Protocol of the Session on February 4, 2009

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Spiel, das Sie hier treiben, schadet letztlich auch dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit der Politik. Sie machen ein Schwarzer-Peter-Spiel in Berlin. Insgesamt sollte dieses Spiel schnellstens beendet werden. Geben Sie Ihre Blockade auf, meine Damen und Herren!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Magerl. Als Nächster hat Kollege Alexander König das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Herr Kollege Magerl leider nichts zu den Inhalten dieses Umweltgesetzbuches gesagt hat und leider auch keine Zeit gefunden hat, etwas dazu zu sagen, worüber man sich inhaltlich gestritten hat und woran es letztlich gescheitert ist, will ich das hier nachholen.

Vorweg aber, Herr Kollege Magerl, noch einmal ganz deutlich: Die CSU will ein einheitliches Umweltgesetzbuch.

(Beifall des Abgeordneten Sepp Daxenberger (GRÜNE))

Folglich steht auch im Koalitionsvertrag mit der FDP, ich zitiere:

Wir unterstützen die Erarbeitung eines einheitlichen Umweltgesetzbuches. Es führt zu mehr Transparenz und weniger Bürokratie. Eine Veränderung bestehender Standards im Rahmen dieses Projekts lehnen wir ab.

Aber ich sage Ihnen auch dazu, Herr Magerl, wir unterstützen nicht jedes einheitliche Umweltgesetzbuch. Das ist nämlich der springende Punkt. Die Neuordnung der Gesetzgebungskompetenz im Umweltbereich ist notwendig geworden - das wissen wir - durch die Abschaffung der Rahmengesetzgebung. Damit sind die Voraussetzungen für ein einheitliches Umweltgesetzbuch - und unser Ziel ist ein solches einheitliches Umweltgesetzbuch - gegeben. Allerdings wollen wir mit einem einheitlichen Umweltgesetzbuch das Umweltrecht vereinfachen und gleichzeitig das hohe Schutzniveau des deutschen Umweltrechts erhalten. Deshalb steht im Koalitionsvertrag, was unsere beiden Partner in der Regierungskoalition angeht, als Ziel ganz klar: mehr Transparenz und weniger Bürokratie.

Dieses einheitliche Umweltgesetzbuch muss natürlich von der Konstruktion her in sich schlüssig und vor allem auch funktionsfähig sein. Sie sprachen gerade vom Standort Deutschland, Herr Kollege Magerl. Das war der Knackpunkt und ist weiterhin der Knackpunkt. Wir haben sachliche Bedenken gegen den Entwurf, den Bundesumweltminister Sigmar Gabriel vorgelegt hat. Sie wissen auch, wenn Sie sich damit auseinandersetzen, dass es sehr wohl eine weite Übereinstimmung gab, was die Bücher II bis V dieses einheitlichen Umweltgesetzbuches angeht. Obwohl bei Weitem nicht alle Vorschläge, die wir von der CSU als Änderungsvorschläge in den Findungsprozess eingebracht haben, Berücksichtigung fanden, waren wir, was das

Ergebnis angeht, bezüglich der Bücher II bis V kurz vor einer vollständigen Einigung. Die Einigung war in greifbarer Nähe.

Allerdings verhielt es sich völlig anders bezüglich des Buches I des einheitlichen Gesetzbuches, in dem das Verfahrensrecht zu regeln ist. Umweltminister Gabriel wollte das Instrument der sogenannten Integrierten Vorhabengenehmigung - so heißt der Fachbegriff, abgekürzt IVG - einführen. Das heißt, es sollte ein einheitliches Genehmigungsverfahren für die verschiedenen Umweltbereiche eingeführt werden. In dieser Allgemeinheit, was das einheitliche Genehmigungsverfahren angeht, sind wir sogar d'accord. Eine Differenz gibt es allerdings, was die einheitliche Anwendung des materiellen Rechts angeht. Und hier ist der Unterschied.

