Protocol of the Session on February 24, 2010

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hohen Hauses, sich an den Abstimmungen zu beteiligen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Die wollen halt nicht zu stimmen!)

Ich rufe auf:

Artikel 29

Hierzu liegen wiederum Wortmeldungen vor. Ich erteile Frau Kollegin Gote das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf des Artikels 29

widerspricht unseres Erachtens Europarecht. Nach Ar tikel 4 Absatz 1 der Wasserrahmenrichtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle Grundwasserkörper zu schützen, zu verbessern und sie zu sanieren, damit ein Gleichgewicht gewährleistet wird zwischen Grund wasserentnahme und Grundwasserneubildung mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhangs 5 einen guten Zustand des Grundwassers zu erreichen. Während dieser Paragraph des Wasser haushaltsgesetzes die erlaubnisfreie Nutzung daran bindet, dass keine signifikanten nachteiligen Auswir kungen auf den Gewässerhaushalt zu befürchten sind, fehlt diese Festlegung in der bayerischen Regelung. Der Begriff "geringe Mengen" ist zusätzlich unserer Meinung nach zu unbestimmt.

Gerade die zunehmende Intensivierung der Landwirt schaft und der Klimawandel bewirken eine Zunahme der Grundwasserentnahme sowie die Anreicherung von grundwassergefährdenden Stoffen im Boden. Eine Ausweitung der erlaubnisfreien Nutzung des Grund wassers über Paragraph 46 des Wasserhaushaltsge setzes hinaus ist für land- und forstwirtschaftliche Zwecke aufgrund des vielerorts knapper werdenden Grundwassers durch den Klimawandel nicht geboten. Wir beschränken daher in unserem Änderungsantrag die erlaubnisfreien Benutzungen auf das, was bundes weit im Wasserhaushaltsgesetz vorgesehen ist und streichen deshalb Absatz 1 des Artikels 29 des Gesetz entwurfs der Staatsregierung und ersetzen ihn durch einen anderen Absatz, der die erlaubnisfreie Ableitung von Grundwasser nach Paragraph 46 des Wasser haushaltsgesetzes in empfindlichen Gebieten be schränkt. Wir führen damit einen sehr wichtigen Beitrag zum Klimaschutz in den Gesetzentwurf ein, der insbe sondere die unsinnige Melioration der Moorböden durch Drainagen erlaubnispflichtig macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Moore haben in unseren Ökosystemen eine wich tige Funktion. Auf ihre Gesamtlebensdauer bezogen können Moore, sofern die Bedingungen wie Wasser stand etc. gleich bleiben, in jedem Fall als netto sen kend von Treibhausgasen bzw. deren Ausgangsstoffen bezeichnet werden. Die Bilanz entwässerter und land wirtschaftlich genutzter Moorflächen fällt dagegen er heblich schlechter aus, sodass der Schutz intakter Moore und die Wiedervernässung genutzter Flächen von großer Bedeutung sind. Die Entwässerung von Mooren führt durch Mineralisation des im Torf speicher ten Kohlenstoffs zur Freisetzung von Kohlendioxid. Gleichzeitig sinken aber die Methanemissionen deut lich. Bei der in der Mineralisation von Torf in entwäs serten Moorkörpern wird ein drittes relevantes Treib hausgas, nämlich das Lachgas, freigesetzt. Das

genaue Ausmaß der Kohlendioxid-, Methan- und Lach gasemissionen hängt wesentlich von der Nutzungswei se ab. Eine besonders schlechte Bilanz ergibt sich für als Ackerland oder Grünland genutzte Moorstandorte. Deren Treibhausgasemissionen liegen um eine ganze Größenordnung über denen funktionsfähiger Moore. In Deutschland ist die ackerbauliche Nutzung von Mooren eine der größten Treibhausgaseinzelemissionsquellen im Sektor Landwirtschaft.

(Albert Füracker (CSU): In Bayern auch? - Wie ist es in Bayern?)

Die in diesem Bereich im internationalen Vergleich hohen Emissionen in Deutschland lassen sich durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung großer Teile der Moorflächen und die dabei entstehenden hohen Koh lendioxid- und Lachgasemissionen erklären. Deshalb muss die mit einer Entwässerung verbundene landwirt schaftliche Nutzung von Moorstandorten eingedämmt werden. Darauf zielt unser Änderungsantrag ab. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir liegen keine weite ren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Ab stimmung. Vorweg lasse ich über den hierzu einschlä gigen Änderungsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/3726 abstimmen. Danach soll der Absatz 1 neu ge fasst werden. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte die Gegenstimmen anzuzeigen. Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der Freien Wähler. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Artikel 29 wird vom federführenden Ausschuss für Um welt und Gesundheit zur unveränderten Annahme emp fohlen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der Freien Wähler. Ich bitte die Gegenstim men anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmen thaltungen? - Keine. Damit ist Artikel 29 angenommen.

