Protocol of the Session on December 4, 2012

(Julika Sandt (FDP): Ich habe als kulturpolitische Sprecherin den gleichen Stimmkreis wie Sie!)

- Sie sind weder hochschulpolitische Sprecherin noch im Hochschulausschuss. Sie haben schlecht verhandelt, Frau Sandt. Die CSU war mal wieder schlauer. Das ist das Problem. Manchmal ist die CSU etwas schneller und schlauer.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Man muss immer bedenken: Koalition bedeutet nicht unbedingt Freundschaft. Das ist das Problem.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ein Hinweis: Hören Sie dem Ministerpräsidenten zu. Er spricht von der Mutter aller Schlachten. Die Kollegen wollen eine absolute Mehrheit der Mandate und nehmen keine Rücksicht auf die FDP. Ich habe das jetzt einfach einmal gesagt und das Geheimnis verraten.

Es ist auffällig, wohin das Geld fließt. Es ist ebenfalls auffällig, dass die eingebundenen Minister auch in ihren Stimmkreisen etwas haben. Die Sozialministerin war bei den Verhandlungen dabei. Dort ist ebenfalls etwas geflossen. Der Bildungsminister, Herr Spaenle, ist ebenfalls dabei.

Selbstverständlich habe ich es ein bisschen überspitzt. Wir befinden uns in einer Plenardebatte. Insofern muss man auch zuspitzen können. Ich glaube jedoch, es ist viel Wahrheit dabei. Im Vordergrund darf nicht stehen, welcher Abgeordnete wo seinen Stimmkreis hat und etwas für seine Bürger tut. Das ist gut. Das gehört zur Arbeit dazu. Zuerst sollte jedoch die Idee, die Überlegung, das Konzept kommen, und erst danach sollte ermittelt werden, wohin das Geld fließt. Das wäre der richtige Weg. Sehr geehrter Herr Staatsminister, das mahne ich an. Das Konzept für die Kulturpolitik muss nicht gleich ein perfekter Plan sein, sollte jedoch ein erster Schritt, ein erstes Nachdenken und ein kleines bisschen Philosophie sein. Das würde der Kulturpolitik in Bayern ganz gut tun.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der nächste Redner ist Kollege Dr. Dürr. Ihm folgt Frau Sandt. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Hohen Hause schon sehr viele überflüssige Regierungserklärungen

gehört. Der Inhalt Ihrer heutigen Regierungserklärung, Herr Minister Heubisch, hätte jedoch noch nicht einmal für eine Pressemitteilung gereicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie hatten nichts Neues und erst recht nichts Bedeutendes zu verkünden. Das ist der Grund, warum Sie heute hier geredet haben. Sie hoffen, dass niemand merkt, dass Sie nichts zu sagen haben, in vier Jahren nichts gestaltet haben und weiter nichts vorhaben. Deswegen reden Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf wirklich charmante und nette Weise sagen Sie nichts. Sie müssen doch selber merken, dass das nicht reicht. Jetzt fragen Sie sicher treuherzig, was Sie sonst hätten tun können. Statt nichts zu erklären, hätten Sie handeln können. Sie hätten zusammen mit dem Wirtschaftsminister endlich den Kulturwirtschaftsbericht vorlegen können, der seit drei Jahren überfällig ist. Das wäre ein guter Moment gewesen, um das zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie hätten in eigener Zuständigkeit ein Landesentwicklungskonzept Kultur vorlegen können. Ich finde es lustig, dass Sie heute allen Forderungen − ich zitiere − "nach einem Landeskulturplan mit allem Nachdruck widersprechen". Das haben Sie heute gesagt. Das finde ich super, weil das alte FDP-Forderungen sind.

(Isabell Zacharias (SPD): Ja genau!)

Super, wie Sie sich selber widersprechen. Das haben Sie vor ein paar Jahren noch selber gefordert. Lustig ist auch, dass Sie sagen, wir bräuchten keine toten Papiere. Ich frage mich, warum Sie vor zwei Jahren die Leitlinien zur bayerischen Kulturpolitik vorgelegt haben. Töter geht es kaum.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Heute berufen Sie sich auf Ihre angeblich klaren Leitlinien. Inhaltlich bleiben Sie jedoch jede Ausführung schuldig.

