Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der derzeitige weltliche Rahmen für den Buß- und Bettag nichts Halbes und nichts Ganzes ist. Auf der einen Seite ist er ein lauter Arbeitstag, auf der anderen Seite ein stiller Tag mit all seinen gesetzlichen Beschränkungen. Die Schulen und die meisten Kindergärten sind geschlossen. Die Eltern müssen arbeiten und haben familiäre und organisatorische Herausforderungen zu meistern.
Die Finanzierung unserer Sozialsysteme durch die Abschaffung von Feiertagen zu sichern, halten wir aus heutiger Sicht für sehr kritisch. Dennoch ist festzuhal
ten, dass ein zusätzlicher gesetzlicher Feiertag negative Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft Bayerns und Kosten für die Unternehmen bedeutet, Abgaben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie beispielsweise in Sachsen bedeuten könnte und summa summarum eine Mehrbelastung für die Steuerzahler bedeutet. Man muss kritisch und intensiv hinterfragen, ob wir uns dies in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise, in Zeiten der Krise der Bayerischen Landesbank, die sonst immer angeführt wird, leisten können.
Solche Überlegungen sind nicht von der Hand zu weisen. Beide vorliegenden Anträge lassen ein Gesamtkonzept nur vermuten.
Auf der anderen Seite haben wir die Aufgabe, die Werte unserer Gesellschaft zu schützen und zu pflegen. Dazu gehört auch, dass wir es den Menschen ermöglichen müssen, ihre religiösen Bedürfnisse im Rahmen des Grundgesetzes frei auszuüben, im konkreten Fall, den Sinn des Buß- und Bettages zu leben. Sinn des Bußund Bettages ist nicht Buße im Sinne von Strafe, sein Sinn ist es auch nicht, einfach mal einen Tag freizufeiern, sondern er verlangt ein In-Sich-Kehren
und sein Gewissen vor Gott zu prüfen. Der Glaube und die Ausübung des Glaubens sind eine höchst persönliche, private Angelegenheit, eine Gewissensfrage fernab jeglicher politischer Zwänge.
Im Interesse einer strikten Trennung von Staat und Kirche steht es auch keinem Politiker zu, zu beurteilen, welcher christliche Tag wichtiger ist als der andere, und zu versuchen, diese gegeneinander auszuspielen. Ich lade deshalb die großen Kirchen herzlich dazu ein, mit einem gemeinsamen Vorschlag an die Politik heranzutreten, wie aus ihrer Sicht mit den Feiertagen verfahren werden soll. Dies wäre eine wertvolle Diskussionsgrundlage für die Politik und würde uns von formalen, engen und hektischen Zwängen - wie hier in der Form eines Dringlichkeitsantrags - befreien.
- Dann lassen wir zunächst Herrn Kollegen Thalhammer ausreden, und dann haben Sie Zeit für eine Zwischenbemerkung.
Ich habe mit der Absenkung meiner Stimme versucht, das Ende meines Wortbeitrages zu signalisieren. Ich freue mich auf Ihre Intervention.
Kollege Thalhammer, es ist sehr freundlich, dass Sie mir die Arbeit erleichtern. Herr Kollege Dr. Beyer, Sie haben das Wort.
Herr Kollege Thalhammer, Sie sind Künstler, und ich habe ein Ohr dafür. - Jetzt ernsthaft: Herr Kollege Thalhammer, Sie befinden sich in der schwierigen Situation, dass Sie ersichtlich beauftragt sind, hier neowirtschafts- und sonstige vermeintlich liberale Positionen zu vertreten, während Ihr Koalitionspartner, jedenfalls in Gestalt von Herrn Kollegen König, hier ein gewisses Verständnis für die Wiedereinführung des Buß- und Bettags erklärt. Da haben Sie laviert und am Schluss sehr große Worte im Munde geführt. Als Politiker und Protestant, der sich hier als Christ bekennt, bitte ich Sie, uns verdammt noch einmal zuzugestehen, dass wir dieser so empfindenden Mehrheit der Bevölkerung den kirchlichen Feiertag zurückgeben und keine scheinheilige Debatte wollen, wie Sie sie geführt haben.
