Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit war der Überweisungsbeschluss einstimmig. Die Gesetzentwürfe werden damit diesen Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes (Drs. 16/954) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Frau Huml, ich bitte Sie nach vorne.
gen! Zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes Folgendes: Ich möchte direkt mit den Grundsätzen der Neuregelung einsteigen, denn wir wollen damit zum einen nachvollziehbare und praktikable Lösungen finden und zum anderen den bayerischen Grundsatz "Leben und leben lassen" weiterhin unterstützen.
Zugleich orientiert sich die Novelle aber an dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Wir wollen auch bundesweit vergleichbare Regelungen finden. Gleichzeitig soll natürlich das hohe Niveau des Nichtraucherschutzes erhalten bleiben. Das ist mir als Ärztin sehr wichtig.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Maria Schar- fenberg (GRÜNE): Das heißt: Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Die Regelung sieht vor: Dort, wo Menschen alternativlos zusammenkommen, bleibt das Rauchverbot erhalten. Wo man hingegen die Entscheidung selber treffen und den Aufenthaltsort in der Freizeit selbst und eigenverantwortlich bestimmen kann, ist das absolute Rauchverbot nicht zwingend notwendig.
Das heißt im Klartext: Das Rauchverbot bleibt erhalten in öffentlichen Gebäuden, in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, in Einrichtungen des Gesundheitswesens, in Heimen, an Flughäfen usw. In den Bereichen des öffentlichen Lebens gilt also weiterhin ein Rauchverbot. Wer aber zum Beispiel in seiner Freizeit in eine Gaststätte geht, geht freiwillig dorthin, das ist seine eigene Entscheidung. Dort wird das Rauchverbot entsprechend verändert.
Eckpunkte der Änderung sind: In Bier-, Wein- und Festzelten sowie Festhallen ist das Rauchen wieder generell erlaubt. Wichtig ist, dass es dabei auf die kurze Stand- und Betriebszeit ankommt. Zum anderen ist das Rauchen wieder in der getränkegeprägten Einraumgastronomie erlaubt. Aber auch da gibt es bestimmte Vorgaben. Die Gaststätte darf zum Beispiel nur aus einem Raum bestehen, welcher kleiner als 75 Quadratmeter sein muss. Der Zutritt dieser Einraumgaststätte ist Kindern und Jugendlichen nicht gestattet. Eine deutliche Kennzeichnung als Raucherlokal ist notwendig.
Sie alle haben mitbekommen, dass es gerade über den Begriff "getränkegeprägt" Diskussionen gegeben hat. Wir haben den Begriff "getränkegeprägt" gerade deshalb in den Gesetzentwurf aufgenommen, weil dieser Begriff auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
(Zuruf von den GRÜNEN: Weil es mehr Bürokratie schafft! - Margarete Bause (GRÜNE): Verfassungsgerichte schreiben nicht das Saufen vor!)
"Getränkegeprägt" bedeutet im Grunde genommen vor allem eines - auch das ist wichtig -: Es geht darum, im ersten Augenblick zu sehen, was dort Vorrang hat: die Getränke oder die Speisen. Was Vorrang hat, kann man zum Beispiel daran sehen, ob viele Barhocker vorhanden sind und die Speisen eine untergeordnete Nebenleistung darstellen.
Es geht nicht darum zu sagen, wir wollen vom Wirt irgendeine Abrechnung sehen, um dann feststellen zu können, ob er mehr Getränke ausgeschenkt oder mehr Speisen ausgegeben hat. Es geht vielmehr darum, im Vollzug feststellen zu können, ob die Gaststätte getränkegeprägt ist. Dabei geht es uns vor allem um das Aussehen der Gaststätte und darum, dass die Speisen dort eine untergeordnete Rolle spielen.
Aber kommen wir nun von der Einraumgaststätte zur Gaststätte mit verschiedenen Nebenräumen, sprich zur Mehrraumgastronomie. Bei der Mehrraumgastronomie ist es so, dass dort das Rauchen wieder erlaubt sein soll, und zwar dort, wo eben ein Nebenraum ist. Nebenraum sagt ja schon, dass es eben ein Nebenraum sein muss und dass selbstverständlich zu diesem Nebenraum Minderjährige keinen Zutritt haben sollen, dass er gekennzeichnet sein muss und eine klare Abtrennung zum Hauptraum vorhanden sein muss. Es ist ganz wichtig, dass es wirklich ein echter Nebenraum ist. Diese Nebenraumlösung gilt nicht nur für die Mehrraumgaststätte, sondern auch für die Diskotheken, wo ein Nebenraum zum Raucherraum werden kann. Allerdings darf dort keine Tanzfläche sein.
