Protocol of the Session on May 27, 2009

Erstens. Die Geschichte der kommunistischen Diktatur auf deutschem Boden von 1949 bis 1989 ist als Teil unserer nationalen Geschichte von größter Bedeutung für unser historisches Erinnern und zur Orientierung überhaupt. Daraus leitet sich jener Handlungsauftrag ab, der auch unserem Antrag zugrunde liegt: Es bedarf der steten, freimütigen und offenen Aufklärung. Aufklärung muss auch und gerade dann geleistet werden, wenn sie unbequem ist und manchem auch schmerzhaft erscheint. Wer nicht aufklärt, der manipuliert und verkleistert, und er liefert die Voraussetzungen für künftiges Irren.

Zweitens ist historische Aufklärung zugleich eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz von Demokratie, Rechtsstaat und freiheitlicher Ordnung. Wer die DDR-Diktatur bagatellisiert, der wird früher oder später dazu neigen, auch die normativen Grundlagen zu relativieren, auf denen wir stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen, den nachgeschobenen Antrag der GRÜNEN. Hierzu möchte ich schon einige überdeutliche Worte auch an Sie richten, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN - Georg Schmid (CSU): Das braucht es!)

- Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nicht lachen, sondern eindeutig verurteilen, was in diesem Antrag steht.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Der erste Satz des GRÜNEN-Antrages, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist okay. Die GRÜNEN sagen immerhin - im Gegensatz zu Gesine Schwan -, die DDR war ein Unrechtsstaat.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Ulrike Gote (GRÜNE): Das stimmt überhaupt nicht!)

Aber, meine Damen und Herren, ich kann es leider nicht, und ich will es nicht nachvollziehen, was im zweiten Teil Ihres Antrages steht.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Dass Sie im folgenden Teilsatz Franz Josef Strauß sein historisches Erbe madig machen wollen, ist Teil politischer Unkultur. Es ist Unkultur in Reinform.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Sind Sie sich eigentlich nicht zu schade, derart tödlich ignorant einen solchen Antrag zu präsentieren?

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn die Deutschen in der DDR heute ihre Freiheit zwei Politikern verdanken, dann an erster Stelle Helmut Kohl und Franz Josef Strauß.

(Beifall bei der CSU - Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Für Strauß - ich habe ihn noch sechs Jahre persönlich in dieser Zeit erlebt; einige sind noch hier, Erwin Huber und andere - war Freiheit immer der Grundwert schlechthin. Ohne Strauß gäbe es das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 31. Juli 1973 nicht.

(Georg Schmid (CSU): So ist es! - Zuruf des Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein (SPD))

Damals ist - gegen Ihren Missmut von der SPD - festgehalten worden: Die Deutschen in der DDR sind und bleiben deutsche Staatsangehörige. Ohne diese von Franz Josef Strauß erstrittene Rechtsposition wäre die deutsche Wiedervereinigung erheblich erschwert gewesen.

(Beifall bei der CSU - Anhaltende Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bitte denken Sie doch daran, Sie sind derart geschichtslos. Wie Sie diesen Antrag präsentieren, ist eine Blamage für die Politik in diesem Lande.

(Beifall bei der CSU - Anhaltende Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Übrigen, was die SPD angeht, darf ich hier den SPDPolitiker Jürgen Schmude ins Gespräch bringen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Er hat am 13. Mai 1984 gefordert, die Zentrale Erfassungsstelle für DDR-Unrecht in Salzgitter zu schließen. Sie sei eine institutionalisierte Drohung gegenüber Bürgern der DDR. Meine Damen und Herren, wo stünden wir heute im Lichte der Affäre Kurras, hätten sich solche Stimmen damals durchgesetzt?

(Beifall bei der CSU - Wortmeldung des Abgeord- neten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Herr Freller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Franz Josef Strauß hingegen war der Letzte, der einen Funken Sympathie für das kommunistische Regime in der DDR aufgebracht hätte. Aber er wusste auch, wenn man für die Menschheit etwas erreichen will, dann muss man selbst mit kommunistischen Gewaltherrschern verhandeln. Als der Milliardenkredit vereinbart wurde, herrschten in Moskau noch die kommunistischen Hardliner. Gorbatschow kam erst zwei Jahre später auf die Bühne.

