Protocol of the Session on February 2, 2011

Ich könnte noch ein paar Beispiele nennen. Wir sind wirklich gut aufgestellt. Bayern hat viel dafür getan, dass es nicht so aussieht wie in anderen Ländern. Ich habe erst kürzlich mit Bekannten aus Frankreich, die

uns besucht haben, gesprochen. Sie sagten uns, dass dort nicht mehr nur über 200 Kilometer hinweg nach Paris gependelt wird, sondern dass die Menschen mit dem TGV und auf den Autobahnen täglich Strecken von 300 bis 400 Kilometern in Kauf nehmen, um zum Zentrum Paris zu kommen. Das muss man sich vorstellen. Eine solche Entwicklung wollen wir nicht.

Ein anderes Beispiel ist Chile. Chile hat wie Bayern 12 Millionen Einwohner. 6 Millionen davon leben in der Hauptstadt Santiago. Die anderen 6 Millionen findet man verteilt von Peru im Norden bis runter nach Feuerland im Süden. 6 Millionen Menschen sind auf zwei Drittel längs des südamerikanischen Kontinents zwischen dem Pazifik und den Anden verteilt. Die andere Hälfte, lebt in der Hauptstadt. Davon sind wir Gott sei Dank weit entfernt. So viel zum Thema Regionalpolitik.

An der Stelle bitte ich Sie, Herr Ministerpräsident, dass die Häuser ihre Vorschriften daraufhin überprüfen, ob sie noch zeitgerecht sind, ob damit das verwirklicht wird, was wir politisch wollen.

(Beifall bei der CSU)

Hätte Bayern in der Vergangenheit nicht immer wieder den Mut zur Innovation gehabt, wie wir es auch mit diesem Haushalt wieder vorhaben, wäre es heute sicherlich nicht das Spitzenland in Deutschland. An der Stelle mache ich mir Sorgen darüber, dass sich unsere GRÜNEN, die ich aufgrund ihrer Herkunft aus dem konservativen Bereich sehr schätze, mittlerweile zu einer Dagegen-Partei entwickelt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP - Ulrike Gote (GRÜNE): Schwacher Versuch!)

- Es ist erst der Anfang. Man braucht oft Geduld. Hören Sie sich meinen Beitrag ganz an. Ich lerne auch täglich und wundere mich selber: Meine Geduld wird, glaube ich, immer mehr. An dieser Stelle kann ich nur Folgendes sagen: Im 19. Jahrhundert, als die Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth und weitere Schienenstrecken gebaut wurden, hat man im Planfeststellungsverfahren, das es damals Gott sei Dank noch nicht gab,

(Hubert Aiwanger (FW): Wenn es damals schon die GRÜNEN gegeben hätte!)

noch nicht den Bedarf für den ICE nachweisen müssen. Die Planer haben damals schon gerade Strecken gebaut und die Kurven so gestaltet, dass man heute auch mit 150 km/h darauf fahren kann. Die Leute wussten damals zwar noch nicht, dass der ICE kommt, aber Sie haben vorausgedacht und gesagt:

Die Dampfmaschine ist eine Erfindung, die Entwicklung geht aber weiter. Weil sie eben weitergedacht haben, haben sie ein Schienennetz entwickelt, auf dem wir heute, 150 Jahre später, im ICE unterwegs sein können, wo wir einen Arbeitsplatz haben, wo wir unsere Laptops mitnehmen können, wo wir in den Speisewagen gehen können und wo es Toiletten und einfach Komfort gibt. Wenn Sie heute in Stuttgart oder anderswo bauen, müssen Sie nachweisen, dass dieses Projekt morgen schon zwingend notwendig ist, dass die Zahlen auch dafür sprechen. Mehr dürfen Sie nicht gestalten. Sonst ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Das ist die grüne Politik. Deswegen kann ich die SPD nur darum bitten, dass sie als Volkspartei das nicht unterstützt. Es kann doch nicht zukunftsorientiert sein, wenn wir sagen: Uns reicht es, mehr brauchen wir nicht; das, was wir haben, verfrühstücken wir selber, und die junge Generation mag schauen, wo sie bleibt. Das ist keine Haltung für eine Volkspartei. Das ist nicht zukunftsgerecht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wie sollen denn junge Menschen von heute die Chance haben, in Zukunft noch wettbewerbsfähig zu sein?

