Ich möchte kurz das Umfeld beleuchten. Die Veranstalter von Glücksspielen können sich unmittelbar auf die Steuerfreiheit ihrer Umsätze nach Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Richtlinie 77/388 EWG in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift - das nächste Zitat lasse ich weg - keine Anwendung findet. - Das war ein EuGHUrteil. In diesem Kontext muss ich sehen, wenn ich Steuern in diesem Bereich erheben möchte: Ist das europarechtlich überhaupt zulässig? Das muss zumindest geprüft werden.
Dann haben wir natürlich einen Staatsvertrag für das staatliche Glücksspielmonopol. Für den Staat gelten eigene Regeln. Die Spielotheken sind dort nicht erfasst. Der klassische Spielsüchtige geht aber nicht in die Spielbank, sondern in die Spielothek um die Ecke. Die Süchtigen, die Sie angesprochen haben, sind natürlich ein Thema, um das wir uns kümmern müssen. Aber das geht am besten mit Prävention.
Die Lottowerbung wurde bereits durch den Staatsvertrag eingeschränkt. Der Finanzminister darf seitdem Einnahmeausfälle beklagen. In dem gleichen Zusammenhang haben wir auch darüber zu diskutieren, was mit Internetcafés ist. Dort kann auch gespielt werden. Es gibt vom Bundesverwaltungsgericht Vorschriften, wann ein Internetcafé vielleicht doch eine Spielhalle ist. Ausnahme ist schon wieder die LAN-Party, weil sie nur vorübergehend ist. Solange sich dort auch die Vermittlung von Medienkompetenz befindet, ist die LAN-Party, wo wirklich viel gespielt wird, ganz legal und möglich.
Es ist also ein weites Feld, das wir diskutieren können. Wir verstehen die Intention des Antrags von CSU und FDP so, dass erst einmal offen darüber informiert wird. Wenn Sie sich die Berichte aus anderen Bundesländern anschauen - das haben Sie sicherlich im Vorfeld dieser Debatte getan -, werden Sie festgestellt haben, dass in Nordrhein-Westfalen eine Klagewelle die Kommunen überspült hat, weil sie entsprechend Steuern vor Ort erheben und Satzungen erlassen. Deswegen haben die Kommunen sehr viel Arbeit damit. Teilweise laufen 500 Seiten starke Dokumente bei ihnen ein. Es kann doch nicht sein, dass wir uns in diese Richtung bewegen. Die FDP ist einer Spielhallensteuer eher abgeneigt, weil wir erstens eine Klagewelle befürchten, zweitens die Fehlanreize, die auch Kollege Zellmeier schon genannt hat, befürchten. Bei 2.000 Gemeinden in Bayern werden Sie sicherlich eine finden, die bei der
Möglichkeit der Spielhallensteuer sagt: Wir wollen das Las Vegas in Bayern werden. Dann haben Sie genau das Gegenteil dessen erreicht, was Sie wollen, und das kann es nicht sein.
Also setzen wir auf Prävention. Ein eigenes Thema in diesem Bereich sind Computer an Schulen. Auch dort kann ein Gefährdungspotenzial bestehen. Dasselbe gilt natürlich für Gaststätten, wo bis zu drei Automaten aufgestellt werden können. Das alles muss beleuchtet werden, und deswegen wollen wir nicht vorschnell entscheiden, in welche Richtung wir politisch gehen. Wir fordern einen Bericht an. Wir denken, ein Bericht in die Richtung, die wir vorgegeben haben, genügt, und wir sollten uns dahinter versammeln. Es wird aber sicherlich ein ausführlicher Bericht sein. Ich bin sicher, dass das Ministerium die entsprechenden Fragen beantwortet.
Gewerberechtlich ist es möglich, nach § 33 i und § 60 a Absatz 3 der Gewerbeordnung den Betrieb einer Spielhalle zu untersagen, vielleicht auch baurechtlich. Mit diesem Bericht sollte also auch den Kommunen ein Instrumentarium an die Hand gegeben werden, wie man sich gegebenenfalls gegen eine neue Spielhalle wehren könnte. Dieser Bericht wird das sicher aktuell und ausführlich darstellen. Aber mit den geltenden Gesetzen können die Kommunen schon heute arbeiten.