In Ihrer heutigen Regierungserklärung hätten Sie wenigstens darlegen können, warum Sie eigentlich Kulturpolitik machen. Sie hätten im Hinblick auf die Haushaltsberatungen nächste Woche nachbessern können, beispielsweise bei den Museen, den Archiven und der Hilfe zur Selbsthilfe von Künstlerinnen und Künstlern. Sie hätten wahnsinnig viel tun können. Sie hätten erklären können, dass Sie künftig den Kul

turfonds ausschöpfen und nicht wieder, wie alle Jahre zuvor, die Hälfte der Mittel einsparen würden. Statt zum x-ten Mal unverbindlich und vorlaut über einen neuen Konzertsaal in München zu labern, hätten Sie endlich handeln und die Voraussetzungen schaffen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Vorgehensweise in Sachen Konzertsaal ist beispielhaft für Ihre dilettantische und unprofessionelle Art, Politik zu machen. Sie gackern permanent über ungelegte Eier. Sie reden lieber mit den Medien statt mit den Betroffenen. Sie haben noch keinen einzigen Schritt getan, um wirklich etwas voranzubringen. Wir sind auf demselben Stand wie vor Jahren. Wir sind keinen Schritt weiter. Sie haben jedoch schon Jahre geredet. Das ist wirklich der Wahnsinn. In den letzten Jahren haben Sie alle übergangen, auf die Sie doch am Ende angewiesen sind, allen voran die Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker im Landtag.

Heute stellen Sie sich hin und tönen großartig von einer neuen Politikkultur in der Kulturpolitik. Ich bin platt. Diese Politikkultur − das sagen Sie − sei geprägt von Freiheit und Offenheit, von Mitverantwortung, von Subsidiarität und von Partizipation. Meinen Sie, das ist die richtige Beschreibung dafür, dass Sie dem Landtag über Jahre hinweg einen Bericht und die Aussprache vorenthalten haben − trotz Landtagsbeschluss? Meinen Sie, Subsidiarität und Partizipation seien die richtigen Begriffe für die Zweckentfremdung der Machbarkeitsstudie, die Sie aus den Mitteln des Deutschen Museums finanzieren? Das ist Kultur aus Forschungsmitteln. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass es dort vehementen Widerstand gegen Ihre Pläne gibt. Halten Sie das für Partizipation? Herr Minister, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt. Vermutlich sage ich es Ihnen wieder vergeblich: Sie pfuschen so lange rum, bis Sie auch den Gutwilligsten vergrätzt haben. Ich bin vergrätzt, und ich weiß nicht, wer in diesem Haus noch gutwillig sein kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um es deutlich zu sagen: Wir GRÜNEN setzen uns dafür ein, dass das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als Orchester von Weltrang erhalten bleibt. Das ist unser Ziel. Das geht nur, wenn dieses Orchester in einem eigenen Konzertsaal Belegungsrechte bekommt.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

- Hören Sie doch zu, wenn Sie schon keine Ahnung haben. Hören Sie einfach mal zu. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass eine sachgerechte Entschei

dung über den Konzertsaal nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Wir GRÜNE haben schon mehrfach versucht, diese Voraussetzungen zu schaffen und Ankündigungen einzulösen. Die Staatsregierung blockiert, mauert und tut nichts, um die Ankündigungen auch umzusetzen.

Erfreulicherweise hat der Vorsitzende des Kulturausschusses, Herr Oliver Jörg, unsere Kritik und unsere Forderungen geteilt. Lieber Oliver, gerade befindest du dich in einer Unterhaltung. Das verstehe ich. Ich muss jedoch sagen, du hast schon eindeutig besser geredet als heute. Anfang März hast du gegenüber der "Main-Post" Verschiedenes erklärt. Das finde ich so super, dass ich das heute ausführlich zitieren werde; das könnte von mir sein. Zum Konzertsaalprojekt hat Herr Oliver Jörg erklärt − ich zitiere:

Solch ein Vorhaben muss in jedem Fall eingebettet sein in ein kulturpolitisches Gesamtkonzept, das sowohl die Kultur in den Regionen wie auch die sogenannten Leuchttürme umfasst. (…) Ich will,

− gemeint ist er, natürlich will ich das auch

dass wir zunächst eine offene Grundsatzdebatte führen. Und ich bin sicher: Ohne ein nachhaltiges Kulturkonzept für ganz Bayern wird es mit der Landtags-CSU keine "Isar-Philharmonie" geben.