(Franz Maget (SPD): Eben, noch schlimmer!)

Ein vorzeitiger Konkurs der DDR hätte zu einer weltpolitischen Krise geführt und unsere Landsleute zwischen Ostsee und Erzgebirge in Not und Elend stürzen können. Strauß war weitsichtiger Staatsmann genug, so etwas zu verhindern. Kein Politiker der alten Bundesrepublik hat für die Deutschen in der DDR den Ostberliner Machthabern so viel abgetrotzt wie Franz Josef Strauß. Zehntausende von Ausreisen drangsalierter Menschen in den Westen hat er erreicht.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann mich noch daran erinnern, welche Hoffnungen die Menschen in ihn gesetzt haben, die nicht ausreisen durften, weil ihre Eltern in der BRD waren, und dass es Franz Josef Strauß war, der fast 20.000 Menschen überführen konnte und Familien zusammengeführt hat.

(Beifall bei der CSU)

Ihr selbst wart zu dieser Zeit Bittsteller. Selbst SPD-Abgeordnete haben sich an ihn gewandt, wenn es darum ging, Familien zusammenzuführen. Nun kommt im Nachhinein so etwas derart Himmelschreiendes. Das ist nicht in Ordnung, es ist nicht gerecht, das muss man einmal sagen. Das ist furchtbar.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Freller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, im Moment nicht. - Er hat den Machthabern den Abbau der Einrichtungen an der innerdeutschen Grenze abgetrotzt, die zu den barbarischsten der Menschheitsgeschichte gehört haben, den Abbau dieser To

desautomaten, die von selbst schossen, sobald sich etwas bewegt hat.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Staatskanzlei haben sich ganze Berge von Dankesbriefen von Bürgern gestapelt, die aufgrund des Einsatzes von Franz Josef Strauß in die Freiheit kamen.

(Beifall bei der CSU)

Warum fällt es Ihnen so schwer, das zur Kenntnis zu nehmen? Ich stelle Ihnen nur die Frage: Warum fällt es Ihnen so schwer, zu akzeptieren und gutzuheißen, was damals geschehen ist?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon zwei Politiker genannt, nämlich Helmut Kohl in Bad Godesberg und Franz Josef Strauß in der Münchner Residenz,

(Ulrike Gote (GRÜNE): Und was ist mit Willy Brandt? - Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Und Willy Brandt?)

die damals Erich Honecker bei seinem Staatsbesuch 1987 die Leviten gelesen und ihm deutlich von Angesicht zu Angesicht gesagt haben, welchem Unrechtsstaat er vorsteht. Lafontaine hingegen hat sich im Saarland angebiedert und ist mit einer nostalgischen Volksfrontveranstaltung für Honecker hier eingetreten. Hier liegen Welten dazwischen! Sie vertreten leider die falsche.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war mir wichtig, das einmal klar zur Kenntnis zu bringen, weil ich etwas dagegen habe, dass die nachfolgende Generation mit Politikern aufwächst, welche die Geschichte verdrehen.

(Beifall bei der CSU - Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Freller, bitte bleiben Sie am Mikrofon. Es gibt eine Zwischenintervention des Kollegen Beyer.

Herzlichen Dank, Herr Freller. Die Tatsache, dass Sie meine Frage nicht zugelassen haben, enthebt mich der Notwendigkeit des Tricks, sie in ein rhetorisches Gewand zu kleiden. Ich sagen Ihnen jetzt einfach, was mir vorhin spontan durch den Kopf gegangen ist, weil ich der Meinung bin, dass auch das in diesem Haus gesagt werden muss, wenn Sie sich an dem Punkt - verzeihen Sie, ich schätze Sie - so scheinheilig aufregen. Ich kann mir im Zusammenhang

mit der deutschen Einheit keine größere Geschichtsfälschung vorstellen, als Willy Brandt hier bewusst nicht zu erwähnen. Das wollte ich dazu sagen.