Protocol of the Session on January 25, 2011

Denn es verhält sich so, dass bei der Urananreicherung mehr CO2 als bei der Windenergie, der Wasserenergie oder bei der Stromerzeugung aus Biomasse freigesetzt wird. Diese Aussage ist einfach nicht korrekt.

(Beifall bei der SPD)

Sie sagen außerdem: Atomstrom sei eine Brückentechnologie. Wir würden im Dunkeln stehen, würden wir abstellen. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass wir im ersten Quartal des Jahres 2010 bereits Stromexportweltmeister waren? Wir haben mehr Strom, als wir

brauchen. Das bedeutet: Der Ausstieg ist möglich, und der Ausstieg ist machbar.

(Beifall bei der SPD, bei den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Von Herrn Dr. Söder kommt dann sofort das Argument, der Atomstrom sei notwendig, weil die erneuerbaren Energien noch nicht weit genug seien, um die Grundlast zu halten. Das ist Blödsinn; denn Atomkraftwerke sind für eine 100-prozentige Auslastung konzipiert. Sie sind nicht regelbar. Aus diesem Grunde können sie nicht mit den erneuerbaren Energien zusammenarbeiten. Wenn wir die erneuerbaren Energien durchsetzen wollen, brauchen wir als Mittechnik regelbare Technologien. Der Atomstrom leistet nur eines: Er blockiert das Netz für die erneuerbaren Energien.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Seehofer hat uns heute erklärt, Bayern sei ein Vorzeigeland für die postfossile Landschaft. Das ist ein Rückschritt und ein Atavismus. Schwarz-Gelb geht zurück auf die Bäume, statt sich nach vorne zu bewegen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Heute geht es nicht mehr um die Dekade der Erneuerung "Weg vom Öl", wie das in der Regierungserklärung gesagt wurde. Anscheinend wollen Sie eine Dekade "Hin zu Uran". Etwas anderes scheint Ihnen nicht mehr einzufallen. Aber worüber sprechen Sie eigentlich nicht? Was verschweigen Sie? Sie verschweigen die Endlagerfrage.

(Thomas Kreuzer (CSU): Die Redezeit ist um!)

- Nein, die Redezeit ist nicht abgelaufen. Ich führe weiter aus.

Bitte zum Schluss kommen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Die Redezeit ist abgelaufen!)

Sie verschweigen die Endlagerfrage. Sie verschweigen auch die Wirtschaftskraft. Sie, mein lieber Herr Kreuzer, Sie werden auch abspringen. Aber eine Frage sollten Sie den Petenten oben auf der Tribüne beantworten: Was haben sie davon? Was bekommen sie dafür? Denn die Einzigen, die profitieren, sind die Monopolisten, die Lobbyisten, die Atomkraftwerke -

(Beifall bei der SPD - Anhaltende starke Unruhe)

Danke schön, Frau Kollegin Kohnen. - Herr Kollege Reiß von der CSU-Fraktion, bitte.

Danke schön, Herr Präsident. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kohnen, Sie spielen in der Diskussion um die Laufzeitverlängerung gern die Frau Moralapostel und zeigen mit dem Finger auf diejenigen, die sich dafür aussprechen, den Übergang hin zu den erneuerbaren Energien so zu organisieren, dass die Versorgungssicherheit in Bayern nicht gefährdet wird.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie sollten den Finger vielleicht auch einmal in den eigenen Reihen heben, zum Beispiel zur Endlagerfrage. Was hat Rot-Grün zur Lösung der Endlagerfrage beigetragen?

(Anhaltende Unruhe)

Trittin hat als Umweltminister zwar bestätigt, dass radioaktive Abfälle aus der Wiederaufbereitung nur im Zwischenlager Gorleben aufgenommen werden können, gleichzeitig aber die Erkundung von Gorleben als Endlager blockiert. Die Endlagerfrage stellt sich, seit sich die Politik in Deutschland - auch die Sozialdemokratie - in den Fünfzigerjahren für eine Energieversorgung mit Kernenergie ausgesprochen hat.

(Zuruf der Abgeordneten Natascha Kohnen (SPD) - Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Selbstverständlich erhöht sich mit der Laufzeitverlängerung die Endlagermenge um rund 20 %.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten - Zurufe von der CSU: Ruhe!)

Was bitte machen Sie mit den 17.000 Tonnen Endlagermenge, die auch ohne Laufzeitverlängerung anfallen, Herr Kollege Wörner?

