Kolleginnen und Kollegen, die jüngsten Preissenkungen sind für unsere Bäuerinnen und Bauern in der Tat schlichtweg eine Zumutung.
Ich empfinde es auch als Affront, dass drei Tage vor dem Lebensmittelgipfel, den die Bundesagrarministerin einberufen hat, Molkereien zusammen mit dem Lebensmitteleinzelhandel für ein weiteres halbes Jahr Preisabschlüsse unter dem bisherigen Niveau tätigen.
Da muss man sich ernsthaft fragen, ob man in der Tat bereit ist, die beim vorletzten Milchgipfel gegebene Zusage einzuhalten, den Bäuerinnen und Bauern einen gerechten Preis zu ermöglichen, auch vonseiten der Discounter. Diese Zusage wurde erneut mit Füßen getreten.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Hubert Aiwan- ger (FW): Sind die Discounter für die Preismisere mitverantwortlich, ja oder nein?)
Sie rufen ständig dazwischen. Ich habe gesagt, lassen Sie mich doch zu Ende reden. Ich kann Ihre Nervosität überhaupt nicht verstehen. Zweifeln Sie denn selbst an der Sinnhaftigkeit Ihres Antrags?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer ein paar Tage nach diesem Gipfel, so wie Aldi, erneut die Preise senkt, gibt in der Tat Anlass zum Zweifel, ob es allen Beteiligten damit ernst ist, die bayerischen Strukturen, die Milchwirtschaft in Bayern und Deutschland auf Dauer aufrecht zu erhalten.
Das ist das Grundproblem, meine Damen und Herren. Hier geht es nicht um die Absicherung bäuerlicher Existenzen, sondern um die Zukunft ländlicher Regionen, um die Attraktivität unserer Kulturlandschaft. Deswegen ist das nicht allein das Problem eines Berufsstandes, sondern das ist eine riesige Herausforderung für den gesamten ländlichen Raum.
Ich staune darüber, dass sich viele Molkereien offensichtlich wehrlos den Discountern ausgeliefert sehen. Wie sonst wäre es zu erklären, dass man sich gegenseitig unterbietet? Das kann nur so zu erklären sein, dass auf der einen Seite des Verhandlungstisches fünf große Lebensmittelketten sitzen, die 80 % des Marktes beherrschen, und auf der anderen Seite 200 Molkereien. Dieses eklatante Ungleichgewicht führt offensichtlich zum gegenseitigen Unterbieten. Der Laie und der Verbraucher können nicht nachvollziehen, dass die Butter jetzt teilweise billiger ist als unmittelbar nach dem Krieg. Meine Damen und Herren, wir müssen in der Tat alle nur denkbaren Maßnahmen in die Wege leiten, um ein Marktgleichgewicht herzustellen. Wir müssen die Instrumente, die zur Verfügung stehen, anwenden, um beim Export und in der Binnennachfrage neue Akzente zu setzen.
Verehrte Damen und Herren von der Opposition, ich habe schon vor einigen Wochen die Bundeskanzlerin aufgefordert, das Milch-Thema zur Chefsache zu erklären. Ich habe bei der Agrarministerkonferenz vor drei Wochen meine Kollegen aufgefordert, die Milchmenge
zu reduzieren, den Milchgipfel, der im nächsten Jahr bei der EU geplant ist, um den Milchmarkt zu überprüfen, um ein Jahr vorzuziehen und im laufenden Milchwirtschaftsjahr die Menge um 5 % zu reduzieren. Das würde keinen Euro kosten und wäre ein wichtiges Signal an die Verbraucher, an die Discounter und letztlich an unsere Milcherzeuger.
- Ja, durchsetzen, Herr Dr. Beyer. Bisher haben mich die Länderkollegen - auch der SPD - nicht unterstützt.
- Keiner. Nur Hessen und die Österreicher haben signalisiert, dass sie solchen Vorschlägen gegenüber aufgeschlossen seien.
Die SPD scheint lernfähig zu sein. Ich habe gerade ein Fax auf den Tisch bekommen, wonach der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Till Backhaus von der SPD, der ein entschiedener Verfechter der bisherigen Agrarpolitik ohne die Einschränkung der Menge war, schreibt: Wir brauchen diesen Sonderagrarrat. Diesen Sonderagrarrat habe ich schon lange gefordert. Er schreibt außerdem: Wichtig ist vor allem, die Produktion der Milchmenge zu reduzieren. Deshalb sollte eine Quotenkürzung nicht ausgeschlossen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten sich nicht selbst lächerlich machen. Bislang hat Bayern für seine Vorschläge im Bundesrat, abgesehen vom Land Hessen, keine Unterstützung bekommen. Ich nenne als Beispiel nur die Saldierungs-Vorschläge.
Jetzt sind wir schon beim Herrn Kollegen Backhaus. Meine Frage war: Sind die Einzelhändler und diese marktbeherrschenden Strukturen mitverantwortlich für die Preismisere, ja oder nein? Diese Frage haben Sie bisher noch nicht beantwortet. Vielleicht kommt noch einmal ein Fax auf den Tisch. Sind die Discounter für die Preismisere mitverantwortlich, ja oder nein?
Ich habe gerade das Verhalten der Discounter gegeißelt, weil sie die Situation der bayerischen Molkereien schamlos ausgenutzt haben.
Ihr Denkansatz, dieses Problem rein kartellrechtlich zu lösen, ist der falsche. Der Hintergrund ist der Markt und das Marktungleichgewicht.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der Freien Wähler kommt mir vor wie ein Vogel, der zwar seinen Schnabel spitzt, aber noch nicht pfeifen kann.
Herr Staatsminister, mich würde es jetzt in den Fingern jucken, Sie zu quälen, weil die Staatsregierung die vereinbarte Redezeit um sechs Minuten überzogen hat.
Diese Zeit stünde jetzt den Fraktionen in gleicher Höhe zu. Ich habe aber keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Aussprache geschlossen werden kann.
Ich komme zur Abstimmung. Dazu werden die beiden Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1260, das ist der Antrag der Fraktion der Freien Wähler, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der Freien Wähler. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1278, das ist der interfraktionelle Antrag der Fraktionen der CSU und der FDP, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Es scheint, keine Gegenstimmen zu geben. Enthaltungen? - Das sind die Fraktionen der SPD und der Freien Wähler. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/1261 bis einschließlich 16/1265 sowie die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/1269 und 16/1274 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.
Ich darf die freudige Nachricht überbringen, dass die heutige Sitzung damit geschlossen ist. Ich wünsche Ihnen bei der Abendarbeit noch viel Vergnügen.