Protocol of the Session on November 14, 2012

(Beifall des Abgeordneten Dr. Martin Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Dieses Ziel, Kolleginnen und Kollegen, ist aber noch lange nicht erreicht.

Ich darf Sie daran erinnern: Wir hatten hier einmal einen Antrag, dass das Abitur und eine dreijährige Berufsausbildung gleichgestellt werden sollten, den die Regierungskoalition abgelehnt hat.

Berufliche Bildung braucht mehr Wertschätzung. Das habe ich in vielen Gesprächen mit Menschen gelernt, die den beruflichen Weg gegangen sind. Mir hat einmal ein Meister, mit dem ich über die Vergleichbarkeit der Unterstützung von Studierenden geredet habe, gesagt: Weißt du, eigentlich wünsche ich mir an allererster Stelle, dass das, was ich geleistet habe, nämlich den Meister in Teilzeit zu machen, gesellschaftliche Wertschätzung erfährt. Das ist mir viel wichtiger als Geld. - Ich denke, dieses Signal muss auch einmal von diesem Parlament ausgehen.

Mir liegt sehr viel daran zu sagen, dass die Finanzen bei der Schaffung gleicher finanzieller Rahmenbedingungen für Studierende und Menschen mit beruflichem Bildungsweg ein Teilaspekt sind. Deshalb ist im Zusammenhang mit der Abschaffung der Studiengebühren die Forderung nach einer finanziellen Förderung der Meisterausbildung und vergleichbarer Ab

schlüsse berechtigt. Ich glaube, dass wir auch die Technikerschulen mit ins Kalkül ziehen müssen.

Die SPD und die FREIEN WÄHLER haben in ihren Anträgen Vorschläge gemacht. Zum Antrag der FREIEN WÄHLER: Sie fordern 1.000 Euro für alle, sozusagen eine Flatrate. Mir ist das aber nicht differenziert genug, weil dies der Vielfalt der Zielgruppen nicht gerecht wird. Wenn Sie sich einmal die Bundesförderung anschauen, dann werden Sie feststellen, dass es drei verschiedene Bereiche gibt: Meister-BAföG, Begabtenförderung und Bildungsprämie. Beim MeisterBAföG haben wir, wenn ich richtig gezählt habe, ungefähr sechs verschiedene Möglichkeiten, wie man eine Reduzierung des Darlehens erreichen kann. Des Weiteren gibt es Unterschiede, ob Sie single oder verheiratet sind, ein Kind haben oder danach eine Existenzgründung planen. Diese 1.000 Euro - alle werden über einen Kamm geschert − sind für mich auf den ersten Blick keine Lösung. Wir werden uns bei Ihrem Antrag enthalten, weil wir das Ziel teilen und die Lösung für diskutierfähig halten.

Mit der SPD haben wir eine größere Übereinstimmung. Aber auch hier halte ich es für diskutabel, noch einmal darüber zu reden, wie genau wir die finanzielle Entlastung machen wollen.

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auch mehr Debatte als nur diese halbe Stunde hier im Parlament. Auch das ist Ausdruck von Wertschätzung gegenüber den Beteiligten aus der beruflichen Bildung. Deswegen beantrage ich erst einmal einen Bericht über die diversen Fördermöglichkeiten von Bund und Land, auch von verschiedenen Preisen der Kammern, damit wir eine gemeinsame Datengrundlage haben und diesen Bericht im zuständigen Ausschuss diskutieren können. Erst danach, so denke ich, sollten wir über ein Konzept reden, das vergleichbare Bedingungen herstellt und das auch eine soziale Komponente hat.

Wir sollten vielleicht nicht nur darüber nachdenken, ob wir eine finanzielle Entlastung der Meisterausbildung nur von bayerischer Seite aus unterstützen können, sollen oder wollen. Wir sollten auch darüber nachdenken, ob die Lösung nicht auf Bundesseite liegt - nicht weil ich den bayerischen Haushalt schonen will, sondern weil es wahrscheinlich über den Hebel Bund sehr viel einfacher geht.

Ich möchte, dass wir, wenn wir dann ein Konzept haben, eine Debatte mit den Betroffenen darüber führen, weil mir, wie ich schon am Anfang erwähnt habe, einige gesagt haben, mehr Wertschätzung wäre schon ein großer Erfolg für sie.

Jetzt komme ich zum letzten Satz meines Antrags. Viele haben mir gesagt, sie möchten eine realistische

Chance an der Universität. Ich denke, für diese Gruppe müssen wir die Möglichkeiten noch enorm verbessern.

