Protocol of the Session on May 8, 2012

Zweites Thema. Die Schuldenbremse gibt es im Grundgesetz. Das Grundgesetz gilt auch in und für Bayern. Was wir in erster Linie brauchen, ist ein Gesetz, das die Schuldenbremse des Bundes für Bayern genau regelt und detailliert festlegt. Ich freue mich über den Zuspruch, den ich im Ausschuss erfahren habe. Ich habe das auch vom Bayerischen Obersten Rechnungshof so empfunden. Ich würde mir wünschen, dass wir über die Parteigrenzen hinweg eine sachliche und keine emotionale Debatte führen. Wichtig ist: Wenn eine Schuldenbremse in die Verfassung aufgenommen wird, dann muss sie auch beinhalten und sicherstellen, dass es keine Verschuldung auf Kosten der Kommunen geben darf. Es ist ganz wichtig, nicht auf dem Rücken der Kommunen hauszuhalten. Schulden dürfen auch nicht in Form von Krediten bei Beteiligung des Freistaates versteckt werden, also zum Beispiel in PPP-Projekten oder Schattenhaushalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Stichwort bei der Schuldenbremse ist die Sicherung der Einnahmen. Wenn man über die Aus

gaben redet, muss man natürlich immer auch die Einnahmen im Blick haben und darf nicht, was gerade wieder im Bund geschieht, dem Staat mutwillig 6 Milliarden Euro an Einnahmen ohne Gegenfinanzierung nehmen. Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse sehe ich das kritisch; denn der Freistaat, das Land ist eben nicht für die Einnahmen zuständig. Deswegen haben wir auch keinen Gestaltungsspielraum. Was nützt mir eine Festschreibung in der Verfassung, wenn ich keinen Gestaltungsspielraum habe?

Insgesamt müssen wir mit Festschreibungen in der Verfassung vorsichtig sein, Herr Kollege Klein, weil man irgendwann nicht mehr weiß, wo man anfängt und wo man aufhört. Eine sachliche Diskussion wäre sehr wünschenswert, keine emotionale, mit populistischen Tönen von einer Partei, die unbedingt in der Öffentlichkeit vorkommen muss.

Nun konkret zur Haushaltsrechnung. Der Haushalt 2009 ist tatsächlich - das haben wir auch schon gehört - sehr, sehr stark von der Kreditaufnahme für die BayernLB geprägt, was die hohen Werte bei den übertragenen Einnahme- und Ausgaberesten erklärt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Angesichts der wachsenden Haushaltsreste bei den Sonderprogrammen muss man besonders aufmerksam sein. Offensichtlich liefen diese Programme nicht besonders gut, und die Staatsregierung hat sich einiges mehr vorgenommen, als sie umsetzen konnte.

Speziell beim ÖPNV wird das Geld gehortet. Von 2005 bis 2009 sind die Reste verelffacht worden. Da liegt die Frage auf der Hand: Wozu? Das ist der vorsichtige Versuch, die Kasse zu füllen, um die zweite Stammstrecke zu bauen. Das Projekt gehört endgültig begraben, weil es nicht umzusetzen ist. Das ist absolut unrealistisch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das zeigen auch die neuesten Aussagen. Der Bundesminister für Verkehr, Ramsauer, will allerhöchstens 200 Millionen Euro für die Stammstrecke ausgeben. Das reicht natürlich hinten und vorne nicht. Die zweite Stammstrecke in Form des Tunnels wird nicht kommen; da hilft auch das Horten des Geldes nichts. Die Reserven werden nicht reichen. Um Abhilfe für die Fahrgäste zu schaffen, müssen die Alternativen aber möglichst schnell umgesetzt werden. Das haben Sie jetzt auch erkannt; sie sollen morgen Thema im Kabinett sein. - Herzlichen Glückwunsch, guten Morgen; Sie sind aufgewacht. Schauen Sie sich unsere Anträge, die Anträge des Kollegen Martin Runge an. Ein Stichwort ist der Ausbau des Südrings. Schauen Sie sie sich einfach an und setzen Sie sie um, damit

die Fahrgäste in München endlich eine Abhilfe bekommen. Wir brauchen andere Infrastrukturmaßnahmen. Machen Sie es endlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Ausgabereste im Jahr 2009 stiegen horrend an. Auch die hier die Frage: Wozu? Die Antwort liegt auf der Hand. Man will für die großen Wahlkämpfe 2013 gewappnet sein - Geld in der Kasse für den Wahlkampf. Alle Jahre wieder sagen! - Eigentlich ist es schon ein trauriges Märchen -: Endlich sollte etwas mehr Gerechtigkeit beim Steuernzahlen möglich sein, und man sollte auch das Gefühl haben können, dass der Staat sich darum kümmert. Wegen der zu geringen Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung gehen dem Staat jährlich Milliardenbeträge verloren. Aufgrund von Defiziten in der betriebsnahen Veranlagung kommt es nur zu Steuerausfällen im zweistelligen Millionenbereich. Dem Staat geht eine Menge Geld verloren, das wir wirklich gebrauchen könnten, um Aufgaben und Herausforderungen, die wir angehen müssen, zu meistern. Da fehlt das Geld.

