"Vernunft in der Energiepolitik" hat die heutige Debattenkultur überhaupt nichts zu tun. Das ist heute nur das Aufwärmen alter Schlachten, meine Damen und Herren.
Es ist bezeichnend, dass etliche Redner der Opposition im Wesentlichen in Erinnerungen an die Vergangenheit geschwelgt sind, aber keine Antwort für die Zukunft geboten haben. Es ist kein Wunder, dass Wahlergebnisse herauskommen, wie wir sie bei der Europawahl erlebt haben.
Ich will nicht auf alle Details der Energiepolitik eingehen; das haben viele Redner schon gemacht. Ich bedanke mich für die guten Beiträge, gerade der Regierungsfraktionen. Lieber Erwin, danke für das Lob; das war in dieser Woche nicht immer so.
Ich möchte etwas zur Sicherheit der bayerischen Kernkraftwerke sagen. Lieber Herr Wörner! - Wo ist er denn?
- Da hinten. Lieber Herr Wörner, was Sie heute gesagt haben, entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Der Bund hat die Länder aufgefordert, Gutachten für die Druckwasserreaktoren beizubringen. Bayern hat zwei Druckwasserreaktoren. Wir haben unsere Gutachten - TÜVGutachten! - abgegeben. Die "taz" schreibt: "Die gesetzte Frist für eine Stellungnahme bis zum 17. April hatten bis auf Bayern alle Länder verstreichen lassen."
Ich hätte mir von Ihnen eigentlich ein Lob erwartet. Lieber Herr Wörner, Ihre Ausführungen zeigen, dass Sie von der Sache keine Ahnung haben.
Da Sie über Sicherheitsrisiken reden, hätte ich erwartet, dass Sie wirklich über Krümmel reden. Ich mache keine Ferndiagnosen und greife niemanden an, sondern ich möchte nur sagen, dass dort die Aufsicht nicht von einem CSU-Mann, nicht von einem Unionsmann, sondern von einer SPD-Frau geführt wird. Kümmern Sie sich lieber um die Probleme vor Ort, anstatt hier in Bayern große Erklärungen abzugeben!
Beim Verhalten von Bundesminister Gabriel bedrückt mich eines: Ich verstehe, dass er im Endeffekt Wahl
kampf macht. Ich glaube allerdings, dass es dabei mehr um Wahlkampf innerhalb der eigenen SPD nach der Bundestagswahl geht. Wenn ein Bundesumweltminister in Deutschland als jemand, der auch für Sicherheit verantwortlich ist, öffentlich erklärt, der Störfall sei der Normalfall in Deutschland, dann sagt er nicht nur die Unwahrheit, sondern er betreibt auch mit den Ängsten der Menschen Wahlkampf, und das ist unverantwortlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir lehnen auch jede Form einer Aufsicht durch den Bund ab, denn der Bund hat weder die Kapazität noch die Kompetenz noch die Erfahrung, alle Kernkraftwerke in Deutschland sauber zu kontrollieren. Wir haben in Bayern 5.000 Überprüfungen von Kernkraftwerken. Praktisch täglich wird jedes Kraftwerk in Bayern von verschiedensten Ingenieuren und weiteren Mitarbeitern besucht, um die Sicherheit zu garantieren. Wie soll der Bundesumweltminister dies persönlich oder unter Mithilfe einer Behörde leisten? Eine komplette Übertragung der Aufsicht auf den Bund würde Risiken bedeuten und deswegen lehnen wir das vehement ab.
Ich habe kein Problem, dass Herr Gabriel Tschernobyl besucht; das ist völlig in Ordnung. Ich habe ihn vor einem halben Jahr eingeladen, ein bayerisches Kernkraftwerk zu besuchen, dort mit den Fachleuten zu reden und sich von der Sicherheitslage zu überzeugen. Keine Antwort. Wer nach Tschernobyl geht und sich mit einem abgeschalteten Reaktor beschäftigt, während er einen Reaktor in Bayern, der sicher ist, nicht besichtigt, der muss sich zumindest vorwerfen lassen, dass es ihm nicht um die Sache, sondern um Wahlkampf geht. Ein solches Verhalten lehnen wir ab.
Wir glauben nicht, dass diese Energieform endlos genutzt werden kann. Wir glauben, dass es sich um eine Brückentechnologie handelt, eine feste Brücke, die wir brauchen, wenn wir nicht abhängig sein wollen. Wenn wir in den nächsten zehn Jahren nicht mehr Strom mit der Kernenergie erzeugen wollten, dann hätte das zur Folge, dass wir von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas abhängig wären. Jeder, der heute fordert auszusteigen, fordert den massiven Einstieg in Öl und Gas. Das ist für Bayern aus Klimaschutzgründen nicht akzeptabel.