Deshalb: Wir wollen es langsam angehen, weil wir genügend Zeit haben, bis wir das Volksbegehren gewonnen haben. Unser Antrag will Bericht, Konzept und Durchlässigkeit nach oben. Die Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN und der SPD haben Zustimmung signalisiert. Ich hoffe auf Zustimmung auch aus der Koalition. Falls Sie das eine oder andere von der Zustimmung abhält, können wir noch gerne über den Text verhandeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Danke schön, Frau Kollegin. − Nächster Redner ist Herr Kollege Jörg. Bitte, Herr Kollege Jörg.

Herzlichen Dank. − Herr Präsident, Herr Ministerpräsident! Zweifelsfrei ist die berufliche Bildung eine genauso wichtige Säule wie die akademische Bildung und verdient es, hier in den Blick genommen zu werden. Dies heute im Zusammenhang mit den Studienbeiträgen zu debattieren, ist nicht ganz uninteressant, weil mir dies erlaubt zu dokumentieren, dass wir immer beides im Blickfeld hatten. Gerade in der Debatte um die Einführung der Studienbeiträge haben wir immer überlegt: Wie können wir im Gleichklang voranschreiten? - Sie kennen all die Podiumsdiskussionen, die wir gemeinsam bestritten haben. Nicht selten waren wir es, die als Argument gebracht haben: Auch die Meister müssen einen ganz erheblichen Beitrag für ihre Ausbildung leisten. Also ist es nur billig und gerecht, das auch von Studierenden zu verlangen.

Wenn wir heute darüber sprechen und nicht verheimlichen, dass die CSU-Landtagsfraktion darüber nachdenkt, wie es auch ohne Studienbeiträge weitergeht, dann muss dieser Gleichklang auch hier wieder Gegenstand der Debatte sein. Insofern finde ich es gut, dass wir heute darüber reden. Ich bin nur der Auffassung, dass sich dieses Thema nicht für einen Dringlichkeitsantrag eignet, und zwar allein vor dem Hintergrund, dass es bei Ihnen verschiedene Vorstellungen gibt und dass bei uns zu überlegen ist, wen wir in der großen Ausbildungsbreite, die wir haben, alles mit bedenken müssen.

(Renate Will (FDP): Viel zu komplex!)

Ich sage einmal: vom privaten Bildungsanbieter über die Akademien, die Logopäden bis hin zur beruflichen Weiterbildung. Die Bandbreite ist gigantisch und wird auch noch um all diejenigen erweitert, die zum Bei

spiel als Gesellen mit dreijähriger Berufserfahrung den Quereinstieg an unseren Hochschulen für angewandte Wissenschaften machen. Auf der einen Seite wird gesagt, Studienbeiträge seien nicht gerecht. Auf der anderen Seite muss ein Geselle, wenn er den Meister machen will, zahlen. Aber beides muss doch im Gleichklang sein. Wenn man auf der einen Seite nichts zahlt, kommt man auf der anderen Seite in Argumentationsschwierigkeiten.

Die persönlichen Bildungswege, die wir hier anschauen müssen, sind sehr vielfältig.

Ich sage Ihnen auch Folgendes. Die haushälterische Verantwortung tragen wir ganz speziell. Sie von der Opposition tragen sie aber ebenfalls mit. Wir werden kein Riesenwunschkonzert eröffnen können; denn nicht alles wird finanzierbar sein. Dies ist ein weiteres Argument dafür, zu sagen: Lassen Sie uns die Dinge in aller Ruhe gemeinsam anschauen. Lassen Sie uns hier jeder für sich Konzepte entwickeln. Wir als CSULandtagsfraktion werden das machen. Das dürfen Sie auch aus dem Redebeitrag unseres Ministerpräsidenten entnehmen. Er hat gesagt: Lassen Sie uns ein nachhaltiges, breit aufgestelltes, aber finanzierbares Konzept entwickeln. Wir werden seitens unserer CSU-Landtagsfraktion ein Konzept einbringen, mit dem wir die berufliche Bildung in den Mittelpunkt stellen.

Denken Sie in diesem Zusammenhang an die vielen Handwerksbetriebe, an die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe, die das Rückgrat unserer Wirtschaft in Bayern sind, an die vielen kleinen Gewerbetreibenden in den Gemeinden. Denen müssen wir auch im Lichte der Studienbeitragsdebatte Antworten geben. Da haben Sie uns als Mitstreiter.

