Protocol of the Session on July 4, 2012

Wir halten es für dringend notwendig und geboten, im Landesbankgesetz festzuschreiben, dass Haftungsprivilegien für Verwaltungsräte nicht mehr durch Satzung oder sonstige Vereinbarung möglich sind.

Nun zum Antrag der GRÜNEN: Sie wollen unter anderem den Verwaltungsrat verändern. Dabei gehen Sie, wie ich meine, in die ganz falsche Richtung. Sie wollen den Verwaltungsrat entpolitisieren, wie Sie sagen, und nur noch den Finanzminister und einen Vertreter des Finanzministeriums da drin haben. Das geht in die falsche Richtung. Wir sind Haupteigentümer der Bank, und unsere politischen Kräfte müssen diese Bank auch kontrollieren. Deswegen muss die Staatsregierung im Verwaltungsrat sein. Ich meine sogar nach wie vor, dass in dieser elementar wichtigen Frage der Bayerische Ministerpräsident als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Landesbank die Geschicke kontrollieren sollte.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk!)

- Das wäre ein Geburtstagsgeschenk, Herr Ministerpräsident. Das steht aber heute nicht auf der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren, richtig ist im Antrag der GRÜNEN allerdings, dass die Vertreter der Fraktionen in den Verwaltungsrat gehören. Wir betrachten es als Angebot, dass wir uns, obwohl nicht in Regierungsverantwortung,

(Inge Aures (SPD): Noch nicht!)

in die Verantwortung der Sanierung nehmen lassen. Sie haben dieses Angebot ausgeschlagen. Ich halte es nach wie vor für richtig und wichtig, die Satzung der Landesbank hier anzupassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir werden das Landesbankgesetz hinsichtlich des Verwaltungsrats ohnehin demnächst überarbeiten müssen; denn aufgrund der Vorgaben von Brüssel erhalten die bayerischen Sparkassen wieder mehr Anteile an der Landesbank, und damit werden sie auch wieder mehr Vertreter in den Verwaltungsrat entsenden können. Dieses Thema wird uns also noch weiter begleiten, meine Damen und Herren.

Ich kann für unsere Fraktion nur sagen: Wir werden dem gemeinsamen Gesetzentwurf natürlich zustimmen. Den Gesetzentwurf der GRÜNEN lehnen wir ab.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Pohl. Als Nächste hat Frau Kollegin Aures von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir behandeln heute in gemeinsamer Lesung zwei Gesetzentwürfe zur Änderung des Bayerischen Landesbank-Gesetzes. Um eines gleich vorauszuschicken, Herr Pohl, ich teile nicht Ihre Meinung, dass der Herr Ministerpräsident geeignet wäre, den Vorsitz im Verwaltungsrat zu führen. Sein Bruder hätte dafür die besseren Karten und die bessere Ausbildung.

Unser gemeinsamer Gesetzentwurf datiert vom 7. Juli 2011 und ist damit fast auf den Tag genau ein Jahr alt. Ein Jahr hat es gedauert, bis dieser Gesetzentwurf heute hier landet. Er wurde zwar am 12. Juli letzten Jahres in Erster Lesung beraten. Er wurde dann am 19. April dieses Jahres im Haushaltsausschuss behandelt. Am 21. Juni wurde er im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz beraten. Deshalb wundert es mich, dass man ein Jahr braucht, um zwei Sätze zu beraten.

Es geht um die Haftungsregelung in Artikel 16a. Hier heißt es in unserem gemeinsamen Gesetzentwurf:

Der Verwaltungsrat ist der Bank zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung seiner Pflichten entsteht. Diese Haftung kann weder durch Satzung noch durch Vereinbarung oder in sonstiger Weise abbedungen oder beschränkt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind gewählte Volksvertreter, und diese Formulierung müsste für Sie eine Selbstverständlichkeit sein: Unsere Aufgabe ist es, Schaden vom Volk abzuwenden, und nicht, einen Haufen Millionen und Milliarden zu versenken.

