Protocol of the Session on September 25, 2012

Wer denkt denn an die Kinder?

(Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD)

Sie können einem einjährigen oder zweijährigen Kind - und das tun Sie in der Diskussion - doch nicht zumuten, dass es um 5.00 Uhr oder 6.00 Uhr in eine Fremdbetreuung geht.

(Anhaltende Unruhe)

Da ist die Forderung nach einer Anpassung in der Wirtschaft viel wichtiger. Sie werden für jede Maßnahme der Familienbetreuung immer irgendjemanden finden, der sie nicht wahrnehmen kann.

(Anhaltende Unruhe - Beifall bei der CSU - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank, Herr Bausback.

(Anhaltende Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass es spät ist, aber bitte dämpfen Sie den Geräuschpegel, damit wir die einzelnen Redner verstehen können. Herr Pfaffmann zur Erwiderung, bitte.

Lieber Herr Kollege Bausback, was Sie hier abgeliefert haben, war ein Schlag ins Gesicht der Qualität unserer Kindereinrichtungen. Die haben sie soeben aufs Übelste beschimpft.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben ihnen unterstellt, sie wären nicht in der Lage, zu bestimmten Uhrzeiten ein Kind anständig zu versorgen und zu betreuen.

(Zurufe von der CSU - Anhaltende Unruhe)

Was Sie hier abgeliefert haben, hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun. Wie soll sich denn eine Krankenschwester, die alleinerziehend ist, mit Schichtdienst ab 6.00 Uhr verhalten? Soll sie ihr Kind auf die Straße stellen oder was? Insofern ist das völlig daneben.

(Zurufe von der CSU - Anhaltende Unruhe)

Sie bringen hier Ihren Sohn ins Spiel. Da brauche ich keine Nachhilfe. Ich habe fünf Kinder und sechs Enkelkinder. Ich weiß, wie das Geschäft geht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Nächste und möglicherweise letzte Rednerin ist Kollegin Bause für die GRÜNEN, bitte schön.

Habe ich es doch gesagt! Wir haben mit dieser Debatte ins Schwarze getroffen.

(Widerspruch bei der CSU)

Auch wenn Sie die Frau Landtagspräsidentin ans Redepult schicken und sogar der Ministerpräsident nach vorne tritt, werden die Argumente nicht besser und wird das Projekt nicht logischer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben am Thema vorbeigeredet. Sie haben von Liebe, von Zuneigung, von Zuwendung und Zeit gesprochen. Das ist alles ganz wunderbar. Dafür brauche ich aber kein Betreuungsgeld. Auch Eltern, die den ganzen Tag berufstätig sind, können ihren Kindern Liebe, Zuwendung und Zuverlässigkeit geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von daher geht das am Thema völlig vorbei.

Was Herr Bausback gerade geliefert hat, hat wieder einmal gezeigt, wie ideologisch Sie in Ihrer tiefsten Seele noch sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Wider- spruch bei der CSU)

Das hat einfach deutlich gemacht, von welcher Position aus Sie argumentieren. Es ist ganz wunderbar, wenn sich Familien das leisten können, die so gut abgesichert sind wie Sie und ich. Es gibt aber Millionen von Familien in diesem Land, die sich so eine schöne, heile Welt und eine solche Situation nicht leisten können. Deswegen brauchen wir Kinderkrippen und Kindertagesstätten,

(Lebhafte Zurufe von der CSU - Anhaltende Un- ruhe)

die kleinere Gruppen haben, die eine bessere Qualität und mehr Personal haben und die dieses Personal auch noch besser bezahlen als jetzt. Dafür brauchen wir das Geld.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jede Familie kann und muss selbst entscheiden, wie sie ihre Erziehung gestaltet und das Familienleben regelt. Da hat sich die Politik gefälligst herauszuhalten; da hat die Politik nichts zu suchen. Die Politik hat sich aber auch herauszuhalten, wenn es darum geht, ein bestimmtes Familienmodell mit zusätzlichen Steuergeldern zu unterstützen und das andere nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist das Problem beim Betreuungsgeld und beim Ehegattensplitting. Sie subventionieren mit zusätzlichen steuerlichen Leistungen ein bestimmtes Modell. Das ist das Problem dabei.

(Unruhe)

Die Politik hat aber die Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jedes Kind die optimale Bildung bekommt, und zwar so früh wie möglich, egal in welcher Familie es lebt, egal woher die Eltern kommen, egal welche Möglichkeiten die Eltern haben, das Kind zu Hause zu fördern oder zusätzliche Leistungen einzukaufen,

(Unruhe)

Dazu brauchen wir hervorragende Kinderkrippen, die mit kleineren Gruppen und mit besser ausgebildeten und bezahlten Erzieherinnen arbeiten. Dafür fehlt das Geld.

Der Herr Ministerpräsident sagt, wir können das eine und das andere bezahlen, und was noch alles obendrauf. Ja, schön wäre es! Wir haben keinen Goldesel, sondern eine Schuldenbremse im bayerischen Haushalt und im Bundeshaushalt. Deswegen ist es eben nicht egal, ob man zusätzlich zwei Milliarden für eine Maßnahme hinauswirft, die den Familien nicht hilft, sondern die Gesellschaft spaltet.

(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CSU)

Dieses Geld wäre sinnvoller für eine Optimierung der frühkindlichen Bildung eingesetzt anstatt für eine Prämie, welche die Gesellschaft spaltet.

Jetzt sage ich Ihnen, warum dieses Geld die Gesellschaft spaltet.

(Unruhe)

Sie haben gerade gesagt, jeder könne frei entscheiden, ob er dieses Geld nimmt oder nicht; viele Eltern seien berufstätig, und wenn sie keinen Kinderkrippenplatz in Anspruch nähmen, bekämen sie das trotzdem und könnten entscheiden, ob sie das in zusätzliche Bildung oder vielleicht in die Alterssicherung investieren. Das ist doch zynisch. Familien, die keinen zusätzlichen Bedarf haben, die relativ wohlhabend sind und sich ein Kindermädchen oder ein Au-pair-Mädchen leisten können, bekommen noch zusätzlich Geld. Auf der anderen Seite wird es Hartz-IV-Empfängern abgezogen. Das ist eine Spaltung der Gesellschaft, die Sie vorantreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Deswegen ist dieses Betreuungsgeld eine Spaltungsprämie und nichts für die Familie.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Zurufe: Oh, oh!)

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit empfiehlt auf Drucksache 16/13229 die Ablehnung dieses Antrags. Für die Stimmabgabe werden die Urnen wieder auf dem Stenografentisch und bei den Ausgängen aufgestellt. Es kann begonnen werden. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 21.51 bis 21.56 Uhr)