Insgesamt ist das ein Feld, über das zu streiten es sich politisch lohnt. Vorrang muss die Suchtprävention haben. Wir wollen erst einen ausführlichen Bericht, damit wir den aktuellen Sachstand haben, weil es eben auch unterschiedliche Zahlen im Raum gibt. Auf dieser Basis können wir dann gemeinsam in der Koalition entscheiden, wohin die Reise geht.
Sie haben die unterschiedlichen Intentionen schon angesprochen. Auf baurechtlicher Seite könnte man vielleicht über die eine Vorschrift nachdenken. Auf der Steuerseite bin ich eher skeptisch. Ich bin gespannt, wohin der Bericht uns leiten wird. - Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Abstimmung jetzt dann wieder getrennt erfolgt. Die Anträge wurden Ihnen vor wenigen Minuten auf Ihre Plätze verteilt. Dann können Sie sie nachlesen. Zum Abschluss der Debatte gebe ich Herrn Staatsminister Herrmann das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung wird selbstverständlich gern alle Fragen des Hohen Hauses zu diesem interessanten Thema beantworten. Ich will nur kurz einer sich ab
zeichnenden Legendenbildung vorbeugen. Der Diskussionsbeitrag der Kollegin Schmitt-Bussinger war leicht dahin angelegt, die Gefechtslage von heute Vormittag zu replizieren. Dem ist in diesem Punkt nicht so. Das will ich schon noch einmal deutlich ansprechen.
Sie haben gesagt: Die Kommunen werden im Stich gelassen, und dergleichen. Diese Thematik ist an mich in den letzten Monaten herangetragen worden, und zwar erstmals vom Oberbürgermeister von Fürth. Bei ihm hatte sie zunächst - ich habe auch ein Schreiben von ihm - einen rein fiskalischen Hintergrund. Er hat nämlich einfach und direkt - das ist auch völlig legitim - gesagt, er habe in Gesprächen mit Oberbürgermeisterkollegen in anderen Bundesländern erfahren, sie hätten aus solchen Spielhallensteuern zwar nicht überschäumende Einnahmen, die den gesamten Haushalt sanieren könnten, aber da oder dort doch ganz erfreuliche Einnahmen erzielt. Nachdem er mittlerweile auch eine ganze Reihe von Spielhallen in Fürth vorfinde, bedauere er es, keine solchen schönen Einnahmen erzielen zu können. Das Schreiben des Oberbürgermeisters von Fürth hat zunächst einmal in keiner Weise den Hintergrund, dass er die Spielhallen verhindern oder reduzieren wolle, sondern ausschließlich den fiskalischen Grund, wie er zu mehr Geld kommen könnte. Angesichts der Haushaltslage der Stadt Fürth ist das völlig legitim.
Dass die Finanzlage der bayerischen Kommunen weit besser ist als der Schnitt der übrigen Kommunen in Deutschland, ist sowieso bekannt und braucht an dieser Stelle nicht weiter vertieft zu werden.
Das Thema ist kürzlich auch bei einer Zusammenkunft aller fränkischen Oberbürgermeister angesprochen worden. Dort wurde der Wunsch noch einmal an mich herangetragen. Ich habe dann gesagt: Für mich gibt es keine Denkverbote. Ich bin offen. Mit mir kann man darüber reden. Ich hätte dann allerdings gerne - und das steht im Moment auf der Tagesordnung - eine offizielle Stellungnahme des Städtetags und des Gemeindetags; denn wir erleben häufig, dass der eine Oberbürgermeister so sagt und kurze Zeit später drei andere sagen: Nein, nein, das sehen wir ganz anders. Darum habe ich - das ist jetzt auch als offizielles Schreiben ausgelaufen - um eine offizielle Stellungnahme des Städtetages und des Gemeindetages gebeten: Ist es sozusagen der Wunsch des Städtetages und des Gemeindetages, Möglichkeiten für eine solche Spielhallensteuer auch in Bayern zu schaffen?
