Protocol of the Session on December 16, 2010

Sie berufen einen runden Tisch zur Zukunft der Finanzierung der Altenpflegeschulen ein. Das ist zwar begrüßenswert, aber es stellt sich die Frage, ob die Leute, die an diesem runden Tisch sitzen, Sie nach dem ganzen Hin und Her überhaupt noch ernst nehmen können.

Am 2. Dezember verkünden Vertreter des Kultusministeriums im Sozialausschuss, dass die Verhandlungsbasis des Finanzministeriums für den Doppelhaushalt 2011/12 nur noch 6,6 Millionen Euro an realer Ausschüttung für die Altenpflegeschulen betragen wird. Das bedeutet eine Fortschreibung der Kürzung, die in diesem Jahr vorgenommen worden ist, auch in den nächsten Jahren. Das heißt, dass in diesem Bereich eine Einsparung von rund 5 Millionen Euro vorgenommen werden soll. Das können wir nicht mittragen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Finanzminister überhaupt die Diskussionen der letzten Monate in diesem Hause mitbekommen hat.

(Beifall bei der SPD)

Hat er diese Diskussionen mitbekommen, und nimmt er diese Diskussionen ernst? Die Frage stellt sich, ob für den Finanzminister das in der Verfassung verankerte Sozialstaatsprinzip bei der Aufstellung eines Haushalts überhaupt von Bedeutung ist. Die Frage stellt sich, was das Wort einer Sozialministerin der CSU überhaupt noch wert ist.

(Beifall bei der SPD)

Die Frage stellt sich, was das Wort eines Kultusministers wert ist, der den Erhalt der Gesamtmittel garantiert hat, was wirklich das Mindeste ist.

Sie degradieren den runden Tisch zur Beschäftigungstherapie für die anwesenden Verbände und machen dessen Ergebnisse zur Makulatur.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, wenn das die soziale Schwerpunktsetzung des nächsten Doppelhaushaltes werden soll, dann kann ich tatsächlich nur sagen: Gute Nacht, Bayern!

(Beifall bei der SPD)

Übernehmen Sie endlich Verantwortung und beenden Sie dieses unwürdige Hin und Her bei der Finanzierung der Altenpflegeausbildung. Übernehmen Sie Verantwortung und sorgen Sie dafür, dass die Pflegebedürftigen in Bayern in Zukunft eine gute und ausreichende Betreuung erhalten, und stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Ritter. Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Ackermann. Ihr folgt Herr Kollege Taubeneder. Bitte, Frau Kollegin.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit der Bedeutung des demografischen Wandels beginnen. Wir alle wissen, dass die Anzahl der alten Menschen steigen wird und die Anzahl der Demenzkranken exorbitant steigen wird. Wir alle wollen, dass diese Menschen in Zukunft gut gepflegt werden und dafür ausreichend Personal zur Verfügung steht. Wenn wir uns darin alle einig sind, dann müssen wir dafür die Weichen richtig stellen und die Voraussetzungen schaffen.

Leider ist das Drama, das wir hier seit Juni erleben, diesem Ziel absolut kontraproduktiv. Auf der einen Seite betreibt das Sozialministerium mit dem Gemeinschaftsprojekt "Herzwerker" eine sehr teure Imagekampagne. Mit dem Projekt sollen Menschen gesucht werden, die in der Altenpflege arbeiten wollen. Auf der anderen Seite verlangt man von den jungen Leuten, die oft sehr wenig Geld haben, Schulgeld. Was ist denn das für ein Signal nach draußen, was ist das für ein Signal an junge Leute, die einen Beruf auswählen? Die Ausbildung in der Krankenpflege und der Kinderpflege ist kostenfrei, die Ausbildung in der Altenpflege hingegen kostet Geld. Wie würden Sie sich als junger Mensch entscheiden, der versuchen muss,

mit einem geringen Budget zu haushalten? Wie wird es sich in Zukunft auf die alten Menschen auswirken, die dringend gute Pflege brauchen, wenn diese politische Weichenstellung beibehalten wird? Ich will kurz in Erinnerung rufen, Kollege Ritter hat das auch schon getan -

(Unruhe)

Meine Herren Kollegen, bitte drehen Sie wenigstens der Rednerin nicht den Rücken zu.

