Protocol of the Session on July 18, 2012

und das kann sicherlich nicht das Thema sein. Ich habe bewusst bereits auf der gemeinsamen Sitzung von Innen- und Justizministerkonferenz im November 2011 gesagt: Wenn bei einer Sturmflut die Deiche in Norddeutschland überschwemmt werden, sagt anschließend auch niemand, jetzt können die Deiche abgeschafft werden, weil sie offensichtlich nicht funktioniert haben, sondern es wird darüber diskutiert, wie man sie erhöht und verstärkt, damit die nächste Sturmflut nicht wieder drüberschwappt.

Das ist die Herausforderung, wenn wir Gefahren im Sicherheitsbereich erkennen. Deshalb müssen wir gemeinsam alles dafür tun, dass wir den Kampf gegen Extremismus jedweder Couleur verstärken und noch effizienter gestalten. Ich freue mich, wenn wir bei diesem Ziel zusammenarbeiten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, ist die Aussprache damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung und trennen die Anträge wieder. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/13268 - das ist der Antrag der SPDFraktion - zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind offenkundig alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Zuruf von der SPD: Bravo!)

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/13290 - das ist der Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist zwar sehr zögerlich, scheint aber auch bei der CSU der Fall zu sein. Gegenstimmen? - Sehe ich keine. Enthaltungen? - Ebenfalls keine. Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

(Zuruf von der SPD: Bravo!)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilen Bayerns herstellen - Investitionen in Straßenbau und -erhalt deutlich erhöhen! (Drs. 16/13269)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Dr. Thomas Beyer u. a. und Fraktion (SPD) Holterdiepolter - Schlaglochpisten sanieren (Drs. 16/13291)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollege Pohl. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese beiden Sitzungstage vor der Sommerpause mit einer Aktuellen Stunde zur "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Bayern" begonnen, und unsere

Fraktion beendet diese zweitägige Plenarsitzung mit einem Dringlichkeitsantrag zum gleichen Thema.

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir haben noch zwei Änderungen! Es kommen noch zwei Anträge!)

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern - diesen Slogan führen wir alle im Munde; aber wir müssen das, was wir hier propagieren, auch mit Leben füllen. Ein wesentlicher Bereich, eine wesentliche Voraussetzung dafür, gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu schaffen, ist nun einmal die Verkehrsinfrastruktur. Das gilt insbesondere in einem Flächenland wie dem Freistaat Bayern, das unterschiedlich dicht besiedelt ist und unterschiedliche Prosperität aufweist.

Wir haben Regionen, die von Abwanderung betroffen sind, ebenso wie Regionen, die einen überproportionalen Zuzug aufweisen und mit erheblichen Problemen zu kämpfen haben, die genau dadurch erwachsen. Um hier einen Ausgleich herzustellen, um die schwächeren Regionen zu stärken, brauchen wir die bestmögliche Erreichbarkeit und Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, insbesondere in den Straßenbau.

Der Herr Ministerpräsident hat löblicherweise, wenn auch vergeblich, versucht, im Zuge der Verhandlungen über die Zustimmung zum ESM der Kanzlerin mehr Gelder für den Straßenbau in Bayern abzuringen. Er ist zwar gescheitert, aber das Ziel ist dennoch richtig.

Wenn Sie sich die Verlautbarung des Bundesverkehrsministers Ramsauer, eines Mannes, der aus dem Landkreis Traunstein kommt, nämlich den Fünfjahresplan für die Bundesfernstraßen zwischen 2011 und 2015, anschauen, dann stellen Sie fest: Darin sind Vorhaben eingestellt, die ein Investitionsvolumen von drei Milliarden Euro zeitigen. Dieses Programm ist jetzt schon unterfinanziert. 150 Millionen Euro gibt es pro Jahr vom Bund, 350 Millionen kommen aus der Maut. Man kann auch das eine oder andere aus dem Sanierungstopf in den Neubautopf schieben, aber im Ergebnis bleibt ein erkleckliches Defizit.

Wenn man weiß, dass in diesem Fünfjahresplan zum Beispiel der Ausbau der A 8 zwischen Rosenheim und der Landesgrenze nicht enthalten ist, den man auf eine Milliarde Euro schätzt, wenn man weiß, dass eine Isental-Autobahn gebaut werden soll, dass ein Tunnel in Oberau auf die Realisierung wartet, dass die B 15 nach wie vor durch die Stadt Rosenheim führt und hier eine Umgehung für über 60 Millionen Euro gebaut werden muss, wenn man weiß, dass wir einen vierspurigen Ausbau der Bundesstraße 12 von Buchloe über Kaufbeuren bis nach Kempten benötigen und viele andere Projekte mehr in Bayern - von

der A 3 Würzburg - Aschaffenburg, die ebenfalls noch nicht fertiggestellt ist, habe ich noch gar nicht gesprochen -, dann ist es augenfällig, dass wir hierfür mehr Geld benötigen. Deswegen muss sich die Bayerische Staatsregierung mit Erfolg dafür einsetzen, dass mehr Geld für den Straßenbau zur Verfügung gestellt wird und hier in Bayern leistungsfähige Zukunftsachsen entstehen.

