Protocol of the Session on December 12, 2012

einem grünen Ministerpräsidenten, Winfried Kretschmann, und einer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Gabriele Warminski-Leitheußer, immerhin SPD-Mitglied. Das ist grün-rote Bildungspolitik in Baden-Württemberg.

Zum Sachhaushalt ein paar Informationen, insbesondere in Bezug auf den wichtigen Schulgeldersatz: Wir werden eine Erhöhung in zwei Schritten vornehmen, und zwar von 87,50 Euro auf 95 Euro zum 01.08.2013 und auf 100 Euro zum 01.09.2014. Das heißt konkret: Wir haben Wort gehalten, und das ist eine wichtige Botschaft gerade an unsere Privatschulen im Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden auch weiterhin die verbandliche Jugendarbeit und den Breitensport stärken. Dies zeigen eine deutliche Erhöhung bei der verbandlichen Jugendarbeit um eine Million Euro und auch eine deutliche Verbesserung bei der Vereinspauschale um weitere 750.000 Euro. Auch für den Erhalt kirchlicher Gebäude setzen wir zusätzliche 2 Millionen Euro ein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Punkt, der mir persönlich, aber auch den meisten Kollegen sehr wichtig ist, ist der Bereich Verwaltungsangestellte. Sie wissen alle − da sind wir uns, glaube ich, einig -, dass hier weitere Verbesserungen vorgenommen werden müssen. Deswegen haben wir beschlossen, dass 150 zusätzliche Verwaltungsangestellte an Schulen eingestellt werden. Das ist eine ganz wichtige Botschaft an unsere Schulen im Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich hebe deutlich hervor: Die bayerischen Schülerinnen und Schüler erreichen seit Jahren − ich betone: seit Jahren − in allen nationalen und internationalen Leistungsstudien Spitzenplätze und Spitzenergebnisse: Platz 1 im Bildungsmonitor 2012 bei Schulqualität, Inputeffizienz und beruflicher Bildung; Platz 1 im deutschen Lernatlas der Bertelsmann-Stiftung 2011; Platz 1 bei der Schulqualität im Bildungsmonitor 2011; Platz 1 bei den sprachlichen Kompetenzen in Deutsch und Englisch mit einem Lernvergleich 2009. Ganz aktuell ist dies: Eine erst vor Kurzem veröffentlichte Topplatzierung hat hervorgebracht, dass Bayerns Grundschüler der vierten Jahrgangsstufe in den Fächern Deutsch − hier speziell bezüglich Lesen und Zuhören − und Mathematik jeweils den 1. Platz einnahmen. Ich war sehr erstaunt über eine Aussage der "Süddeutschen Zeitung" vom 6. Oktober 2012, wo zu diesem Punkt Stellung bezogen wurde. Da wurde Folgendes beschrieben − ich darf zitieren:

Es gibt jetzt keine Ausreden mehr für andere Bundesländer außerhalb von Bayern.

Das ist das wertvollste Ergebnis der Grundschulstudie.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich darf noch eine weitere Aussage draufsetzen. Der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe von der SPD hat in der "Süddeutschen Zeitung" vom 9. Oktober 2012 gesagt − ich darf zitieren -:

Gerade bei Kindern mit Zuwanderungshintergrund müssen wir besser werden. Dass das geht, zeigt Bayerns Bilanz. Bayern liegt nämlich nicht nur ungewöhnlich weit vorn bei Schülern ohne Zuwanderungshintergrund, sondern auch bei denen aus Zuwandererfamilien. Das muss man anerkennen und auch nach den Ursachen des Erfolgs forschen.

Das ist eine Aussage eines SPD-Bildungssenators aus Hamburg!

