Hinter der Forderung im letzten Spiegelstrich, auch für kleinere Firmen die Möglichkeit der Qualifizierung der Mitarbeiter zu geben, stehen wir ebenfalls. Ich denke an die Möglichkeiten, die die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Programms "Wegebau" auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Kurzarbeit und in Zeitarbeit eröffnet hat. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter fallen durch den Rost; das kommt mir hier zu kurz. Auch sie sollen im Unternehmen bleiben und brauchen gegebenenfalls eine Qualifizierung. Um ihre Konditionen ist es nämlich leider sehr schlecht bestellt. Insoweit gehört dieser Dringlichkeitsantrag ergänzt.
Absolut notwendig ist die Mitbestimmung der Betriebsräte sowohl bei den Original Equipment Manufacturers - OEMs - als auch bei den Zulieferern in der Kette.
Weil es bei diesem Dringlichkeitsantrag insgesamt wirklich um eine bedeutende und dringende Angelegenheit geht, stimmen wir als SPD-Fraktion zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe letzte Woche im Wirtschaftsausschuss die Frage gestellt: Ist es denn immer notwendig, dass die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktion ihren eigenen Minister anfeuern, tut er nicht ohnehin genug auf diesem Gebiet? Wir feuern den Minister gerne mit an, doch darf ich ihm bestätigen: Wie ich höre, ist Ihr Einsatz der Lage entsprechend. Allerdings erwarten auch alle, die in kritischen Situationen mit Ihnen zu tun haben, einen hohen Einsatz, und sie erleben ihn auch.
- Man darf in solchen Situationen aber auch erwarten, dass alle im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten und
Möglichkeiten 100 % geben, um dem Ernst der Lage gerecht zu werden. Insofern ist der Einsatz richtig und anerkennenswert, aber auch selbstverständlich.
Was die sonstigen Punkte angeht, kann ich dem Antrag nichts Neues entnehmen. Sie wollen lediglich bestehende Instrumente nutzen. Das muss man aber, wie ich meine, nicht jedes Mal wieder erwähnen. Ich will gern das eine oder andere an ergänzenden Vorschlägen machen. Wenn wir aber mit dem Dringlichkeitsantrag unterstreichen, dass wir Arbeitsplätze sichern wollen, dann werden wir dem gern zustimmen.
Dennoch möchte ich ein paar kritische Anmerkungen machen. Wir sollten in der Politik alle zusammen nicht den Eindruck erwecken, als hätte der Staat Lösungen für alle wirtschaftlichen Probleme. Wir sollten uns zu unseren Handlungsmöglichkeiten, aber auch zu deren Grenzen bekennen und unser Selbstverständnis deutlich machen. Ich warne davor, falsche Hoffnungen zu wecken oder gar Träumereien nachzuhängen. Damit ist letztlich niemandem geholfen. Ich bedanke mich hier auch für den Appell von Herrn Huber an die Autohersteller. In kritischen Situationen nur Lösungen von der Politik zu erwarten, ist nicht richtig.
Die Zeiten, in denen Hersteller bis zu 16 Gehälter bezahlt haben und Milliardengewinne einstrichen, sind so lang noch nicht her. Ich denke, für solche Unternehmen ist es ein Gebot gesellschaftlicher Verantwortung und unternehmerischer Vernunft, alle wichtigen - heute müsste man wohl sagen: alle systemimmanenten - Zulieferer zu erhalten. Den Zulieferern allein mit weniger Aufträgen und weiter verschärften Konditionen zu begegnen und sie im Übrigen ihrem Schicksal zu überlassen, ist sicherlich keine Antwort und auch unter unternehmerischen Gesichtspunkten nicht erfolgversprechend. Wie sollen Top-Autos hergestellt werden, wenn es die Top-Zulieferer nicht mehr gibt?
Großen Unternehmen - das sind nach EU-Richtlinien Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeiter haben kann dann nicht geholfen werden, wenn sie sogenannte Unternehmen in Schwierigkeiten sind und dies schon vor dem 01.07.2008 waren. Um solchen Unternehmen zu helfen, müssten die EU-Richtlinien zumindest vorübergehend geändert werden.
Für kleine und mittlere Unternehmen stehen Hilfsinstrumente zur Verfügung, auch für Zulieferer der Automobilindustrie, aber nicht nur für diese. Ich meine, damit ist die Möglichkeit, insbesondere mit staatlichen Bürgschaften zu helfen, gegeben. Der Schirm ist aufgespannt. Sie haben in Ihrem Antrag auch keine weiteren Instrumente genannt oder nennen können.
