Protocol of the Session on April 26, 2012

Ich hätte mir gewünscht, dass diese beiden Anträge nicht gestellt worden wären. Dabei würde ich der SPD-Fraktion empfehlen, ein Rechtschreibprogramm zu kaufen. Über euer Antragspapier, liebe Freunde, müsste ein Rechtschreibprogramm laufen, damit der Text vernünftig formuliert wird. Ein solches Programm

ist zwar nicht förderfähig, aber aus euren Fraktionsmitteln werdet ihr es wohl schaffen.

Liebe Freunde, ich bin ein überzeugter Anhänger des Föderalismus. Ich bin der Meinung, dass wir den Länderfinanzausgleich reformieren müssen. Wir haben hierzu eine Gruppe der finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktionen eingerichtet, in der wir ernsthaft über dieses Thema diskutieren. Lieber Kollege Halbleib, gerade aus den ostdeutschen Ländern kommt eine ganz starke Initiative zur Änderung des Länderfinanzausgleichs, weil diese Länder erkennen, dass im Finanzausgleich keine Anreizsysteme vorhanden sind. Im Gegenteil, ich habe mit einem Kollegen aus Thüringen gesprochen, der gesagt hat: Wenn in Thüringen die gleiche Steuerdeckungsquote erreicht würde, wie wir sie in Bayern haben - sie liegt zwischen 72 und 75 % -, würde Thüringen zwei Milliarden mehr Steuern einnehmen. Davon würden dem Land aber nur 200 Millionen verbleiben. Daran sieht man sehr deutlich, dass die Anreizsysteme, die im Moment im Länderfinanzausgleich vorhanden sind, nicht funktionieren.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die CSU hat doch verhandelt!)

Natürlich haben wir in den Jahren vor 2000 über den Länderfinanzausgleich verhandelt. Wie Sie aber deutlich erkennen können, lieber Kollege Halbleib, ist nicht alles, was man als wünschenswert empfindet, durchsetzbar. Insofern haben wir mit anderen Bundesländern zusammenzuarbeiten und denen das schmackhaft zu machen, was wir wollen. Wir konnten uns in bestimmten Bereichen durchsetzen. Wenn das nämlich nicht der Fall gewesen wäre, müssten wir heute sehr viel mehr an die anderen Länder bezahlen und würden viel weniger Steuereinnahmen bei uns in Bayern behalten.

Wir stimmen dem FDP-Antrag natürlich zu. Den SPDAntrag werden wir aber nicht nur wegen der Rechtschreibfehler ablehnen, sondern deshalb, weil er inhaltlich vollkommen falsch ist. Ich bitte Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag der FDP zuzustimmen und den Antrag der SPD abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nächster Redner ist Herr Kollege Aiwanger. Ihm folgt dann Herr Kollege Hallitzky.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man könnte nach dieser Rede und der Empfehlung, dem Antrag trotzdem zuzustimmen, sagen: Das C im Namen CSU steht für Chaos.

Anders kann man es nicht interpretieren, dass jemand fünf Minuten gegen einen Antrag redet und dann zustimmt, obwohl in dem Antrag eins zu eins das übernommen wurde, was Finanzminister Söder immer wieder zum Besten gibt, dass nämlich der Länderfinanzausgleich so nicht sein kann, dass manche Länder sich nur Wohltaten bis hin zum Ausbau einer kostenfreien Kinderbetreuung gönnen und wir dafür Geld überweisen. Das ist, auf den Punkt gebracht, immer die Aussage des Finanzministers. Dann wird der FDP vorgeworfen, sie kenne sich nicht aus, um das in Deutsch zu übersetzen, was wir vorher gehört haben, aber dem Antrag wird doch zugestimmt, weil die Koalitionsdisziplin gewahrt werden soll. Ich stelle völlige Verwirrung auf ganzer Linie fest. Wir haben heute eine weitere Gelegenheit, im Zusammenhang mit dem ESM über diese Themen zu diskutieren.