Wir haben auch derzeit beste Noten für Bayerns Schüler bekommen. Ich stütze mich dabei insbesondere auf den Bildungsbericht 2012. Ich sage für meine Fraktion der CSU ganz deutlich: Wir müssen und werden weiterhin unser erfolgreiches Bildungswesen in Bayern beibehalten. Wir werden dieses Bildungssystem nie aufgeben. Wir wollen keine Verhältnisse, wie sie im Land Berlin herrschen, wo der Zugang zum Gymnasium per Los entschieden wird. Das darf und wird es in Bayern nie geben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Diese Bildungserfolge kommen nicht von ungefähr. Wir haben derzeit so viele Lehrkräfte an unseren Schulen wie noch nie. Deswegen sage ich heute auch von meiner Seite ein ganz besonderes Dankeschön an unsere Lehrerinnen und Lehrer, die sich sehr viel Mühe geben und unsere Kinder und Jugendlichen mit großem Erfolg unterrichten. Auch hierfür ein ganz besonderes Dankeschön!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir mit der Durchführung und Einführung unserer Dienstrechtsreform und auch durch den Doppelhaushalt 2013/14 die Möglichkeiten haben, weitere Stellenhebungen vorzunehmen. Das ist eine ganz wichtige Botschaft an unsere tüchtigen Lehrkräfte an den bayerischen Schulen.

Wir sollten uns alle über die großartigen Leistungen unserer bayerischen Schülerinnen und Schüler freu

en. Für diese Leistungen, die an unseren Schulen immer wieder erbracht werden, sage ich eine ganz besondere Anerkennung. Abschließend bedanke ich mich ganz herzlich bei unserem bayerischen Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle. Lieber Herr Minister, herzlichen Dank für die großartige Arbeit, die hier geleistet wird! Den Wert dieser Arbeit erkennt man sehr deutlich an den Bildungsergebnissen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bedanke mich auch bei unserem Staatssekretär Bernd Sibler, der immer wieder draußen vor Ort ist und uns entsprechend unterstützt. Ein ganz besonderes Dankeschön sage ich auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kultusministeriums für die großartige Arbeit.

Ich darf Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitten, diesem, wie ich meine, wunderbaren Einzelplan 05 − Unterricht und Kultus − zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die SPD bitte ich Herrn Strobl ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem stimme ich mit meinem Vorredner überein, nämlich den Lehrerinnen und Lehrern ein herzliches Dankeschön für die Arbeit zu sagen, die sie leisten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist wichtig, dies seitens der Politik immer wieder zu betonen.

In seiner gestrigen Rede hat uns Ministerpräsident Seehofer in der Meinung bestätigt, dass die Grundlage für Arbeit, Wohlstand und Teilhabe Bildung und Wettbewerbsfähigkeit sind. Genau deshalb wollen wir, dass mehr Kinder unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Geschlecht an der Bildung teilhaben können.

In den letzten Wochen haben wir im Haushaltsausschuss die verschiedenen Einzelpläne beraten. Dazu haben wir unsere Anträge eingereicht. Viele wurden, wie es üblich ist, abgelehnt. An anderen Stellen hat sich die CSU bewegt. Immerhin! Obwohl wir jedoch einen Doppelhaushalt beraten haben, haben Sie von der CSU eigene Anträge nur für das Jahr 2013 vorgelegt. Ich frage mich, was mit dem Jahr 2014 ist.

Vor Kurzem wurde der Bildungsbericht 2012 vorgestellt. Da heißt es: Bei gleichen kognitiven Fähigkeiten und gleicher Lesekompetenz ist die Chance, dass Lehrkräfte eine Gymnasialpräferenz aussprechen, für

ein Kind aus einer bildungsnahen Familie in Bayern dreimal so hoch wie für ein Kind aus einer bildungsfernen Familie. Im Vergleich zu ihren Mitschülern aus einheimischen Familien erzielen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund oft schlechtere Leistungen und niedrigere Bildungsabschlüsse. Damit kann ich mich einfach nicht abfinden. Es gibt also junge Menschen, die in der Lage wären, gute Leistungen zu vollbringen. Das muss man doch fördern. Dafür müssen aber die Voraussetzungen geschaffen werden.

