Protocol of the Session on October 19, 2010

(Beifall bei der SPD)

Das ist das Problem, das hinter den Gesetzentwürfen steckt.

Lieber Herr Heike, Ihr Zynismus ist unangemessen. Sie sagen, Sie wollten Segelfliegerkurse hauptsächlich für Hauptschüler spendieren. Sie haben gar keine Ahnung von bayerischen Schulen. Möglicherweise liegt das daran, dass Ihre eigenen Kinder gar nicht auf eine bayerische Schule gegangen sind. Sie sind in Thüringen zur Schule gegangen. Vielleicht ist das der Grund, warum Sie gar keine Ahnung von bayerischen Schulen haben.

Sie schwadronieren immer wieder über Bildungsgutscheine und Kinderarmut. Wenn Sie die Kosten an Schulen, beispielsweise für Kopien und Atlanten, übernehmen würden, wäre die Bildung in diesem Land etwas gerechter. Genau das machen Sie aber

nicht. Ich sage Ihnen, warum wir einen Verfassungsantrag geschrieben haben. Zwar ist die Lernmittelfreiheit schon aufgenommen worden, jedoch haben wir in diesem Hause gelernt, dass die Lernmittelfreiheit vor Ihnen geschützt werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch der Punkt. Die Einführung des Büchergeldes war ein unwürdiges Theater. Sie haben dafür gesorgt, dass die Eltern für die Bildung ihrer Kinder noch mehr zahlen müssen. Gott sei Dank haben Sie es zurücknehmen müssen. Davor muss man die Eltern schützen. Lieber Herr Gehring, deswegen wollen wir die Lernmittelfreiheit in der Verfassung verankern. Ich verstehe Ihre Argumentation gar nicht. Sie sagen, das sei eine Symbolpolitik. Das ist ein bemerkenswertes Verständnis von Verfassung. Wenn die Verfassung für die GRÜNEN symbolisch ist, dann gute Nacht.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen Klarheit in der Frage der Lernmittelfreiheit, auch wenn sie umgesetzt und finanziert werden muss. Klarheit bekommen wir nur, wenn Rechtsnormen, am besten in der Verfassung, gesetzt werden. Solche Angriffe, wie wir sie in diesem Hause erlebt haben, dürfen nicht wieder passieren. Lieber Herr Gehring, das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Frau Gottstein, das ist der Wahnsinn: Sie sagen, Bildung müsse mehr kosten, dürfe es aber nicht. Das schaffen nur die Freien Wähler. Sie sagen, Bildung müsse mehr kosten. Bei der Gelegenheit, den Bildungsetat vernünftig auszuweiten, sagen Sie jedoch, das dürfe nicht mehr kosten.

(Eva Gottstein (FW): In diesem Punkt nicht!)

Das ist typisch für die Freien Wähler. Herzlichen Glückwunsch zu dieser wunderbaren politischen Aussage!

Liebe Frau Sandt, das, was Sie zum Besten gegeben haben, ist bemerkenswert. Es ist schon so bemerkenswert, dass es besser ist, kein einziges Wort darauf zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Die Diskussion über die Freude an Bildung und Lernen wird die Schulklasse auf der Besuchertribüne wohl mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis nehmen. - Wir fahren

mit der Diskussion fort. Frau Kollegin Gottstein hat noch einmal ums Wort gebeten.

Herr Pfaffmann, ich möchte hier keine Missverständnisse aufkommen lassen. Vielleicht haben Sie den letzten Teil meines Beitrags nicht aufmerksam genug verfolgt. Wir sagen sehr wohl, dass Bildung mehr kosten muss. In diesem Punkt wollen wir aber lediglich eine Umschichtung. Wir wollen die Entscheidung über Anschaffungen der Eigenverantwortung der Schulfamilie und des Schulträgers überlassen. Es gibt Schulfamilien, die lieber Bücher kaufen, weil sie bei den anderen Ausgaben keine Probleme haben, weil es bei Theaterbesuchen keine Diskriminierungen gibt und weil solche Veranstaltungen vom Elternbeirat gesponsert werden. Deshalb sollte man diese Entscheidungen den Schulen vor Ort überlassen. Wir sagen, Bildung soll mehr kosten. Wir wollen bei der Bildung aber mehr Man- und WomanPower. In diesem Fall wollen wir nicht so viel für die Sachkosten ausgeben, weil uns die Umschichtung wichtiger ist, die eine Schulfamilie leisten kann, aber nicht leisten muss. Nur um das geht es mir.

Frau Sandt, Sie wissen anscheinend nicht, dass es arme und reiche Kommunen gibt. Natürlich gibt es Sachaufwandsträger, die keine Probleme haben. Es gibt aber sehr viele Sachaufwandsträger, die ihre Mittel zusammenkratzen müssen und gar nicht mehr wissen, wie sie die Mittel in der bisherigen Höhe halten können. Auch in diesen Fällen muss man sich sehr wohl überlegen, was genau erforderlich ist. Ich habe keine Angst, dass es irgendein Problem sein könnte, wenn es an jeder Schule anders ist. Dafür gibt es eine Schulfamilie, ein Schulforum, einen Personalrat, einen Elternbeirat und eine Schülermitverwaltung, die in die Entscheidungen einbezogen werden müssen. Sie werden sehr wohl überlegen, ob das Lesebuch noch genügt, ob ein neues Religionsbuch angeschafft werden muss, oder ob man sich für die Unterstützung durch andere Medien entscheidet. Es ist ein Unterschied zwischen Können und Müssen, Frau Sandt. Derzeit kann man nicht anders entscheiden. Wir verlangen nicht, dass anders entschieden werden muss. Wir wollen aber die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, eröffnen. Wir enthalten uns, weil wir in diesem Fall schon meinen, dass die Bildung generell mehr Geld braucht. In diesem Punkt aber funktioniert sie, wenn wir bei den bisherigen Mitteln bleiben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Spaenle das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die

