Protocol of the Session on July 18, 2012

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verlagerung von acatech aussetzen (Drs. 16/12793)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Geschichte bewusst pflegen, Zukunft nachhaltig sichern! Daher: Erhalt des Amerikahauses an seinem Standort garantieren, Verbleib von acatech in Bayern ermöglichen, Lotto Bayern in München halten (Drs. 16/12811)

und

Antrag der Abgeordneten Oliver Jörg, Dr. Thomas Goppel, Prof. Ursula Männle u. a. (CSU) Zukunft des Bayerisch-Amerikanischen-Zentrums (Drs. 16/12885)

Wir haben die Anträge alle vor uns. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion beantragt.

Als Erster darf ich Frau Kollegin Zacharias das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Meine sehr verehrte Präsidentin, bevor ich loslege, sage ich Ihnen herzlichen Dank für das wunderbare Fest gestern Abend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen heute vier Anträge zum Amerikahaus zur Beratung vor. Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte erzählen: Es war einmal ein König Horst, der mit einem Untergebenen aus der Zunft der Kutscher durch sein Königreich fuhr. Dann hat dieser Zunftvertreter der Kutscher ge

sagt: "Mei, mein König Horst, dort steht so ein schönes Haus. Das hätte ich so gern, um dort meine Geschäfte ordentlich zu machen." König Horst, weil er so großzügig ist und ein wunderbares, großes Herz hat, antwortete: "Natürlich bekommst du das!" Jener König hat aber vergessen, dass es in diesem Haus auch andere Zünfte gibt, die ebenfalls ihre Daseinsberechtigung haben und dort drin sein wollen.

Ich könnte dieses Märchen noch lange weiterführen. Aber wir sind hier nicht in einer Märchenstunde, sondern in der Realität. Realität ist, dass das Kabinett am 2. August letzten Jahres beschlossen hat, das Amerikahaus umzunutzen. Genauer gesagt: Die Bewohnerinnen und Bewohner, also diejenigen, die sich zur Pflege und Förderung der transatlantischen, deutsch/ bayerisch-amerikanischen Freundschaft berufen fühlen, sollen das Gebäude verlassen. 58.000 Menschen haben im vergangenen Jahr diese Kultureinrichtung besucht, 364 Veranstaltungen sind angeboten worden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ihnen ist dennoch gekündigt worden. Es heißt nämlich, da gebe es eine Akademie der Technikwissenschaften - Acatech -, die dort einziehen wolle. Diese kannte ich bis dahin nicht, und es gibt viele hier im Hohen Haus, die sie ebenfalls nicht kannten. Wir dürfen jedoch erstaunt feststellen, dass an der Residenz schon ein schönes Schild hängt. Aber das ist auch gut so.

Um eines klarzustellen: Auch ich bin dafür, dass die Acatech mehr Räume bekommt. Aber es gibt so viele Räume, deren Nutzung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wurde: Die Residenz hat noch reichlich Platz, die Ägyptische Sammlung geht heraus; das hätte geprüft werden dürfen. Ich nenne ferner die alte Staatskanzlei und das Hugendubel-Gebäude. Es gibt so viele wunderbare Gebäude, die aber König Horst nicht zu reichen scheinen.

Ich wiederhole unsere eindringliche Bitte, eine ernsthafte Suche nach alternativen Standorten für die Acatech zu starten, damit die Leute aus dem Amerikahaus an ihrem Platz bleiben dürfen.

Es ist für mich entscheidend, darauf hinzuweisen, welche Rochade durch den Beschluss der Staatsregierung ausgelöst wurde. Das Amerikahaus beherbergt eine Institution, die sich ihre Wahrhaftigkeit erstritten hat. Ich erinnere daran, dass vor Ort das NSDokumentationszentrum entsteht. Von der Lotterieverwaltung sollen 30, 40 oder 50 Mitarbeiter man weiß nichts Genaues - nach Nürnberg, in den Stimmkreis von Finanzminister Söder, verlegt werden. Das ist genauso absurd!