Auch Ihren Wortbeitrag finde ich deplatziert; denn er hat mit meinem Redebeitrag relativ wenig zu tun. Ich habe für die Fraktion der FDP erklärt, dass wir uns mit diesem Thema differenziert auseinandergesetzt haben. Ich habe auf der einen Seite gesagt, dass es schwerwiegende Bedenken gibt, in der jetzigen Zeit wieder einen zusätzlichen freien Tag einzuführen, und ich habe auf der anderen Seite klargemacht, dass es nachvollziehbar ist, dass Menschen das religiöse Bedürfnis haben, diesen Tag nach ihren religiösen Vorgaben zu feiern.
Demzufolge habe ich auch klargemacht, dass diese Glaubensfrage eine Gewissensfrage ist. Ich weiß daher nicht, wo Ihre Frage überhaupt ansetzen wollte.
- Herr Kollege Rinderspacher, ich schätze Sie sehr, wie Sie wissen. Deswegen weiß ich auch, dass Sie wissen, wie ein Abstimmungsverhalten auszusehen hat, wenn es um eine Gewissensfrage geht. Daher können Sie sich die Antwort selbst geben. Ich kann nicht für die Fraktion sprechen, sondern für meine Person. Für meine Person kann ich Ihnen mitteilen, dass ich es nicht für verantwortbar halte, in der gegenwärtigen Zeit einen Schritt, wie er in dem Antrag gefordert wird, zu gehen. Ich hielte das für ein falsches Signal, auch im Hinblick auf die kommenden Generationen. Ich werde daher beide Anträge ablehnen.
Danke schön, Herr Kollege Thalhammer. Als Nächste hat Frau Kollegin Christa Steiger das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die noch verbliebene eine Minute werde ich gerne ausnützen. Herr Kollege König, wir haben große Bedenken bei Ihrem Antrag. Sie haben zwar angekündigt, dass Sie konkret sagen werden, was Sie genau vorhaben, aber leider sind Sie unkonkret geblieben.
Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Union haben im Bundesrat die Mehrheit. Sie hätten da also schon ein bisschen mehr machen können.
Wie gesagt, wir werden Ihrem Antrag zustimmen, wenn auch mit Bauchschmerzen, weil wir wollen, dass in der Sache gekämpft wird. Es soll nicht wieder zwei Jahre lang nichts passieren. Ich weise aber darauf hin, dass die Finanzierung der Pflegeversicherung über die Bürgerversicherung ohne zusätzliche Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unser Anliegen ist. In unserem Antrag steht, die Staatsregierung soll die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen. Das ist Sache der Staatsregierung. Wir werden die Verhandlungen positiv begleiten.
Lassen Sie mich einen Satz zum Kollegen Thalhammer sagen. Herr Kollege Thalhammer, Sie haben von Tür und Angel gesprochen. Die Diskussion über den Bußund Bettag haben wir in diesem Hause schon viele Male geführt. Die Sache ist uns wichtig, und es ist uns ernst
damit. Wenn Sie in Bezug auf die Dringlichkeitsanträge hier von einem Verhalten zwischen Tür und Angel sprechen, dann muss ich Sie schon fragen: Wie ernst nehmen Sie eigentlich Ihre Arbeit hier im Landtag? Anträge zu stellen, ist ein wichtiger Teil der parlamentarischen Arbeit.
Das Finanzdebakel der Landesbank in Verbindung mit der Wiedereinführung eines gesetzlichen Feiertages zu bringen, ist im Übrigen so etwas von schräg, dass man am liebsten gar nicht mehr darüber reden und das Tuch des Schweigens darüber breiten möchte. Aber das müssen Sie verantworten.
