Protocol of the Session on July 14, 2009

Kollege Arnold sagt selbst, dass das ursprünglich von uns beschlossene Gesetz so gar nicht angewendet wurde. Ich weiß nicht, ob das zutrifft. Aber Sie sehen allein daran schon, Herr Kollege Arnold, dass das na türlich die Ultima Ratio ist, dass das natürlich nicht ohne Weiteres angewendet wird und dass wir sehr vorsichtig mit diesen Dingen umgehen.

Wenn Sie die Löschung von Daten ansprechen, mögen Sie ja recht haben, dass der Beispielsfall nicht auf der Hand liegt, wobei ich Ihnen mitteilen möchte, dass wir bei der Beratung des Gesetzentwurfes durchaus über Szenarien gesprochen haben, bei denen diese Lö schung von Daten sehr wichtig werden kann. Deshalb sage ich Ihnen: Wenn man durch diese Befugnis, die in diesem Gesetz nach wie vor steht, mit rechtsstaatlichen Mitteln, die wir heute in diesem Gesetz beschließen, einen Terroranschlag verhindern kann, dann war das den Schweiß der Edlen wert, und dann halte ich diese Regelung auch für angemessen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank, Kollegin Tausendfreund. Sie haben sämt liche Grundrechte aufgezählt. Sie klingen gut, sie sind wichtig und jeder hat jedes Verständnis dafür, dass wir alle aufgerufen sind, sie auch entsprechend zu vertei digen, manchmal mit unterschiedlicher Sichtweise. Ich wehre mich nur gegen Ihre Aussage, sie würden aus gehöhlt, sie würden nicht für voll genommen. Ich glau be, sie werden im Falle eines Falles beschränkt. Das ist in unserem Rechtsstaat auch so vorgesehen. Ich glau be, auch Sie wissen am Ende des Tages, dass niemand die Beschränkung eines Grundrechts aus Jux und Tol lerei vornimmt, sondern wir stehen als CSU dafür, dass wir ein Grundrecht dann beschränken, wenn wir das zum Schutz der Bevölkerung vor Terroranschlägen, vor schwersten Straftaten für notwendig erachten, und dann stehen wir zu einem solchen Vorgehen ohne Wenn und Aber.

Wir haben ein Gesetz vorgelegt, von dem wir überzeugt sind. Wir haben es, wie jeder weiß, gemäß dem Koali tionsvertrag geändert. Ich denke, wir haben das hand

werklich sauber und praxisgerecht getan. Deswegen glaube ich, dass es falsch ist, davon zu sprechen, dass da ein Grundrecht ausgehöhlt werden soll. Nein, der Schutz der Bevölkerung soll gewährleistet werden.

Das führt mich dazu, auch ein Wort zu den Ausführun gen des Kollegen Fischer zu sagen. Er hat erwähnt, dass heute ein guter Tag für die Grundrechte sei. Seit wir den Kollegen Fischer haben, haben die Grundrech te und die bürgerlichen Freiheiten viele gute Tage.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Aber, lieber Kollege Fischer, als Vertreter der CSU und auch in dieser Koalition lege ich schon Wert auf folgen de Feststellung: Nicht die FDP hat irgendetwas durch gesetzt, sondern wir haben gemeinsam den Koalitions vertrag punktgenau umgesetzt. Wir haben um Lösungen gerungen, und wir haben, denke ich, dabei sichergestellt und darauf lege ich Wert, und das haben, wenn Sie so wollen, wir durchgesetzt -, dass die bayerischen Sicherheitsbehörden nach wie vor bei der Terrorabwehr handlungsfähig bleiben. Das ist unsere Handschrift als CSU.

