Protocol of the Session on February 6, 2013

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bayerisches Kulturkonzept vor Konzertsaaldebatte (Drs. 16/15566)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Konzertsaal für Nürnberg - Kulturelle Förderung des ländlichen Raums nicht vergessen (Drs. 16/15567)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Für die SPD hat sich Frau Schmitt-Bussinger zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Als Nürnberger Abgeordnete reibe ich mir die Augen, wenn ich lese: München bekommt einen fünften Konzertsaal.

(Alexander König (CSU): Wer sagt denn das?)

- Hören Sie erst einmal zu. Minister Heubisch will ihn; es gibt bereits eine Machbarkeitsstudie. Man gewinnt den Eindruck, dieser Konzertsaal kommt auf jeden Fall, egal, ob man ihn braucht oder nicht. Es scheint unerheblich, ob die entscheidenden Fragen, wie die Frage der Finanzierung, geklärt sind oder nicht. Eines weiß man aber schon: Eine finanzielle Beteiligung der Stadt München ist nicht vorgesehen.

Kolleginnen und Kollegen, ganz anders verläuft die Diskussion über die notwendige Ausweichspielstätte für die Oper in Nürnberg. Fakt ist: Das Nürnberger Opernhaus muss dringend saniert werden. Für drei bis vier Jahre muss eine Ausweichspielstätte gefunden werden. Dabei besteht parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass es Sinn macht, eine dauerhafte Lösung anzustreben, wenn schon zig Millionen Euro ausgegeben werden müssen; denn außer der ebenfalls sanierungsbedürftigen Meistersingerhalle und dem Opernhaus gibt es keinerlei weitere Spielstätten und keinen größeren Veranstaltungsort für 1.000 bis 1.400 Gäste in Nürnberg.

Wie gehen nun der Landtag und die Staatsregierung mit dieser Situation um? - Seit dem letzten Sommer liegt unser Antrag dem Landtag vor, der eine entsprechende Unterstützung durch den Bayerischen Landtag einfordert. Bisher ist man nicht einmal dazu bereit, diese Zustimmung zu geben. Ich würde sagen, das ist ein Armutszeugnis, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Auch wird keine Machbarkeitsstudie seitens des Landtages oder des zuständigen Ministers angestoßen. Nein, vielmehr wird der Stadt Nürnberg gesagt: Mach mal ein Konzept. "Großzügig" − in Anführungszeichen - wie Finanzminister Söder nun einmal ist, stellt er der Stadt Nürnberg dafür 100.000 Euro zur

Verfügung. 50 % des Neubaus muss die Stadt Nürnberg aber selbst finanzieren. Keine Rede ist davon, dass eine finanzielle Beteiligung der Stadt Nürnberg nicht notwendig wäre, wie es zum Beispiel in München der Fall ist, obwohl − das wissen wir alle − die finanzielle Situation der beiden erwähnten Städte höchst unterschiedlich ist.

Kolleginnen und Kollegen, wir Nürnberger, wir Franken neiden den Münchnern nichts, rein gar nichts.

(Volkmar Halbleib (SPD): Also der Oberbürgermeister wird schon beneidet! - Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

- Auch nicht. Man muss das immer sagen, Frau Kollegin Bause, weil manche es einem in den Mund legen wollen. Das gilt auch nicht, wenn Sie kostenlos einen fünften Konzertsaal bekommen. Wir wollen aber eine gleichberechtigte Kulturförderung in ganz Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer gleichberechtigten Kulturförderung in ganz Bayern gehört, dass der notwendige Konzertsaal, die notwendige Ausweichspielstätte in Nürnberg offensiver unterstützt wird und Priorität sowohl im Landtag als auch bei der Bayerischen Staatsregierung bekommt, nicht mehr und nicht weniger.

(Alexander König (CSU): Wie macht man das in Würzburg?)

- Ich komme noch dazu.

Dass FREIE WÄHLER und GRÜNE in ihren Anträgen ein Kulturkonzept für ganz Bayern und insbesondere auch für den ländlichen Raum einfordern, ist positiv und zu unterstützen. Allerdings, verehrte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, ist es nicht akzeptabel, dass Sie in Ihrem Antrag die Verantwortung für einen weiteren Konzertsaal in Nürnberg alleine der Stadt Nürnberg zuschieben und schon fast in CSU-Manier eine wohlwollende Prüfung einer finanziellen Beteiligung des Freistaates in Aussicht stellen. Das ist uns zu wenig.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen werden wir uns bei Ihrem Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, der Stimme enthalten. Dem Antrag der FREIEN WÄHLER stimmen wir zu. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne einer Lösung für Nürnberg.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Kollegin Schmitt-Bussinger. Für die GRÜNEN hat Frau Gote das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade gesagt: Hoffentlich kommt Herr Ude nicht bald nach Bayreuth, sonst müssen wir hier den nächsten Antrag debattieren. Es ist richtig, Nürnberg könnte tatsächlich einen Konzertsaal brauchen.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

- Doch, wahrscheinlich.