Lernmittelfreiheit ist seit Bestehen des Freistaates Bayern eines der wichtigen bildungspolitischen Instrumente in diesem Land. Im Verfassungsentwurf von 1946 war die Lernmittelfreiheit noch enthalten. Die verfassunggebende Landesversammlung hat die Lernmittelfreiheit aus guten Gründen aus der Verfassung herausgenommen. Wir haben in Artikel 129 der Bayerischen Verfassung den kostenfreien Schulbesuch verankert. Seit 1949 gibt es die klassische Lernmittelfreiheit in Gesetzesform. Wir haben die klassische Aufgabentrennung zwischen dem Sachaufwandsträger, der nicht nur für den baulichen, sondern auch für den sachlichen Aufwand an den Schulen die Verantwortung trägt, und dem Staat, der für die Schule als solche, als Platz von Bildung und Erziehung verantwortlich ist. Wir wissen, dass sich der Staat an den Kosten für die Schulen sowohl bei den Sachausgaben als auch bei den Bauausgaben beteiligt und dafür die jeweils entsprechenden Zuschüsse gibt. Auch dieses System hat sich bewährt. In großem Maße beteiligen sich auch die einzelnen Schulen, die über ihren Schulaufwandsträger aus den ihr zur Verfügung stehenden lizenzierten Büchern die Bücher für das einzelne Fach auswählen und ihre Mittel zum Einsatz bringen können. Die einzelne Schule kann für ihre Fächer aus einem breiten Schulbuchangebot auswählen.

Eine Verfassungsänderung würde eine komplette Veränderung des Verhältnisses zwischen den Kommunen und dem Staat bei der Finanzierung des Schulsystems bedeuten. Auch bei der Erhebung der Lernmittelfreiheit zur Verfassungsnorm könnten Sie nicht abschließend festlegen, welche Medien oder Objekte konkret der Lernmittelfreiheit unterliegen bzw. bezuschusst werden können. Die Bewertung von Herrn Gehring, der einen solchen Schritt als Symbol gesehen hat, muss ich ein Stück weit teilen. Seit 1949 ist die Lernmittelfreiheit in Gesetzesform festgelegt, weil es aufgrund sozialer Unterschiede bei den wichtigsten Lernmitteln Startnachteile geben kann. Im Rahmen der Lernmittelfreiheit werden nicht nur Bücher bezuschusst, sondern in einem bestimmten Umfang auch digitale Ersatzmedien, weil diese mit die wichtigsten Instrumente sind, um Bildung zu vermitteln.

Warum haben wir differenzierte Finanzierungsregelungen? - Es gibt kostenfreie Lernmittel und Lernmittel, für die die Familien eigene Mittel aufzubringen haben. Bei den nicht kostenfreien Lernmitteln handelt es sich um Instrumente oder Lernmittel, die den Schülern auf Dauer oder zumindest für die gesamte Schullaufbahn zur Verfügung stehen. Denken Sie an den Atlas oder ähnliche Mittel. Als Präsident der Kultusministerkonferenz habe ich in der vergangenen Woche mit Frau Bundesministerin von der Leyen einen Kom

promiss getroffen, mit dem wir auch für die Familien einen Weg eröffnet haben, die Arbeitslosengeld II beziehen. Damit bieten wir einkommensschwachen Familien ähnliche Startchancen, wie sie das Bundesverfassungsgericht anmahnt. Gemeinsam mit der Schule eröffnen wir einen solchen Weg. Die Unterstützung muss entweder schulnah oder auch in der jeweiligen Schule erfolgen.

Wir haben im Freistaat Bayern ein bewährtes System für die Finanzierung der Lernmittelfreiheit. Mit einer Verfassungsänderung würden wir das System gänzlich umstellen. Was dies für die finanziellen Aufwendungen bedeutet, ist angerissen worden. Wir haben die Beteiligung der Sachaufwandsträger, die zu 60 % vom Freistaat Bayern bezuschusst werden. Wir haben eine sehr schulzentrierte Abwicklung. Die einzelne Schule, ja der einzelne Lehrer kann in Abstimmung mit der Schule und dem Sachaufwandsträger das zur Verfügung stehende Buchmaterial aus dem Katalog der genehmigten Lernmittel für seine Schule bestellen und finanzieren. Wir haben Lernmittel, die durch einen Eigenbeitrag zu finanzieren sind. Ich glaube, dass diese Aufteilung sehr vernünftig ist. Deshalb hätte die Aufstufung zur Verfassungsnorm in einem gewissen Maße wirklich nur symbolische Wirkung.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Zunächst lasse ich über den Tagesordnungspunkt 6 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/4614 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz empfiehlt auf Drucksache 16/5823 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion der Freien Wähler. Gegenstimmen? - Die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

(Christa Naaß (SPD): Mit einer Stimme der GRÜNEN!)

- Viel mehr sind nicht da. Ich werte es als Fraktionsvotum. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.

Nun komme ich zum Tagesordnungspunkt 7. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPDFraktion auf Drucksache 16/4615 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport

empfiehlt auf Drucksache 16/5856 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich ums Handzeichen. Das ist wiederum die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Freie Wähler und GRÜNE. Damit ist auch dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir haben gut gearbeitet. Die Tagesordnung ist abgearbeitet. Ich wünsche einen schönen Abend und beende hiermit die Sitzung.

(Schluss: 18.19 Uhr)