Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch drei Geburtstagsglückwünsche aussprechen: Jeweils einen halbrunden Geburtstag feierten am 2. November Frau Kollegin Susann Biedefeld
Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre öffentlichen Aufgaben.
Regierungserklärung des Ministerpräsidenten "Ergebnisse der Koalitionsvereinbarungen der neuen Bundesregierung - Auswirkungen auf Bayern"
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! "Wachstum, Bildung, Zusammenhalt", unter diesen Leitbegriffen steht die Arbeit der neuen Bundesregierung in den nächsten vier Jahren. Die Bayerische Staatsregierung wird die Bundesregierung auf diesem Weg unterstützen. Dieser Weg ist notwendig, und er ist richtig.
Wir befinden uns inmitten der größten und tiefsten Weltwirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte. Diese Krise ist längst noch nicht bewältigt, wir sind mittendrin. Wir werden erleben, dass sich diese Weltwirtschaftskrise in den nächsten Monaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt noch spürbarer auswirken wird, auch in Bayern. Die Krise belastet die öffentlichen Haushalte aufs Äußerste. Deshalb unterstützt die Bayerische Staatsregierung und initiierte sie auch in ihrem eigenen Zuständig
keitsbereich jede Maßnahme, die einen Wachstumsund Innovationsschub auslöst, jede Maßnahme, die geeignet ist, die Abwärtsspirale zu durchbrechen und die nachhaltig für neue Arbeitsplätze und verlässliche soziale Sicherheit in unserem Lande sorgt.
In den letzten Monaten haben Unternehmen und Arbeitnehmer größte Anstrengungen unternommen, um sich ihrerseits gegen diese Krise zu stemmen. Viele von ihnen haben auch große Opfer hingenommen. Vor diesem Hintergrund wäre ein Nichthandeln der Politik die schlechteste Antwort. Nörgeln und Besserwissen reichen nicht aus. Die Politik steht in Deutschland auf allen Ebenen in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten, damit diese Weltwirtschaftskrise abgemildert und eines Tages überwunden ist.
Welche Bedeutung jedes Instrument hat, das darauf gerichtet ist, Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen, zeigt allein eine Zahl: Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland 100.000 Arbeitslose weniger, das heißt, 2 Milliarden Euro Entlastung der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherung. Man kann - wer länger in der Politik ist, wird es bestätigen - durch Sparen nicht so viel erschließen, wie man durch die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen an Entlastung der öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungen gewinnen kann, nämlich 100.000 Arbeitslose weniger, also 2 Milliarden Euro Entlastung der Haushalte und der Sozialversicherung. Deshalb gehört es zu unserem Selbstverständnis, auch der letzten Monate, dass wir von München aus - der Landtag in seiner Mehrheit und die Bayerische Staatsregierung - in Berlin alles unterstützt haben, was als Beitrag zu dieser Wachstumsund Innovationspolitik bezeichnet werden kann und zwar parteiübergreifend, ohne auf Parteigrenzen zu schielen. Die Finanzmarktstabilisierung und der sogenannte Bankenschirm - ungeheuer wichtig, wie wir wissen - waren sehr schnell durch Bundestag und Bundesrat, ich glaube, innerhalb einer Woche Es waren zwei Konjunkturpakete mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro aufgelegt, die einerseits Investitionen fördern, andererseits die Bürger entlasten und drittens die Wirtschaft stabilisieren. Auch diesen beiden Konjunkturprogrammen haben wir zugestimmt - auch im Bundesrat, Herr Kollege Zeil, weil es uns als geeignete Maßnahme erschien, hier der Krise trotzen zu können.
Wie Sie wissen, haben wir auch in Bayern mit Unterstützung dieses Hauses das Notwendige angepackt. Wir haben den bayerischen Doppelhaushalt 2009/2010 mit einem beachtlichen Steigerungsvolumen sehr schnell verabschiedet. Dieser Haushalt Bayerns für 2009/2010 ist in sich ein Konjunkturprogramm. Manchmal ist die Rede davon, man würde sich der Gefahr
unterziehen, sich totzusparen. Ich weise nur darauf hin, dass wir in diesen zwei Jahren im bayerischen Staatshaushalt eine Steigerung von etwa 10 % haben. Das ist genau die antizyklische Reaktion auf die Herausforderung. Worüber wir alle besonders froh sein sollten, ist, dass wir im Jahr 2009 in unserem Haushalt die staatlichen Investitionen um 8,8 % auf jetzt 5,5 Milliarden Euro gesteigert haben. Im nächsten Jahr werden wir die staatlichen Investitionen nochmals um 1,8 % auf dann 5,65 Milliarden Euro steigern. Wir haben auch in Bayern das Notwendige parallel zum Bund zur Abmilderung der Krise unternommen.