Wichtig ist auch - hier komme ich an einen praktischen Punkt - schnelles und koordiniertes Handeln. Sehr geehrter Herr Staatsminister, da möchte ich schon noch einmal das Thema Personalausstattung der LfA ansprechen. Beispielsweise gibt es für den Bereich Niederbayern, Oberpfalz und Oberfranken nach meinen Informationen nur zwei Mitarbeiter. Wir brauchen die Feuerwehrleute jetzt und nicht erst in einem halben oder in einem Jahr, um dann Asche aufzukehren. Ich bitte, an dieser Stelle schnelles Handeln zu ermöglichen.
Erstaunlich finde ich - da richte ich den Blick auf die Kollegen der FDP -, dass der Staat auch darauf hinwirken soll, dass "die Lieferkette erhalten bleibt". Wollen wir jetzt auch schon auf die Vertragsautonomie politischen Einfluss nehmen, sie steuern und bei der Frage mitreden, wer mit wem Verträge macht? In der jetzigen Situation wird man auf dem Teppich bleiben müssen. Ich bitte, an dieser Stelle das politische Tun nicht überzubewerten und sich nicht da einzumischen, wo die Wirtschaft ihre Entscheidungen selbst zu treffen hat und auch treffen soll.
Ich habe nichts zum Thema Investitionsförderung gehört oder gelesen. Wir haben auch in diesen Zeiten immer noch Unternehmen, die investieren und zusätzlich auch Arbeitsplätze schaffen wollen, das aber alleine nicht können und da auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. In den bisherigen Haushaltsberatungen haben wir schon erlebt, dass das Ertüchtigungsprogramm und auch das Wirtschaftsförderprogramm für Ostbayern wegfallen, sodass Investitionsförderungen von durchschnittlich etwa 40 Millionen Euro im Jahr nicht mehr vorgenommen werden können. Was im Entwurf des Doppelhaushalts 2009/2010 bleibt, ist das allgemeine Förderprogramm für Regionalförderungen. Meine Damen und Herren aus der Regierungskoalition, da beantragen Sie eine Erhöhung um zwei Millionen Euro für ganz Bayern. Viele der Mittel sind im Übrigen gebunden. Sehr geehrter Herr Staatsminister Zeil, da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Sie wissen auch, dass das an dieser Stelle nicht genügt und mehr notwendig ist. Da kann Ihr Haus diese Bemühungen gut und wirksam unterstützen, und das möchten wir an dieser Stelle noch einmal in Aussicht stellen.
Allein die Formulierung solch wohlfeiler Anträge erspart es uns nicht, das konkret Notwendige zu veranlassen. Darauf werden wir auch weiterhin achten.
Vielen Dank, Herr Kollege Muthmann. Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Martin Runge das Wort, bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis vor ganz Kurzem war ich für einen Redebeitrag zur neuen Antidiskriminierungsrichtlinie präpariert. Ich begrüße es aber sehr, dass uns eine falsche Reihung vorgelegt wurde - oder was immer das Missverständnis war -, weil wir meinen, dass dieser Antrag tatsächlich wesentlich dringlicher ist.
Sehr geehrter Herr Kollege Muthmann, selbstverständlich steht da nichts Neues und Sensationelles drin, und selbstverständlich gehen wir davon aus, dass unser bayerischer Wirtschaftsminister und das ganze Wirtschaftsministerium all das tun, was in ihren Möglichkeiten steht, um der notleidenden Automobilzulieferindustrie auf die Beine zu helfen. Wir meinen aber, dass es trotzdem wichtig und richtig ist, das hier noch einmal anzusprechen und mit dem Signal nach außen zu gehen, dass der Landtag in seiner ganzen Breite hinter dem Anliegen steht, dass hier etwas vorwärts geht.
Wir haben das Thema, wie schon angesprochen, in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses diskutiert. Man sollte vielleicht noch in aller Schärfe, weil das bisher zu weich gewesen ist, sagen: Die Automobilindustrie hat sich hier in den letzten Jahren wahrhaft nicht gut verhalten. Sie hat die Zulieferer bis zum Geht-nichtmehr ausgepresst. Die Überspitzung des Just-in-timePrinzips, die Margen und all das waren nicht berauschend und auf lange Sicht auch nicht zukunftsfähig. Das rächt sich jetzt einfach. In dem Kontext ist es auch wenig erfreulich, dass der während einiger Wochen angedachte Fonds unter Beteiligung der Kfz-Industrie nicht zustande gekommen ist. So wie die Spezialisierung zum Teil vorangetrieben ist, werden die noch schnell genug erleben, was los ist, wenn es klemmt.