Ich finde, das ist ein super Satz. Ich stehe voll dahinter. Aber mit dem nachhaltigen Kulturkonzept kannst du doch nicht die paar dünnen Seiten Papier meinen, mit denen die Staatsregierung in diesen Tagen hausieren geht. Das kann es doch wirklich nicht sein. Da muss doch noch etwas kommen.

Aus unserer Sicht − lieber Oliver Jörg, darin sind wir uns einig − müssen wir, nicht nur wegen des Konzertsaals, zwei Grundsatzfragen endlich klären. Wir müssen uns erstens über ein kulturpolitisches Entwicklungskonzept für ganz Bayern verständigen, und zweitens brauchen wir einen Realisierungs- und Finanzierungsplan des bereits absehbaren Investitionsund Sanierungsbedarfs in der Kultur in Höhe von mehreren Milliarden Euro.

Beides hört sich recht kompliziert an, aber es geht schlicht und einfach um gemeinsame Antworten auf zwei Fragen. Was sind unsere kulturpolitischen Aufgaben in Bayern? Und: Wie können wir sie finanzieren? Darauf müssen wir uns endlich verständigen. Bevor hier weiter große Töne gespuckt werden, muss das klar sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben in den letzten vier Jahren vonseiten der GRÜNEN immer wieder darauf gedrängt, diese Fragen zu klären. Wir haben eine Interpellation zur Lage der Museen und eine zur Lage der Künstlerinnen und Künstler in Bayern eingebracht. 2009 hat der Landtag auf unseren Antrag hin die Staatsregierung aufgefordert, den Kulturwirtschaftsbericht vorzulegen. Wir warten noch immer darauf. Wir GRÜNEN haben auch den Investitionsstau im Kulturbereich aufgedeckt. Wir haben vor über einem Jahr herausgearbeitet, dass allein bei den Museen und Archiven ein Sanierungsund Investitionsstau von mehreren Milliarden besteht. Auf diesen Investitionsstau wurde in der letzten Zeit zu Recht auch von anderen immer wieder hingewiesen − von Medien, von den Kolleginnen und Kollegen im Landtag oder von Ihnen, Herr Minister. Erstaunlicherweise wird der Bedarf jedes Mal, wenn er auftaucht, wieder kleiner. Das verstehe ich nicht. Es war einmal von einer halben Milliarde die Rede, dann von 700 Millionen. Heute haben Sie von 850 Millionen geredet. Deswegen weise ich mit Nachdruck darauf hin: Den staatlichen Kulturinstitutionen fehlen mehrere Milliarden, und die nichtstaatlichen haben ebenfalls einen erheblichen Investitionsbedarf von etlichen 100 Millionen. Durch Kleinreden wird das Problem nicht wirklich kleiner.

Auch wenn die Regierungserklärung heute nicht viel bringt, bietet sie immerhin die Gelegenheit − Herr Kollege Piazolo hat es schon angesprochen -, über Kulturpolitik grundsätzlich zu reden. Eine solche Debatte ist überfällig, weil inzwischen jedem klar sein muss, dass es auch in der Kulturpolitik nicht einfach ein Weiter-so geben kann.

Die Landespolitik gerät von verschiedenen Seiten unter Druck. Vor allem ist längst nicht mehr zu leugnen, dass der finanzielle Spielraum für die Kulturpolitik in Bayern − dies gilt auch für die anderen Bundesländer und die Kommunen − jedes Jahr kleiner wird. Das ist wie ein Naturgesetz. Dringend notwendige Sanierungs- und Investitionsmaßnahmen in Milliardenhöhe werden jedes Jahr geschoben. Auch die laufenden Kosten steigen jedes Jahr schneller als das Budget, vor allem dort, wo die Personalkostenquote hoch ist. Das müssen wir uns doch einmal ansehen und überlegen, was zu geschehen hat.

