Protocol of the Session on May 7, 2009

Die Tarifparteien sind seit Jahren damit beschäftigt, die Gehaltsstufen zu überprüfen. Ich kann allmählich das Wort "überprüfen" nicht mehr hören. Man weiß genau, dass der Betrag zu gering ist. Deshalb gibt es nichts zu überprüfen. Man muss nur zur Kenntnis nehmen, was die Frauen - überwiegend sind es Frauen - arbeiten und leisten, dann weiß man, dass der Betrag zu gering ist. Dann muss man nicht mehr prüfen, sondern man muss handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Benachteiligt sind Erzieherinnen aber auch in punkto Gesundheit. Das war der Streikgrund. 65 % berichten von einer sehr hohen Lärmbelastung, und nur 13 % geben an, dass sie keine gesundheitlichen Beschwerden empfinden. Besonders verbreitet an gesundheitlichen Beschwerden sind Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen, Erschöpfungszustände, Atemwegsbeschwerden und Hörverschlechterungen. Was an diesem Beruf aber wirklich krank macht, ist die mangelnde Anerkennung der täglichen Arbeit.

Weiterhin benachteiligt sind Erzieherinnen insbesondere in Bayern in punkto Arbeitsplatzsicherheit. Das BayKiBiG hat die ansonsten schlechten Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen noch getoppt. Erzieherinnen in Bayern müssen sowohl die Arbeit am Kind als auch die Elternarbeit, die Vor- und Nachbereitungszeiten und die Verwaltungsarbeit vereinbaren. Da die Buchungszeiten mal mehr und mal weniger Arbeit bringen, sind Änderungskündigungen und begrenzte Arbeitsverhältnisse vorprogrammiert. Das bringt massive psychische Belastungen für Erzieherinnen mit sich. Wenn man Tag für Tag darauf eingestellt sein muss, im nächsten Jahr vielleicht keinen Arbeitsplatz mehr zu haben oder weniger Stunden arbeiten und weniger verdienen zu können, macht das Druck. Das macht Druck auf die Gesundheit. Dem vorzubeugen, sind wir gefordert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir alle haben die Sonntagsreden im Ohr, wonach frühkindliche Bildung wichtig und der Grundstein einer jeglichen Bildung sei. Aber wir handeln nicht danach. Wir schätzen einen Berufsstand, der dieses Fundament legt, gering. Wir schätzen ihn geringer als den Berufsstand der Lehrkräfte, und wir schätzen ihn noch viel, viel geringer als den Berufsstand der Hochschullehrer. Eigentlich steht unser Bildungssystem damit auf dem Kopf. Dann, wenn die Kinder am besten gebildet werden können, wenn sie am aufnahmefähigsten sind, dann, wenn die Weichen für ein ganzes Leben gestellt werden, zahlen wir Hungerlöhne, die sich dem Niedriglohnsektor nähern. Das ist für unsere reiche Gesellschaft unsäglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir als allererstes das Spargesetz BayKiBiG entrümpeln. Wir müssen endlich anfangen, die Gruppen wesentlich kleiner zu machen. Wir müssen anfangen, die Ausbildung besser zu qualifizieren und an die Hochschulen zu verlagern. Wir müssen den Basiswert anheben, und da kann der Freistaat sehr wohl etwas machen. Wir haben das immer wieder gefordert. Nach unserer Ansicht muss der Basiswert verdoppelt werden, um den Anstellungsschlüssel zu halbieren.

(Beifall eines Abgeordneten)

Dann brauchen wir nämlich keine Gewichtungsfaktoren, sondern wir können alle Kinder nehmen und alle Kinder individuell fördern. Wir sparen uns dann Bürokratie und Ungerechtigkeiten. Damit nützen wir den Kindern, den Eltern und den Erzieherinnen.

Wenn ich mir den CSU-Antrag ansehe, dann frage ich mich: Wo waren die Herrschaften denn in den letzten fünf Jahren, wenn sie es jetzt nötig haben nachzufra

gen, wie die Auslastung ist und was passieren würde, wenn man den Qualifikationsschlüssel anhebt? Wo waren Sie, dass Sie jetzt eine Bedarfsanalyse fordern? Seit fünf Jahren kritisieren Wohlfahrtsverbände und Erzieherinnenverbände wie auch die Opposition im Bayerischen Landtag genau all diese Dinge. Heute fragt nun die Regierungskoalition, was passieren würde, wenn wir das ändern würden. Das kann doch nicht ihr Ernst sein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach so vielen Jahren eines fehlgeschlagenen BayKiBiG stellen Sie solche Fragen? - Genau deshalb können wir diesem Antrag, der für uns eine Fortführung Ihrer Verzögerungstaktik ist, nicht zustimmen. Sie wollen nicht handeln, Sie wollen nur Fragen stellen. Sie wollen hinterfragen, hinausziehen, aber Sie wollen die aktuellen Probleme nicht angehen. Wir können Ihrem Antrag deshalb nicht zustimmen. Renovieren Sie das mangelhafte BayKiBiG, zeigen Sie endlich Taten anstatt Worte.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Freien Wählern)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Sem für die CSU. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf ganz grundsätzlich für die CSU sagen: Auch wir wollen Taten sehen. Es ist aber auch guter Stil, dass man Fragen stellt.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

- Frau Ackermann, ich habe Sie auch ausreden lassen. Danke schön. Das ist auch guter Stil unter Kolleginnen, nachdem ich schon über 35 Jahre diesem Berufsstand der Erzieher angehöre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Antrag zur Stärkung der Erzieherinnen und Erzieher ist auch ein Antrag der Gesamtgesellschaft. Wenn ich aus meiner eigenen Praxis kurz berichten darf: Für mich war Kinderlärm, und das Wort will ich in Anführungszeichen setzen, nie sehr belastend, sondern ein Teil meiner Arbeit. Das ist doch genau das, was wir wollen. Gerade die Opposition sollte aufhören, und hier muss ich einmal ganz persönlich werden, zu jammern.

