Protocol of the Session on November 14, 2012

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Moment, Moment! Nicht irgendwo und irgendwann, sondern wir haben 53.000 ausgebaut. Sie hätten immer gerne herbeigeredet, dass wir das mit dem doppelten Abiturjahrgang nicht schaffen. Es ist ausgezeichnet gelaufen, und Sie wurmt es nur, dass die Studenten es auch anerkannt haben.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Das ist die Wahrheit, und da kommen Sie hier mit falschen Behauptungen.

Herr Staatsminister, wir haben noch eine weitere Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Staatsminister, wenn meine Informationen stimmen, kostet ein Volksentscheid summa summarum 13 Millionen Euro aus dem bayerischen Staatshaushalt. So viel muss uns Demokratie wert sein, wenn es einen Volksentscheid braucht. Nachdem es ihn nicht bräuchte -

(Zuruf von der FDP)

- Da sind Sie demokratisch besonders schlecht informiert, Herr Kollege Gumppenberg, wenn Sie meinen, dass das die FREIEN WÄHLER zahlen müssen.

Da sind wir selbstverständlich gerne bereit zu investieren, wenn das notwendig ist. Wir könnten aber diese 13 Millionen heute hier sparen, indem Sie zustimmen.

Sind Sie nicht der Meinung, dass das Geld schon mal ein guter Grundstock wäre, um die den Hochschulen entgangenen Studiengebühren zu kompensieren? Denn danach werden sie das Geld so und so brauchen.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Vielen Dank, Frau Kollegin. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Sonnenholzner, ich bin jetzt schon maßlos enttäuscht, dass Sie das Recht des Volkes auf Demokratie gegen Geld verrechnen wollen. Das weise ich mit aller Deutlichkeit zurück.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Wenn Sie dieses Verständnis haben − tut mir leid, das kann ich nicht nachvollziehen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Der nächste Redner ist der Herr Ministerpräsident. Bitte schön, Herr Seehofer.

(Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst mit dem Thema auseinandersetzen, was es für eine Demokratie bedeutet, wenn man einmal eine Position bezogen hat und sie im Laufe der Jahre verändert.

(Widerspruch bei der SPD)

Das richte ich insbesondere an die SPD.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben letzten Freitag im Deutschen Bundestag die Praxisgebühr abgeschafft. Diese Praxisgebühr ist unter der Federführung einer sozialdemokratischen Gesundheitsministerin − Ulla Schmidt − in Deutschland eingeführt worden.

(Beifall bei der CSU und der FDP − Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben im Deutschen Bundestag gegenüber der SPD kein solches Spektakel veranstaltet. Das war das richtige Demokratieverständnis.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben im Laufe der letzten zehn Jahre unter der Federführung von Walter Riester und Franz Müntefering grundlegende Reformen in unserem Rentenrecht bekommen. Diese Veränderung des Rentenrechts beinhaltet eine massive Absenkung des Rentenniveaus, weshalb heute nicht nur wir, sondern vor allem die Sozialdemokratie darüber nachdenkt, wie wir in der Bundesrepublik Deutschland Altersarmut, verursacht durch Gesetze der deutschen Sozialdemokratie, vermeiden können.

(Beifall bei der CSU)

Das ist nicht unter der Federführung von CDU/CSU und FDP entstanden, sondern unter der Federführung der deutschen Sozialdemokratie.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie waren in der Regierung!)

Wir haben einen sozialdemokratischen Bundeskanzler erlebt, der unter dem Schlagwort "Agenda 2010" eine Sozialreform der Arbeitslosenversicherung durchgeführt hat. Das sage ich an die Adresse der Sozialdemokraten und der GRÜNEN.

(Maria Noichl (SPD): Sie sollen etwas zu den Studiengebühren sagen!)

Es gibt kaum ein anderes Sozialgesetz, das in den letzten zehn Jahren so häufig verändert worden ist wie Hartz IV oder die Agenda 2010.

(Beifall bei der CSU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite, ich könnte noch unendlich viele Beispiele hinzufügen. Wer der Christlich-Sozialen Union einen Vorwurf bezüglich einer gut begründeten Position von heute macht und sie mit der Position vor fünf, sechs oder sieben Jahren vergleicht, muss sich selbst fragen, wie er wichtige sozialpolitische Belange unter der Federführung sozialdemokratischer Minister in der Gesundheitspolitik, in der Rentenpolitik und bei der Arbeitslosenversicherung verabschieden konnte, die wir heute, weil sie nicht zukunftsgerichtet waren, korrigieren oder abschaffen müssen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wenn jemand auf der Flucht vor sich selbst ist, ist das die Sozialdemokratie der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie haben alles aufgegeben, was Sie in der Regierung mit den GRÜNEN und in der Großen Koalition unter Ihren federführenden Ministern beschlossen haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das nur zu diesem Punkt.

