Protocol of the Session on December 11, 2012

- Dann haben Sie jahrelang Demagogie betrieben. − Meine Damen und Herren, mit dieser Euro-Finanzpolitik stellen Sie die Weichen falsch, und das wird uns am Ende Kopf und Kragen kosten. Sie ruinieren damit die Geldwertstabilität, und das wissen Sie auch. Sie wissen, dass Sie auf dem falschen Dampfer sind, aber leider nicht mehr herunter können. Auch hier gilt: Kümmern Sie sich darum, Schlimmeres zu verhindern. Kümmern Sie sich darum, dass die deutschen und bayerischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht in diesen Strudel hineingezogen werden. Reden Sie mit denen, dann werden Sie hören: Bitte keine Bankenunion, bitte keine Haftungsunion. Ich prophezeie eines: Eine Haftungsunion wird in Kürze mit Ihrer Zustimmung kommen. Man wird sagen, dass man sich gegenseitig stützen muss. Sie werden auch die bayerischen Sparkassen in die Haftung für Goldman Sachs & Co. nehmen lassen. Sie hatten schon

bisher kein Problem damit, diese Leute über die Rettungsschirme zu bedienen.

Unsere Lösung ist ganz klar: Wir wollen an der bewährten Struktur festhalten, die wir heute haben.

(Alexander König (CSU): Was machen wir jetzt?)

Wir brauchen heute die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken gar nicht in Haftung für die Unfälle der Großen zu nehmen. Lasst die in Ruhe, die solide gewirtschaftet haben, und lasst die Großen auch einmal für ihre Fehler selbst bezahlen!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meinen Damen und Herren, das regionale Bankensystem ist noch einigermaßen sturmsicher, wenn wir als Politiker nicht das Dach davon herunterreißen. Lassen Sie also diese Dinge unangetastet, lassen Sie davon die Finger! Ich appelliere nochmals an Sie: Lassen Sie Sparkassen und Genossenschaftsbanken außerhalb der Eurokrise! Ziehen Sie die nicht mit hinein in der Hoffnung, dass dann noch ein paar Milliarden Euro fällig werden, dass wir diesen Wahnsinn dann noch ein paar Monate länger durchhalten können. Nein, wir müssen heute fordern, dass das System von unten her nach oben stabil und solide aufgebaut sein soll.

Dazu brauchen wir in Bayern die Landwirtschaft vor Ort; dafür brauchen wir eine Energiepolitik, die regionale Wertschöpfung zulässt; dafür brauchen wir eine gute Bildungspolitik; dafür brauchen wir eine vernünftige Verkehrsinfrastrukturpolitik; dafür brauchen wir eine Politik, die den Mittelstand nicht vergisst. Wir müssen die ländlichen Räume mitnehmen und dürfen die Probleme in den Städten nicht ohne Not durch immer mehr forcierte Zuwanderung vergrößern. Das heißt, wir müssen auch Mittel in den ländlichen Raum investieren, damit nicht alle jungen Leute in die Städte abwandern, wo sie die Mieten nicht bezahlen können.

Wir brauchen dafür auch eine solide Finanzpolitik. Das bedeutet, in die Zukunft und in die Strukturen zu investieren. Wir müssen in Bildung und Infrastruktur investieren anstatt in die Landesbank und in Großprojekte.

Bisher wurde noch gar nichts zu den ABS-Papieren gesagt, die Sie aus Amerika gekauft haben,

(Alexander König (CSU): Wir haben überhaupt keine gekauft, die Landesbank hat welche gekauft!)

die uns in den nächsten Jahren weitere Risiken in Milliardenhöhe einbrocken werden und die uns weitere

Milliarden kosten werden. Das sind schlummernde Zeitbomben. Bauen Sie also nicht ohne Not weitere schlummernde Zeitbomben, die uns viel Geld kosten. Streichen Sie die Großprojekte, die ich aufgezählt habe. Kümmern Sie sich um die Zukunft dieses Landes. Das ist Programm genug, und zwar nicht nur bis zur Landtagswahl 2013, sondern mindestens für die nächsten vier Jahre. Ich bitte Sie, diese Argumente nicht wieder vom Tisch zu wischen und darüber zu lachen, sondern diese Dinge ernst zu nehmen.

(Anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Aiwanger. Wir setzen die Aussprache fort. Das Wort hat die Vorsitzende der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Frau Kollegin Bause.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich, lieber Markus Rinderspacher, habe vor Kurzem mit großem Interesse das Interview mit Bernd Weiß gelesen. Ich finde, er hat die Misere seiner eigenen Partei, der CSU, wunderbar auf den Punkt gebracht. Weil es so schön ist und weil es so treffend ist, zitiere auch ich gerne Herrn Weiß:

Ich frage mich, was hat die CSU inhaltlich die letzten vier Jahre auf den Weg gebracht. Viel ist das nicht. (…)

(Beifall den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Statt zu regieren, drehen wir uns seither nach dem Wind. (…)

Der Doppelhaushalt, den Sie uns heute vorlegen, ist der Beleg für genau diese Bewertung Ihres Kollegen Weiß. Der Doppelhaushalt ist zwar viele Seiten dick, er ist Milliarden schwer, und er ist mit viel Selbstbeweihräucherung getränkt, aber er steht unter dem Motto: Viel Geld, wenig Ideen, keine Linie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist auch die Devise Ihrer gesamten Politik, Herr Seehofer. Ihr Prinzip ist die Prinzipienlosigkeit. Ihre Überzeugung ist die Überzeugungslosigkeit. Ihre Orientierung ist die Orientierungslosigkeit.

(Alexander König (CSU): So gut kann es Bayern gar nicht gehen, dass Sie nicht solche Geschichten erzählen!)

Das Charakteristikum Ihrer gesamten Politik ist die völlige Beliebigkeit. Markus Rinderspacher hat es an

hand vieler Beispiele aufgelistet. Das muss ich nicht wiederholen. Das Charakteristikum Ihrer Politik ist die völlige Beliebigkeit. Sie, Herr Seehofer, sind Spieler und Spielball in einem. Sie spielen mit allen Positionen. Es kann die sein, es kann die andere sein, aber Sie sind auch Spielball, denn Sie sind Getriebener. Sie gucken danach, wie gerade die Stimmung ist, wie gerade die Umfragewerte sind und welche Position gerade am besten ankommt. Damit sind Sie Spieler und Spielball in einem, aber kein Gestalter von Politik.

(Alexander König (CSU): Die wenigsten dieser Theorien sind wahr!)

Ihr Doppelhaushalt ist Ausdruck dieser Beliebigkeit. Er ist der Versuch, sich mit mehr oder weniger sinnvollen Geschenken bei möglichst vielen Wählern möglichst kurz vor der Wahl möglichst beliebt zu machen. Ihr einziges Ziel ist der Machterhalt für die CSU, koste es, was es wolle. Die FDP macht dabei auch noch brav mit. Ihre Politik kostet in der Tat etwas. Wir haben einen Haushalt auf Rekordhöhe, weil wir uns in Bayern trotz Unterbesetzung der Finanzbehörden über ein herausragend hohes Steueraufkommen freuen dürfen. Wir freuen uns über dieses hohe Steueraufkommen. Es ist hervorragend, es ist wunderbar. Damit könnte man wirklich etwas machen. Damit könnte man Versäumtes nachholen. Damit könnte man verdeckte Schulden abbauen. Damit könnte man Ungerechtigkeiten mindern. Damit könnte man nachhaltig investieren. Und damit könnte man mutig die Weichen für zukünftige Herausforderungen stellen.

Was machen Sie aber in dieser wirklich vorteilhaften Situation? Sie sind mit diesem Doppelhaushalt allenfalls in der Lage, Ihre eigenen Fehler und Versäumnisse zu korrigieren. Darauf komme ich später noch einmal. Wo ist Ihre Antwort auf die strukturellen Probleme? Welche Weichen stellen Sie denn für die Zukunft? Welche Vision haben Sie davon, wo unser Bayern in zehn Jahren stehen soll? Haben Sie denn eine Idee, wohin Sie Bayern in der Zukunft bringen wollen?