Ich rufe auf:

Artikel 30

Hierzu liegen auch Wortmeldungen vor. Ich darf Herrn Kollegen Dr. Wengert das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kol

leginnen und Kollegen! Artikel 30 ist für uns in zwei Punkten nicht akzeptabel, nämlich erstens, soweit in Absatz 2 - ebenso wie in Artikel 20 Absatz 3 - nach Ab lauf einer Frist von einem Monat nach Anzeige der Maßnahme das behördliche Einverständnis als erteilt gilt, und zweitens, soweit für erlaubnisfreie Grundwas serbenutzungen von der Maßgabe abgesehen wird, dass die Arbeiten eingestellt werden müssen, wenn sich ergibt, dass auf das Grundwasser eingewirkt wird.

Die Regelung des Artikels 30 Absatz 2 des Entwurfs eines Bayerischen Wassergesetzes ist daher zu strei chen. Hier ergibt sich dieselbe Problemstellung wie in Artikel 20 Absatz 3. Hier wird ebenso das behördliche Einverständnis fingiert, jedoch lediglich mit der Ein schränkung des Erreichens des Grundwasserspiegels. Die Vorschrift erlaubt die Vornahme von Erdarbeiten bis zum Erreichen des Grundwasserspiegels. Ob aber je mals das Grundwasser erreicht worden ist oder auch nicht, entzieht sich natürlich regelmäßig der Kenntnis der zuständigen Behörde.

In der Wasserwirtschaft gibt es dabei nicht unerhebli che Probleme, zum Beispiel mit der oberflächlichen Geothermie oder ähnlichen Bohrungen, wenn sie etwa von Unternehmen durchgeführt werden, die nicht, wie beispielsweise die Brunnenbohrer, angemessen quali fiziert und geprüft worden sind. Diese haben oft nicht die notwendigen geologischen Hintergründe. Von daher ist es sehr wichtig, dass angezeigt wird und die Behörde von möglichen Problemen Kenntnis erlangt. Deswegen haben wir mit der vorgeschlagenen Vier Wochen-Fiktion schon erhebliche Probleme.

Die Einwirkungen auf das Grundwasser durch Erdauf schlüsse im Rahmen der erlaubnisfreien Gewässerbe nutzung haben gemäß Artikel 30 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 des Entwurfes nicht zur Folge, dass die Ar beiten einzustellen sind. Ausgehend von einer mögli chen Gefährdung des Grundwassers ist nicht ersicht lich, warum die Einstellung der Arbeit bei erlaubnisfreien Gewässerbenutzungen unterbleiben darf. Das Gefährdungspotenzial kann durchaus das selbe sein wie bei erlaubnisbedürftigen Nutzungen des Gewässers. Verfassungsrechtliche und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Be denken müssen durch Einbeziehung der erlaubnisfrei en Gewässerbenutzungen im Sinne des § 46 des Wasserhaushaltsgesetzes respektive Artikel 29 Ab satz 1 des vorliegenden Entwurfs vermieden werden. Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung stattfin dende Bewertung des Gefährdungspotenzials von er laubnisfreien Gewässerbenutzungen bietet keinen Raum für eine etwaige einseitige Interessensabwä gung zum Nachteil der öffentlichen Trinkwasserversor gung.

Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen sollte die Regelung des Artikels 30 Absatz 2 vermieden werden. Hier wird das behördliche Einverständnis vom Rege lungszweck identisch mit Artikel 42 a Absatz 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes fingiert, jedoch lediglich mit der Einschränkung des Erreichens des Grundwasserspiegels. Die Norm erlaubt die Vor nahme von Erdarbeiten bis zum Erreichen dieses Grundwasserspiegels. Ob aber jemals das Grundwas ser erreicht worden ist oder nicht, entzieht sich regel mäßig der Kenntnis der zuständigen Behörden.

Das kann nicht sein. Zu Recht fordert auch der VBEW, der Verband der Bayerischen Energie- und Wasser wirtschaft e.V. - ich zitiere -: "zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten und Verhinderung von Miss brauchsfällen eine solche Regelung zu unterlassen".

