Protocol of the Session on April 22, 2010

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Jörg hat eben viele große Dinge gesagt, aber es war auch sehr viel Luft dabei.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Das muss ich hier einmal ganz klar sagen. Er hat vorgebracht: Die CSU macht es seriös, die CSU macht es fundiert, sie macht es langfristig. Wenn wir unsere Vorschläge bringen, berufen wir uns unter anderem auf Innenminister Herrmann, und wenn Sie sie ablehnen, fallen Sie damit Ihrem eigenen Innenminister in den Rücken. Das möchte ich hier einmal ganz klar sagen.

(Georg Schmid (CSU): Das machen wir nicht! Gegenruf von den Freien Wählern: Natürlich!)

- Doch! Das möchte ich hier als Einstieg ganz klar sagen. Es betrifft auch die Beamten im Innenministerium, die schon seit Jahren an Gesetzesvorlagen zum Verbot von Flatrate-Partys arbeiten. Diese Gesetzesvorlagen liegen schon lange in den Schubladen des Innenministeriums, sie wurden nur noch nicht herausgeholt, meine Damen und Herren, und das ist das Problem!

(Zurufe von der CSU)

Wir wissen, dass Alkoholmissbrauch und Komasaufen bei Jugendlichen immer mehr zu einem Problem werden. Da gibt es jeden Tag in der Presse neue Zahlen.

Ich möchte ebenso klar sagen: Ich will die Jugendlichen nicht pauschal verurteilen. Vielleicht sind die Jugendlichen heute - Herr Thalhammer sagt es ja auch immer wieder - nicht schlechter als gestern. Okay. Aber schauen Sie heute in die Zeitungen, in die Medien: Da steht heute zum Beispiel, dass die Deutschen bei Alkoholexzessen in Europa auf Platz 3 liegen. Nur die Iren und die Rumänen trinken noch mehr, das heißt, mindestens einmal pro Woche fünf oder mehr Gläser Alkohol. Immerhin wurden dafür 27.000 Bürger in der EU befragt.

Es gibt schon Handlungsbedarf, meine Damen und Herren, und so ist es auch im Gesetzentwurf der SPD zu sehen. Wir unterstützen ihn, weil wir auch einen Antrag mit ähnlichem Inhalt im Geschäftsgang haben.

Derartige Vermarktungskonzepte, solche Flatrate-Partys werden bereits verstärkt angeboten. Durch diese Flatrate-Partys wird das Rauschtrinken, eben dieses exzessive Alkoholtrinken, bei Jugendlichen gefördert. Es gibt eine immer größere Zahl von Alkoholvergiftungen unter Jugendlichen, die Hemmschwelle sinkt usw. Zum Beispiel war im Sommer 2009 in der "Abendzeitung" zu lesen: "Flatrate-Partys in München - Billigsaufen im Cluburlaub zum Preis von 6 Euro." Da konnte man sich zum Preis von 6 Euro bis zum frühen Morgen betrinken.

(Zuruf von der CSU: Welche Lösungen haben Sie?)

- Die Lösungen kommen noch. Wir haben heute eine lange Debatte darüber, meine Damen und Herren, es gibt nachher noch einen zweiten Teil, da werde ich auch sehr viel zur Suchtprävention sagen. Hier geht es mir zunächst um die konkreten Gesetzesvorschläge der SPD. Das sind schon Lösungsvorschläge und immerhin ein erster Schritt, meine Damen und Herren. Das unterstützen wir auch.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellte bereits 2007 fest, dass Flatrate-Partys eine wirksame Ermunterung junger Erwachsener zum Alkoholmissbrauch darstellen. Es gibt zwar bereits Möglichkeiten zur Erteilung von Auflagen bzw. die Möglichkeit des Widerrufs, um dagegen vorzugehen, aber die gesetzlichen Grundlagen müssen noch verbessert werden. Das sagt auch Innenminister Herrmann, den ich noch einmal zitiere: "Eine glasklare gesetzliche Regelung gibt es dazu nicht." Am 27. Oktober sagte Staatssekretärin Melanie Huml im Plenum, dass ein solcher Gesetzentwurf bereits in Vorbereitung sei. Dieser Gesetzentwurf - ich habe es schon gesagt - dümpelt vor sich hin. Deswegen müssen wir etwas machen. Das Innenministerium will

es, der Innenminister will es, und Sie werden heute diesem Gesetzentwurf der SPD vielleicht nicht zustimmen.

