Protocol of the Session on March 31, 2009

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Das ist eine Frechheit! Das war ein Satz, nicht mehr!)

Herr Kollege Dr. Runge, ich rüge das und weise zurück, dass das eine Frechheit ist! Ich weise das zurück.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Das ist völlig daneben!)

Herr Kollege Maget, fahren Sie bitte mit Ihrer Rede fort.

Ich habe leider nicht alles hören und verstehen können.

(Harald Güller (SPD): Fakt ist, dass die CSU dagegengestimmt hat!)

Mir ist aber die Diskussion noch in Erinnerung. Herr Kollege Memmel hat gesprochen und dabei das Beispiel mit der Wurstsemmel gebracht. Sie haben heute dieses Beispiel unter dem Beifall Ihrer Fraktion gebracht.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Horst Seehofer)

- Das hat Ihnen nicht Herr Fahrenschon in den letzten Tagen erzählt; denn Sie haben das Beispiel schon auf der Handwerksmesse gebracht.

Da waren es Wiener Würstchen. Hermann Memmel hat es von diesem Platz aus genauso begründet, da wurde er von der CSU-Fraktion ausgelacht. Die CSU-Fraktion hat gesagt: Wenn man die Mehrwertsteuer senkt, dann muss das die Allgemeinheit bezahlen und deswegen lehnen wir einen solchen Vorstoß ab. Sie haben eine entsprechende Initiative der SPD abgelehnt. Haben Sie übrigens gehört, was Ihr neuer Star, der Wirtschaftsminister zu Guttenberg dazu sagt? Herr zu Guttenberg sagt zu Ihrem Vorschlag - ich habe mir das aufgeschrieben -: Das ist ordnungspolitischer Unsinn. Was Sie hier vorgetragen haben, ist ordnungspolitischer Unsinn. Das passiert, wenn man ständig Versprechungen macht und sie dann nicht einhält.

Jüngst sind Sie in der Oberpfalz gewesen und sind auf erboste Milchbauern getroffen, die hinter einer von der Polizei errichteten Barriere gestanden sind. Über die Barriere haben Sie den Milchbauern dann zugerufen: Ich helfe euch, verlasst euch auf mich! - Darauf würde ich mich, ehrlich gesagt, nicht verlassen.

(Beifall bei der SPD)

Zweites zentrales Grundprinzip der Regierung von Seehofer lautet: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Erstes Beispiel: Gentechnik. Sie haben hier vorgetragen und behauptet, Sie seien immer ein Gegner der grünen Gentechnik gewesen. Das ist wirklich dreist. Ich nehme nur ein einziges Zitat von Ihnen, Herr Ministerpräsident. Sie haben im Deutschen Bundestag als Bundesminister folgenden Satz gesagt: Die Entscheidung für die Gentechnik ist weltweit und in der Europäischen Union gefallen; es kommt nur noch auf das Wie an; die Entscheidung für die grüne Gentechnik ist gefallen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Schlechtes Deutsch!)

Sie haben in Berlin in Ihrer Arbeit als zuständiger Minister keinen Finger dafür gerührt, dass Bayern eine gentechnikfreie Region werden kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich verstehe die Vertretung bayerischer Interessen so, dass man diese nicht nur im Bayerischen Landtag als Ministerpräsident vertritt, sondern auch im Deutschen Bundestag und in der Bundesregierung als Minister aus Bayern. Alle Initiativen, die von uns kamen - erst in der letzten Woche im Deutschen Bundestag -, wurden von der Union dort abgelehnt. Es sind einzig und allein in diesem Haus die SPD und die GRÜNEN gewesen, die in den letzten Monaten für ein gentechnikfreies Bayern gekämpft haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn man mit dem Bund Naturschutz zusammentrifft, muss man denen natürlich auch etwas versprechen und man verspricht ihnen, künftig für Gentechnikfreiheit einzutreten. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt: Jetzt ist er auch noch Öko-Freak.

Umweltgesetzbuch - das ist das gleiche Thema. Erst waren Sie im Bund dafür, dann haben Sie als Ministerpräsident in Bayern diesen Fortschritt torpediert. Bei der Pendlerpauschale gehörten Sie zu denjenigen, die diese nicht nur reduzieren, sondern vielmehr sogar ganz abschaffen wollten.

(Erwin Huber (CSU): Das stimmt nicht!)

- Doch, natürlich stimmt das.