Man muss auch noch festhalten, dass die Krise in der Automobilindustrie mitnichten originär mit dem Finanzmarktdebakel zusammenhängt und der sich daraufhin abzeichnenden Wirtschaftskrise, sondern wir haben schon einige Monate vorher gespürt, dass es bei uns in der Automobilindustrie ganz gewaltig rumpelt, weil gerade die deutsche Automobilindustrie einiges verschlafen hatte.
Als Stichworte nenne ich Hybrid, Stickoxidfilter und Partikelfilter. Auch in dem Kontext wird die Staatsregierung sicher immer darum bemüht sein - selbstverständlich geht es jetzt um die Automobilzulieferer -, dass man hier wirklich Innovationen anschiebt.
Hinzu kommt, dass sich ein nicht unerheblicher Teil unserer Automobilzulieferer in den letzten Jahren leider in die Hände von Finanzinvestoren begeben hat. Wir wissen alle, wie die grundsätzlich ticken. Wir wissen vor
allem aber, wie nass es denen jetzt reingeht. Sie müssen also Geld abziehen und können nichts nachlegen. Das verschärft die Krise bei sehr, sehr vielen Automobilzulieferern. Herr Wirtschaftsminister, was hier angesagt ist, haben Sie gewiss auch schon in Ihrem Fokus, nämlich strategische Investoren und industrielle Investoren herzubringen. Man muss zumindest langfristig versuchen, die Finanzinvestoren zu ersetzen.
Wir werden dem Antrag selbstverständlich zustimmen, wiewohl wir nicht mit den Forderungen unter jedem Spiegelstrich einverstanden sind. So fordern Sie die Staatsregierung dazu auf, insbesondere darauf hinzuwirken, dass auch im Bundesrat die neue Kfz-Steuer mit der CO2-Komponente unterstützt wird. Sie wissen, wie wir da positioniert sind und dass wir uns da noch eine grundsätzlichere Ausrichtung gewünscht hätten. Wir stimmen dem Antrag aber zu, weil wir ihn für ein wichtiges Signal halten.
Dann wurde die Problematik Hausbanken angesprochen; ich glaube, das war Kollege Kirschner. Das ist ein Problem, das wir auch schon in parlamentarischen Initiativen außerhalb der Krise behandelt haben, das sich jetzt aber massiv verschärft. Es geht dabei nicht so sehr um langfristige Kredite für Investitionen, sondern das Dilemma liegt in Kontokorrentkrediten - davon wurde gesprochen -, aber vor allem in Avalkrediten. Was hier gemacht wird, ist einfach unerträglich. Da muss man schon versuchen, hier gegenzusteuern, zumal es sich in vielen Fällen um Hausbanken handelt, auf die Kommunalpolitiker schon noch in gewisser Weise Rückgriff haben sollten.
Wir meinen auch nicht - das ist an meinen Vorredner gerichtet - dass mit dem Antrag groß der Eindruck erweckt werden sollte, was der Staat alles kann. Da sind einzelne Instrumente aufgezählt, wobei man zum Mittelstandsschirm sagen muss: Wir wissen, wie schnell wir da an der Grenze sind. Es gibt Automobilzulieferer von verschiedener Größe, von ganz klein bis hin zu ganz groß. Wir haben in den letzten Tagen und Wochen konkrete Fälle diskutiert, zum Beispiel Geiger, Edscha oder Schaeffler/Conti. Wir müssen uns da einfach nach der Decke strecken und schauen, was machbar ist. Kollege Muthmann hat auch die Größen genannt.
Mittlerweile wird der famose Globalisierungsfonds - "famos" sage ich mit Blick auf meinen Hintermann, wir haben das in gleicher Weise eingeschätzt - in einen Allzweck-Krisen-Rettungsfonds umgewidmet. Aber dieser ist einfach begrenzt. Die Bäume wachsen hier nicht in den Himmel; dessen sind wir uns bewusst. Wir sind uns auch dessen bewusst, dass sich der Freistaat selbstverständlich innerhalb eines sehr engen Korsetts bewegen muss. Sein Handeln wird bestimmt von der Überlegung, wie groß das Budget ist und was das eu
ropäische Beihilferegime hergibt. Herr Minister, wir sind d'accord, dass Sie selbstverständlich darauf achten, dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, dass nicht gutes Geld dem schlechten Geld hinterher geworfen wird und dass es nicht so ausgehen kann, dass vor allem die Anteilseigner und die Altgläubiger gefördert werden, sondern dass die Förderung der Industrie an sich und den Arbeitsplätzen dienen muss.