Für mich ist der Antrag der FDP ein Versuch, die CSU vorzuführen, was ihr auch gelungen ist. Zweitens ist der Antrag ein Ablenkungsmanöver. Innerhalb des deutschen Länderfinanzausgleichs kratzt man sich die Augen aus. Beim Länderfinanzausgleich geht es um einige Milliarden. Wir wollen die Zahlen gar nicht herunterspielen. Beim europäischen Finanzausgleich geht es um Hunderte von Milliarden. Herr Schäuble hatte in den letzten Tagen erst zehn Milliarden in den Nachtragshaushalt für den ESM eingestellt. Auf europäischer Ebene ist der Länderfinanzausgleich scheinbar kein Thema. Für Griechenland gibt man gerne, für Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein dagegen nicht. Diese Politik ist in sich nicht schlüssig. Am Ende dreht sich alles ums Geld, wenn wir uns weitere Themen von heute vor Augen führen. Ich nenne nur die Themen Verkehrspolitik, die Stammstrecke München und dergleichen, die am Ende am fehlenden Geld scheitern werden. Dort klagt man über fehlende Finanzen, anderswo spielen die Milliarden keine Rolle.

Auf den Punkt gebracht: Der Länderfinanzausgleich in Deutschland muss verbessert werden. Deshalb unterstützen wir diesen FDP-Antrag. Wir würden ihn noch lieber unterstützen, wenn drinstehen würde, dass sofort zu prüfen ist und nicht erst bei den Verhandlungen, also ab 2019. Bis 2019 ist der Ausgleich festgeschrieben. Bis dahin ist im Prinzip alles heiße Luft, was in diesem Antrag angesprochen wird. Ihre Formulierung zu den Vorverhandlungen bedeutet, dass sich in den nächsten sieben Jahren am derzeitigen Status nichts ändert. Vorher wird man auch nichts bewegen.

Die Aussage der FREIEN WÄHLER lautet: Wir müssen den Länderfinanzausgleich dahingehend reformieren, dass die Leistungsfähigen für ihre Leistung nicht bestraft werden und andere nicht dazu angehalten werden, so weiterzumachen wie bisher. Man

springt aber zu kurz, wenn man sich nur auf den Länderfinanzausgleich konzentriert. Man muss das alles in größeren Zusammenhängen sehen. Sie haben heute die Gelegenheit, das mit Ihrem Abstimmungsverhalten zu dokumentieren. Wir werden zu unserem Antrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus, zu unserem ESM-Antrag, eine namentliche Abstimmung beantragen. Dann können Sie beweisen, ob Sie für diese Milliardentransfers und für diese gescheiterte europäische Finanzpolitik sind. Wenn wir dort korrigieren würden, könnten wir die Länderfinanzausgleichsmassen in Deutschland als Peanuts bezeichnen.

Dem SPD-Antrag stimmen wir auch zu. Er ist inhaltlich richtig und analysiert die Entstehungsgeschichte des Finanzausgleichs, der im Prinzip eine CSU-Handschrift aufweist. Edmund Stoiber und seine Verhandlungskollegen haben diesen Länderfinanzausgleich federführend so ausgehandelt, und heute kritisiert ihn die CSU. Deshalb werden wir auch Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Aiwanger, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich einige Besucherinnen und Besucher bei uns im Bayerischen Landtag herzlich begrüßen. Es ist mir eine besondere Ehre, eine Gruppe ehemaliger Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau als Gäste im Bayerischen Landtag zu haben. Sie haben große Mühen auf sich genommen, um aus ihren Heimatländern Russland, Ukraine, Belarus und Litauen in das Land zurückzukehren, in dem Sie und Ihre Angehörigen entsetzliches Leid ertragen haben, das Ihnen hier zugefügt wurde.