Denn Fakt ist - wir werden das im Bericht gerne darlegen -, dass diese Steuer gegenwärtig in allen anderen Bundesländern möglich ist, nur bei uns aufgrund der definitiven Abschaffung der Vergnügungssteuer nicht. Ich füge gleich hinzu: Soweit ich es beurteilen kann, gibt es sicherlich keinerlei Bereitschaft, die Vergnügungssteuer insgesamt wieder zu ermöglichen, davon kann keine Rede sein; wenn, dann kann es nur um einen Sondertatbestand für die Spielhallen gehen.
Als zweite Frage stellt sich dann, inwieweit eine solche Spielhallensteuer auch dazu geeignet sein kann, das ganze Spielhallenwesen etwas einzudämmen. Das kann ein möglicher Gesichtspunkt sein. Ich will aber auch ganz deutlich sagen: Wenn die finanziellen Anreize zu groß werden, dann kann es auch die umgekehrte Wirkung haben, weil dann ein Oberbürgermeister erkennt: Je mehr Spielhallen ich in meiner Stadt habe, desto größer sind die Einnahmen für meinen Haushalt. Also ist die Annahme, dass die Einführung einer Spielhallensteuer automatisch zu einer Eindämmung der Spielhallen insgesamt führt, nicht unbedingt zu unterschreiben. Dies muss eingehend betrachtet werden. Darum halte ich es für sinnvoll, dass wir einen solchen Bericht vorlegen.
Wenn ich vielleicht noch den letzten Gedanken anfügen darf, dann gerne, Frau Kollegin Schmitt-Bussinger.
Der dritte Gesichtspunkt ist in der Tat der: Bisher haben die Kommunen ausschließlich im Rahmen des Bauplanungsrechts die Möglichkeit, ein Stück weit zu steuern. Da darf ich mir die Bemerkung erlauben, dass ich in den letzten Jahren relativ wenig zu diesem Thema gehört habe. Nach meiner Kenntnis war die SPD immerhin neun Jahre lang an der Bundesregierung beteiligt. In diesen neun Jahren hat sich hinsichtlich des Bauplanungsrechts der Kommunen zur Eindämmung von Spielhallen überhaupt nichts getan. Wenn Sie heute hier sagen, da sei ein dringendes Bedürfnis, die Kommunen würden hier völlig im Regen stehen gelassen, dann frage ich, nachdem die Spielhallen im Unterschied zu anderen Glückspielen ausschließlich Bundesrecht sind: Warum hat man neun Jahre lang von der SPD auf Bundesebene zu diesem Thema eigentlich überhaupt nichts gehört? Ich meine, man sollte die Kirche schon im Dorf lassen. Das ist ein wichtiges Thema. Ich habe nicht den Eindruck, dass es um fürchterliche
Themen geht, die sozusagen noch heute gelöst werden müssen. Wir wollen sie aber angehen. Wir wollen die Fragen der Kommunen vernünftig beantworten und auf deren Anliegen eingehen. Deshalb meine ich, dass es richtig ist, dass die Staatsregierung dazu einen Bericht vorlegt und alle Fragen, die heute angesprochen worden sind, abarbeitet. Daran kann sich dann eine vernünftige Meinungsbildung darüber anschließen, wo wir Handlungsspielräume der Kommunen sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht gegebenenfalls erweitern wollen und was zu tun ist.
So viel zu meiner Wahrnehmung der Diskussion der letzten Monate. Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, ich stelle mich gerne Ihrer Nachfrage.
Sehr geehrter Herr Innenminister, ich habe hier einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom 6. April unter der Überschrift "Mit Steuer gegen Spielhallen - Innenminister Herrmann will die Ausbreitung von Automaten bremsen". Sie werden hierin zitiert: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will eine Spielhallensteuer einführen. Herrmann nennt die Zunahme der Spielhallen eine problematische Entwicklung. Jetzt, da immer mehr Gemeinden über ihre Machtlosigkeit gegen die Spielhallen klagen, hat er reagiert.