Wenn man die Prognosen mit dem vergleicht, was tatsächlich eingetreten ist, dann zeigt sich, dass alles, was von der Politik flankierend gegenüber der Wirtschaft und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern veranlasst wurde, in der Praxis seine Wirkung entfaltet hat. Ich darf sagen: Ohne das schnelle gemeinsame Handeln hätte die Krise für uns in Bayern und in Deutschland noch ganz andere Folgen haben können.
Die Wirkungen der Krise sind sehr tiefgreifend. Die Steuereinnahmen brechen weg: 10 % Minus 2010 gegenüber 2008. Das gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie.
Die Wirtschaft schrumpft: 5 % Minus gegenüber dem Vorjahr. Manche prognostizieren, es wird etwas weniger werden, aber das ist die offizielle Schätzerzahl.
Trotzdem, meine Damen und Herren, bleibt festzuhalten, dass das, was wir getan und was wir unterstützt haben, nicht ohne positive Wirkung war. Bayern ist bei der Arbeitslosenquote weiterhin mit Abstand das wirtschaftsstärkste Land in der Bundesrepublik Deutschland. Im letzten Jahr hat sich der Abstand sogar noch vergrößert. Nachdem wir heute mit Sicherheit noch viel über Finanzen reden werden, möchte ich darauf hinweisen, dass wir auch mit Abstand das finanzstärkste Land in der Bundesrepublik Deutschland sind. Das drückt sich darin aus, dass sich der Länderfinanzausgleich, in den wir einbezahlen, um fast 25 % erhöht hat und dass Bayern mittlerweile fast 10 % seines Haushalts über den Länderfinanzausgleich an andere Länder bezahlt. Das wollen wir auch berücksichtigt wissen, wenn andere über unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik urteilen, meine Damen und Herren.
Ich sagte, wir rechnen in den nächsten Monaten damit, dass sich die Entwicklung auf die Arbeitslosenstatistik
stärker auswirken wird. Es bleibt unsere gemeinsame Sorge um die Arbeitslosen und um deren Familien. Das gilt nicht nur für Nürnberg und Fürth. Aber wegen der vielen Betroffenen möchte ich die Quelle-Insolvenz noch einmal anführen. Wir haben nichts unversucht gelassen - dafür bin ich dem Haus nachträglich sehr, sehr dankbar -, um dem Unternehmen und seinen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Chance zu geben. Ich war dort und habe der Belegschaft gesagt, wir eröffnen eine Chance, der Freistaat Bayern tut das in seinen Möglichkeiten Liegende, aber wir können keine Garantie dafür geben, dass das auch zum Erfolg führt.
Der Mittelstandsschirm, den Bayern neben dem staatlichen Investitionsprogramm des Staatshaushaltes aufgespannt hat, wird von Hunderten kleiner und mittelständischer Firmen in Anspruch genommen. Deshalb ist das Vorurteil, man würde in Deutschland nur den Großen helfen, jedenfalls für Bayern falsch. Der Mittelstandsschirm war eine sehr, sehr kluge, richtige Entscheidung. Wir hatten auch in vielen Fällen mit öffentlicher Aufmerksamkeit Erfolg, ich denke an Knaus-Tabbert, Rosenthal oder Edscha. Aber bei Quelle hatten wir leider keinen Erfolg.
Das Vorgehen des Freistaats Bayern war dennoch alternativlos. Meine Damen und Herren. Wir haben es in diesem wie in manchen kleineren Fällen erlebt, dass jahrelange Fehler und Versäumnisse eines Firmenmanagers eine Regierung nicht heilen kann. Das gehört leider Gottes auch zur Wahrheit.
Kollege Zeil und ich und andere Staatsminister waren mehrfach in Nürnberg und in Fürth. Meine Damen und Herren, wegen der besonderen Größenordnung der Quelle-Insolvenz werden wir uns gemeinsam, Bayerische Staatsregierung und Bayerischer Landtag, gezielte Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschafts- und Beschäftigungsraums Nürnberg und Fürth zu überlegen haben. Wir werden das in unserer Kabinettsklausur vorbereiten und dann dem Landtag einen Vorschlag unterbreiten. Ich möchte für die gesamte Bayerische Staatsregierung sagen: Wir lassen die Region Nürnberg/Fürth in diesen harten Zeiten nicht allein. Darauf können sich die Menschen dort verlassen.
CSU und FDP haben bei den Koalitionsverhandlungen aus bayerischer Sicht viele gemeinsame Ziele verfolgt und wir haben auch eine Menge erreicht. Die erste und wichtigste Antwort ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das morgen im Deutschen Bundestag gelesen wird. Meine Damen und Herren, von diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz profitieren wir in
Bayern ganz besonders. Es war die gemeinsame Überzeugung, dass wir die wesentlichen Bestandteile dieses Beschleunigungsgesetzes brauchen, und zwar schnell, als Impuls für Wachstum und Arbeitsplätze.