Ich finde es schön und gut, dass das auch einmal zur Sprache kommt. Ich finde es immer gut, wenn man über Kultur spricht. Es ist auch schön, dass sich Herr Ude damit beschäftigt und sich dazu Gedanken macht. Man muss aber nicht gleich daraus einen Antrag formulieren, Kolleginnen und Kollegen der SPD. Wenigstens sollte man vorher schauen, was im Landtag schon alles passiert ist.

Wir haben in den letzten Jahren im Hochschulausschuss intensive Debatten zur Kulturpolitik geführt − angestoßen von Sepp Dürr. Wir haben uns mit den Leitlinien zur Kulturpolitik in Bayern auseinandergesetzt − im wahrsten Sinne des Wortes − und haben heftig darum gestritten. Wir haben viele Diskussionen geführt, und wir haben es geschafft, diese Debatten auf ein sehr hohes konzeptionelles Niveau zu bringen. Wir haben das alle miteinander gemacht, auch gemeinsam mit der SPD. Wir waren uns einig, wir waren weg vom Klein-klein, wir waren weg von den Neiddebatten und Leuchtturmdebatten. Wir waren uns über Folgendes einig: Wir wollten den gesamten Investitionsbedarf für Kultur und kulturelle Einrichtungen in Bayern ermitteln. Damit werden wir uns im Ausschuss beschäftigen. Wir wollten uns insbesondere regionale Kulturkonzepte ansehen. Wir wollten uns ansehen, wie das andere Länder machen. Es gibt Best-Practice-Beispiele. Auch das haben wir beschlossen. Wir waren uns auch darin einig, dass regionale Verteilungsdebatten eher überflüssig sind, weil sie kontraproduktiv wirken.

Wir müssen die Diskussion mit den Regionen und Kommunen gemeinsam führen. Wir müssen natürlich auch deren finanzielle Situation mit berücksichtigen. Für Nürnberg bedeutet das konkret: Nürnberg braucht zu diesem Zeitpunkt kein Konzertsaal-Konzept. Nürnberg braucht ein Kulturkonzept. Vor dem Hintergrund der Sanierung des Nürnberger Opernhauses könnte eventuell mit der Ausweichstätte ein neuer dauerhafter Konzertsaal geschaffen werden. Für diese Debatten sind wir offen. Voraussetzung hierfür ist ange

sichts der kommunalen Planungshoheit zunächst einmal eine Initiative der Stadt Nürnberg sowie ein geeigneter Standort.

(Markus Rinderspacher (SPD): In München darf man darüber sprechen, in Nürnberg nicht!)

- Jetzt hören Sie doch erst einmal zu.

Das alles anzusehen und zu prüfen, haben wir im Hochschulausschuss beschlossen. Auch im Landtag haben wir das gemeinsam beschlossen. Dazu soll es einen Bericht geben. Den Bericht sollten wir eigentlich schon haben, aber er ist wieder einmal überfällig, wie so viele Berichte aus Ihrem Hause, Herr Heubisch. Wir müssen immer auf die Berichte warten. Wir warten jetzt auf diesen Bericht.

Ich bitte Sie jetzt um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir werden den SPD-Antrag heute aus den genannten Gründen ablehnen. Dem Antrag der FREIEN WÄHLER, der in eine ähnliche Richtung geht wie unserer, stimmen wir zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin Gote. Für die FREIEN WÄHLER hat Herr Dr. Bauer ums Wort gebeten. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat ein wichtiges und aktuelles Thema angesprochen. Das ist sehr zu begrüßen, und da sind wir dabei. Leider ist der Dringlichkeitsantrag aber etwas zu kurz gesprungen; denn er greift nur ein Problem im kulturellen Leben Bayerns auf, nämlich den fehlenden Konzertsaal in Nürnberg. Meine persönliche Meinung ist − diese ist allgemein bekannt -: Ich stehe dem aufgeschlossen und wohlwollend gegenüber.