Dann brauchten wir alle miteinander das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es war nicht Ihre Leistung, Herr Huber, sondern es war die erfreuliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die ermöglicht

hat, die alte Pendlerpauschale wieder zurückzubekommen.

(Erwin Huber (CSU): Herr Steinbrück war dagegen!)

Das war von Anfang an ein Anliegen der bayerischen SPD gewesen.

(Beifall bei der SPD - Georg Schmid (CSU): Steinbrück war dagegen!)

Gleiches Beispiel für das Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören. Wie war das mit den Vätermonaten beim Elterngeld? Herr Ramsauer und andere Vertreter Ihrer Landesgruppe haben gesagt, die Vätermonate beim Elterngeld seien ein reines Wickelvolontariat, und lehnten sie ab. Jetzt fordern sie die Verdoppelung auf vier Monate.

Ganz besonders spannend ist die Diskussion in der Gesundheitspolitik. Ich habe heute wieder gehört und in den Zeitungen gelesen, Sie seien gegen den Gesundheitsfonds. Auch heute hat er es gesagt. Das ist wirklich gut. Herr Söder hat gesagt - wörtlich -: Die Idee des Gesundheitsfonds führt ins Nirwana von Zentralismus und Umverteilung. Was hat denn Herr Seehofer vor einem halben Jahr zum Gesundheitsfonds gesagt? Man glaubt es kaum, ich zitiere wörtlich. Er hat gesagt: Der Fonds wird Wunder wirken. Er hat gesagt: Unser Fonds - er war schließlich dabei - wird ein Vorbild für die internationale Gesundheitspolitik werden. Es wäre grotesk, einen Wahlkampf über seine Veränderung führen zu wollen. - Das hat Seehofer gesagt. Dann spricht er von einem klaren Kurs der CSU und der Staatsregierung. Das soll ein klarer Kurs sein?

(Beifall bei der SPD)

Ich erinnere mich an das Jahr 2006. Wir haben damals in diesem Hause über das Thema Gesundheitsfonds diskutiert. Ich habe Sie damals darauf aufmerksam gemacht, dass der Gesundheitsfonds für Bayern erhebliche Risiken enthält, dass man da vielleicht ein wenig vorsichtiger sein sollte und dass man vielleicht gemeinsam mit Baden-Württemberg versuchen möge, das Schlimmste für Bayern abzuwehren. Die damals zuständige Sozialministerin Stewens hat mich beschimpft und gesagt, ich solle mich erst einmal sachkundig machen. Sie hat gesagt: Die Auswirkungen des Gesundheitsfonds auf Bayern seien positiv und meine Panikmache sei faktenfernes Showklagen. Damals hätten wir konstruktiv eine bessere Regelung für Bayern erreichen können, aber Sie waren vom Gesundheitsfonds so begeistert, dass Sie davon nichts hören wollten. Das ist der Fehler. Gestern so und heute so - das ist keine Führung, sondern das sind leere Versprechen, das ist

Schaumschlägerei, Herr Ministerpräsident, und nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Das nächste Prinzip bayerischer Regierungskunst war allerdings schon vor Ihrer Zeit gut bekannt. Das Prinzip lautet: Lass dich für Investitionen feiern und andere dafür bezahlen. Das haben wir schon bei dem Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung erlebt. In dieses Programm flossen Milliarden nach Bayern. Damit haben Sie die überflüssige und übereilte Einführung des achtjährigen Gymnasiums finanziert. Aus Bundesmitteln haben Sie Mensen gebaut, Schulhäuser erweitert -alles bezahlt vom Bund ohne politische Zuständigkeit. Danach haben Sie sich feiern lassen. Genauso war das bei der Kinderbetreuung. Dafür flossen und fließen noch immer über 300 Millionen Euro für den Ausbau der Kleinkinderbetreuung vom Bund nach Bayern. Sie haben vor Jahren noch gesagt, Krippen seien sozialistisches Teufelszeug. Aber das Geld aus Berlin nehmen Sie natürlich schon. Sie lassen sich dafür feiern, dass Sie Krippen errichten.

