Protocol of the Session on March 26, 2009

Der Antrag, auf die Landkreise und kreisfreien Städte einzuwirken, geht insofern ins Leere, weil im Prinzip das jetzt schon Rechtslage ist. Die Landräte können vor Ort entscheiden, wie der Vollzug aussehen soll. Es müssen die Umstände des Einzelfalls und die Verhältnismäßigkeit der Mittel beim Vollzug beachtet werden.

Der zweite Spiegelstrich, dass wir uns bei der Bundesregierung dafür einsetzen sollten, geht ebenso ins Leere - ich verkürze, weil meine Zeit nicht ausreicht -, weil die Risikobewertung nach Ende der Impfperiode vorgenommen und entschieden wird. Im Übrigen wird heuer nur Impfstoff eingesetzt, der quasi ohne Quecksilber hergestellt wird - davon 96 % in Bayern. Die anderen Impfstoffe haben nach Einschätzung des Bundes keine Bedenklichkeit im Hinblick auf die Impfung.

Zum letzten Spiegelstrich werden sich sicherlich andere äußern. Wir werden den Antrag aus gegebenen Gründen ablehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bitte zu beachten, dass Namentliche Abstimmung beantragt wurde. Frau Sonnenholzner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Hätte ich mehr als fünf Minuten Redezeit zugestanden bekommen, würde ich mit den Antragstellern eine Diskussion über politische Ehrlichkeit führen. Dazu habe ich leider nicht die Zeit.

Zur Sache ist zu sagen: Jede Impfung ruft bei den Menschen Vorbehalte hervor. Diese Vorbehalte muss man ernst nehmen, und man muss sich mit diesen Befürchtungen auseinandersetzen. Ebenso richtig ist, dass jede Impfung auch Nebenwirkungen hat. Das gilt bei den Menschen und auch bei den Tieren.

Dieser Impfstoff ist nach allen zur Verfügung stehenden Informationen gut verträglich. Es gibt eine, zwei Nebenwirkungen auf zehntausend geimpfte Tiere. Das ist eine verträgliche Quote. Es geht um die Abwägung des Nutzens der Impfung - Abgeordneter Füracker hat davon gesprochen - mit dem Schaden der Impfung. Ich weiß, dass in Bayern zwei Millionen Tiere geimpft wurden, wobei es 35 Todesfälle gegeben hat. Das ist eine verträgliche Quote. Wenn das passiert, muss man den betroffenen Landwirten helfen. Das passiert. Das ist kein Grund, die Impfpflicht in Frage zu stellen.

Fragen Sie die Schaf- und Ziegenhalter, was die von Ihrer Idee halten. Sie sind in der Tat existenziell bedroht. Das war die Ursache dafür, dass sich die BiolandVerbände im letzen Jahr für die Impfpflicht und die Impfung ausgesprochen haben.

(Sepp Daxenberger (GRÜNE): Das geht mit Freiwilligkeit!)

- Sie können die Bekämpfung einer Seuche nicht mit Freiwilligkeit herstellen. Das gilt in der Humanmedizin, und das gilt auch in der Tiermedizin.

(Beifall bei der SPD)

Sie fordern die Blauzungenimpfung mit Akzeptanz der betroffenen Landwirte. Das wollen wir auch. Wir wollen die Akzeptanz aber nicht dadurch herstellen, dass wir billige Polemik aufgreifen, unterstützen oder verstärken, sondern wir wollen diese Akzeptanz erreichen, indem wir Informationen an die Landwirte über all die falschen Dinge geben, die in Umlauf gebracht wurden. Ein Teil wurde von meinem Vorredner bereits gesagt. Fakt ist auch, dass die Impfung im letzten Jahr die Seuchenfälle um 75 % gesenkt hat. Fakt ist auch, dass die Freiwilligkeit in Frankreich nicht funktioniert hat. Das war einer der Gründe, weshalb man sich auf Bundesebene für die Impfpflicht eingesetzt hat. Auch die Behauptung ist nicht richtig, dass der Impfstoff mit Gentechnik hergestellt wird. In vielen homöopathischen Mitteln ist Quecksilber enthalten. Es ist in Ordnung, dass auf Druck der Umweltminister darauf verzichtet wird. Es gibt auch quecksilberfreie Impfstoffe. Das sind keine Begründungen, sich der Impfpflicht zu entziehen.