Dieser Dringlichkeitsantrag könnte aber, wenn man ihn genau liest, den Eindruck erwecken, es geht um München gegen Nürnberg, um Nordbayern gegen Südbayern oder städtische Regionen gegen ländliche Regionen. Dieses gegeneinander auszuspielen halten wir nicht für richtig. Das ist nicht zielführend und ist auch nicht die Politik der FREIEN WÄHLER. Aus diesen Gründen müssen wir leider diesen Antrag ablehnen.

Nach unserer Ansicht ist es notwendig, die kulturelle Förderung des ländlichen Raums im gesamten Freistaat zu betrachten. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, und insofern bitte ich das Ministerium, in die Puschen zu kommen und uns diesen Bericht vorzulegen, der

uns schon vor über einem Jahr zugesagt worden ist. Deshalb haben auch die FREIEN WÄHLER einen Nachzieher vorgelegt, der ausgewogen und zielführend ist, und zwar ganz im Sinne der Politik der FREIEN WÄHLER, nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bayern herzustellen. Deshalb muss das kulturelle Angebot, insbesondere im ländlichen Raum, gestärkt werden. Dieses Ziel darf bei der ganzen Diskussion nicht ausgespart werden. Es gibt Defizite, die über Jahre entstanden sind und endlich aufgearbeitet werden müssen. Der Nachholbedarf muss beseitigt werden; deshalb dieses Gesamtkonzept.

Wir FREIEN WÄHLER legen Wert darauf, dass das geforderte Gesamtkonzept sofort erstellt wird; denn es ist schon überfällig. Das Konzept ist uns schon für das letzte Jahr zugesagt worden. Insbesondere müssen in diesem Gesamtkonzept − darauf legen wir besonderen Wert − konkrete Finanzierungsvorschläge enthalten sein. Es nützt uns nichts, wenn wir ankündigen, das oder jenes unter Haushaltsvorbehalt zu machen. Deswegen lehnen wir Luftbuchungen, Maximalversprechen oder Intransparenz ab. Wir haben das schon einmal in Verbindung mit dem Museum für Bayerische Geschichte erlebt. Dieses gesamte Verfahren möchten wir nicht noch einmal erleben und bitten Sie, unserem wegweisenden Antrag zuzustimmen, denn dieser führt unser Kulturland Bayern einen Schritt weiter. Er hilft uns allen weiter.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Dr. Bauer. Für die CSU bitte ich Herrn Jörg ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, geschätzter Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie ein Kulturkonzept für Bayern einfordern, dann sind Sie ein oder zwei Monate zu spät. Das, was wir mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 beschlossen haben, ist ein Kulturkonzept für ganz Bayern, das sich sehen lassen kann.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es umfasst Schwerpunktsetzungen in der Kultur in allen räumlichen Bereichen, wie wir sie in ganz Bayern vorfinden - ob Mödlareuth, Glasmuseum, Museum für Bayerische Geschichte, Mainfränkisches Museum, Sudentendeutsches Museum oder Porzellanikon, um nur einige zu nennen. Dann ist hinzuweisen auf die vielen Projekte, die überall in Bayern in Bezug auf kulturelle Angebote verfolgt werden. Das betrifft die Unterstützung der Sing- und Musikschulen, die Museumspädagogik, die nicht staatlichen Museen, Orchester oder Theater. Auf diesen Feldern haben wir

viel gemacht. Wir dürfen zu Recht darauf stolz sein, dass wir eine derartige Schwerpunktsetzung im jetzigen Doppelhaushalt mit einer Viertelmilliarde Euro, die wir bis 2018 in die Hand nehmen, vorgenommen haben.

Lassen Sie uns doch in aller Unaufgeregtheit − das haben die Nürnberger auch verdient − über den Konzertsaal in Nürnberg gemeinsam diskutieren. Wir haben im Hochschulausschuss am 06.11.2012 gemeinsam parteiübergreifend beschlossen, dass es uns ein wichtiges Anliegen ist, von der Staatsregierung, und zwar im Benehmen mit Nürnberg, einen Bericht zu bekommen, wie man sich das konzeptionell vorstellt. Die exakte Formulierung kam auf Anregung der Opposition zustande. Wir haben das gemeinsam beschlossen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wer ist denn mit dem Konzertsaal in München vorgeprescht?)

Wir werden uns doch jetzt die Zeit bis zum 31. März gönnen und diesen Bericht abwarten. Die Stadt Nürnberg wird − ich halte das für gut − ihre Vorstellung mit einbringen, wenn wir die Frist bis Ende März verlängern. Wir machen das selbstverständlich, wenn darum gebeten wird. Dann schauen wir uns das ganz genau an.