Aus diesen Gründen beantragen wir, Absatz 2 komplett und in Absatz 3, der damit zu Absatz 2 wird, die Worte "dies gilt nicht für erlaubnisfreie Grundwasserbenut zungen" zu streichen.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Erklärung. Ich bedauere es sehr - ich habe das in dieser Weise noch nie erlebt, auch nicht in 18 Jahren Kom munalpolitik -, dass sich die Mehrheit des Parlaments der Diskussion entzieht, dass sich die Kollegen der CSU und FDP inhaltlich nicht mit unseren Argumenten auseinandersetzen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wir haben es im Aus schuss diskutiert, Herr Kollege!)

- Wir haben Ihnen klar gesagt, warum es im Ausschuss nicht möglich war. Wir wollen nicht, dass die Bürgerin nen und Bürger draußen im Lande den Eindruck be kommen, dass Anhörungen zur Farce degradiert wer den, weil Sie sich zum Büttel der Staatsregierung machen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜNEN - Tobias Thalhammer (FDP): Sie waren nicht bei der Anhörung, ich war schon da!)

Jetzt gehen Sie auch noch der Diskussion aus dem Wege. Das ist keine Sternstunde, Herr Thalhammer, dieses Bayerischen Parlaments. Das musste ich am Schluss einfach noch sagen. Die Bürgerinnen und Bür ger dieses Landes haben es nicht verdient, dass Sie zwar passiv anwesend sind, sich aber der ernsthaften Auseinandersetzung mit Argumenten entziehen.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weite ren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Vorweg lasse ich in namentlicher Form über den hier einschlägigen Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/3693 abstimmen. Zum Inhalt verweise ich auf die Drucksache. Die Urnen sind bereitgestellt.

Jetzt kann mit der Stimmabgabe begonnen werden. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 19.06 Uhr bis 19.10 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist vorüber. Ich schließe die namentliche Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Nach der Auszäh lung werden wir endgültig über Artikel 30 abstimmen.

Ich bitte Sie, ihre Plätze einzunehmen, damit wir fort fahren können.

Ich rufe auf:

Artikel 31

Hierzu gibt es wiederum Wortmeldungen. Ich darf Frau Kollegin Aures das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kol legin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zum Artikel 31 hat die SPD-Fraktion drei Än derungsanträge eingebracht. Ich möchte die drei An liegen kurz darstellen. Zunächst geht es um Wasser als Daseinsvorsorge, zweitens um die Wasserschutzge biete und drittens um die Ausweisung von Wasser schutzgebieten in der Zukunft.

Wir alle reden davon, dass Wasser Leben bedeutet und das wichtigste Lebensmittel ist. Jeder Mensch besteht, wie Sie wissen, zum großen Teil aus Wasser. Ich habe mich einmal schlau gemacht: Die Säuglinge bestehen bis zu 90 % aus Wasser. Der Wassergehalt nimmt im Laufe des Lebens ab. Bei Kindern liegt der Wasserge halt bei 70 %, bei Erwachsenen bei 65 %, und die Älteren sind mit 60 % von der Partie. Warum sage ich das? - Ich möchte deutlich machen, um was es hier geht.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es geht um das Wichtigste, was wir hier bei uns in Bay ern haben, nämlich unser Lebensmittel Trinkwasser.

(Beifall bei der SPD)

Die Städte und Gemeinden sind gefordert, eine der wichtigsten Aufgaben der Daseinsvorsorge, nämlich die Sicherung der Trinkwasserversorgung, zu erfüllen. Deshalb müssen wir hier festlegen, dass im Wasser gesetz an exponierter Stelle gewisse Reglements nie

dergeschrieben werden. Wir wollen deutlich heraushe ben, dass der öffentlichen Trinkwasserversorgung eine Vorrangstellung unter den Wassernutzungen einge räumt wird. Wir wollen das Ganze nämlich nicht dem Zufall überlassen und der Tatsache, wer gerade die Mehrheit hat, sondern wir wollen das ausdrücklich fest legen, und deshalb soll es in dem neuen Gesetz ver ankert werden.

Wir wollen, dass es nicht nur Lippenbekenntnisse gibt, sondern dass man sich an die Vorgabe halten muss. Aus diesem Grund muss der Schutz des Umgriffs der Trinkwasserentnahmestellen Priorität haben.

(Beifall bei der SPD)