Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Demokra ten stehen wir nicht nur zu dem Instrument der Bürgerbeteiligung, sondern wir freuen uns auch, wenn sich Menschen für politische Belange interessieren und engagieren. Als Demokraten wissen wir aber auch, dass 14 % keine Mehrheit sind. Deswegen ist es gut, dass das Volk entscheidet. Somit begrüßen wir eben falls die Entscheidung des bayerischen Volkes und res pektieren diese.
Wir werden die nächsten Monate dazu nutzen, aufzu klären, worum es bei diesem Volksentscheid geht. Es wird hier der Eindruck erweckt, als ginge es darum, ob Rauchen gesund oder ungesund, gut oder schlecht ist. Das ist falsch. Es geht um etwas ganz anderes.
Es geht um die Frage, wie wir mit Minderheiten umge hen sollen. Es geht um die Frage, ob wir gesellschaft liche Probleme mit Verboten lösen wollen oder ob wir andere Lösungsansätze vorweisen können. Es geht darum, dass wir als Liberale zu unserem Wort stehen. Wir haben mit unserem Koalitionspartner ein Gesetz geschaffen, das beiden Belangen Rechnung trägt. Rolf Hochhuth hat gesagt, man werde Raucher nicht ermor den, aber sie seien immerhin brauchbar als eine gar nicht so kleine Gruppe von Sündenböcken. Jede Ge sellschaft sucht sich ihre Sündenböcke. Wir scheinen
Unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes schaffen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN, ein Diktat der Mehrheit über die Minderheit. Dieses Diktat wollen wir nicht.
Liebe Kollegen von den Freien Wählern, Sie haben in einem hochinteressanten und geistig durchaus anre genden Vortrag 12 Minuten philosophiert. Wir haben jedoch immer noch nicht erfahren, wofür Sie stehen.
Ich möchte ein weiteres Mal die Einwände gegen die ses Gesetz, wie es dem Gesetzentwurf des Volksbe gehrens zugrunde liegt, zusammenfassen. Das Erste und Wichtigste: Es ist nicht nötig; denn Nichtraucher werden auch durch das bestehende Gesetz hervorra gend geschützt. Schon jetzt ist es der Fall, dass in Mehrraum-Gaststätten der Hauptraum den Nichtrau chern vorbehalten sein muss. Schon jetzt ist es der Fall, dass Raucherlokale gekennzeichnet werden müssen, sodass es nicht möglich ist, sich irrtümlich in ein Rau cherlokal zu verlaufen. Schon jetzt ist es so, dass wir hervorragende Bestimmungen zum Schutz der Jugend haben, die vor Rauch geschützt werden muss.
Das Gesetz ist darüber hinaus nicht praktikabel. Das hat zwei Gründe. Zum einen ermöglicht es keinen ver nünftigen Vollzug - ich verweise auf die Ausführungen zu Volksfesten -, zum anderen wird es zu neuen Schlupflöchern führen - ich spreche hier die Vereins heime an -, die möglicherweise Jugendliche gefährden könnten. Deshalb ist dieses Gesetz nicht nur unprakti kabel, sondern außerdem ineffizient.
Schließlich werde ich das dritte und wichtigste Argu ment anführen. Das Gesetz ist gesellschaftlich nicht verträglich. Es lässt keine Freiräume zu; im Gegenteil, es schafft eine Kultur des Denunziantentums, in dem jeder versucht, den anderen zu denunzieren und auf aufgestellte Aschenbecher hinzuweisen. Diese Kultur wollen wir in diesem Land nicht.
Sie haben deshalb mit Ihrem Gesetz zwei Möglichkei ten. Die eine Möglichkeit wäre, dass das Gesetz eine reine Alibi-Funktion innehat. Es wird in Kraft treten, und
keiner wird es anwenden. Dann können wir es auch sein lassen. Die andere Möglichkeit wäre, dass Sie die ses Gesetz konsequent und streng anwenden, im Sinne des strengsten Rauchverbots auf deutschem Boden. In diesem Falle machen Sie einen weiteren Schritt in Richtung Überwachungs- und Verbotstaat. Diesen Schritt wollen wir nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es handelt sich um eine Glaubensfrage, wenn man der Ansicht ist, dass diese Gesellschaft mit Verboten verbessert werden kann. Wir Liberale glauben an den mündigen Bürger. Wir glauben an Freiheit und Eigenverantwortung.
Sie wollen reglementieren, regulieren und verbieten. Wir wollen überzeugen. Wir wollen Freiheit und Tole ranz in diesem Land.
Das ist die Entscheidung, welche die Bürger Bayerns zu treffen haben. Wir wollen ihnen die Möglichkeit die ser Entscheidung geben. Deshalb lehnen wir den Ge setzentwurf des Volksbegehrens ab.
Frau Präsidentin, Kol leginnen und Kollegen! Drei Wortbeiträge haben mich dazu animiert, mich ein weiteres Mal zu Wort zu mel den. Frau Stewens, der Sonderweg steht in diesem Gesetzentwurf. Den Sonderweg in dieser Frage haben Herr Dr. Stoiber und unter anderem Sie zu verantwor ten. Im Zuge der Föderalismuskommission II haben Sie die länderspezifische Lösung gefordert. In diesem Hause hat die SPD-Fraktion immer dafür plädiert, das Thema bundeseinheitlich zu regeln. Nachdem Sie die Möglichkeit zu individuellem Handeln eingefordert haben, sollten Sie diese nach bestem Wissen und Ge wissen umsetzen.