Jetzt läuft es ähnlich. Der Bund hat das größte Konjunkturprogramm der Nachkriegsgeschichte beschlossen. Es handelt sich um ein sehr positives und wirksames Programm, das insbesondere ein kommunales Investitionsprogramm in Höhe von 13 Milliarden Euro vorsieht. Es ist ein gutes Programm, fast zwei Milliarden Euro fließen nach Bayern, davon 1,3 Milliarden Euro vom Bund. Jetzt schauen wir doch einmal auf die Homepage der Staatsregierung, was die Staatsregierung zum Investitionsprogramm des Bundes sagt. Die Staatsregierung schreibt auf ihrer Homepage zum Investitionsprogramm des Bundes Folgendes:

"Am 10. Februar gab die Bayerische Staatsregierung den Startschuss für zusätzliche Investitionen in Höhe von 1,96 Milliarden Euro in Bildung und Infrastruktur." Sie gaben den Startschuss. Zwei Absätze weiter sprechen Sie sogar von einem bayerischen Programm zur Förderung der Konjunktur.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da sagst nix mehr! Gewusst wie!)

Dann wird der zuständige Staatsminister Schneider mit den Worten zitiert: "Mit diesem Paket geben wir der Konjunktur einen kräftigen Impuls und allen Teilen unseres Landes einen zusätzlichen Modernisierungsschub." - Sie sind ein toller Hecht.

(Beifall bei der SPD)

Das Geld kommt von anderen,

(Thomas Hacker (FDP): Von den Bürgern!)

und sie geben damit einen kräftigen Investitionsschub. Wie sieht die Bilanz der CSU/FDP-Regierung nach einem halben Jahr aus?

(Thomas Hacker (FDP): Gut!)

Die Staatsverschuldung hat sich um 10 Milliarden Euro erhöht. Der ausgeglichene Staatshaushalt ist zur Makulatur geworden. Die laufenden Ausgaben können Sie längst nicht mehr mit den laufenden Einnahmen decken. Die Rücklagen sind aufgezehrt, und gewaltige Risiken stehen noch dazu in Aussicht. Allein vor der Steuerschätzung im Mai muss einem angst und bange werden. Durch die Belastungen für die Landesbank haben sich die jährlichen Ausgaben im Haushalt um 500 Millionen Euro erhöht. Geld, das für soziale Projekte, für Bildung und Infrastruktur benötigt wird, fehlt. Die wirtschaftliche Entwicklung in Bayern ist äußerst bedrohlich. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Vor allem beträgt die Zahl der Kurzarbeiter in Bayern zum aktuellen Stand 395.000. Das sind schon mehr Kurzarbeiter als Arbeitslose in Bayern. Das hat es noch nie gegeben.

(Alfred Sauter (CSU): Es hat aber schon viel mehr Arbeitslose gegeben!)

- Ja, Herr Kollege Sauter, aber die Gefahr ist groß, dass die, die jetzt in Kurzarbeit sind, im Sommer - vielleicht schon im Mai oder im Juni - zu Arbeitslosen werden. Das werfe ich jetzt nicht dieser Regierung vor. Das sind die Auswirkungen einer verheerenden wirtschaftlichen Krise. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Regierung das Richtige tut, um mit dieser Krise fertig zu werden. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD - Alexander König (CSU): Ich bin auf Ihre Vorschläge gespannt!)

Wir stellen fest, dass dies leider nicht der Fall ist, und dafür will ich Ihnen vier Argumente nennen.

Das erste Argument: Wir - Sie und ich - haben das Konjunkturprogramm angesprochen. 1,96 Milliarden sollten es für Bayern sein. Eigentlich war das Programm so gedacht, dass der Bund 10 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellt. Der von Ihnen so gescholtene Herr Steinbrück hat das gemacht. Er hat 10 Milliarden Euro Neuverschuldung aufgenommen. Man kann es so oder so sehen, aber das war die Absprache. Dazu sollten die Länder über 3 Milliarden Euro zusätzliches Geld einbringen. Das wären für Bayern 480 Millionen Euro gewesen. Das hat Bayern aber genau nicht gemacht. Bayern hat das Geld des Bundes genommen und hat es nur zum Teil an die Kommunen weitergeleitet. Der Rest blieb an den klebrigen Fingern des Finanzministers hängen. Dieser hat seinen eigenen Beitrag überhaupt nicht erbracht, sondern er hat Positionen aus dem Haushalt, die ohnehin schon vorgesehen waren,

neu verbrieft, so wie andere ABS-Papiere verbrieft haben. Er hat sie neu etikettiert und als Beitrag für das Konjunkturprogramm ausgegeben.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch der Abgeord- neten Bernd Kränzle (CSU) und Josef Miller (CSU) - Harald Güller (SPD): Etikettenschwindel!)