(Beifall bei der SPD)

Eines muss uns doch klar sein: In der Bayerischen Landesbank kann es nicht so weitergehen wie bisher. Die Devise kann nicht lauten: Weiter so. Schauen wir einmal zurück: In einer Art Selbstprivilegierung oder Selbstschutz haben sich die Verwaltungsräte der BayernLB am 6. Mai 2002, also vor zehn Jahren, selbst einen gesetzlichen Maßstab verpasst, wonach sie nicht schon bei Fahrlässigkeit, sondern erst bei grober Fahrlässigkeit in die Haftung genommen werden können. Damit haben die Herren von der CSU schon vorher ihren Kopf aus der Schlinge gezogen und sich erst einmal selbst abgesichert. Mit diesem RundumSorglos-Paket der Haftungsbeschränkung wollten sie

sich selbst den Rücken freihalten. Daran sieht man, dass sich die Herren Verwaltungsräte keine Kompetenz zugetraut haben, sonst hätten sie keine Angst vor sich selbst haben müssen.

Gerade in diesen Tagen rundet sich das Bild. Im Frühjahr 2001 sicherte sich Leo Kirch die Rechte an der Formel 1. Zu deren Finanzierung brauchte er in kürzester Zeit zwei Milliarden DM. Er ging zur Bayerischen Staatsregierung, die sozusagen in Amtshilfe tätig wurde. Nachdem der Medienmogul nicht nur bei der CSU, sondern vor allem auch bei Ministerpräsident Stoiber hoch angesehen war, war diese Sache ratzfatz unter Dach und Fach. Man konnte es sehen: 2002, kurz vor der Bundestagswahl, war es Herrn Stoiber gerade recht; denn er konnte ProSieben oder SAT.1 für seinen Wahlkampf gut gebrauchen. Kirch bekam sein Geld nämlich nicht von der privaten HypoVereinsbank oder jetzt UniCredit Group, wo er angefragt hatte, sondern erst dann, als ihn die BayernLB protegiert hatte. Trotz Warnung der Innenrevision der Bayerischen Landesbank wurden wenige Tage später die 2 Milliarden DM überwiesen.

So kam es, wie es kommen musste. Am 18. April 2002 war Kirch pleite und das Geld weg. Am 6. Mai, einen Monat später, haben sich die Herren dann abgesichert und sich das Haftungsprivileg gegeben, wonach sie erst bei grober Fahrlässigkeit in die Haftung genommen werden können.

Die Liste geht weiter. 2007 wurden für die Hypo Alpe Adria 3,75 Milliarden Euro versenkt. 2008 mussten 10 Milliarden Euro bezahlt werden, damit die BayernLB nicht in die Insolvenz geriet. Gribkowsky verkauft die Rechte an der Formel 1 an Ecclestone. Da muss man fragen: Wo waren denn die Verwaltungsräte? Wie kann so etwas eigentlich passieren? Wer hat diesen Verkauf kontrolliert? Wie kann es sein, dass sich Gribkowsky so viel Geld in die eigene Tasche schaufelt? Wenn er munter das Geld in die eigene Tasche einschiebt, müsste er eigentlich "Grabschkowsky" heißen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn man das Plenarprotokoll vom 12. Juli 2011 liest, muss man schmunzeln. Damals hat Frau Görlitz gesagt - ich zitiere:

Uns geht es im Moment vor allem darum, dass das EU-Beihilfeverfahren abgeschlossen wird. Wir werden sehen, wie das Ergebnis ausschaut.

Heute müssten Sie es doch wissen; heute könnten Sie eigentlich zustimmen. Der Minister hatte doch schon verkündet, dass das Verfahren langsam in die

Endphase kommt. Das Verfahren ist anscheinend abgeschlossen. Deshalb haben Sie jetzt auch keine Ausrede mehr dafür, dass Sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Es muss eine Neuregelung getroffen werden, sonst sind Sie selbst dran, weil Sie nicht tätig geworden sind.