Wir wollen für Bayern keinen Sonderweg, sondern den richtigen Weg. In der Politik ist es nur sehr selten der Fall, dass es den richtigen Weg gibt. Jedoch ist der ge sundheitspolitisch richtige Weg die Vermeidung von Krankheiten und Todesfällen. Das erreichen Sie nur mit einem umfassenden Gesundheitsschutz. Deswegen stehen wir dazu.
Sie werfen uns vor, dass wir nicht stringent seien. Mit der gleichen Argumentation frage ich Sie: Warum haben Sie letzten Donnerstag im Ausschuss unserem Antrag auf Verbot der Alkoholabgabe an Tankstellen ab 22 Uhr nicht zugestimmt? Sie schaffen unterschiedliche Regelungen für Tankstellen an der Grenze zu BadenWürttemberg. Sie haben alles so gedreht, wie es Ihnen gerade gepasst hat. Die Halbwertzeit kann man gar nicht in Zahlen ausdrücken.
Sie sagen uns, dass wir den Bürgern nichts aufzwingen dürften. Sie zwingen doch den Beschäftigten in der Gastronomie, in der geraucht wird, die Gefährdung ihrer Gesundheit auf. Darum geht es bei dieser Diskus sion.
Herr Kollege von den Freien Wählern, ich bin als kleine Ärztin sehr beeindruckt von dem, was Sie uns an kul turellen Ausführungen vorgetragen haben. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Sie Mitglied des Hochschu lausschusses sind. Das Beispiel Griechenlands ist in der Neuzeit ganz aktuell für mich gar nicht mehr so er strebenswert, wenn ich die Zeitung aufschlage. Außer dem musste ich als Ärztin ein wenig Latein lernen. Deshalb gilt für Ihre Replik auf die Intervention der Kol legin der FDP "si tacuisses, philosophus mansisses". Wenn Sie der CSU vorwerfen, sie gebe ein Schauspiel ab, haben Sie recht. Jedoch führen Sie das größere Schauspiel vor. Sie bedienen nicht nur in dieser Debat te in ihrer kleinen Fraktion alle drei Meinungen; das Ja, das Nein und die Enthaltung. Dieses Verhalten wird weder diesem Thema noch irgendeinem anderen Thema in diesem Hause gerecht.
Zu Herrn Dr. Fischer von der FDP fällt mir ehrlich gesagt gar nichts mehr ein. Sie haben wirklich rein gar nichts verstanden. Sie haben nichts von dem verstanden, wo rüber wir heute sprechen.
Zum Abschluss wende ich mich an die neu ernannten Hüterinnen und Hüter der Demokratie in diesem Haus. Sie von der CSU haben doch versucht, das Volksbe gehren "Mehr Demokratie wagen für Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene" nach Kräften zu verhindern. Sie haben alles getan, damit das nicht zum Erfolg führt. Bis heute widersetzen Sie sich dem Volksentscheid auf Bundesebene. Und da wollen ausgerechnet Sie uns er zählen, dass Sie jetzt die großen Demokraten gewor den sind?
Im Übrigen, Frau Stewens, haben Sie gesagt, dass das Volk intelligenter ist, als manche hier glauben. Dazu
kann ich nur sagen: Die SPD-Fraktion wusste schon immer, dass das Volk intelligent ist; darüber sollten keine Missverständnisse entstehen.
Wir, die wir mit unserem sozialdemokratischen Minis terpräsidenten den Volksentscheid in die Bayerische Verfassung geschrieben haben, haben weder von Ihnen noch von sonst irgendjemandem in diesem Haus eine Belehrung über Volksentscheid und Demokratie in diesem Land nötig. Eine Belehrung brauchen wir uns von Ihnen nicht gefallen zu lassen.
Selbstverständlich werden wir den Volksentscheid un terstützen und sein Ergebnis akzeptieren. Selbstver ständlich wird dieser Volksentscheid so ausgehen, wie das Volksbegehren ausgegangen ist und wie ich und viele andere Ihnen das in den parlamentarischen Be ratungen in der Vergangenheit schon x-mal vorausge sagt haben.
Frau Kollegin Sonnenholz ner, da ich noch etwas Redezeit der CSU-Fraktion nut zen kann, möchte ich dazu Stellung nehmen.
Wer von uns Belehrungen nötig hat, lasse ich dahinge stellt. Das kann durchaus einmal die CSU-Fraktion sein, das kann in dem einen oder anderen Fall aber auch die SPD-Fraktion oder die Fraktion des BÜND NISSES 90/DIE GRÜNEN oder die Freien Wähler oder die FDP sein. Dazu sollte man hier nicht so heuchle risch auftreten; das sage ich Ihnen ganz offen.
Zum Zweiten möchte ich etwas zu bedenken geben. Über einen Volksentscheid auf Bundesebene können Sie mit mir durchaus diskutieren.
Entschuldigen Sie, Frau Kollegin Stewens. Frau Kollegin Sonnenholzner, ich habe nicht entnommen, dass Sie persönlich als "heuch lerisch" bezeichnet wurden.