiden Koalitionsfraktionen gesagt worden ist: Ich glaube, dass im Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung wohl kaum damit zu rechnen ist, dass Isar 1 wieder ans Netz gehen kann. Darüber haben wir viel diskutiert. Diese Aussage kann ich auch heute treffen.
Zweitens. Wir wollen eine Beschleunigung der Energiewende. Auch Sie werden sich damit auseinandersetzen müssen: Energiewende besteht aus drei Punkten. Sie ist im Herbst mit einem anderen Zeithorizont beschlossen worden. Jetzt müssen wir die Energiewende beschleunigen. An erster Stelle heißt es da: Energie sparen. Ich glaube, wir können durch zusätzliche Finanzmittel noch eine ganze Menge bei der Gebäudesanierung tun. Das Zweite ist die Energieeffizienz. Wir haben in Bayern Kraftwerke, die wir durch neue Investitionen verstärken können.
Ich freue mich darüber wirklich. Der Umstieg auf neue Energieträger wird, auch was die Stromnetze, die Inanspruchnahme der Landschaft, vielleicht auch die Flussläufe und vieles andere mehr betrifft, von Ihnen eine Reihe von Nagelproben abverlangen.
Man kann nicht ständig abstrakt von diesem und jenem reden, zum Beispiel von erneuerbaren Energien, während man dann, wenn es konkret wird, tausend Gründe findet, das Vorgeschlagene nicht zu tun. Diese Nagelproben können wir Ihnen nicht ersparen. Mit den abstrakten Diskussionen muss Schluss sein.
Ich werde mit allen gesellschaftlichen Gruppen sowie mit der Koalition und allen anderen Fraktionen reden. Dann werden wir sehen, was aus den Grundbekennt
nissen wird. Wenn die Politik in das Stadium der Konkretheit eintritt, werden wir sehen, was dann sein wird.
Deutlich möchte ich auch dies ansprechen: Wir haben im Kabinett eine klare Zuständigkeit beim Wirtschaftsminister Martin Zeil, beim Umweltminister Markus Söder, beim Landwirtschaftsminister Helmut Brunner dabei denke ich an die nachwachsenden Rohstoffe und bei Marcel Huber, dem Chef der Staatskanzlei. Wir werden bis Mitte Mai in Abstimmung mit der Koalition - das haben wir gestern mit dem Wirtschaftsminister und dem Umweltminister besprochen - im Kabinett beraten und beschließen. Wir werden das Hohe Haus mit den Ergebnissen der Energiewende befassen. Dann werden wir sehen, was aus den abstrakten, theoretischen, grundsätzlichen Bekenntnissen wird, wenn politische Verantwortung übernommen werden muss. In diesem Fall muss politische Verantwortung übernommen werden.
Ich sage noch einmal: Es geht um einen Haushalt des Aufbruchs. Wir gewinnen mit ihm Zukunft. Bayern steht stark da: in der Wirtschaftskraft, in der Generationengerechtigkeit, in der Kommunalfreundlichkeit, in der Sicherheit, im Aufbruch bei Bildung, Familie und Innovation.
Die Menschen leben gern in Bayern. Bayern ist etwas Besonderes. Kein anderes Bundesland hat so viel Zuwanderung von innerhalb und außerhalb Deutschlands wie der Freistaat Bayern. Die Menschen fühlen sich bei uns gut aufgehoben und geborgen. Es gibt hier große Angebote in den Bereichen Bildung, Kultur und Sicherheit, aber auch - das ist am allerwichtigsten - in der Lebensqualität und der Lebensperspektive. Bayern ist erstklassig. Bayern ist ein Fünfsterneland. Bayern ist ein Premiumland. Weil wir der Wahrheit verpflichtet sind, müssen wir das aussprechen.
Als nächstem Redner erteile ich dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Herrn Kollegen Markus Rinderspacher, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aussprache zum Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten dient traditionell der Generalaussprache des Hohen Hauses. Wir stellen jetzt fest: Bis zum heutigen Tag hat die Staatsregierung deutlich mehr Regierungserklärungen abgegeben als die Vorgänger-Regierungen. In immer kürzeren Abständen
wird es für die Regierung Seehofer notwendig, die eigenen Kehrtwendungen und Purzelbäume gegenüber dem Parlament und der bayerischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen.
Die Halbwertszeit der Erklärungen überdauert in dieser Regierung häufig nur wenige Wochen, ja, wenige Tage. Die Rasanz, wie aus Angst vor dem Wähler immer wieder aufs Neue abrupte Richtungswechsel vollzogen werden, ist geradezu atemberaubend. Daher ist mehr als fraglich, ob die windelweichen Positionsbestimmungen des Ministerpräsidenten heute über den Tag hinaus Geltung haben werden.
Wenn die Regierung Seehofer überhaupt einen Kompass hat, dann ist dessen Nadel von einem chronisch schweren Schüttelfrost befallen. Die Ausschläge zittern in alle Richtungen. Das wird jeden Tag deutlich. Das einzig Verlässliche in dieser Regierung ist die Unzuverlässigkeit, das einzig Beständige die Unbeständigkeit, das einzig Stetige das Impuls- und Flatterhafte.
Bayern - das hat nicht nur die von der SPD aufgedeckte Meinungsumfragenaffäre des vergangenen Jahres gezeigt - hat eine Regierung, deren Handeln nicht durch politische Grundüberzeugungen geprägt ist. Nein, wirklich alles hat sich dem unbedingten Machtwillen der beiden Koalitionsparteien unterzuordnen. Beide verfolgen unterschiedliche Ziele. Die CSU möchte die absolute Mehrheit wiedererlangen. Die FDP möchte auch in den Bayerischen Landtag 2013 einziehen.
Eines ist klar, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP: Mit dieser sprunghaften und inkonstanten Wackelpolitik werden Sie diese Ziele ganz gewiss nicht erreichen.
Verkörpert wird diese Regierung von einem Ministerpräsidenten, der sich als das Ausführungsorgan der Demoskopen versteht. Er gibt nicht die Richtung vor. Er sagt nicht, wohin er mit diesem Land will; auch heute sagt er das wieder nicht. Er sagt den Menschen in Bayern nicht, wohin die Reise geht. Nein, er lässt sich von Meinungsumfragen führen und verführen. Im Zweifel sind dies jene am Parteiinteresse der CSU orientierten Resonanzstudien, die er selbst auf Kosten des Steuerzahlers in Auftrag gegeben hat inklusive Wahlkampftipps, wie der Koalitionspartner FDP am besten zu bekämpfen ist.