Protocol of the Session on July 18, 2013

Ich wiederhole: Es ist skrupellos. In Bayern warten, wie gesagt, 2.500 Menschen dringend auf ein Organ. Hören Sie auf, Misstrauen zu schüren!

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie uns gemeinsam und parteiübergreifend für die Organspende werben. Ich gehe davon aus, dass Sie alle als Politiker, als Vorbilder, einen Organspendeausweis haben. Wenn nicht, habe ich welche dabei. Man braucht einen solchen Ausweis nur auszufüllen und kann ihn dann mit sich tragen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Staatsregierung hat alle Fakten geschaffen, um das Vertrauen in die Organspende zurückzugewinnen. Ich kann nur dafür werben, dass wir alle weiter Überzeugungsarbeit leisten und ernsthaft mit dem Thema umgehen. Es ist noch viel zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung. Es wurde beantragt, diese in namentlicher Form durchzuführen. Dazu haben Sie Ihre Stimmkarten. An den üblichen Stellen stehen hoffentlich die gläsernen Boxen bereit. – Fast alle. Eine Sekunde noch! – Jetzt sind alle Boxen bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Wir nehmen uns fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 13.18 bis 13.23 Uhr)

Ich schließe die Abstimmung. Wir zählen, wie üblich, außerhalb des Saales aus, und ich gebe Ihnen das Ergebnis so schnell wie möglich bekannt.

Wir haben den Tagesordnungspunkt mit den Dringlichkeitsanträgen fast abgearbeitet. Übrig bleibt noch eine Überweisung der Dringlichkeitsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksachen 16/17933 und 16/17934 an die jeweils federführenden Ausschüsse. Diese unterbleibt im Hinblick auf die Einsetzung eines Zwischenausschusses für die Zeit nach der Tagung des Landtages.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, die Gespräche außerhalb des Saales zu führen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD), Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Versammlungsgesetzes (Drs. 16/17107) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Der erste Redner ist Kollege Horst Arnold. Er spricht für die SPD-Fraktion.

(Zuruf von der SPD: Er ist noch nicht da!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Horst Arnold ist nicht im Saal. Deswegen muss ich den nächsten Redner aufrufen.

(Abgeordneter Horst Arnold betritt den Saal)

Er ist jetzt da. Das lassen wir noch gelten. Bitte schön, Herr Kollege Arnold, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorgestern vor fünf Jahren wurde in diesem Haus Verfassungsbruch gelebt. Damals wurde das Versammlungsgesetz mit der damaligen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Aufgrund einer Verfassungsbeschwerde wurde das Bundesverfassungsgericht am 17. Februar 2009tätig und hat im Rahmen einer Einstweiligen Anordnung – was selten genug geschieht, Teile dieses Versammlungsgesetzes für verfassungswidrig und unwirksam erklärt.

Im Vorfeld hat die FDP aufgrund der neuen Regierungskonstellation Schlimmeres verhindert und einige Stellen, die bereits verfassungswidrig waren, im Koalitionsvertrag einverhandelt hat, so dass das Versammlungsgesetz geändert wurde.

Gleichwohl steht seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes fest, dass die Versammlungsfreiheit ein essenzielles Rechtsgut, ein Grundrecht auf Ausübung der Demokratie ist. Wir sind der Ansicht, dass die neue Formulierung des Bayerischen Versammlungsgesetzes dieses Erfordernis nicht in Gänze erfüllt, weil immer noch eine gewisse Polizeilastigkeit festzustellen ist. Es ist nicht so, dass wir etwas gegen die Polizei hätten, aber die diesbezüglichen Verpflichtungen dazu gehen uns zu weit.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Es ist Ordnungsrecht, Herr Kollege Arnold!)

Wenn eine Versammlung mit mindestens zwei Leuten anzumelden ist, wird man sich die Frage stellen: Welche politische Meinung ist kundzutun, wenn ein Ordnungsgeld droht? Es verunsichert die Menschen, und genau das ist der entscheidende Punkt. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich dargelegt, dass keine Verunsicherung stattfinden soll.