Zum Argument, die Farbe des Knochenmarks würde sich verändern, darf ich bemerken, dass das altersbedingt passiert und nicht, weil das ein Krankheitszeichen wäre.

Die Impfstoffe sind getestet. Es ist richtig, dass die Zulassung nicht da ist. Aber es gab Tests, und die Erfahrung mit den Impfstoffen zeigt, dass es sinnvoll und richtig war, das zu tun.

Neben der Information müssen konsequent die Verdachtsfälle auf Impfschäden untersucht werden. Das passiert. Die Menschen müssen mit ihren Anliegen ernst genommen werden. Das gilt auch für eine Meinung in einem Leserbrief im "Münchner Merkur". Dort hat eine Frau ausgeführt, ihr wurde im Landwirtschaftsamt gesagt, das könne nicht sein. Das ist auch nicht richtig. Das muss man untersuchen, und das wird untersucht.

(Beifall bei der SPD)

Der erste Spiegelstrich Ihres Antrags ist nicht nötig, denn wir brauchen ein angemessenes Vorgehen. Ich stimme Ihnen zu, Herr Daxenberger, dass eine Pfändung kein angemessenes Vorgehen ist. Wir brauchen ein einheitliches Vorgehen. Es kann nicht sein, dass der Landkreis A anders agiert als der Landkreis B. Das muss möglich sein. Man muss es auch schaffen, die Daten weiterhin so auszuwerten, um Befürchtungen zerstreuen zu können, dass jeder Todesfall automatisch auf die Impfung zurückzuführen sei. In der HITDatenbank gibt es diese Daten. Dort kann man sicher nicht sofort aber in ein oder zwei Jahren nachsehen, ob es mehr Verwerfungen gibt. Daraus kann man statistisch valide Daten erarbeiten, ob diese mit der Impfung im Zusammenhang stehen.

Wir werden den Antrag, weil wir ihn für populistisch und nicht sachgerecht halten, ablehnen. Wir versprechen aber, dass wir weiter an dem Thema bleiben und uns auch in Zukunft mit der gegebenen Ernsthaftigkeit mit dem Thema beschäftigen werden.

(Beifall bei der SPD)

Für die Freien Wähler hat sich Frau Ulrike Müller zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Blauzungenimpfung beschäftigt derzeit weite Teile der Tierhalter in Bayern. Die Emotionen kochen hoch, und man kann sagen, sie kochen an der Basis auch über.

Unbestritten ist, dass der Einstieg in die Impfung im Jahr 2008 die einzige folgerichtige Reaktion auf das immer weitere Vordringen des Virus in unseren Breiten war. Betrachtet man alleine den Bereich der Rinderhaltung in unserem Land, wird deutlich, welche wirtschaftliche Dimension der Viehhandel und der Viehverkehr für die landwirtschaftlichen Betriebe hat. Im Jahr 2007 wurden über die Zuchtverbände rund 48.000 Zuchtrinder und Zuchtkälber sowie über 207.000 Mastkälber verkauft. Es ist ungeheuer wichtig, die Exportmärkte gerade mit Kälbern bedienen zu können. Die bayerischen Zuchtorganisationen lieferten im Jahr 2007 ihre Tiere an 23 verschiedene Länder. Daher ist es unumgänglich, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass im Veterinärbereich keine Handelsbeschränkungen durch andere Staaten aufgebaut werden.