Deshalb müssen wir leider hierzu sagen, meine Damen und Herren: Die CSU ist aus sachlichen Gründen mit dem vorgelegten Umweltgesetzbuch, mit dem vorgelegten Buch I, mit dem vorgelegten Instrument der Integrierten Vorhabengenehmigung, so wie es hier konstruiert wurde, nicht einverstanden.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe heute in der Pressemitteilung der SPD gelesen, Herr Kollege Maget, uns gehe es alleine darum, parteipolitisch initiierte Attacken zu führen. Auch Kollege Magerl hat diesen Eindruck zu erwecken versucht. Das möchte ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Wer sich einmal vergegenwärtigt, wie das Ringen in Berlin um die vernünftige und machbare Lösung war, der wird im Ergebnis erkennen, dass es darum überhaupt nicht ging, sondern im Gegenteil: Wir waren sehr bemüht, hier zu einer gemeinsamen Lösung, zu einem einheitlichen Umweltgesetzbuch zu kommen.

(Zurufe der Abgeordneten Franz Maget (SPD) und Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Wir wenden uns allerdings - das sage ich sehr deutlich - gegen diese Integrierte Vorhabengenehmigung in der vorgelegten Form.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

- Wir sind die CSU, Herr Kollege Maget, Sie wissen das, und die anderen sind die CDU. Deshalb ringen wir innerhalb der Union um die beste Lösung. Das ist überhaupt keine Frage. Wir wenden uns gegen diese vorgelegte Integrierte Vorhabengenehmigung, weil das eine tiefgreifende Vermengung des jeweils für sich schon komplexen Wasserschutzrechts auf der einen Seite und des Immissionsschutzrechts auf der anderen Seite mit fast unvorhersehbaren juristischen Problemen bedeutet hätte.

Die Juristen unter uns wissen vielleicht aus ehemaligen Vorlesungen: Im Immissionsschutzrecht haben wir im Ergebnis gebundene Entscheidungen, dagegen haben wir im Wasserrecht Ermessensentscheidungen. Schon daraus ergeben sich diese Probleme, die ich zusammengefasst vorgetragen habe.

Diese beabsichtigte Integrierte Vorhabengenehmigung hätte zur Folge gehabt, dass beide Rechtsmaterien trotz der unterschiedlichen Entscheidungsformen in einem Verfahren zu entscheiden gewesen wären. Das hätte juristische Probleme nach sich gezogen.

Zweitens wären mit der IVG alle bisherigen nachbarschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten Gegenstand des Umweltgesetzbuchs und damit dieses Genehmigungsverfahrens geworden.

Drittens, das ist für uns sehr maßgeblich, hätte sich die Anzahl der Verfahren, für die die umfangreiche und komplizierte IVG erforderlich geworden wäre, im wahrsten Sinne des Wortes vervielfacht.

Betroffen von dieser unnötigen Bürokratie wären unzählige kleine und mittlere Unternehmen in unserem Land gewesen. Deshalb waren und sind wir gegen diese Lösung. Ich führe an - das müssen Sie sich auch einmal vergegenwärtigen, Herr Kollege Magerl -, dass zum Beispiel auch die Genehmigung von Biogasanlagen, die Genehmigung von Deichen zum Hochwasserschutz, selbst kleine und kleinste Be- und Entwässerungsgräben, bereits Tierhaltungen mittlerer Größe, die Fischzucht usw. von diesem Verfahren betroffen gewesen wären.

Gerade weil wir der Meinung sind, Kolleginnen und Kollegen - Stichwort Deutschland haben Sie es genannt -, dass wir in einer schwierigen wirtschaftlichen Zeit leben, ist es umso weniger vertretbar, es hier zu einer Rechts- und Planungsunsicherheit kommen zu lassen, im Gegenteil: Unsere Unternehmen brauchen Rechtsund Planungssicherheit. Sie brauchen keine längeren und unnötigen Verfahren, sondern sie brauchen kürzere Verfahren. Wir müssen derartige Verfahren vermeiden. Wir brauchen auch keine zusätzlichen Rechtsstreitigkeiten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Abschließend lassen Sie mich eines anmerken, Herr Kollege Magerl: Wer das Verfahren verfolgt hat, weiß es: Zu unserer völligen Überraschung hat Bundesumweltminister Gabriel - Staatsminister Söder kann das sicherlich aus seiner Perspektive noch einmal erläutern - plötzlich von heute auf morgen das Gesamtprojekt dieses Umweltgesetzbuchs für gescheitert erklärt, obwohl man Stunden zuvor, bevor diese Entscheidung gefallen ist, noch im Dialog war und um Lösungen ge

rungen hat. Selbst Herr Gabriel hat kurz vorher noch Kompromissvorschläge in den Raum gestellt, wie zum Beispiel eine Übergangslösung, was das Verfahrensrecht angeht.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