Die Alternative wäre: Temelin Doppelblock II wird gebaut. Aus einer sicheren Kraftwerkstruktur auszusteigen und in andere Kraftwerkstrukturen einzusteigen, ist
nicht nur ökologisch falsch, sondern aus meiner Sicht auch unmoralisch. Wir lehnen das ab, denn wir wollen eigene Energiereserven haben.
Ich komme zum Schluss: Aus unserer Sicht geht es Ihnen heute - das ist ziemlich evident, denn ich habe wirklich nach neuen Argumenten gesucht - um etwas anderes. Lieber Herr Glauber, wenn Sie über Geothermie und über 0,0-%-Anteile reden: Daran forschen wir. Wenn Sie aber glauben, man könne 60 oder 70 % ersetzen, dann bitte ich Sie ganz herzlich: Lesen Sie alle Unterlagen, die es darüber gibt. Lesen hilft bezüglich der Argumentationen. Ich glaube, dass wir in Bayern insgesamt auf einem guten Weg sind und dass Deutschland umdenken muss und ab Herbst hoffentlich umdenken wird.
Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, darf ich mich dem Herrn Ministerpräsidenten zuwenden: Verehrter Herr Ministerpräsident, viele Menschen und Vertreter von Organisationen konnten Ihnen in den letzten Tagen zum runden Geburtstag gratulieren. Es fehlt noch der Bayerische Landtag. Das möchten wir heute nachholen und Ihnen zu Ihrem Geburtstag im Nachhinein alles Gute wünschen. Herzlichen Glückwunsch, Gesundheit und Gottes Segen.
Herr Ministerpräsident, uns ist besonders wichtig, Ihnen herzlichen Dank dafür zu sagen, wie Sie mit dem Parlament umgehen, wie wichtig Sie die Parlamentsarbeit nehmen. Wir danken Ihnen, dass Sie in der Sitzung nicht nur anwesend sind, sondern dass Sie auch an dem, worüber hier diskutiert wird, Anteil nehmen. Vielen Dank. Wir schätzen Ihre Anerkennung für dieses Parlament. Danke schön und weiterhin alles Gute für Sie!
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes (Drs. 16/954) - Zweite Lesung
Joachim Unterländer, Markus Blume, Albert Füracker u. a. (CSU), Dr. Andreas Fischer, Tobias Thalhammer (FDP) (Drs. 16/1415)
Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes (Drs. 16/1275) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abg. Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FW) zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes (Drs. 16/1390) - Zweite Lesung
Bevor ich die Aussprache eröffne, mache ich darauf aufmerksam, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN beantragt hat, die Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung auf der Drucksache 16/954, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen, in namentlicher Form durchzuführen.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf als erster Rednerin Frau Kollegin Stewens das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Zweiten Lesung liegen heute drei Gesetzentwürfe vor. Als Erstes handelt es sich um den Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung, der Koalitionsregierung, als Zweites der Gesetzentwurf der Freien Wähler und als Drittes der Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Der Entwurf der Bayerischen Staatsregierung wird zum einen den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 gerecht. Zum anderen wird er auch den Vorgaben des Koalitionsvertrages, der Grundlage der Koalitionsregierung in Bayern ist, gerecht.
Zurück zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts: In diesem Urteil wird ganz klar festgelegt, dass der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern gehört. Genau diesem Grundsatz werden wir auch in unserem Gesetzentwurf gerecht. Der angesprochene Schutz wird nach dem Gesetzentwurf den Menschen dort gewährleistet, wo sie zusammenkommen müssen. Abgesehen davon beinhaltet der Gesetzentwurf Bayerns den stärksten und besten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakrauch. Der Schutz wird gewähr
leistet - um nur einige Beispiele aufzuführen -: in den öffentlichen Gebäuden, in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, in den Bildungseinrichtungen für Erwachsene, in den Einrichtungen des Gesundheitswesens, in den Heimen, den Sportstätten und den Verkehrsflughäfen. Überall dort besteht ein striktes Rauchverbot.
Für Orte, an denen sich die Menschen selbstbestimmt und freiwillig aufhalten können, hat das Bundesverfassungsgericht den jeweiligen Regierungen einen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum gegeben.