(Erwin Huber (CSU): Sehr richtig! - Beifall bei der CSU)

- Danke. Ich darf Ihnen sagen, ich bin geradezu stolz darauf, dass die CSU die Erzieherinnen und Erzieher

schon sehr früh unterstützt hat und deren Anliegen weitergetragen hat.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Was das BayKiBiG anbelangt: Hier war die CSU-Fraktion federführend. So manches Bundesland beneidet uns darum.

(Beifall bei der CSU - Renate Ackermann (GRÜ- NE): Dann braucht Ihr keinen Antrag stellen!)

- Ist ja gut, ist ja recht. Das heißt aber doch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir stehen bleiben.

(Zuruf der Abgeordnete Christa Steiger (SPD))

Heute heißt es weiterzugehen. Eines möchte ich Ihnen noch ans Herz legen. Wenn wir heute vom Geld reden, dann ist das total in Ordnung. Aber wer muss sich denn da am meisten bewegen? - Der Tarifpartner.

(Christa Naaß (SPD): Wer ist denn das?)

- Entschuldigung. Die Staatsregierung würde sich doch nie und nimmer hinstellen und sagen, ich gebe kein Geld dazu. Das ist der Weg, doch das vermisse ich in dieser Frage.

(Christa Naaß (SPD): Wer sind denn die Tarifpartner? )

Das haben wir versäumt. Als Erzieherin sage ich immer wieder: Wir müssen auf die Ganzheit des Menschen schauen. Wer das erste Knopfloch verfehlt, der kommt mit dem Zuknöpfen nicht zurecht.

(Allgemeine Heiterkeit)

- Das ist übrigens von Goethe. Das ist genau der Punkt, an dem wir bei den Erziehern ansetzen und weitergehen müssen.

(Lachen von Abgeordneten der SPD, der Freien Wähler und der GRÜNEN)

Die Opposition hat das in diesem Bereich versäumt. Ich bin fest davon überzeugt, das trifft gerade für den Lärm zu. In den Discos haben wir Lärm ohne Ende, dort nimmt man ihn einfach so hin. In anderen Bereichen aber wird der Lärm beklagt.

Kommen wir noch einmal zu unserem Antrag. Dieser Antrag ist sachlich und fachlich korrekt. Liebe Vorrednerinnen, ich komme noch einmal auf die Frage der Tarifparteien zurück.

(Christa Naaß (SPD): Wer sind denn die Tarifparteien? Sagen Sie das doch endlich einmal!)

Sie ist sozusagen der Spielball, um in einem erzieherischen Bild zu reden, bei dem wir anfangen müssen. Wir müssen anfangen, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die höhere Bezahlung wird es ermöglichen, mehr mitzugestalten, sei es durch die Kommune oder -

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

- Das ist nicht zum Lachen, das ist nach wie vor ernst. Genau in diesem Bereich werden die Kommunen und auch die anderen Träger mitziehen müssen.

Zur Berechnung der kindbezogenen Förderung, liebe Damen und Herren, dürfen wir sagen: Der Mindestanstellungsschlüssel ist ein Kriterium der Qualität, die wir draußen in den Kindergärten vorfinden. Hierin haben alle Erzieherinnen und Erzieher unsere Unterstützung. Was die Frage anbelangt, diese Stellen auch männlich zu besetzen, so nehme ich auch das Hohe Haus in die Pflicht. Wir müssen über unsere Erzieherinnen und Erzieher und über den pädagogischen Bereich positiv reden. Auch das ist unsere Aufgabe.

(Beifall des Abgeordneten Joachim Unterländer (CSU) - Christa Naaß (SPD): Dann sind alle Probleme gelöst!)

Abschließend bitte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Antrag der Rot-Grünen abzulehnen. Er ist sachlich und fachlich nicht korrekt. Ich wünsche mir, dass die CSU-Fraktion unseren Antrag unterstützt, denn wir brauchen nach wie vor zufriedene Erzieher, und wir wissen alle, dass die Erziehung der erste Schritt ist, um gebildete und zufriedene Menschen zu haben. Was wir mit unserem Antrag heute beschließen, das bedeutet die Zukunft für unsere Erzieherinnen und Erzieher.

(Erwin Huber (CSU): Sehr gut! - Lebhafter Beifall bei der CSU)

Die nächste Wortmeldung liegt uns hier im Präsidium von der FDP vor, von Frau Meyer. Bitte.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wenn ich mir die einzelnen Anträge ansehe, dann liegen wir in der Sache und im Prinzip ziemlich nah beieinander, sind wir gar nicht so weit auseinander.

(Unruhe bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN)

Ich finde es ein bisschen traurig, wenn hier unterstellt wird, man würde den Berufsstand der Erzieher nicht wertschätzen, oder wenn unterstellt wird, man nähme die Erzieherinnen und Erzieher nicht ernst, nur weil man

vielleicht nicht die Motivation hat, Ihre Anträge zu unterstützen. Das ist eine unfaire Unterstellung. Wie gesagt, ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Erzieherinnen und Erzieher hervorragende Arbeit an den kleinen Kindern leisten. Die Qualität der frühen Bildung ist hoch und die Anerkennung derer, die diese Bildung leisten, verbindet alle fünf Fraktionen hier im Landtag. Sie liegt uns gleichermaßen am Herzen.