(Beifall bei der CSU)

Darauf sind wir ich glaube, auch nicht ohne Grund stolz. Es wäre schön, wenn man trotz der vielen Fra gezeichen in diesem Beitrag, zu diesem Gesetzent wurf, den wir gemeinsam aus der Taufe gehoben haben, stehen würde. Es ist dann immer von einem zweiten Schritt und von allerhand weiteren Maßnah men die Rede. Ich glaube, im Wesentlichen haben wir in diesem wichtigen und auch sensiblen Bereich den Koalitionsvertrag abgearbeitet. Damit, meine Damen und Herren, hat es für die CSU ihr Bewenden. Wir bitten um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Meißner. Als Nächster hat Kollege Arnold das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Meißner, ich mache es ganz kurz. Wenn Sie sagen, Sie wollten hier transparent und ge setzestreu arbeiten und Sie hätten die Sorgen der Be völkerung und ihre Schutzbedürftigkeit vor Ihren Augen fokussiert, um dieses Gesetz zu machen, pflichte ich Ihnen bei. Das ist auch unsere Sorge. Wir unterschei den uns da in keinerlei Art und Weise. Aber es ist die Verhältnismäßigkeit, die wir anders sehen bzw. mei stens anders setzen müssen in Bezug auf Entschei dungen des Bundesverfassungsgerichts.

(Beifall der Abgeordneten Johanna WernerMug gendorfer (SPD))

Aber auch beim Verfassungsschutz ist entscheidend, dass man da sauber und konkret arbeitet. In § 2 des Verfassungsschutzgesetzes ist eigentlich nur von "nachrichtendienstlichen Mitteln" die Rede, was immer das ist. Wir haben den Antrag gestellt, dass bei diesen nachrichtendienstlichen Mitteln genau aufgeschrieben wird, was das alles ist. Denn das macht so einen JamesBondCharakter aus, und James Bond kann ja alles. Wir wollen keinen JamesBondCharakter, weil wir wissen, dass der Verfassungsschutz notwendig ist. Deswegen muss auch hineingeschrieben werden, was nachrichtendienstliche Mittel sind. Trotz der Harmonie, die jetzt in der Regierungskoalition durch Sie rhetorisch hergestellt wurde, scheint mir unvermeidlich zu sein, dass wir uns in der nächsten Runde darüber unterhal ten, auch das zu ändern. Das wäre uns allen dienlich, insbesondere auch der Glaubwürdigkeit nach außen, was den Verfassungsschutz anbetrifft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Arnold. Als Letzter hat nun der Herr Staatsminister das Wort. Bitte schön, Herr Staatsmini ster Herrmann.

Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen am Ende einer engagierten Debatte und vor der Beschlussfassung über eine wich tige gesetzliche Weiterentwicklung. Aus meiner Sicht hat diese Debatte einmal mehr gezeigt, dass leider ins besondere auf der Seite der SPD und der GRÜNEN eine erschreckende Ignoranz, ja Blindheit gegenüber den wirklichen Sicherheitsgefahren in unserem Land besteht.

(Beifall bei der CSU Susanna Tausendfreund (GRÜNE): Schon wieder Wahlkampf!)

Ja, Frau Kollegin Tausendfreund, die GRÜNEN wäh nen sich nach wie vor in einem Land, wo sie sich vor allem durch die Polizei bedroht fühlen. Ich kann Ihnen nur sagen, die große Mehrheit der Menschen in unse rem Land will gerade durch diese Polizei vor Kriminellen und Terroristen beschützt werden. Das ist die Realität, und zu dieser Mehrheit der Menschen in unserem Land stehen auch wir weiterhin.

(Beifall bei der CSU)

Dass die SPD in Bayern weit von jeder Regierungsver antwortung entfernt ist, zeigt sich gerade bei solchen Debatten. Man muss sich schon fragen, weshalb die SPD im Deutschen Bundestag der entsprechenden

Einführung der OnlineDurchsuchung im Bundeskrimi nalamtgesetz zugestimmt hat,

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

während Sie hier auch heute wieder einen Rundum schlag gegen jedes derartige Instrument führen, wie Sie es in den vergangenen Jahren schon des Öfteren getan haben. Besonders glaubwürdig ist das nicht. Ihre Ach terbahnfahrten bei der Erklärung, Herr Kollege Arnold, warum die SPD in Berlin dafür ist und warum es in Bay ern plötzlich nicht gut sein soll, sind letztendlich un glaubwürdig. Sie werden in der Tat auf Ihrem Weg, die Prozentzahlen der SPD in Bayern weiter nach unten zu drücken, große Fortschritte bringen.

(Beifall bei der CSU Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, der Bund hat aus gutem Grund das Bundeskriminalamtgesetz fortentwickelt. Denn die Bedrohungen durch den islamistischen Ter rorismus und Extremismus sind eben nicht theoreti scher Natur, sondern sie sind ganz konkret.