(Zuruf von der CSU)

Dass ein solches Verbot nicht alle Probleme mit einem Schlag lösen kann, ist klar. Alkohol ist ein vielschichtiges Problem. Aber mit einem Verbot von Flatrate-Partys wäre sicherlich ein erster Schritt getan.

Zweiter Punkt: Ein nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen ist sicherlich nicht der Königsweg, aber es ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Alkoholmissbrauch.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

GRÜNE - sie muss man hier auch einmal nennen - und FDP betrachten dieses Thema immer nur unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Unterlaufens eines solchen Verbots. Aber es geht nicht nur um das Unterlaufen eines Verbots, das heißt, um die Frage: Wie beschaffen sich Jugendliche auf andere Weise Alkohol? Sie vergessen bewusst die damit verbundenen Hauptprobleme: nächtliche Ruhestörung, Vandalismus, zunehmende alkoholbedingte Gewaltdelikte 1996 waren es 5,2 %, 2008 17,1 % - oder auch die Verkehrsunfälle, die zum Teil tödlich enden. Die können Sie doch nicht unter den Tisch kehren. 46 % aller Verkehrsunfälle ereignen sich in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr, da ist das Verkehrsaufkommen relativ gering.

Wir Freien Wähler haben am Montag das Polizeipräsidium in Würzburg besucht und auch dieses Thema angesprochen. Dabei sagte die Polizeipräsidentin von Unterfranken, Liliane Matthes, ganz klar: Ein Verkaufsverbot an Tankstellen wird die Arbeit der Polizei wesentlich erleichtern. Außerdem ist die Personaldecke viel zu kurz, und die eigentlichen Aufgaben der Polizei werden nicht mehr wahrgenommen.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft befürwortet solche nächtlichen Verkaufsverbote, weil dadurch das "Vorglühen" für die jungen Menschen wesentlich erschwert wird.

Innenminister Herrmann - er wird heute noch reden hat als wortgewaltiger Politiker in großen Artikeln seit Januar 2010 - im Moment kommt jeden dritten Tag ein Artikel - dieses Verbot immer wieder gefordert, ist aber stets an der "großen" FDP gescheitert.

Die Argumente der FDP, die wir noch hören werden, sind eigentlich schwach und nicht überzeugend. Sie sagt, lediglich der Vollzug müsse verbessert werden. Für uns sind das Sprechblasen, weil die gegenwärtige Situation dadurch nicht verändert wird. Ich fordere die

FDP auf darzulegen, was sie unter der Verbesserung des Vollzugs der Gesetze versteht, wie sie das konkret umsetzen will, und zwar mit dem gegenwärtigen Personalbestand der Polizei. Das müssen Sie einmal sagen, Herr Dr. Fischer.

Meine Damen und Herren, Alkohol und Tankstellen passen in der Kombination einfach nicht zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

Sie wissen vielleicht, dass an Tankstellen und Raststätten an Autobahnen laut Bundesfernstraßengesetz schon heute aus Gründen der Verkehrssicherheit in der Zeit zwischen null und sieben Uhr keine alkoholhaltigen Getränke verkauft werden dürfen. Da ist es also schon Gesetz. Warum können wir diese Regelung dann nicht auf alle Tankstellen erweitern?

Mir scheint, als sei die FDP aus rein ideologischen Gründen gegen ein Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen. Wer aber, meine Damen und Herren, die Ideologie eines angeblich freiheitlichen Gedankens über die Verkehrssicherheit stellt, handelt unverantwortlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler und der SPD)

Andreas Fischer schrieb im "Bayerischen Staatsanzeiger": "Ich halte nichts von einem weiteren Schritt in den Verbotsstaat und setze vielmehr auf Prävention und strikte Einhaltung der bestehenden Gesetze." - Ich bin auch für Prävention, ich bin auch für die Verbesserung der Einhaltung der bestehenden Gesetze.

(Tobias Thalhammer (FDP): Die Freien Wähler sind für alles!)

