Protocol of the Session on December 15, 2009

Das Gleiche gilt für den Ministerialdirektor im bayerischen Finanzministerium, der eigentlich geborenes Mitglied im Verwaltungsrat ist: Er hat gestern im Laufe des Tages dem bayerischen Finanzminister einen Brief zugestellt, um seinen Sitz im Verwaltungsrat zur Verfügung zu stellen. Wir haben deshalb gestern Nachmittag mit der kommissarischen Leitung der Bank das Vorstandsmitglied Ermisch betraut, und für Herrn Dr. Weigert wird der zweite Ministerialdirektor des Bayerischen Finanzministeriums, Herr Dr. Bauer, Mitglied des Verwaltungsrats werden.

Eine dritte Bemerkung, betreffend die Verhandlungen vom Wochenende über die Hypo Group Alpe-Adria HGAA -: Wir hatten als bayerische Regierung ein ganz zentrales Ziel; das haben wir vor Wochen definiert. Meine Regierung hat den Einstieg bei dieser Bank immer für falsch gehalten. Deshalb war es unser erstes Ziel, alles zu tun,

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

um aus diesem Engagement herauszukommen. Das ist gelungen: Die österreichische Republik übernimmt diese Bank zu 100 %.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Deshalb ist unser Ziel erreicht worden. Wir haben die Risikopositionen bei der Bayerischen Landesbank durch diesen Vorgang kräftig reduziert und unser erstes Ziel erfüllt, ein Engagement, das wir nicht für gut und richtig halten, zu beenden. Das war ein großes Ziel der Bayerischen Staatsregierung. Das ist endgültig und abschließend.

Wir haben dieses Ziel mit einem zweiten Ziel verbunden, nämlich für diese Aktion kein frisches Geld, kein zusätzliches Geld einzusetzen. Auch das ist gelungen. Wir wandeln einen kleineren Teil von Forderungen um, die wir gegenüber dieser Bank haben; den müssen wir

bei der Bayerischen Landesbank abschreiben, und, was für mich sehr wichtig ist - auch das ist für die Öffentlichkeit bedeutsam -: Wir können diese Abschreibungen auf Kaufpreis, Kapitalerhöhung und Forderungen von 3,7 Milliarden Euro, die das Jahresergebnis belasten, bei der Bayerischen Landesbank durchführen und erhalten trotzdem bei der Bayerischen Landesbank eine Kerneigenkapitalquote, die noch nicht konkret ausgerechnet ist, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit um 9 % beträgt. Deshalb ist der Ausstieg aus dieser Bank eine verantwortliche Operation, die nicht dazu führt, dass wir als Freistaat Bayern zuschießen müssen, damit die Kerneigenkapitalquote erreicht wird.

Ich danke dem bayerischen Finanzminister, dass er bei den Verhandlungen diese drei zentralen Ziele für Bayern erreicht hat.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zurufe von der SPD: Ah!)

Dass dies mit dem Erwerb der HGAA eine nicht ganz einfache Operation war, zeigt die Tatsache, dass der Verwaltungsrat erstmals am 04.12.2007 ein Kreditlimit von der Bayerischen Landesbank zur HGAA von damals 355 Millionen Euro auf zunächst 3,8 Milliarden Euro erhöht hat, und dieses Kreditlimit ist dann in weiteren Verwaltungsratssitzungen im Jahre 2008 - zuletzt am 25.04.2008 - von 3,8 Milliarden Euro auf 10,7 Milliarden Euro erhöht worden; und zwar kurz nach dem Erwerb der Bank. Das zeigt, wie schwierig es um die Kapitalmarktfähigkeit dieser Bank bestellt war. Deshalb waren die Strategien dieser Regierung zum Ausstieg aus dieser Bank völlig richtig.

Vierte Bemerkung: Ich bin heute noch mehr als in der Vergangenheit der Auffassung, dass der Staat alles andere ist, aber kein guter Unternehmer und kein guter Banker.

(Beifall bei der FDP)

Das zeigen all die Vorgänge, die uns seit einigen Monaten berühren. Deshalb war die Koalition gut beraten, zu Beginn unserer Regierungszeit vor über einem Jahr in unserem Koalitionsvertrag niederzuschreiben, dass wir diese Bank privatisieren wollen. Nun wissen wir auch, dass dazu Voraussetzungen gehören,

(Zurufe von der SPD)

nämlich die Bank zu restrukturieren. Das erfolgt mit größter Kraftanstrengung, denn das hat auch mit personellen Veränderungen zu tun. Das hat aber auch etwas mit Restrukturierung in der Weise zu tun, dass wir uns wieder mehr auf das Kerngeschäft in Bayern und in Deutschland konzentrieren wollen. Auf dem Weg zur Privatisierung kann es durchaus auch Zwischen

schritte geben, nämlich regionale oder auch sektorale Fusionen. Für alles müssen wir offen sein. Diese Gespräche werden schon seit Monaten geführt. Aber ohne eine bessere Gesamtlage auf dem Finanzmarkt und ohne Restrukturierung der Bayerischen Landesbank werden wir die politischen Ziele diesbezüglich nicht erreichen. Aber ich möchte keinen Zweifel daran lassen: Es ist das Ziel dieser Regierung, die Trägerschaft an der Bank im Laufe der nächsten Jahre abzugeben, weil ich nicht einsehen mag, wieso der Freistaat Bayern Träger einer Geschäftsbank sein soll;

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Harald Güller (SPD))

einer Förderbank ja, zur Förderung des Mittelstandes, der Strukturpolitik und der Regionalpolitik, aber nicht einer Geschäftsbank.