Diese Rochade ist ausgelöst worden, weil vermeintlich irgendjemand jemand anderen unter Druck gesetzt hat: "Wenn Acatech nicht die wunderbaren Räume des Amerikahauses bekommt, gehen wir nach Hamburg oder Berlin." Ich sage Ihnen hier und heute: Diese Drohgebärde ist nicht wahr. Acatech braucht einfach ordentliche Angebote; diese sehe ich aber bis heute nicht. Ich bin gespannt, was der örtliche Fachminister inhaltlich dazu beiträgt.

Am Ende des Tages bleibt für mich folgende Erkenntnis übrig: Wir sind interfraktionell zu der Auffassung gelangt - ich sehe den Kollegen Goppel; Kollegin Männle ist gerade nicht im Saal -, dass wir alles dafür tun sollten, das Amerikahaus als Standort des Bayerisch-Amerikanischen Zentrums zu erhalten. Herr Goppel und ich haben letztlich das Amerikahaus sogar zusammen umarmt. Wir waren dabei, nicht wahr! Wir haben es zusammen umarmt, dann gab es die große Ankündigung der CSU, dass ein großer Antrag kommt. Na ja, dann kam ein kleines Anträglein, das einen Bericht fordert. Dem stimmen wir natürlich zu. Herr Goppel, wenn ich Sie daran erinnern darf: Dieser Bericht sollte vor der Sommerpause gegeben werden; also rechne ich, liebe Margarete Bause, mit einer Sondersitzung in der nächsten Woche, in der uns der Bericht gegeben wird, damit wir herausfinden können, ob mit allen Beteiligten, die ich soeben aufgeführt habe, alle Möglichkeiten ausgelotet wurden, um das Amerikahaus dort zu belassen, wo es ist, um für die Frauen und Männer der Acatech Räumlichkeiten zu finden und um die Frauen und Männer, die in der Lotterieverwaltung arbeiten, am bisherigen Standort zu belassen.

Mein Appell lautet: Das Amerikahaus muss bleiben! Ich hoffe, dass Sie das endlich verstanden haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Bause.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit eineinhalb Jahren erleben wir hier ein Schmierentheater um den Rauswurf des Bayerisch-Amerikanischen Zentrums aus dem Amerikahaus in München. Seit eineinhalb Jahren erleben wir ein elendes Geschachere um die Zukunft des Amerikahauses. Die wildesten Ideen und Umzugsrochaden wurden in den Raum gestellt, wer am Karolinienplatz welches Haus verlassen soll, um welchen anderen Nachmieter reinzulassen. Das Ganze ging einher mit einer furchtbaren Verwirrung und Verunsicherung aller Beteiligten.

Warum das Ganze? - Weil Ministerpräsident Seehofer ganz offensichtlich in seiner üblichen Art das Amerikahaus ohne Absprache mit den Betroffenen verzockt hat, ohne sie zu informieren und ohne Beratung, was denn eine sinnvolle und gute Lösung für alle Beteiligten sein könnte. Schon gleich gar nicht gab es eine Mitsprachemöglichkeit für die Betroffenen und Beteiligten. Das Geschachere um das Amerikahaus und die Art und Weise, wie hier versucht wird, Politik zu machen, ist typisch für Ministerpräsident Seehofer: nicht fragen, nicht beraten, die Menschen nicht beteiligen, von oben herab entscheiden und dann hoffen, dass die Leute das schlucken werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber nicht mit uns und nicht mit den Betroffenen! Was ist denn seither passiert? - Als das ruchbar wurde, gab es ein Treffen aller Fraktionen, noch bevor irgendwelche Anträge im Landtag gestellt wurden. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass Herr Bocklet gesagt hat, er werde alles in seinen Kräften Stehende tun, damit das Amerikahaus an seinem angestammten Platz bleiben kann. Offenbar waren die Kräfte des Herrn Bocklet doch nicht so überbordend, wie er es dargestellt hat. Es sollte versucht werden, eine andere Lösung für Acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, zu finden. Auch da hat sich nichts getan.