In unserem Fall handelt es sich um eine Arbeitskampfmaßnahme. Eine Demonstration fand nach einem Arbeitskampf statt. Ein Gewerkschaftssekretär ist aufgrund des derzeit gültigen Versammlungsrechts mit einem Ordnungsgeld belegt worden, und die Staatsregierung meint, dass Arbeitskampfmaßnahmen vom Versammlungsgesetz überhaupt nicht berührt sind, weil maßgeblich sei, ob sich eine Veranstaltung an die Öffentlichkeit richtet bzw. eine Teilhabe am öffentlichen Meinungsbild errichtet werden soll.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): So ist es auch!)

Versammlungscharakter hätte dann möglicherweise eine Grundlage.

Ja, Kollege Pohl, wir haben einen Ausschuss für öffentlichen Dienst, und wir haben Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Wenn diese streiken, wohin richten sie sich denn da? Sie sprechen die ganze Zeit darüber, dass Steuergelder ordentlich zu handhaben sind. Welche Chance hat denn der öffentliche Dienst, in der Öffentlichkeit bewusst wahrgenommen zu werden?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Die gleiche wie jeder andere auch!)

Es ist klar, dass solche Arbeitskampfmaßnahmen nicht nur eine Sache zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind, sondern auch die Öffentlichkeit angehen. Deshalb ist es grundsätzlich wichtig, dass die Befreiung auf dieser Ebene stattfindet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diese Anzeigepflicht ist auch nicht sonderlich hilfreich, weil sie abschreckt. Wenn Sie Transparente aufgehängt hätten – zum Beispiel "Aufbruch Bayern ins nächste Jahr" -, als Sie gestern Ihre Fraktionsfahrt gemacht haben, wäre das auch ein Sich-Wenden an die Öffentlichkeit mit einer politischen Kundgabe gewesen. Hätten Sie daran gedacht, Ihre Fraktionsfahrt als Demonstration anzumelden? – Das ist doch skurril.

Wir dürfen nicht anfangen, mit Grundrechten kleinteilig herumzuschustern, sondern wir müssen uns dazu bekennen, dass die Demonstrationsfreiheit zu gewährleisten ist.

Natürlich ist kein Raum, Missbrauch zu statuieren. Rechten und Ultrarechten, die die Versammlungsfreiheit nutzen, um unser System zu konterkarieren, ist mit den derzeitigen Mitteln schon zu begegnen. Damit ist auch die Forderung in unserem Gesetzentwurf richtig, dass man deutlich zu machen hat, wenn Aufzeichnungen erfolgen. Was sind denn das für Arbeitskampfmaßnahmen, an denen sich Arbeitnehmer möglicherweise nicht teilzunehmen trauen, weil vielleicht Aufzeichnungen von der Polizei gefertigt werden? Auch das ist nicht zielführend.

Deswegen sind wir der Meinung: Man sollte nicht nur offen darlegen, dass man aufzeichnet, sondern es auch kundtun. Das ist im Übrigen auch im privaten Datenschutzrecht eine ganz normale Geschichte. Warum soll das hier, Herr Pohl, nur weil es Ordnungsrecht ist, anders gehandhabt werden? Es geht hierbei um ein Grundrecht der Bürger, das elementar statuiert ist, und es geht nicht um Einschränkungen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Es geht um Sicherheit und Grundrecht!)

Sie müssen immer hergehen und repressiv tätig werden, Sie sagen, ja aber, ja aber, ja aber. Bei Ihnen steht nicht das Grundrecht im Vordergrund, sondern schon der vermutete Missbrauch. Das ist pervers.

(Beifall bei der SPD - Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wie bei allem Ordnungsrecht, Herr Kollege!)