Ich möchte ganz kurz zum Gesetzentwurf auf Drucksache 16/10796 der GRÜNEN kommen. Dem stimmen wir nicht zu. Verschiedene Gründe dafür sind schon genannt worden. Ich sage es noch einmal deutlich: Wir sind gegen eine Entpolitisierung der Bank; denn es kann nicht sein, dass eine Bank, die fast eine Staatsbank ist, nicht der Aufsicht des Eigentümers unterliegt. Das geht nicht. Aus den mit der Besetzung des Verwaltungsrats durch CSU-Minister und CSUStaatssekretäre gemachten Erfahrungen wird deutlich, dass die Regierung nicht in der Lage war und ist, diese Bank zu kontrollieren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb fordern wir, dass der Bayerische Landtag durch je einen Vertreter jeder Fraktion im Verwaltungsrat vertreten ist. Wir sind die gewählten Volksvertreter, aber das Volk ist im Verwaltungsrat nicht vertreten, obwohl es der Souverän ist. Deshalb müssen wir auch in diesen Verwaltungsrat mit hinein. Für uns ist der Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens der Maßstab dafür, welche weiteren Konsequenzen zu ziehen sind und wie der Verwaltungsrat in Zukunft besetzt wird. Wir unterstützen den Vorschlag, dass externe Mitglieder, Vertreter der Mitarbeiter, Vertreter der Verbände und Vertreter der Sparkassen in den Verwaltungsrat kommen. Der Anteil der Sparkassen ist schließlich durch die 1,65 Milliarden Euro, die reingeschossen werden müssen, wieder von 5 auf 20 % angestiegen.

Die Entpolitisierung ist gar nicht notwendig; denn die haben Sie schon selbst betrieben. Ich darf nur auf die Amtszeit von Herrn Beckstein zurückschauen. Bei 31 Sitzungen zwischen 2005 und 2007 hat er nur an neun Sitzungen selbst teilgenommen. Neunzehnmal hat er sich vertreten lassen, dreimal war überhaupt niemand da. Herr Huber war bei 22 Sitzungen nur zwölfmal anwesend. Siebenmal wurde er vertreten, dreimal war keiner da. Herr Schmid, bei 31 Sitzungen haben Sie es geschafft, an 16 teilzunehmen. Donnerwetter! Fünfmal war aber auch keiner da. Heute muss ich an Herrn Zeil ein Sternchen verteilen. Bei zehn Sitzungen war er achtmal da. Ich weiß nicht, was er nach dem neuen System in der Schule bekommen würde.

Ich muss auch noch einen weiteren Punkt ansprechen, auch wenn der Herr Minister heute nicht anwe

send ist. Herr Herrmann weigert sich, an den Sitzungen des Verwaltungsrats teilzunehmen. Er wird immer durch den Kollegen Eck vertreten. Das kann so nicht bleiben. Er kontrolliert sich letztlich selber; denn das Innenministerium ist die Rechtsaufsichtsbehörde über den Verwaltungsrat. Darüber lacht sich doch jeder kaputt. Diese Angelegenheit muss auch einmal neu geregelt werden. Sie können noch so lange zuwarten, das muss einmal vom Tisch.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf zusammenfassen, welche offenen Baustellen die Landesbank hat. Neben dem seit 42 Monaten nicht abgeschlossenen EU-Beihilfeverfahren sind die Probleme mit den Schrottimmobilien der Deutschen Kreditbank AG - DKB - nach wie vor nicht geklärt. Soll die MKB, die ungarische Bank, saniert oder verkauft werden? Kapitalspritzen wurden erst im Februar noch einmal gegeben. Zum Wohnungsproblem bei der GBW wird Kollege Güller noch etwas sagen. Warum kauft der Freistaat die Wohnungen eigentlich nicht selber? Warum gibt er sie nicht in eine Stiftung? Wie können vor allem die Mieter dauerhaft rechtlich abgesichert werden? Die Sozialbindung ist für uns ein ganz wichtiges Kriterium. Wann bekommen wir den Interbankenkredit in Höhe von 3,1 Milliarden Euro zurück? 3,1 Milliarden sind in der HGAA geliehenes Geld, unabhängig von dem, was die Bank gekostet hat. Von den ABS-Papieren hört man überhaupt nichts mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wie schaut es da aus? Haben sich die Papiere durchgefressen? Wo stehen sie jetzt? Alles das sind Angelegenheiten, die wieder auf den Tisch des Hauses müssen. Wir werden da nicht nachlassen.