Um mit der Impfung schnell beginnen zu können, wurde mittels einer Dringlichkeitsverordnung des Bundesministeriums die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Impfstoffe einzusetzen, obwohl es für diese damals keine Zulassung gab. Die Zulassungsverfahren sind jetzt fast abgeschlossen. Der bei uns eingesetzte Impfstoff ist laut Aussagen unseres Ministeriums seit ein paar Tagen zugelassen.

Gerade der Umstand, dass noch nicht zugelassene Impfstoffe eingesetzt wurden, hat in der Praxis große Diskussionen ausgelöst. Von Tierhaltern wird über große Nebenwirkungen der Impfung berichtet. Das Spektrum reicht von erhöhtem Zellgehalt bis zu Fruchtbarkeitsstörungen und Totgeburten. Momentan sind die Bauern aufgebracht. Jede Unregelmäßigkeit im Stall wird der Blauzungenimpfung zugeschrieben. Die tatsächlichen Auswirkungen der Impfung auf die Tierbestände sind aus unserer Sicht nicht ausreichend erfasst. Wir haben deswegen am 23. Januar dieses Jahres mit einem Dringlichkeitsantrag gefordert, dass mittels eines Erfassungsbogens die Auswirkungen und die Auffälligkeiten nach der Impfung dokumentiert werden. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen könnte die breit gestreute emotionale Diskussion versachlicht werden.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Aufbauend darauf könnte eine bessere Datenbasis geschaffen werden.

Ich frage mich jetzt schon, lieber Sepp Daxenberger, ob die Chefideologen der GRÜNEN im Umweltausschuss damals in Urlaub waren. Damals haben Sie unserem Antrag nicht zugestimmt. Sie haben sich enthalten. Das ist die einfachste Lösung. Keine einzige Partei hat die Notwendigkeit erkannt, hier zu handeln. Wir wollen die rechtliche Grundlage für eine freiwillige Impfung schaffen. Dazu gehört es aber auch, dass den Landwirten die Wahrheit gesagt wird. Eine freiwillige Impfung bedeutet höhere Kosten für die Landwirte und ein höheres Risiko bei einem eventuellen Ausbruch der Viruserkrankung, da die Tierseuchenkasse keine Entschädigung mehr bezahlen wird und sich auch an den Impfkosten nicht beteiligen wird. Ich habe jetzt erfahren, dass einzelne Veterinärämter auf eigene Faust dazu übergehen, genauso zu verfahren, wie es die Freien Wähler in ihrem Antrag von damals gefordert haben. Das ist erfreulich. Von der Praxis vor Ort wird das auch gerne angenommen.

Auf der anderen Seite kann es aber auch nicht wahr sein, dass in Bayern unterschiedlich vorangegangen wird. Die von uns damals vorgeschlagenen Maßnahmen verursachen kaum zusätzliche Kosten. Sie können aber erheblich zur Versachlichung der Diskussion und zur Problemlösung beitragen.

Nun zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN. Wir sind gewählte Volksvertreter und sollten die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass rechtliche Grundlagen eingehalten werden. Das liegt in unserer Verantwortung. Die Bundesverordnung muss geändert werden, wenn die Risikoüberprüfung erfolgt ist und wenn auch dafür Rechnung getragen ist, dass keine Handelsbeschrän

kungen aufgebaut werden. Das ist meine persönliche Meinung. Ich gehe auch davon aus, dass wir auf einem guten Weg dorthin sind. Die Freien Wähler werden dies begleiten und dazu, falls nötig, einen Antrag einbringen.