Das ist eigentlich nur gut gemeint. Wir müssen die jetzige Situation lösen. Denn auch eine falsch verstandene Liberalität kann Menschenleben kosten. Wenn ich die bestehenden Gesetze noch besser kontrollieren will, dann benötige ich mehr Personal. Dazu müsste der Innenminister Vorschläge bringen. Es wurde immer gesagt: Wir haben keine Erfahrungswerte. Warten wir erst einmal ab. Es wurde aber gerade von der Kollegin von der SPD gesagt: Es gibt das bereits seit 1991 in Frankreich, auch schon in der Schweiz und in Österreich. Dort sind gute Erfahrungen damit gemacht worden.

Aber nicht nur die FDP ist dagegen, sondern auch die GRÜNEN. Frau Schopper hält eine gesetzliche Regelung für puren Aktionismus und reine Augenwischerei. Damit beweist sie, dass sie die Gesamtproblematik eigentlich nicht verstanden hat. Warum soll es purer Aktionismus sein, wenn durch ein solches Verbot die Zahl der alkoholbedingten Straftaten, die Gewaltdelikte, die

nächtlichen Ruhestörungen und der Vandalismus zurückgehen?

(Beifall bei den Freien Wählern - Dr. Andreas Fi- scher (FDP): Die gehen aber nicht zurück!)

Ob das zutrifft, ist natürlich die Frage. Ob sich Jugendliche - die sind immer kreativ - den Alkohol zu anderen Zeiten oder auf anderen Wegen beschaffen, wird sich noch zeigen. Aber wir müssen heute schon aufgrund der bestehenden Problematik wirkungsvoll handeln.

Eine Mehrheit im Landtag zum Schutz der Jugendlichen ist eigentlich vorhanden. Wir finden es nicht in Ordnung, wenn die CSU aus Gründen der Rücksichtnahme auf die FDP den Schwanz einzieht.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Die FDP redet immer von Jugend. Aber durch diese Totalblockade - so war es zumindest bis heute - ist für die FDP der Jugendschutz komplett nicht vorhanden. Wir müssen mit einem Verkaufsverbot daran mitwirken, exzessive öffentliche Trinkgelage, Lärm, Aggression und Gewalt wirksam anzugehen.

Ich komme zum Schluss. Ich sehe, Frau Haderthauer ist jetzt auch da. Sie äußert sich auch immer öffentlich über die FDP und kritisiert sie sogar im Ingolstädter Stadtrat. Zwei CSU-Minister, Haderthauer und Herrmann, sind für ein solches Verbot und fordern dieses vehement. Es wäre heute eine Sternstunde des Parlaments, wenn rein sachbezogen im Sinne eines verantwortungsvollen Jugendschutzes entschieden würde. SPD, Freie Wähler und CSU könnten gemeinsam zustimmen. Wo liegt also das Problem, meine Damen und Herren?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Es ist eine Mehrheit für einen wirksamen Jugendschutz im Parlament vorhanden, und diese Mehrheit möge die CSU doch nicht auf dem Altar der Koalitionstreue opfern. Also, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, kommen Sie der Schlagzeile zuvor, die morgen lauten könnte: Koalitionstreue bremst wirksamen Jugendschutz aus. Verhindern Sie diese Schlagzeile und stimmen Sie dem Antrag zu. Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fahn. Als Nächster hat Herr Kollege Hartmann das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den bisherigen Rednern in der heutigen Debatte aufmerksam zugehört hat, stellt man fest, dass zwei Personengruppen bei diesem Thema zu unterscheiden sind: auf der einen Seite die Personen unter 18 Jahren oder unter 16 Jahren, deren Alkoholkonsum wirklich zugenommen hat, und auf der anderen Seite die große Gruppe von jungen Erwachsenen in diesem Land, deren Alkoholkonsum in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Das zeigen uns die Zahlen; da wurde aber nicht unterschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FDP)

Wenn wir über dieses wichtige Thema reden, ist es doch unser aller Anspruch, diese Gruppen zu unterscheiden.

Von den Freien Wählern haben wir eben gehört: Wir bräuchten ein Verkaufsverbot. Das wurde ausführlich dargestellt. Aber für diese tragischen Fälle, in denen Jugendliche, teilweise sogar Kinder betroffen sind, gibt es ein Verkaufsverbot, und zwar 24 Stunden am Tag sieben Tage in der Woche. Für diese Zielgruppe gibt es ein Verkaufsverbot in diesem Land. Das ist einfach Fakt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)