Ich komme zu dem Thema, über das wir heute reden. Wir haben eine Position der FDP, und wir haben eine Position der CSU. Meine Damen und Herren, wir haben darüber am Samstag in aller Sachlichkeit gesprochen und vereinbart, dass die Gespräche im Januar weitergeführt werden. Es ist ein normaler demokratischer Prozess, sich angesichts wichtiger

gesellschaftspolitischer Entscheidungen sowie zur Frage der Bildung und deren Finanzierung in mehreren Gesprächen eine Meinung zu bilden. Ich bitte, diese Meinungsbildung als faire Demokraten abzuwarten.

Wir haben die Gespräche deshalb unterbrochen, weil wir in den nächsten vier Wochen, die uns in dieser Legislaturperiode in diesem Jahr noch zur Verfügung stehen, die allerwichtigste Aufgabe für Bayern erledigen müssen, nämlich die Verabschiedung des Haushalts des Freistaats Bayern mit einem Volumen von über 95 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, wenn es Prioritäten in Bayern oder in der Politik generell gibt, ist es erlaubt zu sagen, dass oberste Priorität in diesem Jahr angesichts der begrenzten Zahl der Sitzungswochen der finanziellen Grundlage Bayerns in den nächsten beiden Jahren einzuräumen ist, damit die Finanzen für Krippenplätze bis hin zu den Krankenhäusern gesichert sind und die Investoren investieren können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das ist der Grund. Ich sage für meine Christlich-Soziale Union: Wir sind dafür, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Ich teile ausdrücklich die Meinung des Kollegen Jörg, dass die Studiengebühren in den Jahren, in denen sie eingezogen worden sind, eine wichtige Funktion für die Bildungsqualität an den Hochschulen erfüllt haben. Ich weise jedoch auch darauf hin, dass wir Jahr für Jahr mehr in den Länderfinanzausgleich zahlen. Aktuell sind es vier Milliarden Euro. Gott sei Dank hat sich die finanzielle Situation Bayerns Jahr für Jahr verbessert. Nach Auffassung der CSU hat sich die aktuelle finanzielle Situation im Unterschied zum Jahre 2008 mit der größten Finanzund Wirtschaftskrise, die wir je erlebt haben und die bis in die Jahre 2010 und 2011 gewirkt hat, verbessert.

Aufgrund der Politik dieser Koalition haben wir erreicht, dass wir wegen unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik auf der einen Seite mehr Steuereinnahmen generieren und auf der anderen Seite einen immer größeren Anteil an andere Länder und insbesondere an das Land Berlin abgeben müssen. Berlin finanziert mit unseren Einnahmen die Entlastung der Studenten. Das können wir uns auch in Bayern leisten, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU)

Das ist der Punkt. Deshalb ist diese Position begründet. Wir werden mit unserem Koalitionspartner, der FDP, im selben Geist wie am Samstag diskutieren. Dann wird eine Entscheidung folgen. Das ist das Normalste der Welt. Ich rate uns allen, dies mit Gelassen

heit und Ruhe zu tun. Mich wird niemand davon abbringen.

Herr Professor Piazolo, ich schätze Sie wirklich. Sie haben gesagt, wir hätten durch dieses Verfahren Rechtsunsicherheit ausgelöst. Das haben Sie gesagt. Sie haben von der Verunsicherung der Studenten und der Verunsicherung der Hochschulen gesprochen. Sie wissen genau − damit kennen Sie sich sehr gut aus −, wenn ein Volksbegehren mit Volksentscheid beantragt wird, muss nach den bayerischen Fristen, wenn dieser bis zum Ende durchgeführt wird, mindestens ein dreiviertel Jahr vergehen. Sie wussten also, dass durch das Beantragen eines Volksbegehrens mit Volksentscheid für den Zeitraum von einem dreiviertel Jahr Unsicherheit besteht. Wenn Sie dazu bereit waren, ein dreiviertel Jahr der Unsicherheit in Kauf zu nehmen, dann billigen Sie uns wenigstens acht Wochen zu. Das wäre fair.

(Beifall bei der CSU und der FDP)