(Beifall bei der SPD)

In Bayern bestehen nach wie vor regionale Unterschiede hinsichtlich Schülerleistungen und Bildungsbeteiligung. Solange das so ist, haben wir im Landtag unsere und haben Sie, Herr Kultusminister, noch Ihre Hausaufgaben zu machen. Solange das so ist, können und dürfen wir mit der Bildungspolitik nicht zufrieden sein. Sie müssen aufhören, alles schönzureden. Solches hören wir ja in jeder Sitzung. Es ist natürlich nicht alles schlecht, und ich bin nicht der Mensch, der so etwas sagt. Aber vieles ist verbesserungswürdig. Dies muss man erkennen, und dafür muss man etwas tun. Es darf die Frage erlaubt sein, ob das Kultusministerium mit einer mangelhaften Infrastrukturplanung dazu beiträgt, dass ganze Regionen in Bayern abgehängt werden.

Allein in dieser Legislaturperiode haben wir 10 neue Gymnasien und 15 neue Realschulen möglich gemacht. Ja, wo sind die denn? Wenn man im Bildungsbericht auf die Landkarte schaut, stellt man fest, dass ein Ausbau des Standortnetzes schwerpunktmäßig in den Verdichtungsräumen stattgefunden hat. Nur dort findet man Standorte von Gymnasien, Realschulen und Wirtschaftsschulen, die zwischen 2000 und 2010 neu eröffnet wurden. Es gibt doch auch andere Regionen, wo es notwendig wäre, etwas zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Im bayerischen Bildungsbericht 2012 kommen auch andere Schwachstellen zum Vorschein. Viele Eltern schicken ihre Kinder nicht auf das Gymnasium, obwohl diese eine Gymnasialempfehlung haben. Ich darf hier unseren bildungspolitischen Sprecher Martin Güll zitieren, der gesagt hat: Das Gymnasium muss so gut aufgestellt sein, dass es für alle Schülerinnen und Schüler mit einer Gymnasialempfehlung die erste Wahl ist; sonst verliert Bayern zu viele Talente. Vor allem muss auch der Druck aus den Gymnasien genommen werden, unter anderem durch eine Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9.

Die jetzt vorgelegten Grundschulstudien TIMSS und IGLU machen deutlich, dass der soziale Aufstieg bereits in der Grundschule beginnt und in viel zu vielen Fällen dort auch endet. Wenn es stimmt, dass sich manche Pädagogen in ihren Empfehlungen zu sehr von der sozialen Herkunft der Kinder leiten lassen, dann ergibt sich auch hier Handlungsbedarf. Allerdings darf man nicht übersehen, dass viele Lehrkräfte täglich an ihre persönliche Belastungsgrenze gehen und wenig Unterstützung erfahren. Leider, so der BLLV, gebe es auch an den Grundschulen ausgebrannte und erschöpfte Pädagogen.

Vor Kurzem wurde die Bertelsmann-Bildungsstudie vorgelegt. Darin hieß es, dass es in Bayern als einzigem Bundesland mehr Auf- als Absteiger gebe. Das ist dann durch die Medien gegangen. Aber was stellt man fest, wenn man genau hinschaut? Dabei stellt sich heraus, dass bei den Schulwechslern der sechsten bis zehnten Klasse in Bayern auf einen Aufsteiger neun Absteiger kommen. Das sind Schüler, die eine höhere Schulform, also das Gymnasium oder die Realschule, verlassen müssen. Wenn man genau hinschaut, stellt sich heraus, dass der Aufstieg nach der fünften Klasse Mittelschule in eine höhere Schulform mit einer Klassenwiederholung erkauft werden muss, was in Deutschland einmalig ist.