Heute leben wir in Deutschland, wie Sie wissen, in einer gefestigten Demokratie. Dazu gehört für uns immer, das Geschehene nicht zu vergessen, sondern die Erinnerung daran lebendig zu halten. Das bedeutet auch, dass wir niemals die Augen verschließen dürfen vor den ersten Ansätzen von Ausgrenzung, Verfolgung, Rechtsextremismus und Fremdenhass. Unser Land ist aufgrund seiner Geschichte in besonderem Maße zum Schutz von Demokratie und Menschenrechten verpflichtet. Gerade wir, die Volksvertreterinnen und Volksvertreter, stehen dabei in einer besonderen Verantwortung, derer wir uns auch bewusst sind.

In diesem Sinne noch einmal: Herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass wir Sie heute hier im Bayerischen Parlament begrüßen dürfen.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Herr Grube, noch ein persönliches Wort, weil ich Sie dort oben sehe: Vielen Dank auch dafür, dass sich ehemalige Häftlinge in Deutschland und in Bayern in der Erinnerungsarbeit so herausragende Verdienste erwerben. Auch dafür Ihnen und Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern vielen Dank!

(Allgemeiner Beifall)

Wir fahren in den Beratungen fort. Herr Kollege Hallitzky ist der nächste Redner. Sie haben das Wort zu den beiden Dringlichkeitsanträgen, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin durchaus gewohnt, dass die FDP ihre parlamentarische Existenz immer wieder einmal mit Schaufensteranträgen zu rechtfertigen versucht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was Sie aber mit dem heutigen Dringlichkeitsantrag ins Schaufenster stellen, ist so schlecht, dass es sicher auch den kleinen Kreis Ihrer potenziellen Kundschaft abschrecken wird. Erstens dokumentieren Sie mit Ihrem Antrag die Uneinigkeit zwischen den Koalitionsfraktionen. Der Graf hat es sehr elegant so formuliert: Als Föderalist tue ich mich da sehr schwer.

Zweitens zeigen Sie mit Ihrem Antrag, dass bei der Staatsregierung mit der Entwicklung konstruktiver Konzepte zur Neuregelung des Länderfinanzausgleichs nichts vorangeht, sonst bedürfte es dieses Antrags nicht.

Drittens ist auch die in diesem Antrag formulierte Forderung inhaltlich absurd. Wir brauchen in Bayern nicht darüber zu befinden, was zu passieren hat, wenn sich ein Bundesland nicht an das Grundgesetz hält; das ist wohl eher lächerlich.

Viertens reden Sie von Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich. Welche Verhandlungen eigentlich? Es ist doch Ihre Staatsregierung - das sind doch Sie -, die mit ihrer eigenen Konzeptlosigkeit und ihren jahrelangen Klageandrohungen den Voraussetzungen für konstruktive Verhandlungen seit Jahren den Boden entzieht.

(Thomas Hacker (FDP): Das sieht Ihr Kollege Kretschmann aber anders!)

Wer verhandeln will, droht nicht mit Klage, sondern entwickelt ein Konzept, in dem auch die Interessen der Nehmerländer Berücksichtigung finden, und lädt dann zu Verhandlungen ein. Dass Sie sich diesem verweigern, zeigt doch klar: Sie wollen gar keine ernsthaften Verhandlungen. Ihnen reicht es doch,

dass Sie populistische Neiddebatten führen können. Ihnen ist der immerwährende Wahlkampf doch viel wichtiger als eine tatsächliche Lösung der Probleme im Länderfinanzausgleich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fünftens sollten Sie, solange Sie noch dafür verantwortlich sind - und das ist ja absehbar -,

(Thomas Hacker (FDP): Träumen darf jeder, träumen dürfen auch die GRÜNEN!)