Wie gesagt, wir stimmen dem Antrag der CSU zu. Wir geben Ihnen die Chance, endlich Bewegung in die Sache zu bringen und den Buß- und Bettag als gesetzlichen Feiertag in Bayern wiedereinzuführen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sonn- und Feiertage genießen in unserem Land den besonderen Schutz des Staates, und das ist auch gut so. Das gehört zur christlichen Tradition unseres Landes, und es entspricht nach meiner festen Überzeugung nach wie vor dem Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land. Das gilt im Übrigen auch in manchen aktuellen Auseinandersetzungen, weshalb ich, seitdem ich im Amt bin, kein Hehl daraus gemacht habe, dass der Schutz von Allerheiligen nicht neumodischen Hully-Gully-Unternehmungen von Halloween geopfert werden darf.
Herr Kollege Aiwanger, Sie haben in Ihren Ausführungen mehrfach darauf hingewiesen, dass das Thema Buß- und Bettag den evangelischen Christen in Franken besonders wichtig ist. Ich darf Ihnen als katholischer Christ versichern, dass es in Bayern auch außerhalb Frankens evangelische Christen gibt, denen das Thema ebenfalls ein Anliegen ist.
Nun hat Frau Kollegin Steiger gefragt, welche Auffassung denn der Ministerpräsident in dieser Frage vertritt. Ich kann Ihnen dazu gern mitteilen, dass Horst Seehofer mit Nachdruck für die Wiedereinführung des Buß
und Bettags eintritt und sich dafür in den nächsten Monaten bzw. Jahren - je nachdem, wie lang wir dafür kämpfen müssen - mit Nachdruck in Bayern wie auch in Berlin einsetzen wird.
Wir müssen allerdings die Rechtslage und die Entwicklung in Sachen Buß- und Bettag einerseits und Einführung der Pflegeversicherung andererseits sehen. Im Elften Buch des Sozialgesetzbuches - SGB XI - ist 1994 die Regelung getroffen worden, dass die Länder für die erste Stufe der Pflegeversicherung zur Kompensation der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, streichen müssen. Das steht in § 58 Absatz 2 des SGB XI.
Das ist die erste Handlungsvariante. Wer sagt, der Bußund Bettag ist mir wichtiger als ein anderer Feiertag, könnte theoretisch festlegen, wir führen den Buß- und Bettag wieder ein und streichen dafür einen anderen Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt. Das sind in Bayern der Karfreitag, der Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag und Fronleichnam. Diesen Weg könnte der Landtag in der Tat sofort beschließen. Ich gehe aber davon aus, dass jedenfalls die große Mehrheit in diesem Hause diesen Weg nicht gehen will und dass wir in dieser Richtung keine vernünftige Lösung sehen.
Es gibt eine zweite Handlungsvariante, die durch das Bundesgesetz geschaffen worden ist. Schafft ein Landtag keinen Feiertag ab, so wird den Arbeitnehmern für die erste Stufe der Pflegeversicherung der volle Beitragssatz in Höhe von einem Prozent abgezogen. Das heißt, die Arbeitnehmer müssten auch den Arbeitgeberanteil von 0,5 % bezahlen. So steht es in § 58 Absatz 3 Satz 1 des SGB XI. Das muss in der Tat jeder wissen. Es handelt sich um eine gesetzliche Regelung, die unmittelbare Wirkung entfaltet. Da gibt es keine weitere landesgesetzliche Handlungsmöglichkeit. In dem Moment, in dem wir den abgeschafften Feiertag wiedereinführen, tritt kraft Bundesrechts sofort die Wirkung ein, dass die Arbeitnehmer den erhöhten Beitrag zahlen müssen.
Ich habe die Diskussion in diesem Hause auch in den vergangenen Legislaturperioden so verstanden - insofern waren mir die Akzente, die durch Sie, Herr Kollege Aiwanger, gesetzt worden sind, etwas Neues -, dass wir eine solche einseitige Zusatzbelastung der Arbeitnehmer, wie sie nur im Bundesland Sachsen in Kauf genommen wurde, nicht für den richtigen Weg halten, sonst hätten wir das in den letzten Jahren schon haben können.