Natürlich ist die Telekom ein privatwirtschaftliches Unternehmen, aber wenn es um 1.500 bayerische Beschäftigte geht, kann der Staat doch, bitte schön, auch einmal für Standorte kämpfen.
Gern erinnere ich mich noch daran, wie Herr Wirtschaftsminister Wiesheu seinerzeit hier im Landtag gekämpft hat. Da waren Sie wahrscheinlich noch gar nicht dabei, oder? - Also, da war es so: Der Herr
Wiesheu stand hier auf der Matte, überall, wenn es um Schließungen ging. Und wie er hier auch gefeiert wurde, hier im Landtag. Also, das war eine Schau, gerade von der CSU. Da hätte so einer wie Sie nichts zu lachen gehabt, wenn er sich so geäußert hätte. Das möchte ich Ihnen einmal sagen.
Die Beschäftigten in Bayern können dann vom Standort München und Ulm nach Augsburg oder Nürnberg pendeln, auch aus Bamberg, Kempten, Bad Kissingen und Landshut sind Verlagerungen geplant. Und darum geht es jetzt.
Gerade bei den mittelgroßen Städten, die auch noch weiter entfernt sind von Augsburg und Nürnberg, nämlich Landshut zum Beispiel, ist es für die Beschäftigten ein ganz großes Problem, die Stellen zu halten. Das ist eine Gefährdung von Arbeitsplätzen, nämlich 1.500 an der Zahl!
Denn die Telekom sagt lapidar: Es geht kein Arbeitsplatz verloren. Aber, meine Damen und Herren, man kann auch Arbeitsplätze so gestalten, dass sie von den Beschäftigten nicht mehr zu halten sind, indem man sie nämlich einfach unattraktiv macht. Das viele Reisen ist dann für die Leute unattraktiv; denn es sind zum größten Teil Teilzeitarbeitsplätze, das sind Arbeitsplätze für Frauen, die durch familiären Hintergrund sowieso schon mehrfach belastet sind. Das sind Behinderte, die nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz kommen, weil der öffentliche Personennahverkehr das nicht zulässt. Solche Leute haben dann den Schaden.
Natürlich müssen wir uns für sie einsetzen, sehr geehrte Damen und Herren von der FDP und von der CSU! Wer denn sonst?
Die sind nicht so stark wie Sie, sie sind nicht in den Gremien vertreten. Sie müssten eigentlich alles geben.
Da hilft es nämlich auch nicht, dass zum Beispiel diese Transfergesellschaften gegründet werden. Natürlich helfen die erst einmal für ein Jahr über die Runden, aber dann ist auch Sense. Das haben wir bei Quelle gesehen. Da bringt das nichts für die Qualifikation. Eine Qualifikation der Beschäftigten dauert mindestens zwei Jahre; ein Jahr reicht nicht, wie wir im Fall Quelle gesehen haben, und es bringt überhaupt nichts.
Deswegen meine ich, meine Damen und Herren, der Antrag der Freien Wähler hat die richtigen Signale gesetzt: Die Staatsregierung soll sich mit der Telekom auseinandersetzen und diese die Konzentration auf zwei Standorte überdenken. Alle hier diskutierten Punkte sollen einfließen.
Wir sehen diesen Antrag ausdrücklich auch als Möglichkeit, die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum zu erhalten. Sie erzählen uns hier immer etwas davon, wie Sie den ländlichen Raum stützen wollen.
Ja, um Gottes willen, da müssen Sie doch eingreifen, da müssen Sie sich doch geradezu mit dem Unternehmen ins Benehmen setzen! Gerade in Landshut, Bamberg, Bad Kissingen und Kempten kommen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Umland. Für viele lohnt es sich gerade noch, einen kurzen Weg zu pendeln und in Teilzeit zu arbeiten. Wenn das jetzt alles länger und teurer wird, dann lohnt sich das nicht mehr für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und dann haben Sie ein Problem, nämlich Arbeitslosigkeit im ländlichen Raum.
Wenn ich dann sehe, was wir heute alle in den Fächern gehabt haben: Große Überschrift: Bürgerschaftliches Engagement in Stadtteil und Quartier. Im Text heißt es: "Mehr denn je stehen die Menschen heute vor der Aufgabe, ihren sozialen Nahraum selbst zu gestalten." Der kann dann aber nicht mehr gestaltet werden, weil die Arbeitsplätze im Umkreis fehlen. Dann bluten unsere Dörfer und Städte aus, und das können wir doch wirklich nicht wollen. Da muss die CSU hier sagen: Da können wir leider ordnungspolitisch gar nichts machen! - Dann machen Sie es bitte einmal ideell, meine Damen und Herren! Auch das ist einmal gefragt: Kampfesgeist in Ihren Reihen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, liebe Frau Widmann, wenn ich den Antrag so lese, kann ich sagen, da geht mir das Herz auf, weil Sie voll dahinterstehen. Als Abgeordnete gebe ich Ihnen völlig recht - aus Ihrer Sicht. Hier geht es aber um ordnungspolitische Fragen.
Jetzt werden Sie gleich rufen: Quelle, Quelle, Quelle! Aber ich werde Ihnen erklären, warum ich da anderer
Auffassung bin. Grundsätzlich mischen wir uns mit diesem Antrag in betriebliche Belange ein - ohne Zweifel. Die Frage ist, ob das gerechtfertigt ist.