Die Sozialministerin hat an einem Tag eine hundertprozentige Refinanzierung zugesagt. Schon am nächsten Tag wurde diese Zusage gekippt. Wenige Wochen, nachdem das Kultusministerium - - Der Herr Kultusminister hat den Saal bereits verlassen. - Ach, da ist er. Mir ist aufgefallen, dass jeweils nur ein Minister im Saal ist, um keinen Widerspruch aufkommen zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

Das Kultusministerium ist nicht in der Lage gewesen, uns belastbare Zahlen für das vergangene Schuljahr zu nennen. Der Gag an der Geschichte war, dass uns gesagt wurde, die wirklich belastbaren Zahlen werde es erst im April nächsten Jahres geben. Was ist das für eine Rechnerei, wenn gleichzeitig klar ist, dass 8,4 Millionen Euro ausgegeben worden sind? Wofür wurden die 8,4 Millionen Euro ausgegeben? Sie wissen noch nicht einmal, wie viele Schüler Sie hatten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jeder Bäcker muss am Ende des Tages wissen, wie viele Brötchen er verkauft und wie viel Geld er eingenommen hat. Bei den Altenpflegeschulen läuft das völlig anders. Dort weiß man nur, wie viel Geld ausgegeben wurde, jedoch nicht, wie hoch die Schülerzahl war. Man weiß, dass gekürzt werden muss.

Nachdem die Ministerien in Beweis- und Begründungsnot geraten sind, setzen sie gleich noch eins drauf und kürzen den Haushaltsansatz für das nächste Jahr. Dieses Jahr belief sich der Haushaltsansatz auf 10,8 Millionen Euro. Im nächsten Jahr wird er 7,5 Millionen Euro betragen. Abzüglich der Haushaltssperre bleiben dann nur noch 6,6 Millionen Euro übrig. Das bedeutet, die ohnehin völlig kontraproduktive Reduzierung des Haushaltsansatzes soll weitergeführt werden. Ich weiß nicht, ob das wieder eines der vielen taktischen Manöver ist. Am Ende lässt man sich für die Aufstockung der Mittel in Höhe von einer Million Euro doch wieder feiern. Vielleicht sind Sie aber einfach völlig kurzsichtig und gefühllos in Ihrer Planung, wenn Sie weitere Kürzungen vornehmen.

Sie sagen, Sie könnten die Haushaltssperre nicht aufheben. Das ist Quatsch. Sie haben die Haushaltssperre in den Jahren 2008 und 2009 bereits weit überzogen. Damals hat Ihnen dies keine Kopfschmerzen bereitet. Nur heuer, wo wir die Aufhebung der Haushaltssperre dringend bräuchten, damit die Schüler das zusätzliche Schulgeld nicht bezahlen müssen, geben Sie sich sehr prüde.

Damit wir wissen, über welchen Kostenrahmen wir verhandeln: 1,8 Millionen Euro beträgt die Haushaltssperre. Im Haushalt des Kultusministeriums sind knapp 4 Milliarden Euro vorhanden. Es kann sich dabei nur um eine Taktik handeln, mit der man aus mir völlig unerklärlichen Gründen die Altenpflege schädigen will. Vom Herrn Kultusminister werden wir sicher hören, welche weitreichenden Gedanken er dazu hat. Mir haben sie sich bis heute noch nicht erschlossen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich gebe bekannt, dass die FDP-Fraktion ebenfall eine namentliche Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/6732 beantragt hat. Somit finden nach der Debatte beide Abstimmungen in namentlicher Form statt. Herr Kollege Taubeneder hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema haben wir jetzt zum fünften Mal -

(Dr. Thomas Beyer (SPD): …, aber immer noch nicht gelöst! - Zurufe von den GRÜNEN)

- Dann lösen wir es halt heute. Eigentlich ist schon alles gesagt worden. Frau Ackermann, Sie wiederholen sich ständig. Sie werfen der Sozialministerin vor, sie habe gesagt, alles bleibe so. Sie wollen sie ganz bewusst falsch verstehen. Sie hat gesagt, 100 % der Betriebskosten würden auch in Zukunft finanziert.

(Florian Ritter (SPD): Das stimmt doch nicht!)

Ich verzichte auf eine Darstellung über die Finanzierung der Altenpflegeschulen. Inzwischen dürfte das Drei-Säulen-Modell jeder kennen. Ich beschränke mich auf den Schulgeldausgleich als Privileg der Altenpflegeschulen. Ich wundere mich, warum die anderen Berufsfachschulen für Kinder- und Sozialpflege nicht aufspringen und sagen: Warum bei uns nicht? Heuer sieht es so aus: 200 Euro pro Schüler von Juni bis Juli und 100 Euro pro Schüler von September bis Dezember. Das macht im Schnitt etwa 163,50 Euro Schulgeldausgleich. Diese zusätzliche Förderung ist

eine freiwillige Leistung des Kultusministeriums außerhalb aller gesetzlichen Schulfinanzierungen.

(Christa Naaß (SPD): Was ist ab Januar?)