(Zurufe von der SPD)

- Jetzt habe ich doch ein paar Stichworte geliefert, die den Gedankenaustausch ein bisschen anregen. Es ist gut, wenn die Debatte nicht so furchtbar langweilig wird. Mir ist es ein großes Anliegen, dass man sich der Tatsache bewusst wird, dass Kinder, die heute auf die Welt kommen, eine Lebenserwartung von neunzig Jahren haben. Wir müssen uns vorstellen, welche Perspektiven diese jungen Leute haben. Was erwartet sie? Sie müssen zunächst einmal in der Gesellschaft - darüber haben wir gerade gesprochen von der Kinderkrippe bis zur Hochschule mehr Leistungen für die Gesellschaft erbringen. Sie müssen später den Anteil derer mitfinanzieren, die in das Berufsleben gar nicht einsteigen. Im dritten Lebensabschnitt müssen sie dann für mehr Menschen da sein, die nicht mehr am aktiven Produktionsleben teilnehmen. Das sind riesige Herausforderungen.

Wir leben in einem Land, das keine großen Rohstoffvorkommen besitzt. Wir können sie auch nicht in die Erde eingraben, damit sie künftig zur Verfügung stehen. Der Technologievorsprung, den wir gegenüber anderen Ländern haben, wird täglich geringer, weil die anderen aufschließen, was auch vernünftig ist. Was bleibt dann für die jungen Leute? Was können wir für sie tun? Wir können nur viel in die Bildung investieren. Wir dürfen ihnen keine zusätzlichen größeren Schuldenberge hinterlassen, sondern wir müssen

die Schulden, wenn es geht, abbauen. Das können wir tun.

Als Drittes - und das tun die GRÜNEN nicht - müssen wir ihnen ein Land hinterlassen, das technikfreundlich, innovationsfreundlich und wettbewerbsfähig ist.

(Alexander König (CSU): Zukunftsprojekte!)

Dazu gehört auch der Ausbau unserer Infrastruktur. Da müssen wir besser und schneller vorankommen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nachdem die Uhr nicht funktioniert, bitte ich die Sitzungsleitung, mir zu sagen, wo mein Limit ist. Ich kann es nicht beurteilen.

(Alexander König (CSU): Noch 21 Minuten!)

- Dann kann ich noch dem Kollegen Halbleib antworten.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

- Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, das wollen wir nicht vertiefen, sonst müssten wir Namen zitieren.

Kollege Halbleib, Sie haben die Investitionsquote angesprochen. Dafür habe ich ein schönes Beispiel gefunden. Die Prozente hat Ihre Vorgängerin Frau Rupp auch schon erwähnt. 2006 betrug die Quote tatsächlich 11,9 %. 2011 beträgt sie wieder - siehe da! 11,9 %. Entscheidend ist aber, dass 2006 11,9 % 4,5 Milliarden an Investitionen ausgemacht haben. 2011 haben wir bei mehr Geld für Bildung, Wissenschaft, Schulen, Familien und Kinder mit dem gleichen Prozentwert 11,9 % aber 5 Milliarden Investitionen. Bei gleichem Prozentsatz wie vor fünf Jahren haben wir eine halbe Milliarde mehr für Investitionen. So viel zu dem Rechenbeispiel mit den Prozenten und dem, was dahintersteckt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zum Stichwort Solidarität. Solidarität ist etwas ganz Wichtiges in unserem Leben. Unter dem Stichwort Solidarität habe ich zwei Punkte zusammengefasst. Ein Viertel des Haushaltes ist unter dem Aspekt Solidarität zu sehen. Was meine ich damit? - Zum einen meine ich die Solidarität mit unseren bayerischen Kommunen. Das sind die 6,8 Milliarden Kommunaler Finanzausgleich. Zum anderen meine ich die Solidarität mit den anderen Ländern in Deutschland. Das sind 3,8 Milliarden Euro. Zusammen sind es 10,6 Milliarden Euro. Das ist ein Viertel des bayerischen Staatshaushalts.

Über die bayerischen Kommunen hat meine Kollegin Erika Görlitz gesprochen, und Kollege Dr. Barfuß wird dazu ebenfalls noch Ausführungen machen.

Der Länderfinanzausgleich ist höher als aktiv eingezahlt wird. 2011 sind es nach dem Haushaltsansatz 3,8 Milliarden Euro, letztes Jahr waren es 3,5 Milliarden Euro. Daneben gibt es den Umsatzsteuerausgleich, wofür uns 1,5 Milliarden Euro abgezogen werden. Außerdem gibt es die Bundesergänzungszuweisungen, die Bundesfinanzminister Schäuble in vertikaler Form verteilt. Hier bekommen wir die zwei Milliarden Euro, die uns gemäß den Einwohnern anteilsmäßig zustehen würden, nicht. Deswegen beträgt der Verteilungsverlust beim Finanzausgleich innerhalb Deutschlands insgesamt 7 Milliarden Euro.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das haben Sie verbockt!)