Wir alle erwarten gleichzeitig von Unternehmen, dass sie erfolgreich sind, dass sie Steuern zahlen, dass sie Gewinne erwirtschaften, dass sie internationalem Wettbewerb standhalten. Und in Bayern machen wir unseren Eingriff, dann machen wir in Baden-Württemberg Eingriffe, in Hessen, in Brandenburg und überall. Hinterher wundern wir uns dann, wenn wir einen großen Sanierungsfall haben.
Unabhängig von der Unternehmensgröße darf ich Sie fragen, liebe Frau Widmann: Wenn Sie einen Mitarbeiter aus Ihrem Hause vor die gleiche Frage stellen, dass Sie als kleiner oder mittelständischer Unternehmer irgendetwas verlagern wollen, und ein einzelner Mitarbeiter ist betroffen - mischen wir uns denn da auch ein? Ist denn das für diesen ein anderes Leid als das Leid der Telekom-Mitarbeiter, ob es 40, 100 oder 1.000 sind? Wo bitte fangen wir an und wo hören wir auf?
Wenn das Wort Quelle fällt, gebe ich jetzt darauf die Antwort: Wir haben es hier mit einem völlig anderen ordnungspolitischen Thema zu tun. Dort ging es darum, Strukturpolitik zu gestalten, weil sich Massenarbeitslosigkeit in einem kleinen Segment entwickelt hatte, dass Menschen, die bei Quelle verpackten und Ähnliches machten, plötzlich zu Hunderten auf der Straße standen. Das ist eine völlig andere Baustelle. Aber bitte nicht bei der Telekom.
Wann mischen wir uns ein? Wenn strukturpolitische Maßnahmen notwendig sind: Wir haben hohe Arbeitslosigkeit in einer Branche, wir haben generell hohe Arbeitslosigkeit, und wir haben regionale Entwicklungen, die massiv beeinträchtigen im Verhältnis zu anderen Regionen. Dann kann man sich als Staat einmischen. Alles andere ist nicht verantwortbar.
(Beifall bei der FDP - Zuruf von den GRÜNEN: Ja, das war jetzt viel Beifall! - Lachen bei den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Frau Kollegin, es braucht keine Emotionen, wenn ich Sie mit Argumenten schlage. Wenn Sie keine Ahnung von der Sache haben, dann tut es mir leid.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen versichern, dass weder der Wirtschaftsminister noch die Staatsregierung der Aufforderung bedarf, in einem solchen Fall in Gespräche einzutreten; denn das, was Sie hier beantragen, ist längst geschehen.
Selbstverständlich haben wir sofort nach Bekanntwerden der ersten Meldungen mit der Deutschen Telekom Kontakt aufgenommen und uns die Einzelheiten für die bayerischen Standorte erläutern lassen, wie wir das übrigens in unzähligen anderen Fällen dieser Dimension auch zu tun pflegen.
Die Telekom hat uns erklärt, dass mit der geplanten Maßnahme eine modernisierte Flächenstruktur im Geschäftskundenservice und Vertrieb -
Herr Staatsminister, ich möchte Sie jetzt doch einmal fragen: Können Sie sich bitte einmal in Ihren eigenen Reihen abstimmen? Herr Stöttner hat etwas ganz anderes gesagt. Er hat gesagt: Das machen wir nicht!
Herr Kollege Stöttner hat völlig zu Recht auf den ordnungspolitischen Rahmen hingewiesen, dass wir uns nicht in die Geschäftspolitik von Unternehmen, schon gar nicht öffentlich, einmischen. Aber es ist selbstverständlich, dass mein Haus solche Entwicklungen auf
merksam beobachtet und mit den Betroffenen spricht. Das gehört zu unserem Verständnis von aktiver Wirtschaftspolitik.
Mit den geplanten Maßnahmen will die Telekom - ich denke, es interessiert Sie, was die Telekom gesagt hat - ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten, indem sie ihre Standorte konsolidiert und konzentriert. Sie strebt damit die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Vermeidung von Stellenstreichungen an.
Im Bereich IT wird eine Konzentration auf den Standort Regensburg folgen. Die derzeitigen Überlegungen sehen vor, dass Außenstellen und Büros auf den Standort Regensburg konzentriert werden. Davon betroffen sind etwa 90 Mitarbeiter aus Bamberg, Augsburg, München, Weiden und Amberg. Besonders wichtig ist: Die Standorte Traunstein, Deggendorf und Erlangen bleiben erhalten. Beim Vertrieb sollen Augsburg und Nürnberg große Standorte werben. Die größte Bewegung soll es dabei von München nach Augsburg mit 300 Mitarbeitern geben. Darüber hinaus seien weitere Mitarbeiter aus Traunstein, Bad Kissingen, Landshut und Rosenheim betroffen.
Insgesamt sollen sich diese Standortkonsolidierungsmaßnahmen nach Aussage des Unternehmens positiv auf die Beschäftigtenzahlen im Freistaat auswirken. Mit einem Zugang von etwas über 100 Mitarbeitern nach Bayern sei zu rechnen. Die Gesamtzahl der bayerischen Beschäftigten erhöhe sich damit auf rund 1.200.
Wir haben gegenüber der Telekom deutlich gemacht, bei allen Überlegungen möge bedacht werden, dass Bayern schon 2008 von den Konsolidierungsmaßnahmen der Callcenter betroffen war. Der Ministerpräsident und ich werden morgen anlässlich eines schon länger vereinbarten Gesprächs mit dem Vorstandsvorsitzenden der Telekom die Thematik ansprechen.