Wir brauchen aber auch im Staatsstraßenbau größere Anstrengungen als bisher. Wir haben Gott sei Dank ein gutes Steueraufkommen. Dieses Steueraufkommen sollte aber auch dazu verwendet werden, dass wir im Bereich des Straßenbaues keine Schulden anhäufen, die nicht sichtbar sind, indem wir unsere sanierungsbedürftigen Straßen nicht reparieren. Auch im Staatsstraßenneubau gibt es erheblichen Nachholbedarf. Der Oberste Rechnungshof hat im Jahr 2010 hierfür Anhaltspunkte geliefert. Wir sind der Meinung, dass mindestens 300 Millionen Euro pro Jahr für den Staatsstraßenbau eingestellt werden müssen.

Wir müssen - hier ist die Staatsregierung wieder gefordert -, im Rahmen der Bemühungen um die Erhaltung der Mittel aus dem Entflechtungsgesetz für eine bedarfsgerechte und umfangreiche Mittelausstattung für die kommunalen Straßen sorgen. Hier ist die Staatsregierung gefordert, sich beim Bund entsprechend stark zu machen.

Die SPD-Fraktion hat einen Dringlichkeitsantrag nachgezogen, in dem sie fordert, dass erheblich mehr Mittel für die Sanierung und den laufenden Unterhalt der Staatsstraßen vorgemerkt werden müssen. Dieser Punkt Ihres Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ist in Ordnung, er deckt sich mit unserem. Sie haben plakativ von jedem Regierungsbezirk eine Straße herausgestellt - auch dieser Fleiß verdient Anerkennung. Sie haben sich die Straßen vor Ort angesehen.

Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann es nicht angehen, dass wir einige Projekte herausziehen, sozusagen als Pilotprojekte, und sagen: Diese einzelnen Straßen ziehen wir heraus und machen sie zum Gegenstand des Antrages. Wir müssen dabei das Gesamte im Blick haben. Beim flüchtigen Leser erweckt das sogar den Eindruck, dies wären die einzigen Probleme, die wir in Bayern haben, und das, Frau Kollegin Karl, ist doch sicherlich nicht damit gemeint. Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass die Staatsstraßen umfangreich und umfassend saniert werden müssen.

Deshalb werden wir uns bei Ihrem Antrag - aber wirklich nur wegen dieser exemplarischen Aufzählung der Stimme enthalten. Den Antrag tragen wir grund

sätzlich mit, aber, wie gesagt, diese plakative Herausstellung einzelner Straßen erscheint uns hinderlich.

Wir bitten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, die die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern als wichtiges Ziel ansehen, unseren Antrag zu unterstützen und damit zu zeigen, dass es Ihnen auch in der Praxis ernst ist, in Bayern für eine Verbesserung unserer bayerischen Heimatregionen und der Bedingungen für die Menschen, die dort leben, zu sorgen: für gleichwertige Lebensverhältnisse und für eine noch bessere Zukunft des Freistaates.

Ich bitte Sie daher um Unterstützung unseres Antrags. Beim SPD-Antrag werden wir uns aus den genannten Gründen der Stimme enthalten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke. - Die nächste Wortmeldung kommt vom Kollegen Roos.

Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke meinem Namenskollegen Bernhard Pohl dafür, dass er mit sehr vielen richtigen Bemerkungen, auch Randbemerkungen, den Antrag der FREIEN WÄHLER "Gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilen Bayerns herstellen - Investitionen in Straßenbau und -erhalt deutlich erhöhen!" präsentiert hat, wenngleich ich nicht nachvollziehen kann, lieber Kollege, warum dann zum SPD-Nachzieher nur eine Enthaltung zu Buche schlägt. Wir erwarten eigentlich eine Zustimmung.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Punkte Ihres Antrages sind: Einsatz für erhöhte Bundesmittel. Es ist klar - das wird wohl niemand bestreiten, auch nicht auf den Regierungsbänken -, dass der Bundesfernstraßenplan völlig unterfinanziert ist. In dem fraglichen Zeitraum kommen wir sogar auf 70 Milliarden Euro, die investiert werden müssten. Und mit sehr viel Goodwill und Sondermaßnahmen egal, ob diese zusätzliche eine Milliarde Euro von Ramsauer kommt oder nicht - kommt man auf sieben Milliarden Euro, die investiert werden sollen. Ob sie dann auch fließen, bleibt abzuwarten. Ein Verhältnis von 10 : 1 spottet jeder verantwortlichen Politik, spottet jeder Anerkennung des Bedürfnisses nach Erweiterung der Verkehrsachsen und nach Sanierung bedrohter Straßen.