All das hat plötzlich nicht mehr gegolten, weil er selbst aus uns nicht bekannten Gründen den Schlussstrich gezogen und das Scheitern erklärt hat bzw. nicht mehr willens oder in der Lage war, zu Kompromissen, zu tragfähigen Lösungen zu kommen. Von daher hat der Bundesumweltminister das Scheitern selbst zu verantworten. Sie sollten nicht den untauglichen Versuch unternehmen und uns das zurechnen.

(Beifall bei der CSU - Lachen des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Wir haben uns um sachliche Lösungen bemüht. Wir haben allein in der Sache, im Interesse der Betroffenen argumentiert. Alles andere hat bei uns keine Rolle gespielt.

(Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, wir können das Scheitern des Umweltgesetzbuches nicht zurückdrehen: Umso mehr wissen wir, dass es jetzt darum geht, schnellstmöglich im Wasserrecht und im Immissionsschutzrecht zu tragfähigen Regelungen zu kommen. Das liegt wiederum zuerst in der Verantwortung des Bundesumweltministers. Wir hoffen, dass er in der Lage sein wird,

(Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

diese Gesetzentwürfe so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. Wir als CSU werden diese Gesetzgebungsvorhaben konstruktiv und sachlich begleiten und halten an unserem großen Ziel, einem einheitlichen Umweltgesetzbuch, fest.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Kollege König. - Als Nächster hat Kollege Wörner das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen. Ich weiß überhaupt nicht, ob man das, was Herr König gerade von sich gegeben hat, kommentieren sollte. Es war der Höhepunkt an Heuchelei in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie waren es, der den Umweltminister nach Hause geschickt hat, obwohl er Ihnen Kompromissangebote gemacht hat. Sie wollten nicht. Das ist Fakt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie und Ihr Umweltminister haben dieses Gesetz torpediert, wo es nur ging. Ich werde Ihnen das auch beweisen.

(Franz Maget (SPD): Ein schöner Koalitionspartner!)

- Über den Koalitionspartner sprechen wir auch noch. Kolleginnen und Kollegen, das Umweltgesetzbuch hat ohnehin eine unendliche Geschichte. Seit dem Jahre 1990 wird darüber beraten, seit dem Jahre 1990 wird versucht, dieses Gesetz endlich in Bundesrecht zu gießen. Dass es nun scheitert, liegt nicht an Minister Gabriel - der hat seinen Job gut gemacht -, sondern an einem Umweltminister Söder und einer bayerischen Staatsregierung, die die Umwelt derzeit als Opfer des Koalitionsfriedens hinstellen will. Minister Söder will an vielen Stellen einen Krieg vom Zaun brechen, und die Umwelt ist dabei das Opfer. Ich meine, so kann das nicht gehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wer als Lebensminister antritt und Gesundheit und Umwelt auf dem Altar parteitaktischer Spiele opfert, Herr Minister, der muss sich fragen lassen, ob er den Titel "Lebensminister" - den er sich im Übrigen selbst gegeben hat - überhaupt verdient. Ich würde mich an Ihrer Stelle fragen, was das Ganze soll.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den Freien Wählern)

Sie spielen mit Ihrem Spielchen gegen die Wirtschaft. Das sagt sogar Ihr Kollege Göppel, der im Umweltausschuss der Bundesregierung sitzt.

Im Übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, dass das, was Sie wollen, Umwelt-Dumping ist und nicht dazu führt, die Umwelt besser zu schützen. Sie machen sich damit letztlich zum Büttel der Industrie, was man aus Stellungnahmen der Industrie gut nachvollziehen kann.