Dann gab es doch einige aufmüpfige Stimmen in der CSU, was man nicht so häufig findet. Herr Goppel und Frau Männle haben sich geäußert. Der ehemalige Finanzminister Faltlhauser hat sich bemüßigt gefühlt, einen anderen Vorschlag zu machen. Man merkte: Es rumorte hörbar hinter den Kulissen, weil klar war, dass das eine absolut nicht vermittelbare Entscheidung des Bayerischen Ministerpräsidenten war. Man hat sich aber nicht getraut, sich hinzustellen und zu sagen: Lieber Horst Seehofer, wir wollen das nicht, es war einfach falsch, was du gesagt hast, lass uns eine andere Lösung für Acatech suchen. Das hat man sich nicht getraut, aber man hat sich darum bemüht, hinter den Kulissen noch irgendetwas zu schieben. Überhaupt nichts gehört hat man vom zuständigen Minister Heubisch, der gleichzeitig auch noch Stimmkreisabgeordneter in der Maxvorstadt ist.

(Georg Schmid (CSU): Die FDP hat überhaupt keinen Stimmkreisabgeordneten!)

Von Ihnen haben wir in dieser Sache überhaupt nichts gehört. Ich wundere mich schon, wie Sie in dieser Sache vorgehen wollen und was Sie uns dazu heute verkünden wollen.

Es gab dann viele Gespräche und Aktivitäten. Der Bezirksausschuss in München hat sich einstimmig für

den Verbleib des Bayerisch-Amerikanischen Zentrums ausgesprochen. Dann gab es eine Demonstration vor dem Amerikahaus,

(Alexander König (CSU): Die Amerikaliebe der GRÜNEN hat lang auf sich warten lassen!)

bei der Frau Männle und Herr Dr. Goppel verkündet haben, dass sie sich noch einmal dafür einsetzen werden, dass das Bayrisch-Amerikanische Zentrum da bleiben darf. Alle waren erstaunt, ich auch. Dann hatten wir diesen nichtssagenden Antrag im Ausschuss, bei dessen Beratung man sich nicht einmal darauf verständigen konnte, tatsächlich die Kündigung zurückzunehmen, die bis zum 30. Juni drohte. Danach hat Herr Kreuzer mit Herrn Lammersdorf vom Amerikahaus gesprochen. Dann hat man sich auf einen Aufschub von einem Jahr verständigt. Das bedeutet aber nur, dass der Auszug um ein Jahr verschoben wurde. Es gibt immer noch keine Planungssicherheit für das Amerikahaus. In der Zwischenzeit sucht man nach einer neuen Bleibe für das BayerischAmerikanische Zentrum.

Ich fordere Sie auf: Hören Sie endlich mit diesem Schmierentheater auf! Das ist unwürdig und dieser Institution überhaupt nicht angemessen. Nehmen Sie den Beschluss des Ministerrates zurück, und sorgen Sie für Klarheit für das Bayerisch-Amerikanische Zentrum. Lassen Sie endlich Ihre Immobilienverwaltung einen Vorschlag machen, wo ein geeigneter Standort für Acatech in München ist. Das muss Ihre famose Immobilienverwaltung doch hinkriegen. Sollten Sie das nicht hinkriegen, dann sollten Sie lieber gleich die Finger von größeren Aufgaben lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Professor Dr. Piazolo. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, heute wurde darüber geredet, dass Bayern so gut dasteht und deshalb nicht mehr die gewohnte Solidarität gegenüber den anderen Ländern üben kann. Dass Bayern so gut dasteht, ist sicherlich ein Verdienst der bayerischen Politik. Es ist aber auch ein Verdienst der amerikanischen Besatzungsmacht. Ohne die amerikanische Besatzungsmacht stünde es um die Demokratie und um dieses Land nicht so gut, wie es jetzt der Fall ist. Die Ausgangssituation nach dem Zweiten Weltkrieg ist wichtig; das sollte man bedenken.

Ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich nehme an, alle Abgeordneten der CSU auf der rechten Seite sind stolz auf ihre Partei. Ohne Amerikaner würde es keine CSU geben.

(Lachen und Widerspruch bei der CSU)

Die CSU ist von den Amerikanern genehmigt worden.

(Widerspruch bei der CSU)

- Bitte schauen Sie nach. Die Amerikaner haben die Christlich-Soziale Union genehmigt.

(Unruhe)

Jetzt schlägt der gegenwärtige Ministerpräsident den Amerikanern in München die Füße weg. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu kann ich nur sagen: Das ist geschichtsvergessen! Da vergisst einer sogar die eigene Parteigeschichte.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Ich will nicht sagen, dass die Amerikaner die CSU erfunden hätten. Die CSU hat sich schon selbst erfunden. Auf die Idee wären die Amerikaner wahrscheinlich gar nicht gekommen.

Herr Ministerpräsident, wir sind uns doch darin einig: Diplomatisch war die Aktion nicht, und ein geschicktes politisches Management sieht auch anders aus. Seit eineinhalb Jahren überlegen wir immer wieder, wo die Acatech, das Amerikahaus und die Lottozentrale sitzen sollen, und haben immer noch keine Lösung gefunden. Der Schaden dadurch ist inzwischen riesengroß. Das Amerikahaus ist düpiert; die Acatech ist in den Schlagzeilen, und zwar nicht positiv; die Mitarbeiter der Lottozentrale machen sich Sorgen um ihren Job; die Münchner, die das Amerikahaus lieben, gehen auf die Straße.

Nach eineinhalb Jahren haben Sie dieses Thema zur Chefsache erklärt. Ich weiß nicht, ob das eine Drohung ist, vielleicht gegenüber den anderen Kabinettsmitgliedern. Nachdem Sie jetzt hier sind, fordere ich Sie auf, dieses Thema anschließend nicht Herrn Kreuzer oder Herrn Heubisch zu überlassen. Erklären Sie uns im Plenum, was Sie machen wollen, wo Sie das Amerikahaus unterbringen wollen, was Sie mit Acatech verhandelt haben, mit wem Sie dort verhandelt haben und warum man auf diese Idee gekommen ist. Das wäre mir sehr wichtig. Dafür opfere ich die zwei Minuten Redezeit, die mir noch zustünden. Herr Ministerpräsident, ich bitte Sie, jetzt Stellung zu diesem Thema zu nehmen; es wäre an der Zeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Das Wort hat jetzt Kollege Dr. Goppel. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Letztlich sind wir alle erleichtert, weil wir bei der Durchsicht der in Rede stehenden Anträge zum Amerika-Haus und -zentrum feststellen konnten, dass es allen Kräften gleichermaßen darum geht, ein einvernehmliches Ziel zu erreichen, ein Ziel, das in der Art begründet ist, wie sie Herr Kollege Piazolo eben dargestellt hat. Es ist nämlich keine Überraschung, wenn wir Bayern uns ganz besonders der Hilfestellung der amerikanischen Freunde erinnern, der transatlantischen Siegermacht, die völlig anders mit den Unterlegenen umgegangen ist, als wir es von den europäischen Nachbarn nach dem Ersten Weltkrieg gewohnt waren, mit einem anderen Freiheitsverständnis, an die Zeit der Förderung und Eigenständigkeit im föderativen System und - auch das ist richtig, Herr Piazolo - an die besondere Nähe, die wir in den rund 40 Jahren besonderer amerikanischer Präsenz in Bayern, abgespeckt auch bis heute noch, pflegen konnten. Wir sind uns auch in der Staatsregierung der daraus abzuleitenden Verpflichtung bewusst, den guten Freunden, die wir gewonnen wissen, einen guten Platz im Münchner Stadthaus zu behalten.