Voraussetzung dafür ist allerdings eine Aufklärung der Landwirte. Vermarktungsorganisationen und Zuchtverbände werden an der Impfung festhalten. Ich persönlich glaube, dass 80 % der Landwirte weiter impfen werden, wenn die Notwendigkeit dafür besteht. Die Berichte von Landwirten, bei denen die Viruserkrankung ausgebrochen ist, sind zu einprägend. In den Impfstoffen sollte natürlich kein problematisches Konservierungsmittel enthalten sein. Ich gehe allerdings davon aus, dass dies im Interesse aller Beteiligten geschieht. Dem Dringlichkeitsantrag in der abgeänderten Form - es gab darüber eine Absprache mit den Freien Wählern - werden wir zustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Frau Müller, bleiben Sie bitte kurz hier. Herr Füracker, ich nehme an, Sie haben sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Ich frage Frau Müller, warum sie durch eine freiwillige Impfung den 80 % der Bauern, die weiterhin impfen möchten, die staatlichen Zuschüsse für diese Impfung verwehrt. Meine zweite Frage: Warum sprechen Sie heute wieder von einem Meldebogen, obwohl Sie genau wissen, dass es diesen Meldebogen gibt und dass die Tierärzte und die Landwirte per Gesetz verpflichtet sind, mit diesem Meldebogen gedachte, gefühlte und tatsächliche Schäden zu melden?

Herr Füracker, Sie wissen auch, dass es in der Praxis leider anders gehandhabt wird. Einige Veterinärämter wissen überhaupt nicht, dass es einen solchen Meldebogen gibt.

(Widerspruch bei der CSU)

Leider ist es in der Praxis so gehandhabt worden. Im Moment werden alle Landwirte angeschrieben und aufgefordert zu impfen. Diesen Schreiben könnte man ein Beiblatt beilegen und den Landwirten die Möglichkeit geben, einen Fragebogen zurückzuschicken. Sie müssen ihn nicht zurückschicken. Wenn es aber Auffälligkeiten gibt, haben sie die Möglichkeit, diesen Fragebogen zurückzuschicken. Sie würden damit ernst genommen, und damit könnten wir einige Schärfe aus der Diskussion herausnehmen.

Zur anderen Frage: Ich bin natürlich nicht dafür, dass die 80 % der Bauern mehr bezahlen müssen. Meine persönliche Meinung ist, dass die Landwirte auch weiter impfen werden.

(Wortmeldung des Abgeordneten Albert Füracker (CSU))

Herr Füracker, Sie haben sich zu einer Zwischenbemerkung und nicht zu einer Zwischenfrage gemeldet. Das können Sie mit der Dauer von zwei Minuten leider nur einmal pro Fraktion machen. Frau Müller hat dann wiederum zwei Minuten Zeit, darauf zu antworten.

(Albert Füracker (CSU): Es waren 16 Sekunden!)

- Ich bin deswegen so penetrant, weil die Zwischenfragen auf die Redezeit der Fraktionen angerechnet werden, die Zwischenbemerkungen aber nicht. Deshalb bitte ich um Verständnis, denn das trifft uns alle gleich.

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Dechant.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Es wurde schon sehr viel über dieses Thema gesprochen. Ich möchte mit einem Wunsch an die Politik von Herrn Dr. Gerhard Wittkowski, dem Leiter des Tiergesundheitsdienstes Bayern, beginnen. Er sagt, er würde sich wünschen, dass die Politiker die Blauzungenkrankheit nicht zur Profilierung im Wahlkampf benutzen, sondern den Fachleuten vertrauen und die Pflichtimpfung unterstützen. Dann bestünde die Chance, die Blauzungenkrankheit in Mitteleuropa zu besiegen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Meine Damen und Herren, speziell Sie, Herr Daxenberger, stellen den Sinn der Pflichtimpfung infrage. Das können Sie natürlich leicht tun, wenn der Schaden abgewendet ist. Dann können Sie sagen, das hätte es nicht gebraucht, das wäre anders gegangen usw.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen frage ich Sie: Hätten Sie auch gesagt, die Freiwilligkeit sei in Ordnung, wenn wir Tausende von Schäden in Bayern gehabt hätten? Wer hätte dafür die Verantwortung getragen? Da hätte ich es auch verstanden, wenn die Bauern stinksauer gewesen wären, weil die Politik nicht gehandelt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Widerspruch der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner (SPD))