Herr Finanzminister, meine Bitte wäre, in den Gesprächen mit den anderen Ländern und bei einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung zu verdeutlichen, dass der Länderfinanzausgleich die eine Sache ist, die Problematik aber in der Kumulation liegt, weil neben dem aktiven Einzahlen der Umsatzsteuerabzug und das Ausbleiben der Bundesergänzungszuweisung noch hinzugerechnet werden müssen. Diese drei Faktoren zusammen bringen die große Verwerfung, was dazu führt, dass sich andere Länder weniger anstrengen. Dies führt auch dazu, dass sich andere Länder Dinge wie das kostenlose Kinderjahr leisten. Da diese Debatte jetzt geführt wird, registrieren unsere Bürger dies und stellen fest, dass das nicht richtig sein könne.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Markus Rin- derspacher (SPD): Die CSU hat das verbockt! Sie haben das beschlossen!)

- Herr Rinderspacher, wir haben das beschlossen, als die Zahlen noch anders waren. Sie können fragen, warum die CSU nicht die Fähigkeit habe, zehn Jahre vorauszusehen. Ich kann Ihnen das einfach beantworten: Weil wir alle nicht die Fähigkeit haben, drei Monate vorauszusehen. Gehen Sie drei Monate zurück. Hat von Ihnen irgendjemand vorausgesehen, dass es in Kairo Unruhen geben, Tunesien brennen und die arabische Welt sich verändern werde, was auf unsere Wirtschaft riesige Auswirkungen haben könnte? Das hat keiner gewusst.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FW): Deswegen haben wir den Zukunftsrat, um in die Zukunft zu blicken!)

Wichtig ist, dass wir Solidarität üben. Wichtig ist, dass die Debatte geführt wird; denn wir können das nicht von heute auf morgen ändern. Veränderung ist nur möglich, wenn unsere eigenen Mitbürger dies sehen und nachvollziehen. Das haben wir in einem ersten Schritt gemeinsam mit Hessen und Baden-Württemberg erreicht. Wichtig wird nun sein, dass die Bürgerinnen und Bürger in den anderen Bundesländern erkennen, dass es zwar schön ist, wenn sie etwas bekommen, dass das aber nicht richtig sein kann. Erst dann, wenn die Bürger in den Nehmerländern begreifen, dass das nicht stimmt, hat die Politik die Chance, mit uns über Veränderungen zu sprechen. Erst dann, wenn wir den Punkt erreicht haben, dass sie das Negative an dem System erkennen und zu Veränderungen bereit sind, macht es Sinn, Vorschläge auszutauschen. Es macht aber keinen Sinn, ihnen über die Presse mitzuteilen, wie wir das gerne hätten.

Interessant ist die Aussage des hessischen Ministerpräsidenten Bouffier, der vor wenigen Wochen bei der Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth war. Es war schön, das von einem Nachbarn zu hören. Er hat gesagt, Bayern sei das einzige ehemalige Nehmerland, das es geschafft habe, zum Geberland zu werden. Ich glaube, das unterstreicht die Entwicklung Bayerns. Darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Hubert Aiwan- ger (FW): Wir geben sogar nach Kärnten! - Alexander König (CSU): Das war ein unsachlicher Einwand!)

- Das ist ein schönes Stichwort. Wir können uns darüber gerne unterhalten, wenn wir die Zeit dazu haben.

(Hubert Aiwanger (FW): Bitte sofort!)

- Bitte, gleich, sofort. - Dann will ich Ihnen eine Illusion nehmen.

Es herrscht die Illusion vor, die Landesbank hätte nur mit einer Farbe zu tun. Das kann man einfach widerlegen. Zu 50 % sind Sparkassen und Kommunen mit drei Farben beteiligt: orange, rot und schwarz. Alle waren dabei. Alle stellen Landräte und Oberbürgermeister. Alle sind in der Verantwortung.

(Hubert Aiwanger (FW): Jetzt sind wohl die Landräte schuld! - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

- Das ist eine Antwort, die Sie nicht hören wollen. Das weiß ich schon.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich habe gesagt, das Problem hat mehrere Farben. Wir haben eine Seite beleuchtet und gesehen: Es ist nicht eine, sondern es sind drei Farben. Ich sage Ihnen, wer unschuldig ist. Es gibt auch dafür eine Farbe.

(Zurufe von der SPD)

Und es gibt die staatliche Seite.

(Hubert Aiwanger (FW): Die staatliche Seite ist aber ziemlich schwarz!)

Herr Aiwanger, auch wenn Sie damals nicht dem Parlament angehörten, wussten Sie schon, dass eine Oppositionsfraktion weniger Einfluss auf die Exekutive hat, vielmehr konzentriert man sich stark auf die Legislative. Ich frage Sie ganz provokant: Wo war die Legislative von Rot und Grün, als die Bank erworben wurde? Hat jemand gesagt, dass das im Landtag diskutiert werden muss? Wo war die Opposition?