Protocol of the Session on May 16, 2013

wäre das toll und gut. Damit könnten wir nach außen dokumentieren, dass wir die Sachverhalte über Parteigrenzen hinweg beurteilen.

Wir reden immer sehr viel über die Wichtigkeit der Europäischen Union. Wir sprechen heute über mehrere agrarpolitische Themen. Das finde ich gut; denn die Land- und Forstwirtschaft greift in die Bereiche des täglichen Lebens ein, die oft unterschätzt werden. Deshalb wäre es erfreulicher, wenn mehr Kollegen anwesend wären, um der Bedeutung der europäischen Themen Rechnung zu tragen. Daran fehlt es noch ein bisschen. An dieser Stelle müssen wir noch nachhelfen, da die europäische Agrarpolitik der einzige Bereich ist, der seit der Gründung der Europäischen Union vergemeinschaftet ist. Das sollte man einmal bedenken.

Zum Thema: Ich möchte das Gesagte nicht wiederholen. Dem kann und muss man zustimmen. Die Verfahren zum Saatgut haben bereits im Jahre 2006 in der EU begonnen und sollen jetzt zum Ende geführt werden. Im Jahre 2016 sollen sie endgültig verabschiedet werden.

Wir haben wieder ein bekanntes Problem. Zunächst muss ich noch einmal betonen, dass wir alle für die Erhaltung der Vielfalt des Saatguts sind. Mittelständische Züchtungsunternehmen müssen weiterhin geschützt werden. Jetzt kommt das große Aber: Da in Brüssel zwölf Verordnungen auf eine beschränkt werden sollen, kommt der Verdacht auf, dass die drei großen Firmen Monsanto, Syngenta und DuPont im Rahmen der Gentechnik bereits eine unrühmliche Rolle spielen. Das ist mir als Erstes bei dieser Thematik aufgefallen. Wir sollten alles tun, um das zu vermeiden. Sollte es statt der zwölf Verordnungen nur noch eine Verordnung geben, werden sich kleine und mittelständische Unternehmen schwertun, das Zulassungsverfahren finanziell mitzutragen. Damit ist für die großen Firmen Tür und Tor geöffnet.

Aus diesen genannten Gründen werden wir den Anträgen zustimmen. Das gilt insbesondere für den Antrag der GRÜNEN und der SPD. Unseren Antrag habe ich bereits begründet. Beim Antrag der Regierungsfraktionen hätte ich mir ein wenig mehr Klarheit gewünscht. Die Formulierung "der bayerische Bürger" ist doch sehr allgemein. Es wäre besser gewesen, dies zu konkretisieren.

(Tobias Thalhammer (FDP): Jetzt suchen Sie aber das Haar in der Suppe!)

Generell ist diesen Anträgen zuzustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächste hat Frau Anne Franke von den GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten über den EU-Vorschlag vom 6. Mai. Meines Erachtens ist dieser Vorschlag ein Schlag ins Gesicht für alle Züchter, die sich seit Jahren um mehr Artenvielfalt im Acker-, Obst und Gemüsebau sorgen. Im Falle einer Verabschiedung der Verordnung wären teure europaweite Zulassungsverfahren nötig. Das würde insbesondere die vielen innovativen mittelständischen Zuchtunternehmen schwächen, die sich diese Verfahren nicht werden leisten können. Das können wir nicht zulassen. Das kann nicht in Ihrem Sinne sein. Deshalb fordern wir die Bayerische Staatsregierung auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene für unsere innovativen Zuchtunternehmen einzusetzen.

Stattdessen würde diese neue Verordnung diejenigen Konzerne stärken, die über ein sehr beschränktes Saatgutspektrum verfügen, das allein auf hohen Output gezüchtet ist. Profitieren würden Erzeuger von Hybridsaatgut und diejenigen Unternehmen, die mit Rückendeckung der Kommission globale Märkte bedienen. Sie bieten ein Rundum-Sorglos-Paket mit Saatgutdünger und Pestiziden an. Sie wissen, wir reden von Konzernen wie Monsanto & Co.

Verprellt werden jene, denen es um die Erzeugung regionaler Sorten und um Saatgut für den ökologischen Markt geht. Sie würden in eine Nische gedrängt oder zu Hobbyzüchtern degradiert. Dort gehören sie aber nicht hin. Kleine Erzeuger benötigen den vollen Zugang zum Markt.