Fünfte und letzte Bemerkung: Welche Auswirkungen hat das Ganze auf den Haushalt und unsere Gesamtpolitik? Dieser Vorgang der Abschreibung ist ein Vorgang innerhalb der Bayerischen Landesbank. Wir haben im Kabinett auch den Staatshaushalt für das Jahr 2010 verabschiedet. Dieser Nachtragshaushalt ist mit den Vorgängen der Landesbank - mit der Zinszahlung für die Kapitalerhöhung einerseits und der Abführung der Landesbank an den Staatshaushalt andererseits - mit netto etwa 60 Millionen Euro belastet. Sie wissen, dass wir den Haushalt ohne Neuverschuldung ausgleichen können.

(Zuruf von der SPD: Luftbuchungen!)

Ich möchte aber keinen Zweifel daran lassen, dass sich vor allem im Hinblick auf die Garantien, von denen ich eingangs sprach, diese Situation ab dem Jahre 2011 verändert. Deshalb haben wir heute im Kabinett darüber gesprochen. Ich möchte - und das möchte ich auch der Bevölkerung, der Öffentlichkeit deutlich sagen -, dass wir unsere großen politischen Zukunftsziele, nämlich die Investitionen in die Bildung, die Investitionen in die Familien, die Investitionen in die Sicherheit unseres Landes und auch die Investitionen in die Infrastruktur in Bayern auch nach dem Jahre 2010 wegen der Belastungen, die wir aufgrund der Bayerischen Landesbank haben, nicht schmälern.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Christa Naaß (SPD): Wo wollen Sie kürzen?)

Man muss sich solchen Situationen stellen, die in der Politik auf einen zukommen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich sage ganz offen, dass man sich solche Situationen nicht wünscht. Aber Situationen, die in der Politik auf

einen zukommen, muss man sich stellen. Und, meine Damen und Herren, diese Regierung stellt sich. Wir werden zu einer offenen, transparenten Aufklärung beitragen. Wir werden an dem ganz klaren Ziel der Restrukturierung und Konsolidierung dieser Bank weiterarbeiten. Wir werden die Bayerische Landesbank auf ihr Kerngeschäft reduzieren, und wir werden so schnell wie möglich und so bald es die Marktlage erlaubt die Trägerschaft an der Bayerischen Landesbank beenden.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Alles verspielt!)

Das ist die klare Zielsetzung dieser Regierung. Dazu stehen wir, und das werden wir auch realisieren, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP - Christa Naaß (SPD): Mager!)

Ich eröffne die Aussprache. Im Einvernehmen mit den Fraktionen wurde hierzu eine Redezeit von 15 Minuten vereinbart. - Ich weiß, es wird jetzt schon wieder auf die Uhr geblickt. Wenn die Fraktionen wünschen, die zusätzlichen drei Minuten, die der Herr Ministerpräsident gesprochen hat, ebenfalls zu beanspruchen, soll es daran selbstverständlich nicht scheitern. Aber vielleicht können wir die 15 Minuten mit Blick auf die Tagesordnungspunkte, die wir noch vor uns haben, einhalten.

Ich eröffne, wie gesagt, die Aussprache. Als Erstem darf ich für die SPD Herrn Kollegen Rinderspacher das Wort erteilen. Bitte sehr, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Freistaat Bayern befindet sich wohl in der schwersten politischen Krise seiner Geschichte.

(Zurufe von der CSU: Oh, oh!)

Die Menschen in Bayern sind bestürzt und fassungslos angesichts eines Milliardendesasters, über dessen Konsequenzen wir heute zu beraten haben. Es geht heute um die Geschichte der HGAA, die Geschichte von Nieten in Nadelstreifen, von politischen Totalversagern. Es geht um die Geschichte von Taugenichtsen, Großmäulern und politischen Nullen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es geht um die Geschichte von zur Verantwortung unfähigen Politikern.

(Zurufe von der CSU)

Wir reden heute über einen Skandal, der als Schandfleck in die Historie unseres Landes eingehen wird. Und

es wird Jahre dauern, bis der Freistaat sich davon erholen wird. Das hat der Ministerpräsident mit seiner Regierungserklärung heute zum Besten gegeben, einer Regierungserklärung, die nichts anderes war als eine politische Bankrotterklärung.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Der Freistaat Bayern hat unter den Augen und in der Verantwortung führender CSU-Politiker 3,75 Milliarden Euro Steuergelder verpulvert, verbrannt bzw. aus dem Fenster geschmissen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Versager tragen ein Logo mit drei Buchstaben; diese drei Buchstaben lauten: C, S, U.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das, meine Damen und Herren, ist ein Markenzeichen für finanzpolitischen Dilettantismus.

(Zurufe von der CSU)

Die Großmannsucht hat auch Namen: Stoiber, Faltlhauser, Huber, Beckstein, Schmid und Schaidinger.

(Zuruf von der CSU: Und SPD!)

Sie alle haben zugesehen, mitgewirkt und mitverantwortet, mitgeholfen, mitgesprochen und mitgeredet, dass der Freistaat Bayern Steuergelder in unvorstellbarer Höhe vergeudet, verplempert, verschleudert und verjuxt hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Anhalten- de Zurufe von der CSU)