die bayerische Finanzverwaltung personell so ausstatten, dass Bayern nicht jährlich Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung jener erleidet, um deren Wählerstimmen Sie buhlen. Solange Sie das nicht tun, sind Neiddebatten gegenüber allen anderen Bundesländern fehl am Platz. Die anderen Bundesländer geben übrigens in der Regel pro Kopf sehr viel weniger aus als Bayern; das wäre ja dann wohl die von Ihnen geforderte Sparsamkeit. Das Kriterium der Sparsamkeit erfüllen doch die meisten Bundesländer, wenn man berücksichtigt, was sie pro Kopf tatsächlich ausgeben. Solange Sie das nicht zur Kenntnis nehmen und stattdessen Neiddebatten schüren, ist das nicht nur ein übles Foulspiel gegenüber dem bundesdeutschen Föderalismus, sondern auch ziemlich verlogen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, für jene unter Ihnen, denen die Historie der Debatten über den Länderfinanzausgleich in den letzten Jahren trotz wiederholter, ewiger Landtagsdebatten offensichtlich noch immer nicht bewusst ist, für jene unter Ihnen, denen noch nicht bekannt ist, dass das derzeit von Ihnen mit geschaffene System gravierende Konstruktionsfehler hat, für jene unter Ihnen, die nach Kräften leugnen, dass das Bekenntnis zum Föderalismus und zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland eben keine Worthülse ist, sondern ein ganz konkreter Verfassungsauftrag, hat die SPD in ihrem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag das alles dankenswerterweise zum Nachlesen zusammengefasst. Wir werden dem SPD-Antrag natürlich zustimmen.

Sollten Sie darüber hinaus auch noch wissen wollen, wie denn ein zukunftsfähiger Länderfinanzausgleich aussehen kann, wenn Sie also das erfahren wollen, dem Sie sich seit Jahr und Tag verweigern, darf ich Sie herzlich zur Präsentation des GRÜNEN-Konzepts am Freitag nächster Woche hier im Landtag einladen. Während sich die CSU und die FDP in endlosen Klagedebatten gefallen und ihnen das auch ausreicht, haben die GRÜNEN, und zwar mehrere Landtagsfrak

tionen der Geber- und Nehmerländer gemeinsam, ein Konzept erarbeitet, das sowohl die Interessen der Geber- als auch der Nehmerländer berücksichtigt und das allein deswegen verhandlungs- und zukunftsfähig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Klein, ich lade Sie herzlich ein, zu kommen und diesen Termin als Fortbildungsveranstaltung wahrzunehmen. Wir werden uns auch darum bemühen - das ist für die FDP möglicherweise sehr wichtig -, dass der Besuch als Fortbildungsveranstaltung für Sie steuerlich absetzungsfähig wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Bleiben Sie bitte da. Herr Kollege Klein hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Hallitzky, das war sehr bemerkenswert und ein guter Hinweis auf Ihr Demokratieverständnis. Wer im Parlament sitzt, entscheiden die Wählerinnen und Wähler und nicht Sie, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der FDP)

Es ist keineswegs so, dass wir unbedingt Verhandlungen führen wollen, sondern wir müssen Verhandlungen führen; denn das geltende Umverteilungssystem das wissen Sie auch - äuft 2019 aus. Deshalb muss man verhandeln. Ich möchte festhalten, dass es sich nach Ihrer Meinung um einen Schaufensterantrag handelt, wenn man einen Antrag über das Grundgesetz und unter Einhaltung des Grundgesetzes einbringt. Das finde ich doch sehr interessant und habe es zur Kenntnis genommen.

Wenn Sie wegen des Handelns Ihrer Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen Schmerzen haben und wir den Finger in die Wunde legen, dann tut das weh. Das ist nun einmal so. Wenn Sie aber aus der Ichbezogenheit der GRÜNEN herausgingen, dann würden Sie feststellen, dass es etwas mit Solidarität zu tun hat, mit Solidarität von beiden Seiten, wenn man so wie wir hier einfordert, dass die Verfassung eingehalten wird, und zwar auch von den Nehmerländern. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Ich finde es nicht nur bemerkenswert, sondern auch beängstigend, welche Argumentation Sie in Anbetracht unseres Antrags vorbringen. Sie stellen offensichtlich Wahlkampfgetöse vorne an, anstatt sich mit dem Antrag inhaltlich auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen geht es nicht darum, Herr Kollege Hallitzky, in die Ausgabenpolitik der anderen Länder einzugreifen, sondern wir wollen betonen, dass man sich an die Verfassung hält. Ich glaube, diesem Grundsatz sollten auch Sie sich anschließen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)