Ich muss dabei auch feststellen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, dass die sogenannte zweite Säule des Kulturkonzepts nichts anderes als ein Kampf gegen Windmühlen ist. Sie geben zwar einzelnen Institutionen ausnahmsweise mal einen Inflationsausgleich und auch einen Ausgleich für Tariferhöhungen. Das geschieht aber ziemlich willkürlich, nämlich − Herr Kollege Piazolo hat es schon vermutet − nach dem Zufallsprinzip oder nach

einem anderen Prinzip. Alle anderen aber bekommen − das ist der Regelfall − keinen Ausgleich; sie bekommen nichts. Sie können damit zwar die Not Einzelner mindern, aber grundsätzlich können Sie auf diese Weise nichts ändern.

Es freut mich zu sehen, was Sie alles konkret nachgebessert haben. Ich betrachte es auch als Anerkennung für die Arbeit, die wir GRÜNE in den letzten Jahren geleistet haben, nachdem Sie so viele grüne Vorschläge aufgreifen − von der Digitalisierung in Bibliotheken und Archiven angefangen, über Museumspädagogik bis hin zum Obersalzberg und den Zweigmuseen. Das alles sind gute grüne Forderungen, die Sie wenigstens zum Teil umsetzen. Ich habe mit der Interpellation im Jahr 2009 und einem umfangreichen Antragspaket im letzten Jahr versucht, die Lage der Museen zu verbessern. Ich bin froh, dass das zumindest nicht ganz umsonst war. Ich habe damals auch argumentiert, dass es wenig Sinn hat, ständig neue Museen zu eröffnen, wenn Staat und Kommunen noch nicht einmal die vorhandenen unterhalten können.

Dieses sogenannte Kulturkonzept nehme ich als späte Bestätigung dafür und als Eingeständnis dessen, dass es tatsächlich so ist. Jüngst hat auch Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, erklärt - ich zitiere −, es sei legitim, danach zu fragen, ob immer neue Museen gebaut werden müssen, wenn sich die bestehenden selbst kaum tragen könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sage in aller Deutlichkeit: Die Problematik betrifft nicht nur die Museen, sondern den gesamten Kulturbereich. Der Anteil gebundener Mittel in den Kulturhaushalten ist heute schon extrem hoch. Land und Kommunen haben kaum frei verfügbare Mittel. Das trifft den Kulturhaushalt noch mehr als den Etat insgesamt. Der Trend wird sich verschärfen, egal, wer regiert. Deshalb müssen wir uns darauf verständigen, welche kulturellen Aufgaben der Freistaat übernimmt und welche nicht. Wir müssen wenigstens gemeinsam eine Diskussion darüber beginnen. Wir können unterschiedlich entscheiden, aber es ist doch vernünftig, darüber zu reden. Wir sollten uns überlegen, und zwar zusammen, wie wir mehr Gestaltungsspielraum zurückgewinnen können. Das geht nicht ohne Gestaltungsanspruch. Den gibt es beim Minister leider nicht. So etwas hat er nicht. Wir können hierbei vom Ministerium und von ihm keine Unterstützung erwarten.

Bereits am Beginn der Legislaturperiode hat der Landtag auf unseren Antrag hin die Staatsregierung aufgefordert, Leitlinien ihrer Kulturpolitik vorzulegen.

Wir wollten damit eine breite Debatte anstoßen, aber bis heute verweigert sich die Staatsregierung. Immerhin hat sich der Kulturausschuss damit befasst und auf unsere Anregung hin eine Anhörung zu den Leitlinien durchgeführt. Die Ergebnisse der Anhörung waren eine schallende Ohrfeige für den Minister und das Ministerium. Ich fürchte, die Verantwortlichen dort haben das noch nicht einmal gemerkt. Die Betroffenen sind so harthörig, dass sie noch nicht einmal mitbekommen haben, wie stark sie abgefotzt wurden.