Ein Stichwort ist auch schon gefallen: Die verdeckte Verschuldung. Die verdeckte Verschuldung muss dringend abgebaut werden. Sorgen Sie endlich für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten; sorgen Sie endlich für die Vorsorge, damit uns das nicht auf die Füße fällt. Reparieren Sie unsere Straßen, statt die Gegend zuzubetonieren, und stellen Sie vor allem endlich genügend Geld für den Bauunterhalt ein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen unser Eigentum gut bewahren und in Schuss halten. Das ist übrigens auch ganz klar bei einem Bericht des Obersten Rechnungshofes zum Einzelplan des Wissenschaftsministeriums herausgekommen. Wir müssen die bestehenden Einrichtungen bewahren, statt neue Monumente zu schaffen. Das mahnen wir immer wieder an. Deshalb ist noch einmal an das Kunstministerium zu appellieren, das Bestehende nicht kaputt gehen zu lassen und dafür genügend Geld einzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch einmal: Wir entlasten den Bayerischen Obersten Rechnungshof natürlich sehr gerne, die Staatsregierung aber nicht. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Professor Georg Barfuß für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Thema komme, möchte ich daran erinnern, dass dieses Land heute, am 8. Mai, vor 67 Jahren befreit wurde. Ich will zum Ausdruck bringen, dass ich dankbar und froh bin, in einer Demokratie leben zu dürfen, in der wir in diesem Parlament offen diskutieren können. Das wollte ich einfach los werden.

(Allgemeiner Beifall)

Ich würde auch gerne den Präsidenten des Obersten Rechnungshofes, Herrn Dr. Fischer-Heidlberger, begrüßen, glaube aber, dass das die Geschäftsordnung nicht hergibt. Deswegen mache ich es auch nicht. Als korrekter Überwacher unserer Tätigkeiten haben Sie dafür sicher Verständnis.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt aber zum Thema. Auch wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und natürlich beim Präsidenten des ORH; denn für uns ist der ORH eine Qualitätsmanagement-Einrichtung. Wir sind froh und dankbar, dass wir uns an dem messen können, was hier vorgeschlagen wird und was opportun ist. Deshalb wird es auch von uns keine despektierliche Kritik geben; dazu ist uns der ORH viel zu wichtig. Allerdings möchte ich nicht verkennen, dass der Primat der Politik, in einer gewissen Situation handeln zu müssen, zu berücksichtigen ist und gilt. Wohl aber liebe ich persönlich und liebt unsere Fraktion sowie auch Kollege Klein die offene Aussprache darüber. Insofern bin ich dankbar, dass ich das hier sagen darf.

Ich möchte keine Wiederholungen bringen, sondern auf ein paar Dinge eingehen, die bisher so noch nicht gesagt wurden. Der Präsident fordert in seinem Schlusswort mehr Mut. Da hat er völlig Recht. Den hat schon Adenauer gefordert. Das Wichtigste in der Politik ist der Mut. Am mutigsten wäre es natürlich, wenn wir endlich ein Rechnungswesen hätten. Hätten wir ein kaufmännisches Rechnungswesen, würden wir längst Rückstellungen gebildet haben, um das Vermögen unseres Freistaates zu sichern.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das kann man aber auch ohne Rechnungswesen!)

- Ja, aber als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Herr Kollege Halbleib, wissen Sie selbst, dass dies nicht so einfach ist wie bei einer kaufmännischen Buchführung, in der die Rückstellungsbildung für jedermann ersichtlich ist. Sie wissen, dass dies hier wesentlich intransparenter ist. Deswegen stimme ich - ich meine, das ist allen fünf Fraktionen ein Anliegen - zu, zu sagen, dass wir so tun müs

sen, als hätten wir ein kaufmännisches Rechnungswesen. Wir müssen tatsächlich für Straßen und für Brücken mehr im Haushalt tun. Das gilt für Gebäude, und das gilt für Pensionsverpflichtungen. Die kommunale Seite steht nicht zur Debatte; vielmehr geht es um die Gesamtheit der Kanäle. Wenn wir ein Rechnungswesen hätten, wäre das auch enthalten.

Eine Abhilfe wäre vielleicht dadurch möglich, dass wir - mit wir meine ich den Haushaltsausschuss - von den Ministerien noch nicht bereinigte Haushalte vorgelegt bekämen. Ich bin überzeugt, dass die Haushälter in den einzelnen Fachabteilungen äußern, wo sie mehr brauchen; aufgrund der Gesamtregie wird dies dann aber zusammengestrichen.