Aber wir sprechen nicht ad hoc über Dringlichkeitsanträge. Sie können das ja machen; das mag Ihre Überlegung sein. Wir zumindest wollen uns die Zeit nehmen, die Aufgaben in aller Ruhe und solide zu erledigen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Frau Tolle hat das Wort zu einer Intervention.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Kollege Jörg, ich frage Sie, was Sie dagegen haben, dass wir erst einmal einen Bericht haben wollen. Und was haben Sie dagegen, dass wir gemeinsam, alle Fraktionen − das ist ja auch schon bei dem Thema Inklusion gelungen -, überlegen, wie wir über die Bundesförderung von Bayern aus etwas verändern könnten? Es wäre doch ein starkes Zeichen, wenn der Bayerische Landtag zur Gänze − ich

gehe davon aus, dass wir da wenig Dissens haben werden − ein Konzept erarbeitete, das wir im Bund auf den Weg bringen könnten. Warum wollen Sie das gern allein machen?

Weil ich mir für unseren Teil wünsche, dass wir uns zunächst innerhalb der CSU-Landtagsfraktion die Debatte gönnen. Diese ist in der Vielfalt der Fragestellung nämlich nicht einfach.

Denken Sie nur an die Meister. Da sind die Modelle verschieden. In dem einen Fall gibt es eine Provision von 1.000 Euro. Im anderen Fall wird an den konkreten Gebühren für die Meisterprüfung angesetzt. Zumindest wir wollen uns mit den Dingen in aller Ruhe beschäftigen. Wenn wir dann an den Nahtstellen nicht weit auseinander sind, Frau Kollegin Tolle, dann sind wir die Allerletzten, die nicht gemeinsam etwas machen wollen. Wir wollen uns jedenfalls jetzt in aller Ruhe überlegen, wie wir uns korrekt aufstellen.

Der nächste Redner ist Herr Kollege Klein von der FDP. Danach folgt Herr Staatsminister Zeil.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist auch uns die berufliche Bildung ein Herzensanliegen. Staatsminister Zeil wird mit Sicherheit gleich darstellen, was sich in den letzten Jahren alles getan hat, um das Engagement der angehenden Meister zu würdigen.

Deshalb gilt es, zuallererst unseren Dank denen auszusprechen, wie es auch Kollege Reichhart getan hat, die sich auf diesen Weg begeben, die sich also in ihrem normalen Berufsleben die zusätzliche Qualifikation erarbeiten, um danach noch stärker als zuvor zu Leistungsträgern dieser Generation und zu noch wertvolleren Trägern dieser Gesellschaft zu werden. Das hat auch eine ganze Menge mit Zeitverzicht für Hobbys und Familie zu tun. An dieser Stelle müssen wir noch einmal festhalten, dass hier ein besonderer Dank auszusprechen ist.

Die Meisterkosten wurden schon angesprochen. Ich will hier jetzt nicht alle Ausbildungsmöglichkeiten im Einzelnen aufzählen. Im Bereich Industrie und Metall kann man hier aber mit circa 5.670 Euro rechnen.

Wir dürfen uns nicht nur die Verhältnisse bei der Meisterprüfung in den Bereichen IHK und Handwerk anschauen, sondern hier kommen auch andere Berufszweige infrage. Eine Fortbildung zur Einrichtungsleitung im Bereich der Pflege kostet 6.403 Euro. Das sind aber nicht die gesamten entstehenden Kosten, sondern die Kosten, welche diejenigen tragen müssen, die die Ausbildung durchlaufen.

Im Zusammenhang mit den Studienbeiträgen wurde dieser Vergleich angestellt. Für sechs Semester bis zum Bachelor ergibt die Rechnung sechs mal 500 gleich 3.000 Euro; das sind die Maximalgebühren. Wenn man länger studiert, um zum Beispiel den Master zu machen, kommt man auf zehn mal 500 gleich 5.000 Euro.

Das muss man ins Verhältnis zum deutschen Qualitätsrahmen setzen, in dem Fachwirte, Master und Bachelor gleichgestellt sind. Die Parameter muss man nebeneinanderlegen, wenn man über das Thema eine Diskussion beginnt und führt. Man muss über einen Ausgleich, über eine Gleichbehandlung nachdenken.

Des Weiteren muss man sich vergegenwärtigen, dass man durch das Studium einen akademischen Grad erhält, den man auf einem anderen Ausbildungsweg nicht erhält. Zudem ist das Einkommen von Akademikern im Durchschnitt um 104.000 Euro höher als das von Nichtakademikern. Auch dies ist in der Diskussion immer zu berücksichtigen.