Es ist in der Debatte angesprochen worden, dass sich die Welt durch die Anschläge vom 11. September 2001 verändert hat. Aber wir müssen auch immer wieder daran erinnern, dass es nicht nur der 11. Septem ber 2001 gewesen ist, sondern es ist seitdem dieser Terrorismus längst in Europa angekommen, wie vorhin bereits zu Recht angesprochen wurde.

Die Menschen in Madrid, in London und in anderen Orten mussten das leidvoll mit vielen Toten und Ver letzten erleben.

Wenn ich solche Debatten erlebe, habe ich manchmal den Eindruck, dass die Tatsache, dass Gott sei Dank in Deutschland die Anschläge, die versucht und vorberei tet wurden, nicht zum Erfolg geführt haben oder recht zeitig verhindert werden konnten, bei dem einen oder anderen zu der völlig trügerischen Wahrnehmung führ te, dass wir keine derartigen Probleme hätten. Die Ge richtsverfahren haben hier inzwischen konkret stattge funden und finden statt. Die Kofferbombenattentäter waren doch konkret unterwegs. Es lag an einem kleinen technischen Detail, dass diese Bomben nicht hochge gangen sind. Sonst hätte es im Jahre 2006 in den Zügen nach Koblenz und ins Ruhrgebiet bereits viele Tote und Verletzte gegeben.

Bei den Gerichtsverfahren gegen die sogenannten Sauerlandattentäter, die inzwischen offene Geständ nisse ablegen, dokumentiert sich, dass das alles keine Hirngespinste von Sicherheitsbehörden sind, sondern es waren Attentäter unterwegs, die ganz konkrete An schläge verüben wollten.

Die Diskussion um die OnlineDurchsuchungen findet in Deutschland doch aufgrund des Erfahrungsberichts der Sicherheitsbehörden nach diesen Sauerlandatten tatsversuchen statt. Dabei hat man festgestellt, dass dort monatelang an entsprechenden Plänen gearbeitet wurde und aus dem Ausland der Auftrag kam, bestimm te Anschlagsziele auszukundschaften. Das eine oder andere hat man durch die von Richtern angeordneten Telefonabhörmaßnahmen erkannt, aber man hat gleichzeitig auch feststellen müssen, dass es bestimm te Dinge gab, die nicht durch Telefonabhöraktionen festgestellt werden konnten.

Es gab bestimmte Dinge, bei denen auch die akusti sche Wohnraumüberwachung, die zum Einsatz kam, nicht zu den entsprechenden Erkenntnissen geführt hat. Man wusste aber, dass das auf dem PC zu finden sein würde. Und da gäbe es dann nach der Rechtsla ge, sagen Sie , nur die Möglichkeit, in die Wohnung zu gehen und alles zu beschlagnahmen. So ist es letzt endlich auch geschehen. Aber in dem Moment wurde alles offenkundig. Man könnte dann keine Hintermän ner mehr ermitteln oder nach verborgenen Strukturen forschen, um weiteren möglichen Tätern auf die Spur zu kommen.

(Horst Arnold (SPD): Ich denke, es geht um eine ganz andere Problematik!)

Das ist doch das Problem, lieber Herr Kollege Arnold, und da sind Sie in Ihren Ausführungen hinsichtlich des sen, wer präventiv tätig wird, und wer repressiv tätig wird, wer also zur Gefahrenabwehr tätig wird oder zur Strafverfolgung tätig wird, sehr verwirrend.

(Horst Arnold (SPD): Es geht doch auch um den Ermittlungsdruck!)

Ich habe das jedenfalls nicht ganz nachvollziehen kön nen.

(Johanna WernerMuggendorfer (SPD): Es ist die Frage, an wem das liegt!)

Nicht verschweigen sollten Sie bei der Debatte, dass mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eindeu tig einerseits enge Grenzen gezogen wurden, die Zu lässigkeit von OnlineDurchsuchungen andererseits aber nicht grundsätzlich infrage gestellt wurde, sondern dass ausschließlich definiert wurde, unter welchen Vor aussetzungen auch das Instrument der OnlineDurch suchung möglich und zulässig ist.

Wir setzen genau diese Urteilspassagen mit unserem Gesetzentwurf um.