Lässt dies Ihrer Meinung nach den Schluss zu, dass Sie sich für eine Spielhallensteuer einsetzen, oder sind Sie hier falsch zitiert?
Wenn Sie den gesamten Artikel zu Ende lesen, soweit ich ihn in Erinnerung habe, werden Sie dort den Gedankengang wiederfinden. Bekanntermaßen ist nicht alles, was ein Redakteur, weder der "Süddeutschen" noch einer anderen Zeitung, schreibt, immer so von meinem Gusto abhängig. Wenn Sie den Artikel weiterlesen, werden Sie darin auch den Gedanken finden, dass sehr wohl auch der Innenminister der Meinung ist, dass die Einführung einer Spielhallensteuer nicht unbedingt zu einer Eindämmung der Zahl der Spielhallen führt, sondern dass sie umgekehrt auch ein finanzielles Interesse der Kommunen wecken könnte.
Ich habe dem Redakteur der "Süddeutschen Zeitung" das Gleiche gesagt, was ich Ihnen heute auch gesagt habe: dass ich mich gegenüber dem Wunsch der Ober
bürgermeister, den zunächst der Oberbürgermeister von Fürth und dann auch andere an mich herangetragen haben, aufgeschlossen gezeigt habe. Ich habe auch gesagt, dass ich eine offizielle Stellungnahme des Städtetages und des Gemeindetages haben möchte. Ich sage Ihnen ganz klar: Wenn der Städtetag insgesamt sagt, dass das der Oberbürgermeister von Fürth haben mag, der Städtetag aber nicht, habe ich keinen Anlass, das Thema weiter zu verfolgen. Anders habe ich das auch in den letzten Wochen nie kommuniziert.
Danke schön. Ich nehme den Wunsch gerne auf und setze ihn um. Wir kommen nämlich zu den Abstimmungen. Wir trennen die vorliegenden Anträge zum Themenkomplex Spielhallen wieder und stimmen zunächst über den Dringlichkeitsantrag auf der geänderten Drucksache 16/4587 ab - das ist der CSU-Antrag. Wer ihm seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der CSU, der FDP, der Freien Wähler und der GRÜNEN. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist der Antrag angenommen.
Als Nächsten stimmen wir über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/4595 ab, den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind die GRÜNEN und die Freien Wähler. Gegenstimmen? - Das sind CSU und FDP. Stimmenthaltungen? - Die Abgeordneten der SPD-Fraktion. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/4603 - das ist der Antrag der SPD-Fraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. Das sind die Abgeordneten der SPD und der Freien Wähler. Wer stimmt dagegen? - Das sind die CSU und die FDP. Stimmenthaltungen? - Die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion die GRÜNEN. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/4604 zum gleichen Themenkomplex - das ist der Antrag der Fraktion der Freien Wähler - seine Zustimmung geben
will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind die Freien Wähler, die SPD und die GRÜNEN. Wer diesen Antrag ablehnt, bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind CSU und FDP. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Kathrin Sonnenholzner, Sabine Dittmar u. a. und Fraktion (SPD) Schutz der Verbraucher vor Klebefleisch - Verbot der Herstellung von Fleisch unter Zugabe von Transglutaminase (Drs. 16/4588)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine weitere Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Formfleischprodukten zulassen (Drs. 16/4605)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König, Dr. Otto Hünnerkopf u. a. und Fraktion (CSU), Thomas Hacker, Tobias Thalhammer, Dr. Otto Bertermann u. a. und Fraktion (FDP) Bessere Kennzeichnung bei Klebefleisch (Drs. 16/4607)
Diese Anträge beraten wir gemeinsam. Die gemeinsame Aussprache wird von Frau Kollegin Dittmar eröffnet. Bitte sehr, Frau Kollegin Dittmar.