Frau Kollegin Stamm, es ist einfach so, dass man durch einen akademischen Grad in der Gesellschaft, aber auch in der Wahrnehmung durch die Unternehmen, vom Gehalt her höher eingestuft wird als ein Meister, obwohl man persönlich vielleicht nicht besser ist. In der Diskussion ist zu berücksichtigen, dass es um derartige Themen geht. Dabei reicht es nicht, wenn man sein Herz öffnet. Die Prüfungsgebühren belaufen sich beim Handwerk auf circa 800, bei der IHK auf circa 420 Euro. Auch dies gilt es, wenn man neue Szenarien aufmacht, zu berücksichtigen. Ich führe in dieser Debatte Punkte auf, die wir in der Zukunft berücksichtigen müssen. Man darf sie in den nächsten Wochen und Monaten nicht vergessen.

Grundsätzlich muss man überhaupt die folgende Frage stellen: Warum haben sich Bundesländer, die es sich eigentlich nicht leisten können, auf Studienbeiträge zu verzichten, zum Verzicht entschieden? Ein Verzicht anderer auf Studienbeiträge sollte nicht automatisch die Aufforderung bedeuten, dass auch wir darauf verzichten. Dabei lasse ich ganz dahingestellt, ob wir uns das überhaupt leisten können. Deshalb bekennen wir uns zu dem, was wir im Bereich der beruflichen Bildung erreicht haben.

Natürlich sind wir auch für jede Diskussion darüber offen, die Ausbildung zum Meister zu stärken. Es handelt sich um einen wichtigen Teil der beruflichen Bildung in unserer Gesellschaft. Aber man muss alles eben auch im Gesamtzusammenhang diskutieren. Ich befürworte solche Diskussionen immer deshalb, weil sie den Blick für die Handlungsnotwendigkeiten in der politischen Landschaft öffnen und schärfen.

Es gibt eine Studie über die Leistungen der Grundschüler in Deutschland. Darin wird festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft von Grundschülern und ihrer Kompetenz in Deutschland, auch in Bayern, immer noch viel zu stark ist. Von denjenigen, die die Studie gemacht haben, werden wir aufgefordert, dafür zu sorgen, dass dieser Zusammenhang zurückgeführt wird. Es ist klar, dass wir uns dieser Aufgabe verstärkt widmen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Dann gibt es eine Studie des Bundesfamilienministeriums und des Roten Kreuzes über den Zusammenhang zwischen fehlenden Ganztagsbetreuungsplätzen und Armutsrisiko bei Alleinerziehenden. Auch diese Studie müssen wir in der Diskussion berücksichtigen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir als Verantwortungsträger im Bayerischen Landtag müssen uns angesichts der Mittelknappheit, die immer noch besteht − im Gegensatz zu dem, was viele denken, ist hier ja nicht das Paradies eingetreten -, vergegenwärtigen, dass wir beim bayerischen Haushalt immer noch Konsolidierungsbedarf haben. Das wird von allen Studien festgehalten. Den Erfolg, den wir bei der Konsolidierung gemeinsam erzielt haben, gilt es auszubauen. Deshalb muss man sich am Ende die Frage stellen, ob es auch im Freistaat Bayern bei aller Sympathie für die gewünschten Maßnahmen nicht die dringlichste Aufgabe ist, sich zuallererst der frühkindlichen Bildung und Betreuung zu widmen und da die Hausaufgaben zu erledigen. Letztendlich wird dort die Basis für die Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs und für die Kompetenzen während des ganzen Lebens gelegt.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb müssen wir in der Diskussion deutlich machen, dass es um Chancengerechtigkeit geht, dass es um den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen geht, dass es darum geht, mehr Lehrer mit dem Kompetenzfeld Deutsch als Zweitsprache zu gewinnen, oder dass es darum geht, wie in Hessen Stipendien zu schaffen, die Grundschülerinnen und Grundschülern aus sozial schwachen Familien die Möglichkeit geben, sich gemeinsam fortzuentwickeln, und diese Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Deshalb gilt es für uns in diesen Tagen, die Diskussion zu führen, aber auch klug zu handeln und dann zu entscheiden, welche Schwerpunkte für die zukünftigen Wochen und Monate wir mit unseren Haushaltsmitteln im Sinne der sozialen Gerechtigkeit setzen. Diese fängt zuallererst bei der Chancengerechtigkeit an. Für die FDP-Fraktion darf ich eines sagen: Die FDP-Fraktion steht zu

dieser Koalition, und wir stehen zu diesem Koalitionsvertrag. Wir werden uns an diesen Koalitionsvertrag halten, und wir erwarten auch, dass es jeder andere tut.

(Beifall bei der FDP)