1.129 Schulkinder schafften im Schuljahr 2010/2011 den Aufstieg aus der Mittelschule in die Realschule oder das Gymnasium. Mehr als zehnmal so viele, 11.471 Kinder, wurden von oben nach unten durchgereicht. Mittelschülern gelingt es praktisch überhaupt nicht, auf ein Gymnasium zu kommen. Die Bertelsmann-Studie spricht hier von einer bayerischen Besonderheit. 8.116 Kinder sind vom Gymnasium in die Realschule "gegangen worden". 4.124 Schüler sind von der Real- auf die Haupt- beziehungsweise Mittelschule gekommen und 845 Kinder vom Gymnasium auf die Hauptschule. Das sind insgesamt über 13.000 Kinder, denen man mit einer besseren individuellen Förderung hätte helfen können. 13.085 Kinder müssen das Gefühl bekommen, versagt zu haben.

Ist also das bayerische Schulsystem vielleicht doch hoch selektiv? Sollte man nicht trotzdem neben den traditionellen Schulformen mit der Gemeinschaftsschule als Schule des längeren gemeinsamen Lernens einen Schultyp etablieren, der stark auf individualisierte Förderung setzt und das Sitzenbleiben überflüssig macht?

(Beifall bei der SPD)

Schulformen − das wissen wir auch − sind kein Selbstzweck. Es darf aber die Frage erlaubt sein, warum Gemeinschaftsschulen, die alle Abschlüsse

anbieten könnten, aus ideologischen Gründen nicht zugelassen werden. Warum lehnen Sie es ab, für jeden Regierungsbezirk, so wie wir es beantragt haben, zumindest eine Gemeinschaftsschule zu akzeptieren? Warum haben Sie Angst davor?

An dieser Stelle höre ich immer wieder, in den Schulen müsse Ruhe einkehren. Vielleicht darf ich Sie einmal darauf aufmerksam machen, dass jede Unruhe von Ihnen und vom Kultusministerium in die Schulen gebracht worden ist und, so vermute ich, weiter hineingebracht werden wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich stelle fest: Jedes Jahr eine neue Reform, R 6, G 8 und so weiter, oder auch ein Schulversuch, Monat für Monat die Bekanntgabe angeblich neuer Erfolgsmeldungen. Derzeit wiederholt sich das ständig: jede Woche ein neues Rundschreiben aus dem Kultusministerium, kein Tag ohne eine Pressemitteilung mit pädagogisch dummen Vergleichen wie zum Beispiel zur Gemeinschaftsschule. Das Kultusministerium spricht von der Gemeinschaftsschule als einer "Waschmaschine mit extrem hoher Schleuderzahl". Als ich das gelesen habe, habe ich wirklich gemeint, ich lese nicht richtig. Vom Ministerium hätte ich nicht erwartet, dass es derart unter der Gürtellinie argumentiert.

(Beifall bei der SPD)

So wie Sie eine Kehrtwende bei der Atomenergie, beim Büchergeld, bei den Studiengebühren und bei anderen Themen gemacht haben, so werden Sie auch noch eine Kehrtwende bei der Gemeinschaftsschule machen, weil es dazu auf Dauer gar keine Alternative gibt.

Wir beraten ja einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Verfassung. Die Verfassung wird durch Regelungen zur Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern ergänzt. Das wird als Staatsziel in der Verfassung unseres Freistaats verankert. Gleichwertige Lebensverhältnisse werden Sie jedoch nicht schaffen können, wenn es keine wohnortnahe Schule mehr gibt, an der die verschiedenen Schulabschlüsse mit hohem Niveau gemacht werden können.

So wie sich der griechische Ministerpräsident Samaras bei uns informiert, sollten Sie, Herr Minister, sich öfter in den Nachbarländern umschauen. Reisen bildet bekanntermaßen. Es ist immer gut, wenn man einmal woanders hinfährt, sich Anregungen holt und schaut, was man besser machen könnte. Wie heißt es doch so schön? Das Bessere ist der Feind des Guten.