Es gibt so viele Leute, die einfach ihre Meinung kundtun wollen. Sie aber kommen daher und sagen: Ist das denn angemeldet? Wenn nicht, musst du mit einem Ordnungsgeld rechnen usw. usf. Wenn Sie zukünftig auf dieser Ebene wirklich ernsthaft Politik betreiben wollen, dann sage ich Ihnen: Vorsicht!

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Das machen Sie jeden Tag!)

- Aber ohne Ordnungsgeld! Was das Ordnungsgeld anbetrifft, da haben Sie sicherlich auch Erfahrungen. Aber in dem Bereich geht es um Grundrechte, nicht um Privatrechte.

Wir sind also der Ansicht, dass die Änderung des Versammlungsgesetzes nach der Maßgabe des Vorschlags stattzufinden hat. Das ist nicht sinnlos, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Wir müssen klarmachen, dass dieser Bereich wahrgenommen wird. Das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit wollen wir weitgehend ausüben.

Die Abschaffung der Bannmeile, die wir vorschlagen, ist aus unserer Sicht eine Sache der Souveränität unseres Parlaments. Wir sind Manns genug, auch vor unseren Mauern politische Meinungskundgaben von Bürgern tagtäglich aufzunehmen. Wir können das, glaube ich, ganz gut in den Griff bekommen und müssen uns das Volk nicht durch eine Bannmeile vom Leib halten.

(Beifall bei der SPD)

Bei einer Minute Überziehung der Redezeit werde ich etwas weniger gemütlich als sonst. - Der nächste Redner ist Jürgen W. Heike von der CSU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon spannend, wenn ich jetzt höre, welche Meinungsverschiedenheiten hier herrschen. Herr Kollege Arnold, wie Sie da miteinander eine Koalition bilden wollen, ist nicht nachzuvollziehen. Da brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen.

Hier geht es selbstverständlich um wichtige Dinge. Kollege Arnold, wir sind uns einig: Demonstrationsfreiheit ist gegeben; das Versammlungsgesetz ist vorhanden. Warum wir die Dinge jetzt aber so ausbreiten sollen, wie es in Ihrem Antrag steht, verstehe ich nicht; ich verstehe die Welt nicht mehr. Letztendlich würden Sie nämlich Steine statt Brot geben.

Wenn ich höre, dass Sie fordern, dass man auch in privaten Räumen, die öffentlich zugänglich sind, Demonstrationsfreiheit haben soll, dann möchte ich einmal hören, was Sie und Ihre Kollegen sagen würden, wenn – ich übertreibe jetzt – in Ihrem Vorgarten plötzlich demonstriert würde. Das kann und darf auch nicht der Fall sein. Demonstrationsrecht ist gut. Aber das Eigentumsrecht ist genauso zu gewährleisten. – Das ist meine erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung. Für mich ist klar, dass wir der Polizei weiterhin die Möglichkeit geben müssen, Demonstrationen zu beobachten und Bilder zu machen. Das wird schon heute gemacht. Im Ausschuss hatte es sich noch anders angehört. Deswegen nehme ich es Ihnen ab, dass Sie da jetzt eine andere Meinung vertreten. Die vorhandene Regelung reicht aus. Der Demonstrant kann die Polizei sehen. Sie versteckt sich nicht, sondern dreht offen und fotografiert auch offen.

Dann kommt die Geschichte mit den 20 Personen. Irgendwo muss es ja die Möglichkeit geben, denjenigen – das sind genau die, die wir alle nicht wollen, nämlich die Extremisten – die Chance zu nehmen, Demonstrationen nicht anzumelden, weil sie sagen: Zufällig sind es mehr Leute geworden. Für mich gilt es hier, klipp und klar zu sagen: Wehret den Anfängen! Denn so etwas wollen wir gerade nicht haben.

Was den Arbeitskampf betrifft, so sind die Dinge – ungeachtet dessen, dass Sie es vielleicht hundertmal wiederholen – inzwischen eindeutig geregelt. Sie haben selber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zitiert.