Es stellt sich überhaupt die Frage, ob wir ein europaweit geregeltes Saatgutrecht brauchen. Zwar bin ich für die Harmonisierung der Rechtssysteme, also für die Zusammenführung der bestehenden zwölf Saatgutvorschriften, aber die Zentralisierung darf nicht so weit gehen, dass sie die Vielzahl des Saatgutes zerstört. Das möchte ich infrage stellen.

Es geht uns außerdem darum, die Saatgutvielfalt zu erhalten. Das sehen Sie in unserem Antrag. Denn die Saatgutvielfalt ist aufgrund des Vorschlages der Kommission gefährdet. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auf, für den Fortbestand lokaler, alter und seltener Sorten von Obst und Gemüse und Getreide einzutreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den Anträgen von SPD und FREIEN WÄHLERN stimmen wir zu. Zum CSU-Antrag muss ich sagen: Er geht natürlich in die richtige Richtung; denn er besteht ja größtenteils aus banalen Sätzen. 95 % der Forde

rungen, die darin enthalten sind, sind sowieso schon längst Praxis. Ich nenne nur aus dem Schluss, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht verletzt werden soll, dass die Bürokratie nicht erhöht werden soll, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll. Das alles sind Selbstverständlichkeiten. Da muss man natürlich zustimmen. Es ist aber wirklich nichts Neues.

Ich habe gehofft, dass Sie auch unserem Antrag zustimmen könnten. Sie haben nämlich behauptet: Es geht Ihnen darum, die Saatgutvielfalt zu erhalten. Sie haben aber natürlich wieder Rosinen gefunden, die es in unserem Antrag gar nicht gibt. Deshalb muss man schon bezweifeln, ob es Ihnen wirklich darum geht, die Saatgutvielfalt und auch die kleineren Zuchtbetriebe zu erhalten.

Uns geht es deshalb darum, die Vielfalt zu erhalten, weil wir wissen, dass genetische Einförmigkeit die Verwundbarkeit von Kulturen gegenüber Schädlingen, Pflanzenkrankheiten und Klimawandel erhöht. Das Konzept, um unsere Lebensmittelversorgung zu sichern, muss in der Vielfalt liegen, nicht in der Uniformität.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Kollege Tobias Thalhammer von der FDP das Wort. Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wenn es um die Sortenvielfalt geht, sind die Sorgen berechtigt. Sehen wir uns an, was in Europa geplant ist: die Europäische Agentur für Saatgut. Tatsächlich gibt es viele Sorgen, die wir heute schon ausmerzen müssen. Ich nenne nur die Zusatzkosten, die für das europäische Zulassungsverfahren entstehen würden, zum Beispiel auch für regionale Sorten. Ich nenne aber auch die Keule an Bürokratie, die vermutlich auf uns zukommen wird. Im Übrigen ist es genau der falsche Weg, gerade bei diesem Thema etwas von oben herab zu oktroyieren, wenn es doch von unten, regional vor Ort so wunderbar und so hervorragend klappt.

Deswegen ist uns besonders wichtig, dass wir die kleinen und mittelständisch geprägten Züchtungsunternehmen entsprechend stärken und sie uns auch unterstützen, dass wir die Forschung im Bereich der Sorten unterstützen und stärken und dass wir beispielsweise bei den Nutzpflanzen oder bei den Energiepflanzen weitere Forschungstätigkeiten voranbringen, um beim Biogas vielleicht einmal eine wirkliche Alternative zum Mais zu haben. Uns geht es aber auch um die Wahrung der alten Traditionssorten, die

wir haben, und natürlich vor allem der regionalen Sorten hier in unserem Bayernland. Es gibt Gründe genug, dem Antrag betreffend "Saatgut – Vielfalt erhalten" von CSU und FDP zuzustimmen, und darum bitte ich Sie auch.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Bevor ich Herrn Staatsminister Helmut Brunner das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die SPD zu ihrem Dringlichkeitsantrag ebenfalls namentliche Abstimmung beantragt hat.

Jetzt hat der Herr Staatsminister das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich zu diesem sehr sachbezogenen Thema nichts sagen, da es sich wirklich nicht zum Populismus eignet. Die Ausführungen der Frau Kollegin Noichl haben mich aber richtig erzürnt. Frau Kollegin, Sie mögen eine gute Märchenerzählerin sein – fein war das aber nicht, was Sie vorhin gemacht haben.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben mein Ministerium so hingestellt, als wäre über Jahre hinweg eine mögliche Antwort verzögert worden.