Das Zweite. Mein Kollege, unser Haushaltsexperte Karsten Klein hat mit seinen Feststellungen zum Finanzhaushalt durchaus recht, wenn er sagt, daran könne man erkennen, was eine Volkswirtschaft, was ein Staat erwirtschaftet. Vielleicht ist auch hier ein Ausflug ins kaufmännische Rechnungswesen eine Hilfe. Wenn man dort von einem Betriebsergebnis und von einem neutralen Ergebnis spricht, welches zusammen logischerweise ein Gesamtergebnis darstellt, muss man zwei Faktoren herausrechnen. Das Fatale ist tatsächlich die Landesbank. Wenn wir die nicht hätten, könnten wir vor Kraft kaum laufen. Das ist so. Das ist tragisch, darüber brauchen wir nicht zu reden. Schlimm war auch, dass die Rating-Agenturen diese Papiere als Triple A eingestuft und unsere Leute diese Papiere eingekauft haben. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden.

Der zweite Faktor, der im Sinne eines neutralen Ergebnisses herausgerechnet werden muss, war die internationale Ethikkrise, die zu einer Finanzkrise geführt hat. Das waren zwei exogene Größen, die berücksichtigt werden mussten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die Hypo Alpe Adria war aber ein bayerisches Problem!)

- Das war hausgemacht, darin stimme ich Ihnen zu. Wenn Sie mir aber zuhören würden, wüssten Sie, dass ich nur die zwei Faktoren erwähnt habe. Das sind exogene Größen. Wenn man die herausrechnet damit hat Herr Klein recht -, ist der Saldo in Ordnung. Wir müssen daran arbeiten, dass diese Entwicklung wieder zurechtgebogen wird.

Nicht gefallen hat mir, Herr Kollege Halbleib, Ihre Aussage, es sei fatal und skandalös, dass wir eine Steuerverwaltung aufgebaut hätten, die nicht funktioniert. Ich würde jeden im Hohen Hause darum bitten - das gilt auch für die Regierung, für die Ministerien -, Zahlen vorzulegen, damit wir die Grenzkosten und den

Grenznutzen einander gegenüberstellen können. Erst dann können wir leidenschaftslos feststellen, ob wir irgendwelche Schritte einleiten müssen. Die Behauptung von Steuerbetrügereien höchsten Ausmaßes werden wir nicht dulden und möchten wir auch nicht dulden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Was ist mit dem Umsatzsteuerbetrug?)

- Sie haben vorhin gesprochen. Jetzt hören Sie mir ein bisschen zu. Das Parlament hat das Recht, die Regierung zu kontrollieren. Deswegen verlangen wir, die Koalitionsfraktionen, auch, dass uns die Regierung Zahlen vorlegt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ändert aber nichts daran!)

Sie haben wörtlich gesagt, dass dem Bürger in Bayern Lasten auferlegt werden. Dazu kann ich leider Gottes nur sagen: Das stimmt. Diese Lasten sind aber unter allen Ländern am geringsten. Es gibt durchaus Länder, in denen diese Lasten viel größer sind. Die Landesbank habe ich erwähnt. Dazu mag ich nichts mehr sagen.

Insgesamt werden wir sowohl den Obersten Rechnungshof als auch die Staatsregierung entlasten. Gehen Sie aber davon aus, dass die Fraktionen der CSU und der FDP kritisch sind. Wir dürfen dabei nicht übersehen, wer an der Regierung ist und wer in der Opposition ist, wer handeln muss und wer in aller Ruhe eine Analyse macht. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie uns immer wieder fordern. Die Leute wollen, dass ein Parlament so arbeitet. Deshalb freue ich mich über diese Debatte.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Wir haben noch einen Kollegen auf der Rednerliste. Es ist der Kollege Herold. Ich erteile ihm das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den Reden der Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, insbesondere des Kollegen Halbleib und der Kollegin Stamm, hätte man meinen können, dass sie nicht über den Freistaat Bayern, sondern über Länder wie zum Beispiel Berlin oder Nordrhein-Westfalen gesprochen haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben von ihnen kein Wort dazu gehört, dass wir in Bayern aufgrund unserer guten wirtschaftlichen Situation über den Länderfinanzausgleich den größten

Solidarbeitrag für hoch verschuldete Länder leisten. Ich sage es ganz deutlich: Bayern ist mit allen Kennzahlen die Nummer eins in Deutschland. Darauf sollten wir alle stolz sein, auch Sie von der Opposition.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sechzehnter Platz in der Steuerverwaltung!)

Bayern ist gewissermaßen der Schuldenabbauer. Sie wissen auch, dass die Schuldenkönigin in Deutschland Frau Hannelore Kraft ist.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die hat die Schulden aber nicht aufgebaut!)