Kommen wir zu den Raucherclubs. Die Raucherclubs erübrigen sich nach dem neuen Gesetz, und zwar deshalb, weil die Formulierung "soweit öffentlich zugänglich" entfällt. Das heißt aber, dass trotz alledem, wenn eine Familie ein privates Fest feiern würde, man dort weiterhin selbstverständlich rauchen könnte.
Wir haben auch noch neu die sogenannte Innovationsklausel aufgenommen. Diese Innovationsklausel besagt, dass auch dann Ausnahmen vom Rauchverbot möglich sein können, wenn durch technische Vorkehrungen ein vergleichbarer Schutz wie beim Nichtrauchen möglich wäre. Wenn dies technisch möglich sein sollte, dann können wir weitere Ausnahmen machen.
Das heißt, mit dem vorliegendem Gesetzentwurf wurde eine Regelung gefunden, die sowohl der Liberalitas Bavariae als auch dem hohen Gut des Gesundheitschutzes gerecht wird. Gerecht deshalb, weil wir sehr viel Wert darauf legen, dass Jugendliche zu allen Räumen, wo das Rauchen erlaubt ist, keinen Zutritt haben.
Ich bitte Sie wirklich, in den letzten eineinhalb Stunden - es ist für uns alle sehr anstrengend - die Gespräche einzustellen. Das ist gesundheitsfördernd.
Ich eröffne die Aussprache. Pro Fraktion stehen fünf Minuten zur Verfügung. Ich bitte Frau Sonnenholzner als erste Rednerin ans Pult.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Wir haben uns in diesem Hause schon sattsam über das Risiko unterhalten, das der Konsum von Tabakprodukten beinhaltet, über die zahlreichen negativen medizinischen Konsequenzen in Form von malignen Tumoren, in Form von Schlaganfällen, in Form von Schädigungen von Föten und Embryonen, wenn Schwangere rauchen, um nur einige zu nennen. Wir haben uns auch schon darüber unterhalten, dass es, obwohl insgesamt die Zahlen rückläufig sind, beunruhigende Steigerungsraten bei Jugendlichen gibt, die rauchen, insbesondere von weiblichen Jugendlichen.
Wir haben uns auch schon oft darüber unterhalten, dass es nicht nur Schäden bei denen gibt, die Tabakprodukte konsumieren, sondern auch bei denen, die vom Rauchen passiv betroffen sind.
Das war nämlich genau der Grund, Kolleginnen und Kollegen, für das - ich zitiere - "schärfste und beste Gesundheitsschutzgesetz in Deutschland".
Wir haben als Parlament dafür zu sorgen, dass der Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher gewährleistet ist. Wir haben dafür zu sorgen, dass das Nichtrauchen in dieser Gesellschaft vorbildhaft ist und
Was wir hier erleben, Kolleginnen und Kollegen, ist wahrlich keine Sternstunde des Parlamentarismus, sondern es ist eine Bankrotterklärung.
Worum es Ihnen geht, Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion, ist doch, dass Sie Angst haben, dass Sie bei der nächsten Wahl wieder wenig Wählerstimmen kriegen, nicht weil Sie aus sachlichen Gründen davon überzeugt sind, dass dieses Gesetz zu ändern ist.
Ich muss Ihnen auch sagen, dass eine Ärztin für die Staatsregierung dieses Gesetz begründet, das halte ich wirklich für einen Skandal.
(Beifall bei der SPD - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Es ist ja niemand mehr da von der Staatsregierung!)
- Ja, die anderen sind nicht da. Das macht es nicht besser. Allen denen, die tatsächlich meinen, dass der Raucherschutz eine Rolle gespielt hat, sage ich: Schauen Sie sich doch die Ergebnisse des Herrn Bergmüller von den Freien Wählern an, der mit einer Riesenpropaganda oberbayernweit damit total gescheitert ist. Selbst unter diesem Aspekt wird er nicht gewinnen.
Der Herr Ministerpräsident, der leider auch nicht mehr da ist, sagt "Leben und leben lassen". Das ist ein schönes Motto. Aber bei dem, was Sie hier tun, ist eher der James-Bond-Titel "Leben und sterben lassen" das Argument. Denn Sie stellen einen mühsam erreichten Konsens wieder infrage.
Was jetzt passiert, ist, dass Anarchie in den bayerischen Gaststätten herrscht, dass ab 23 Uhr überall geraucht wird, völlig wurscht, ob "getränkegeprägt" oder "essensgeprägt" oder was auch immer. Was passiert, ist, dass Jugendliche in Discos bis 3 Uhr bleiben, weil sie sich mit Ausnahmetatbeständen in geschlossenen Gesellschaften aufhalten, was dem Jugendschutz in Bezug auf die Dauer des Aufenthalts widerspricht, und die dort auch Rauch ausgesetzt sind.