(Maria Noichl (SPD): Es ist auch so!)

- Nein, das ist nicht so. Der Vertreter der Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL, hat mir jetzt noch einmal bestätigt: Erst am 6. Mai dieses Jahres wurde dem EU-Rat der Verordnungsentwurf der EU-Kommission zugestellt. Deshalb kann man nicht so tun, als wäre das vor einem Jahr oder vor zwei Jahren schon möglich gewesen. Selbst der Saatgutausschuss hatte bis dato überhaupt nur bruchstückhaft eine Ahnung von dem, was jetzt in der Verordnung steht. Deswegen – darauf ich lege Wert, meine Damen und Herren – kann man hier nicht irgendjemandem eine Verzögerungstaktik unterstellen. Das ist blanker Populismus.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Harald Gül- ler (SPD): Vereinzelter Beifall bei der CSU!)

Ich weise auch darauf hin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass nach wie vor Ausnahmeregelungen für sogenannte Landsorten, die auch üblich sind, möglich sind. Die Kollegin weist darauf hin, dass es große Konzentrationen gibt. Hier muss man auch differenzieren. Bei Mais, bei Soja und bei Baumwolle ist das in der Tat so. Es ist aber geradezu eine Watschn

für unsere bayerischen mittelständischen Züchter, wenn Sie deren Bedeutung und Zukunftsfähigkeit so herunterspielen. Gerade bei den Getreidesorten, meine Damen und Herren, haben wir eine Vielfalt, die wir letzten Endes gerade dem ungeheuren Engagement der bayerischen Züchter zu verdanken haben. Diese sollten wir unterstützen und nicht verunglimpfen.

(Beifall bei der CSU)

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass der sehr harmonische Verbund von staatlichem Züchtungsengagement durch unsere Landesanstalt für Landwirtschaft und die privaten Züchterunternehmen gerade die mittelständische Pflanzenzüchtung auch in Zukunft erhält. Nicht zuletzt – da sind wir uns einig – wollen wir ja alle eine möglichst breite Vielfalt an Sorten erhalten, gerade von Sorten, die speziell auch unter unseren Anbaubedingungen gut gedeihen. Das muss letzten Endes unser Anliegen sein, meine Damen und Herren, damit wir uns bei der Pflanzenzüchtung nicht von irgendwelchen großen Konzernen abhängig machen. Deswegen müssen wir die mittelständische Pflanzenzüchtung in Bayern, so gut wie es geht, unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Ich lasse zunächst über die Anträge abstimmen, zu denen keine namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Das ist einmal der Dringlichkeitsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/16759. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und der GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CSU und FDP. Enthaltungen? – Sehe ich keine. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme nun zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 16/16761. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen von CSU und FDP. Enthaltungen? – Eine Stimmenthaltung der Abgeordneten Dr. Pauli (fraktionslos). Dann ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen dann zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 16/16740. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Dafür sind fünf Minuten vorgesehen.

(Namentliche Abstimmung von 17.49 bis 17.54 Uhr)

Die Abstimmungszeit ist abgelaufen. Ich schließe die namentliche Abstimmung. Die Stimmkarten werden außerhalb des Saales ausgezählt.

Wir kommen sofort zur zweiten namentlichen Abstimmung, und zwar über den Dringlichkeitsantrag der CSU auf Drucksache 16/16760. Für diese namentliche Abstimmung sind drei Minuten vorgesehen. Die Abstimmung ist jetzt eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 17.55 bis 17.58 Uhr)

Die Zeit für diese namentliche Abstimmung ist abgelaufen. Die Abstimmung ist geschlossen.

Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, weise ich darauf hin, dass die letzten Dringlichkeitsanträge nicht mehr aufgerufen werden. Der ganze Komplex wird an die Ausschüsse überwiesen. Die beiden weiteren Tagesordnungspunkte werden auf die nächste Plenarsitzung vertagt.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Stewens, Sem, Füracker u. a. und Fraktion (CSU) sowie der Abgeordneten Hacker, Dechant, Dr. Fischer u. a. und Fraktion (FDP) betreffend "Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik in der kommenden Förderperiode 2014 bis 2020", Drucksache 16/16739, bekannt. Mit Ja haben 101, mit Nein 42 Abgeordnete gestimmt. Es gab keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)