Der vorletzte Punkt sind die Pensionen der Vorstände. Sind die Pensionen der Vorstände eingefroren? Oder kassieren sie munter weiterhin ihre fünfstelligen Beträge im Monat? Wie schaut es aus mit den Prozessen vor dem Bundesarbeitsgericht? Dort hat die BayernLB in Prozessen, in denen Mitarbeiter gegen die Bank geklagt haben, verloren. Auf meine Frage, ob Sie für diesen Prozess Rückstellungen eingestellt haben, haben Sie mit Nein geantwortet. Der Schaden beläuft sich wahrscheinlich auf 500 Millionen Euro. Wie sieht es aus mit den Mitarbeitern, die nicht geklagt haben und vorher diesen Vertrag unterschrieben haben?

In diesem Sinne gibt es noch viel zu tun. Packen wir es an. Heute sind viele unbeantwortete Fragen aufgezeigt worden. Es wurde deutlich, dass die Bank Kontrolle durch die gewählten Volksvertreter braucht. In dem Sinne darf ich Sie bitten, unserem gemeinsamen Gesetzentwurf zuzustimmen. Den Gesetzentwurf der GRÜNEN lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Hallitzky vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesbank war unstrittig das größte finanzielle Desaster in der bayerischen Nachkriegsgeschichte. Die Bank war von Rothschild im Jahr 2006 auf 8 Milliarden Euro geschätzt worden. Im Jahr 2008 hat sie 10 Milliarden Euro bekommen. Sie ist jetzt weniger wert als im Jahr 2006. 10 Milliarden Euro wurden unwiederbringlich verbrannt, also 800 Euro je Bayer und Bayerin.

Für einen Schadensanteil von rund 3,75 Milliarden Euro war das HGAA-Abenteuer - das Balkan-Abenteuer - verantwortlich. Weitere 3,1 Milliarden Euro stehen hier noch im Feuer. Ich kenne die relativ formalen Abwehrargumente der Landesbank, wonach dieses Geld nicht im Feuer stehe. Ich kenne aber auch den Text, die entsprechenden Passagen des Gutachtens von Kleiner. Ich weiß, dass Österreich derzeit ein zweites Gutachten erstellt, um das durchzusetzen. Diese 3,1 Milliarden Euro sind noch nirgendwo als Risiko verbucht. Sie stehen in den Büchern der Landesbank noch als sichere Forderungen.

In zwei Untersuchungsausschüssen zum HGAASkandal in Kärnten und in Bayern konnte herausgearbeitet werden, dass dieses Milliardendebakel ein von der Politik gemachtes Desaster war. Das Kontrollversagen der damaligen Vorstände war eklatant. Bevor man solche Gesetzentwürfe vorlegt, stellt sich deshalb die Frage: War das ein Einzelfall? Wurden aus der politischen und der rechtlichen Verantwortung für das HGAA-Debakel irgendwo die richtigen Konsequenzen gezogen?

(Geräusche durch Lautsprecheranlage - Claudia Stamm (GRÜNE): Das ist nicht auszuhalten!)

- Ich bin nicht auszuhalten, sagt die eigene Kollegin aus dem Ausschuss. Das trifft jeden Parlamentarier hart.

Herr Kollege Hallitzky, diese Aussage war nicht auf Sie bezogen. Frau Kollegin Stamm hat zu Recht kritisiert, dass die Geräusche, die immer wieder über das Mikrofon kommen, auf eine Störung der Anlage zurückzuführen sind. Die Frage ist, ob wir dies in Kauf nehmen und weitermachen oder die Sitzung unterbrechen. Ich habe schon vorher darauf hingewiesen, und mir wurde gesagt, es werde alles versucht, um diese Stö

rung zu beseitigen. Wie ich jetzt feststelle, ist die Störung aber noch stärker geworden als vorher.

Können wir uns darauf verständigen, dass ich zunächst Herrn Kollegen Hallitzky noch einmal das Wort gebe, um ihn zu Ende reden zu lassen? In der Zwischenzeit wird die Technik versuchen, das Problem zu lösen. Besteht damit Einverständnis?

(Georg Schmid (CSU): Ja! Wir sind aufmerksam!)

- Gut. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort. Die Zeit, die Sie jetzt verloren haben, wird Ihnen natürlich nicht angerechnet.

Wenn es dann immer noch nicht klappt, wechseln wir den Präsidenten aus. Sollte es dann immer noch nicht klappen, setze ich mich hin und bin ruhig. Irgendwie kriegen wir das schon.