- Dazu komme ich jetzt. Sie müssen Geduld haben. Nun die frohe Botschaft zu Weihnachten: Der Haushaltsansatz bleibt mit 12 Millionen Euro erhalten. Nach Abzug der Haushaltssperre in Höhe von 10 % des Haushaltsansatzes sind das 10,8 Millionen Euro, die uns zur Verfügung stehen. Das sind nicht, wie vielfach kommuniziert, 6,6 Millionen Euro. Für das Haushaltsjahr 2011 mit etwa 6.000 Schülern wird ein Schulgeldausgleich pro Schüler und Monat von etwa 150 Euro gewährt werden können. Im Jahr sind das 1.650 Euro. Damit sind als Finanzierungsgrundlage auch die 100 % Betriebskostenzuschüsse im Haushaltsjahr 2011 gesichert. Normalerweise kann man nicht mehr als diese 100 % bekommen.

Die Finanzierungsmodelle der Zukunft erarbeitet eine Arbeitsgruppe. Das wissen Sie. Sie tagt am nächsten Montag, am 20. Dezember. Die jetzige Grundlage des Schulgeldausgleichs zielt auf die Schülerzahl ab. Das ist ganz einfach: Weniger Schüler - weniger Geld, mehr Schüler - mehr Geld. Meines Erachtens wäre ein klassenbezogener Verteilungsschlüssel zielführender, weil er wesentlich stabiler wäre. Ideal wäre jedoch eine Finanzierung analog zu den Krankenpflegeschulen. Diese werden durch eine Umlage der Krankenhausträger von den Krankenkassen finanziert. Für die Altenpflege gibt es ein solches Modell in Verbindung mit den Pflegekassen leider noch nicht.

Die Altenpflegeausbildung - das wissen wir auch alle ist bundesgesetzlich geregelt und kann nur dort geändert werden. Derzeit werden Konzepte zu einer generalistischen Ausbildung, in der Kranken- und Altenpflege miteinander verschmolzen werden, geprüft. Fachlich steht dieses Konzept bereits. Entscheidend ist jetzt noch die Frage der Finanzierung. Wir in Bayern sollten den Anstoß für eine schnelle Verwirklichung geben. Wir lehnen beide Dringlichkeitsanträge ab. Ich erwarte schnelle Ergebnisse von der eingesetzten Arbeitsgruppe.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Taubeneder, ich bitte Sie, hierzubleiben. Frau Kollegin Ackermann hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Herr Kollege Taubeneder, halten Sie es vor dem Hintergrund der weitreichenden Pläne der Koalition, wie die Umstellung auf klassenbezogene Förderung und die Angleichung an die Krankenpflege

ausbildung, denn nicht für angebracht, gerade im laufenden Schuljahr, in dem die Schulen in Bedrängnis geraten sind, diese Haushaltssperre aufzuheben? Dabei würde es sich nur um die Portokasse des Kultusministeriums handeln, jedoch wäre Hunderten von Schülern und Schulen damit geholfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte, Herr Taubeneder.

Die Haushaltssperre besteht. Sie wissen ganz genau, dass wir uns in einer schwierigen Haushaltssituation befinden. Warum lösen wir die Haushaltssperre nicht auch für andere Bereiche? Wir können uns nicht wie auf einem Basar verhalten.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Das haben Sie in den letzten Jahren auch gemacht!)

Warten Sie, Herr Kollege. Von Herrn Kollegen Ritter gibt es noch eine Zwischenbemerkung.

Ihren Vergleich mit einem Basar möchte ich nicht kommentieren. Das ist unterste Schublade. Herr Kollege Taubeneder, Sie wissen ganz genau, dass das, was Sie als betriebskostendeckend bezeichnen, überhaupt nichts mit den realen Betriebskosten der Altenpflegeschulen zu tun hat. Das Kultusministerium müsste die Zahlen eigentlich vorlegen können. Der runde Tisch hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Betriebskosten zu berechnen. Sie sagen, die Betriebskosten würden gedeckt. Dabei wissen Sie ganz genau, dass die massiven Kostenblöcke der Betriebskosten überhaupt nicht berücksichtigt werden.

Wo ist eigentlich der Finanzminister? Sie sagen, 12 Millionen Euro Haushaltsansatz blieben bestehen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Im Augenblick glaube ich Ihnen gar nichts mehr.

(Beifall bei der SPD)

Aufgrund der Informationspolitik der Staatsregierung und der Regierungskoalition in den letzten Monaten hätte ich zum einen gerne eine Bestätigung vonseiten des Finanzministers gehört. Zum anderen soll er uns erläutern, warum er überhaupt auf die Idee kommt, in solche Verhandlungen mit 6,6 Millionen reinzugehen. Das ist eine Unverschämtheit.