(Alexander König (CSU): Wir planen nicht nur für zehn Jahre, sondern bis 2030!)

Sie wollen immer nur so weitermachen wie bisher. Sie wollen in den ausgefahrenen Bahnen weitermachen. Damit werden Sie die Zukunft nicht gestalten können. Damit werden Sie für unsere Kinder keine lebenswerte Zukunft erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie nutzen die Gunst der Stunde nicht. Es ist eine Gunst der Stunde, dass wir so viele Milliarden zur Verfügung haben. Sie nutzen aber die Gunst der

Stunde nicht, weil es Ihnen nur um das Hier und Jetzt geht. Ihnen geht es nur um einen kurzfristigen Effekt. Ihnen geht es um die Show und das selbstgefällige Schulterklopfen. Sie haben keine Idee für eine gute Zukunft für Bayern, für eine gute Zukunft für die Menschen in Bayern.

(Georg Schmid (CSU): Ihr wollt eine andere Zukunft!)

Ihre einzige Idee, Herr Schmid, ist es, dass alles so weitergehen muss wie bisher und dass die CSU an der Macht bleiben muss.

(Georg Schmid (CSU): Stimmt doch nicht!)

Das ist wirklich armselig und das ist wirklich kein Zukunftsprogramm für Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN - Georg Schmid (CSU): Sie wollen an die Macht, und das ist auch kein Zukunftsmodell!)

Kommen wir zu Ihren Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit. Jahrelang haben Sie den Krippenausbau blockiert, weil die Realität in den Familien nicht zu Ihrer verstaubten Familienideologie gepasst hat.

(Alexander König (CSU): Wir bringen den Krippenausbau rasend schnell voran, Frau Kollegin! Nur in München sind die Plätze zu wenig!)

Letztendlich merken Sie, dass Sie sich mit dieser Position ins gesellschaftliche Abseits manövriert haben und jetzt bemühen Sie sich, das Versäumte endlich aufzuholen. Sie investieren ordentlich. Das muss man sagen. Allerdings sollten Sie nicht permanent die Zahlen frisieren, Herr König.

(Alexander König (CSU): Ich doch nie, Frau Bause!)

Ausnahmsweise sollten Sie einmal ehrlich sein, Herr König, denn das fällt Ihnen irgendwann einmal auf die Füße.

(Alexander König (CSU): Bitte den Beweis!)

Schauen Sie sich einfach die Zahlen des Statistischen Landesamts an. Bei der Betreuung der Kinder unter drei Jahren haben wir in Bayern eine Deckungsquote von gerade einmal 23 %, aber nicht die 40 %, mit denen Frau Haderthauer dauernd durchs Land läuft.

(Alexander König (CSU): Wie viel ist es in München?)

Wenn wir die Quote von 37 % erreichen wollen, die erforderlich ist, um den Rechtsanspruch zu erfüllen,

müssen wir in Bayern bis August nächsten Jahres noch 45.000 Plätze schaffen. Das werden Sie nicht schaffen. Da werden Sie nicht hinkommen. Dafür müssten Sie noch 60 % zusätzlich schaffen. Hier rächen sich Ihre jahrelangen Versäumnisse. Ihre Schönrechnerei hilft den Familien, die auf der Suche nach einem Krippenplatz sind, nichts. Zuerst haben Sie jahrelang die Realität verleugnet. Jetzt wollen Sie sich mit Ihrer atemlosen Aufholjagd selbst loben. Das ist eher peinlich und kein Ruhmesblatt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherzulaufen, ist noch keine Tatkraft. Trotz dieser zusätzlichen Investitionen setzen Sie die Anreize an der falschen Stelle. Natürlich ist eine kostenfreie Bildung von der Kinderkrippe über die Schule bis hin zur beruflichen Bildung und zur Hochschule wünschenswert. Bevor wir die Beiträge für die Kinderkrippen und Kindertagesstätten senken können, müssen wir jedoch zuerst in die Qualität der Kindertagesstätten investieren. Das ist vordringlich. Das wünschen sich die Familien.

(Thomas Hacker (FDP): Also brauchen wir Studienbeiträge, damit wir das andere zuerst erledigen können!)