Zu den Staatsstraßen: Schulden tilgen auf dem Rücken der Staatsstraßen. Es mag wunderbar klingen, Herr Innenminister, wenn Sie hier stellvertretend für die Bayerische Staatsregierung sagen: Wir sind im Jahr 2030 schuldenfrei. Aber Sie selbst waren es

doch, der im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Obersten Rechnungshof die Zahlen festgelegt hat. 720 Millionen Euro sind allein zur Sanierung notwendig.

Dass mit den bisherigen Mitteln absolut unzureichend agiert wird, dafür nehme ich auch den derzeit nicht anwesenden Kollegen Erwin Huber, den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, als Zeugen, der sagte: Am Jahresende 2011 - nur das kann ich zitieren, weil er meines Wissens von 2012 noch nichts gesagt hat haben wir einen Verzehr von Staatsvermögen. Wir haben weniger Staatsstraßen in ihrem Wertvolumen für die Gesellschaft, für die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Bayern. Man versündigt sich also an der Verkehrsinfrastruktur, an dem, was unsere Vorgänger mit Mühe aufgebaut haben. Das wird in den Orkus getreten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist verkehrt, wenn man dafür plakativ sagt: Lieber 2030 schuldenfrei - ganz zu schweigen davon, dass auch die Investitionen in die Altersvorsorge unserer Beamtinnen und Beamten sträflich vernachlässigt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag 16/13291 der SPD-Fraktion will ich für uns schon in Anspruch nehmen, Kollege Pohl: Die SPD hat sich hierbei Meriten erworben. Wir sind sprichwörtlich zu Bauche gekrochen. Erinnern möchte ich an die Problembenennung im Zusammenwirken mit dem Automobilclub Europa, der diese Kampagne bundesweit gefahren hat - in Baden-Württemberg mit bemerkenswerten Erfolgen. Ich will auch nicht verschweigen, dass manches, was über die Presse schon im Vorfeld an die Staatsregierung und an die Bauämter gegangen ist, sehr schnell gewirkt hat. Kaum waren wir vor Ort, war das Loch zu.

(Heiterkeit bei der SPD)

Der "Schlagloch-Oscar" soll nicht heißen - das wäre völlig missverstanden -, dass wir nur diese sieben großen Löcher hätten und alles gut wäre, wenn wir diese zukleistern, sondern er dient als Symbolakt. Im Kino laufen nicht nur Oscar-gekrönte Filme - dann wäre es ja gänzlich arm -, sondern auch manche unterhalb dieses Niveaus. Sprich: Es gibt in Bayern garantiert viele Schlaglöcher, die eine ähnlich prominente Würdigung bzw. Ehrung erfahren könnten. Darum verstehe ich erst recht nicht, dass Sie den Antrag ablehnen bzw. sich dazu der Stimme enthalten wollen.

Gehen wir ins Detail: Wir wollen diese Sanierungsmaßnahmen aus Sondermitteln finanzieren. Es soll keine Kannibalisierung des einen durch das andere

geben, wie es beim Staatsstraßenausbauplan der Fall ist. Auf Regierungsbezirksebene muss nämlich entschieden werden: Wenn das eine Projekt nicht kommen soll, ist das andere nach vorn zu bringen und umgekehrt. - Bei unserem Antrag ist das nicht so.

Wir wollen eine deutliche, markante Steigerung des Volumens erreichen. Die 300 Millionen Euro, von denen Sie gesprochen haben, können durchaus ein Maßstab sein; denn wir brauchen pro anno 170 bis 180 Millionen Euro für die Sanierung, und etwa 100 Millionen Euro kommen für den normalen Erhalt hinzu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktion "Holterdiepolter" hat die Bürgerinnen und Bürger einbezogen. So verstehen wir Politik - bürgernah! Es gab über 100 Einsendungen, aus denen eine Kommission die Preisträger ermittelt hat. Auf den Besichtigungstouren waren Kommentare zu hören. Ich darf einen wiedergeben - ich zitiere -:

Es ist eine Schande, wie die Staatsregierung mit dem Gemeineigentum - das wir alle durch unsere Steuern bezahlt haben - umgeht und es verlottern lässt!

Das ist doch eine klare Botschaft dessen, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten.

Zweites Zitat:

Und das Schlimmste: Durch die Untätigkeit der CSU/FDP-Staatsregierung wird nicht nur viel Geld kaputtgemacht, sondern es werden Menschen im Straßenverkehr gefährdet und kommen zu Schaden.

An dieser Stelle will ich eine Lanze für die Motorradfahrer brechen. Diese - wie Kollege Ludwig Wörner und andere - sind besonders gefährdet, wenn Straßen in erbärmlichem Zustand sind. Es reicht schon eine Verfüllung mit Bitumen, und man ist weg vom Fenster.

(Ludwig Wörner (SPD): Das gilt nicht nur für Motorräder!)