Wir ermuntern Sie, hier wirklich aktiv zu werden, stimmen diesem Antrag zu und freuen uns über das einstimmige Votum, das Sie bei diesem Antrag mit großer Wahrscheinlichkeit errreichen werden.
Danke schön, Herr Dr. Runge. Als Nächster hat Herr Staatsminister Martin Zeil das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Hohen Hause für diese Debatte sehr dankbar, denn sie unterstreicht, welch großes Augenmerk wir fraktionsübergreifend der schwierigen Situation einer der Schlüsselbranchen unseres Landes widmen. Es ist unverkennbar, dass wir die Auswirkungen einer weltweiten tiefen Krise erleben. Die Automobilbauer spüren die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise unmittelbar. Die Verkaufszahlen in Europa scheinen seit Monaten nur eine Richtung zu kennen, nämlich nach unten. In den USA und in Japan sieht es teilweise noch dramatischer aus. Wir müssen uns zu dem Befund durchringen, dass eine Besserung derzeit noch nicht in Sicht ist.
Alle Hersteller passen ihre Kapazitäten an. Dies schlägt voll auf die Zulieferer durch. Wir sehen, dass Auswirkungen wie verlängerte Werksferien, Kurzarbeit, Trennung von Leiharbeitern und Abbau von Arbeitszeitkonten an der Tagesordnung sind. Ich glaube, Herr Kollege Roos hat dies besonders angesprochen. Ich möchte unterstreichen, Herr Kollege, dass uns die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besondere Sorge machen; denn wir brauchen sie mit der Qualifikation, wie wir sie derzeit haben. Deswegen muss man die Chance der Instrumente nutzen - von der Weiterbildung bis hin zur Weiterqualifizierung.
Für kleine und mittelständische Zulieferbetriebe hat sich die Finanzierungssituation erschwert. Infolge der
Finanzmarktkrise verhalten sich die Banken bei der Vergabe dringend benötigter Kredite zunehmend restriktiv. Das verschärft das Problem der Vorfinanzierung bei den Zulieferern, die ohnehin unter hohem Kostendruck und permanentem Investitionsbedarf stehen.
Die Dimension der Absatzschwäche, meine Damen und Herren, zeigt, dass niemand die Krise im Alleingang lösen kann und es des engen Schulterschlusses zwischen Wirtschaft und Politik bedarf, um die Krise zu überwinden. Wenn der Schulterschluss heute in diesem Hause deutlich wird, kann das nur gut sein.
Die Staatsregierung handelt. Wir stehen zum einen im engen Austausch mit den bayerischen Herstellern, der Zuliefererbranche, den Kfz-Händlern sowie den Arbeitnehmervertretern der Automobilindustrie. Wir unterstützen zum anderen alle Task-forces und Ad-hoc-Gruppen - wie immer sie sich nennen -, die sich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern zusammengefunden haben, und wir selbst suchen dauerhaft und zeitnah insbesondere die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Ich darf mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken, dass dieser Kontakt so eng angenommen wird.
Wir bieten im Rahmen unserer landespolitischen Möglichkeiten Unterstützung. Wir sind in jedem Einzelfall im engen Kontakt. Wir sind auch im engen Kontakt mit anderen Bundesländern, soweit es sich um innerhalb Deutschlands grenzüberschreitende Unternehmen handelt. Wir müssen aber immer wieder erkennen und klar sagen - Kollege Muthmann hat es angesprochen -, dass wir als Staat nicht die Illusion nähren dürfen, als könnten wir in dieser schwierigen Situation überall einschreiten und alles lösen.
Wir müssen als Treuhänder für das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler äußerst behutsam mit den uns anvertrauten Steuergeldern umgehen. Ich unterstreiche, dass auch in diesem Bereich - das betrifft auch die Zuliefererbranche - nicht jede unternehmerische Entscheidung und Fehlentscheidung, die vor der Finanzmarktkrise getroffen worden ist, vom Steuerzahler ausgebügelt werden kann.
Wir fordern mit Nachdruck von der Bundes- und Europaebene Entscheidungen zugunsten der Automobilbranche und waren dabei auch erfolgreich. Die längst überfällige CO2-basierte Kfz-Steuerreform kann nun hoffentlich bereits zum 01.07.2009 in Kraft treten.