Deshalb ist es nur logisch, dass die Unternehmensteuer in einigen Bereichen noch einmal korrigiert wird, um Wachstumsbremsen, die sich in den letzten Monaten herausgestellt haben, zu beseitigen. Das heißt: nicht mehr Geld für Unternehmer, sondern für Investitionen und Arbeitsplätze, meine Damen und Herren. Das ist die Korrektur der Unternehmensteuerreform.
Wir werden zweitens die Erbschaftsteuerreform noch einmal korrigieren. Es werden Unternehmensnachfolgen vor allem bei Familienunternehmen und im Mittelstand erleichtert. Es wird wieder einfacher werden, einen Betrieb im Erbfall fortzuführen und Arbeitsplätze zu erhalten. Ich denke, meine Damen und Herren, das ist die richtige Antwort. Wenn jemand im Erbfall oder im Schenkungsfall einen Betrieb übernimmt und die Arbeitsplätze im Wesentlichen fortführt, leistet er einen wichtigen Beitrag für Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb ist auch eine Privilegierung bei der Steuer berechtigt.
Ein besonderes Anliegen war es, die Mehrwertsteuer für die Hotellerie auf 7 % zu senken. Wir können nicht damit leben, dass alle unsere Nachbarn, nicht aber wir, diese 7 % haben. Das ist ein wichtiger Einstieg, um Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen, vor allem im Hinblick auf Österreich. Mein Appell an unsere Hoteliers lautet: jetzt die Chancen nutzen, die die Politik zum 1. Januar eröffnet, und vor allem auch in die Zukunft investieren. Ich sage ganz frei, dass wir in Bayern, auch was die Qualität des Beherbergungsangebotes betrifft, durchaus noch etwas unternehmen sollten. Dazu dient auch diese Maßnahme.
Meine Damen und Herren, wir erhöhen den Kinderfreibetrag auf 7.008 Euro und das Kindergeld um 20 Euro pro Kind und Monat.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Wer möchte etwas gegen eine bessere Familienförderung einwenden? Wer möchte etwas dagegen einwenden, wenn wir unsere bayerischen Beherbergungsbetriebe bei der Steuer so behandeln, wie ihre Wettbewerber auch behandelt werden? Wer möchte etwas dagegen haben, wenn wir bei der Erbschaftsteuer jene, die Betriebe übernehmen und die Arbeitsplätze erhalten, steuerlich privilegieren? Und wer möchte etwas dagegen haben, wenn wir bei der Unternehmensteuer die Investitionsbremsen wegnehmen?
Wenn man die Dinge jetzt nicht nur punktuell betrachtet, sondern die Situation am 1. Januar nächsten Jahres generell, werden wir mit den von der Großen Koalition bereits beschlossenen 10 Milliarden Steuererleichterungen, mit den besseren Abschreibungsmöglichkeiten der Krankenversicherungsbeiträge von der Steuer und den 4 Milliarden zur Abflachung der Progression sowie den jetzt dazukommenden etwa acht Milliarden am 1. Januar 2010 insgesamt 21 bis 22 Milliarden Euro Steuerentlastung haben. Das ist neben der Stärkung der Investitionen für die öffentliche Infrastruktur und der Stärkung der Bildungs- und Forschungsausgaben ein ganz wichtiger Beitrag für den Konsum und die Investitionen in dieser Wirtschaftskrise, und deshalb ist das richtig.
Natürlich belasten Steuerentlastungen zunächst die öffentlichen Haushalte. Ich rechne jetzt nicht die Selbstfinanzierung im mittelfristigen Verlauf dagegen, aber wir müssen uns immerhin mit den Auswirkungen im Jahre 2010 beschäftigen. Die Steuereinnahmen des Freistaates Bayern werden durch diese von mir gerade geschilderten Maßnahmen nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz um 360 Millionen Euro geringer ausfallen; bei den bayerischen Kommunen fehlen 126 Millionen Euro. Es geht also um eine Größenordnung von 360 Millionen Euro für den Freistaat Bayern. Wir werden diese Summe bereitstellen und finanzieren können, und es gehört zu den Zielen der Staatsregierung, gleichwohl für das Jahr 2010 einen ausgeglichenen Haushalt durch die Inanspruchnahme von Rücklagen und durch eine strikte Ausgabendisziplin zu erreichen.
Meine Damen und Herren, wir erleben heute, wie segensreich es ist, wenn man in guten Zeiten Strukturveränderungen durchführt und Rücklagen schafft. Damit hat man nach der klassischen Wirtschaftstheorie in schlechten Zeiten eine Reserve, mit der man den wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen kann. Genau dieser klassische Fall tritt jetzt ein. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch allen danken, die in den letzten Jahren dafür Sorge getragen haben, dass wir Rücklagen bilden konnten, die wir auch noch im
Und zum Sparen möchte ich Folgendes sagen: Die Bevölkerung erwartet von der Politik, auch in schwierigen Zeiten mit ihrem Steuergroschen behutsamst umzugehen und sparsam zu sein.