Es ist natürlich auch die Aufgabe des Verfassungs schutzes, Gefahren abwehrend tätig zu werden. Denn

der Verfassungsschutz ist nicht unterwegs, um jedes Jahr einen schönen Bericht an uns abzuliefern, sondern um zu konkreten Ergebnissen zu kommen, und dort, wo es um die Gefahrenabwehr geht, diese Erkenntnisse gegebenenfalls an die Polizei oder an andere Sicher heitsbehörden weiterzugeben, damit diese Stellen dann ganz konkrete Gefahren unmittelbar verhindern können. Darüber hinaus gilt es gegebenenfalls Er kenntnisse auch weiterzugeben, damit konkrete Straf verfolgungsmaßnahmen stattfinden können.

Das ist überhaupt kein Widerspruch und gilt für die ge samte Tätigkeit des Verfassungsschutzes. Wenn der Verfassungsschutz zur Spionageabwehr tätig wird, ist das auch nichts anderes. Auch da geht es zunächst darum, Erkenntnisse zu gewinnen, und im Ergebnis geht es dann um die Gefahrenabwehr und es geht auch darum, schlussendlich in Zukunft zu verhindern, dass Spionage erfolgreich gegen unser Land oder gegen Unternehmen in unserem Lande stattfindet.

Da werden Gegensätze von Ihnen konstruiert, Herr Kol lege Arnold, die weder juristisch noch faktisch in irgend einer Weise begründet sind.

Ich begrüße sehr, dass mit diesem Gesetzentwurf die Notwendigkeit und Zulässigkeit der OnlineDurchsu chung eben nicht infrage gestellt wird, sondern aus drücklich bestätigt wird. Damit bekommen wir erstmals ein Gesetz zur OnlineDurchsuchung, das die Zustim mung der freien Demokraten in diesem Hohen Hause findet, und das ist insofern sicherlich auch keine schlechte Entwicklung.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Dr. Andreas Fischer (FDP))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal darauf hinwei sen, dass es nicht Gegenstand dieses Gesetzentwur fes ist, weil dafür die Zuständigkeit beim Bund liegt, aber die Kollegin Merk und ich sind uns völlig einig darin, dass es richtig ist, die Möglichkeiten der Online Durchsuchung sowohl Gefahren abwehrend, als auch in der Strafverfolgung, also sowohl präventiv als auch repressiv entsprechend vorzusehen. Dazu haben wir uns in der Vergangenheit klar bekannt und wir werden diese Tatsache auch weiterhin beim Namen nennen. Natürlich geht es bei der Strafverfolgung dann auch um andere Themen, die beispielsweise der Justizministerin ganz besonders am Herzen liegen, wie zum Beispiel um schwerste Internetkriminalität wie Kinderpornogra fie und dergleichen. Wenn wir da keine Möglichkeiten haben, mit OnlineDurchsuchungen entsprechend vor zugehen, ist es in bestimmten Verfahren extrem schwierig, die echten Täter und nicht nur die oberfläch

lichen Nutzer, aber diejenigen, die wirklich dahinterste hen und die Dinge ins Netz gestellt haben, zu ermitteln.

Eines will ich auch noch einmal klarstellen, weil auch da die Ausführungen des Kollegen Arnold eher zur Ver wirrung beigetragen als zur Klärung geführt haben. Das war die Frage zur Rechtsmittelinstanz. Wir haben in dem Gesetz jetzt eine klare Regelung geschaffen, auf die wir uns einvernehmlich verständigt haben. Sie ist völlig in Ordnung und problemlos, wie das der Kollege Fischer in einem anderen Zusammenhang bereits an gesprochen hat. Es gibt ein Kollegialgericht, das logi scherweise beim Landgericht angesiedelt ist. Und selbstverständlich ist gegen die Entscheidung dieses Kollegialgerichts beim Landgericht auch das Rechts mittel zum Oberlandesgericht möglich. Was Ihre Aus führungen zu diesem Thema vorhin sollten, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Kollege Arnold.

(Horst Arnold (SPD): Sie haben eine weitere Be schwerdemöglichkeit in dem Gesetz ausgeschlos sen! Christa Steiger (SPD): Der weitere Rechts weg ist ausgeschlossen!)