(Beifall bei der CSU)

Es gehört zur Ehrlichkeit dieser Diskussion,

(Markus Rinderspacher (SPD): Aber kein zusätzlicher Müll!)

die Endlagerfrage unabhängig von der Laufzeit zu lösen.

Kommen wir zum Thema Sicherheit, Frau Kollegin Kohnen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Was für eine Sicherheit?)

Sie behaupten hier im vorformulierten Text der Petition, Atomreaktoren seien für eine maximale Laufzeit von 25 Jahren konzipiert und Laufzeitverlängerungen darüber hinaus seien Experimente mit ungewissem Ausgang.

(Beifall bei der CSU)

Dann frage ich Sie, warum Isar 1 noch nach 32 Jahren am Netz ist. Wenn Sie recht hätten, wäre es die Pflicht von Gabriel und Trittin gewesen, zu vereinbaren, dass Isar 1 spätestens 2004 abgeschaltet wird.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Das Gegenteil ist der Fall, Frau Noichl. Rot-Grün hat in der Ausstiegsvereinbarung und auch später stets bestätigt, dass Kernkraftwerke in Deutschland, auch Isar 1, auf einem hohen Sicherheitsniveau betrieben werden.

(Beifall bei der CSU)

Das hat sich auch durch die Laufzeitveränderung nicht verändert. Ohne diese müsste das letzte bayerische Kernkraftwerk im Jahr 2020 vom Netz. Nach dem Zeitrahmen im Energiekonzept der Bundesregierung soll die Stromversorgung bis dahin bis zu 35 % aus den erneuerbaren Energien kommen. Kollege Hartmann möchte bis zu diesem Zeitpunkt 40 % aus den erneuerbaren Energien gewinnen. Auch wenn wir das noch übertreffen, steht fest, dass wir den Anteil der Kernenergie aus der bayerischen Stromversorgung bis zum Jahr 2020, also in weniger als zehn Jahren, nicht durch erneuerbare Energien ersetzen werden können. Wir brauchen noch erhebliche Anstrengungen zur Schaffung ausreichender Speichermöglichkeiten.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir brauchen neue intelligente Netze. Wir müssen die Energieeffizienz weiter vorantreiben. Wir wollen zum Elektromobilitätsland Nummer 1 werden, und wir wollen hin zu einer Versorgung mit alternativen Energien. Wir haben sicher an Tagen, an denen Wind weht und die Sonne scheint, mehr, als wir brauchen; aber an Tagen, an denen dies nicht der Fall ist, brauchen wir vor allem die Speichermöglichkeit, die Möglichkeit, in Deutschland nicht importieren zu müssen, sondern den Strom, der überproduziert wird, auch hier bei uns zu verwenden.

Die Zeit, bis der Umstieg zu den alternativen Energien in ausreichendem Umfang möglich ist, muss mit

einem ökonomischen und zugleich ökologischen Energiemix überbrückt werden, und ich bitte Sie deshalb, die Petition aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Tobi- as Thalhammer (FDP))

Danke schön, Kollege Reiß. - Für die Freien Wähler spricht Kollege Dr. Fahn. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Unser Ministerpräsident sagte heute Nachmittag: Wir machen Politik für die Menschen und mit den Menschen.

(Zurufe von der CSU: Genau! Jawohl!)

"Mitmachland Bayern", das hat er gesagt. Die Frage ist: Gilt das auch für dieses Thema Atomausstieg, Petition der SPD?

(Zuruf von der CSU: Für jedes!)

Wenn im Land 32.000 Bürger aus Bayern in einer Petition Ja zum Atomausstieg und damit Nein zur Restlaufzeitverlängerung sagen, dann kann man auch dies, meine Damen und Herren, nicht wegdiskutieren. Wenn in allen einschlägigen Meinungsumfragen in Deutschland und in Bayern 60 bis 70 % der Bevölkerung - bei Forsa sind es sogar 81 % - ganz klar sagen, dass sie keine Restlaufzeitverlängerung wollen, dann kann man das ebenfalls nicht wegdiskutieren.

Wenn der Verband Kommunaler Unternehmen in seiner Pressemitteilung am 17.01.2011 ganz klar sagt, die Auswirkungen des Energiekonzepts der Bundesregierung führten zu einer großen Rechtsunsicherheit und Investitionszurückhaltung der kommunalen Unternehmen, dann können Sie auch dies nicht wegdiskutieren, meine Damen und Herren. Wenn der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Professor Dr. Martin Faulstich, sagt, das Energiekonzept der Bundesregierung sei verwässert und die Restlaufzeitverlängerung sei falsch, dann kann man auch dies nicht wegdiskutieren.