Das war eine Rede, in der von "Schockwellen", von "Jetzt handeln", von "Konjunktur ist auf der Intensivstation" gesprochen wird, davon dass Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung verbessert werden müssen, dem Klimawandel begegnet werden muss, die Konjunktur zeitnah angekurbelt werden muss, das übergeordnete Ziel die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen ist, und ein Konjunkturpaket benötigt wird.
Ich dachte eigentlich, Herr Finanzminister, dass Sie ein nüchterner Finanzminister sind, der solide arbeitet. Ich kann feststellen, dass wir Ihre allgemeine Rede - nicht zu den Einzelplänen - jederzeit unterschreiben könnten. Mit dem Haushalt, den Sie vorgelegt haben, hat sie jedoch definitiv nichts zu tun.
Sie legen uns einen Schönwetter-Haushalt vor. Dieser Haushalt ist geeignet, wenn es der Konjunktur gut geht, wenn keine gesonderten Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dann könnte man über einen solchen Haushalt diskutieren.
Dieser Haushalt wird jedoch einer Volkswirtschaft, die sich in schwerer See befindet, nicht gerecht. Dieser Haushalt wird der schwersten Wirtschaftskrise seit mindestens 1945, wenn nicht der letzten 80 Jahre, nicht gerecht. Es wird verkannt, dass Arbeitsplätze massiv bedroht sind. Das, was Sie sagen, und das, was im Haushalt steht, stimmt nicht überein. Mit diesem Haushalt tun Sie nichts Eigenständiges für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.
Mit dem Haushalt werden die konjunkturellen Impulse nicht gesetzt, die wir dringend benötigen, um Arbeitsplätze zu sichern und die bayerische Wirtschaft weiter anzukurbeln und zu stützen. Wir brauchen einen Haushalt, der der Rezession, auf die wir immer mehr zugehen, zusammen mit dem Konjunkturpaket des Bundes entschlossen entgegentritt und eine Brücke zu Wachstum und Beschäftigung baut.
Wir wissen, und Sie wissen das auch, und deswegen verwundert mich Ihre Rede umso mehr, dass die konjunkturellen Impulse, die gesetzt werden, sich alleine im Rahmen des Konjunkturpaketes II des Bundes bewegen, in dem voraussichtlich 1,9 Milliarden Euro für Bayern vorgesehen sind und das in den Jahren 2009 und 2010 in Bayern wirksam wird. Wir sind davon überzeugt: Bayern muss zusätzlich investieren. Bayern
kann nicht nur zum Bund schielen und sagen: Ihr erledigt das für uns; wir selbst werden hier nicht tätig. Das kann nicht der Weg Bayerns sein.
Sie selbst haben gesagt: Bayern steht noch gut da. Also dann: Ergreifen Sie die Initiative und nehmen Sie Geld in die Hand, um für die Arbeitsplätze in Bayern das zu tun, was jetzt dringend nötig ist.
An dieser Stelle muss man auch ein paar Takte zur schwarzen Null, der von Ihnen so hoch gepriesenen, der oft erwähnten schwarzen Null sagen. Tatsächlich hat es doch eine mögliche schwarze Null nur im Jahr 2007 gegeben, und zwar auch nicht aufgrund des Haushaltsgesetzes, sondern allein durch den Vollzug, weil nämlich die Steuereinnahmen deutlich mehr gestiegen sind, als damals von den Steuerschätzern angenommen worden war. Ansonsten mussten Sie in Ihren Haushalten immer, obwohl Sie groß propagiert haben "Wir haben die schwarze Null!", auf Rücklagen zurückgreifen, auf den Grundstock des Freistaates. Sie haben die Menschen mit Ihrem politischen Kampfbegriff - anders kann man es nicht nennen -, der schwarzen Null, wirklich verblendet. Ich merke auch, dass Sie in Ihrer heutigen Haushaltsrede wenig zur Frage gesagt haben: Verschulden wir uns neu oder nicht? Das haben Sie im Kern offengelassen. Hier muss ich Ihnen sagen: Wenden Sie sich endlich der Realität zu! Die schwarze Null gab es nicht, sie gab es in 2007 dank fließender Steuereinnahmen, aber weder vorher noch nachher. 2008 haben wir 10 Milliarden mehr Schulden; es ist klar, dass das ein haushaltspolitisches Desaster war.
Wenn wir uns darüber unterhalten, wie Ihr Haushalt aussieht, muss ich Ihnen eine Frage stellen. Denn Ihre Rede überrascht mich wirklich; sie passt nicht wirklich zu dem vorgelegten Haushalt. Die Frage ist - manche Kollegen werden sie nicht ganz verstehen, aber Sie können sie sich jederzeit von den Kolleginnen erklären lassen -: War eigentlich Rosamunde Pilcher Ihre Ghostwriterin? - Ich sehe schon: Die Frauen lachen, für den Rest ist Rosamunde Pilcher erklärungsbedürftig. - Ihr Haushalt, den Sie uns heute vorlegen, kommt hübsch daher, aber das ist nur eine Fassade, die nicht wirklich Bestand hat.
Zum Konjunkturpaket des Bundes, das jetzt kommen wird, muss der Freistaat 477 Millionen aus eigener Kasse drauflegen. Gerüchte zu dieser Kofinanzierung lauten derzeit - vielleicht können Sie dazu nachher noch etwas sagen -, dass Sie diese 477 Millionen nicht zusätzlich in die Hand nehmen wollen, sondern sich darauf beziehen wollen, was im Haushalt bereits eingestellt ist. Das kann ja wohl überhaupt nicht sein.
Es geht keinesfalls, dass hier nur konjunkturelle Impulse des Bundes gesetzt werden, während Sie dieses Geld nicht mal selbst investieren, um einen zusätzlichen Anschub zu geben, sondern sich nur auf Projekte beziehen, die Sie im Haushalt haben. Dass dieser Weg nicht gegangen werden kann, müsste Ihnen eigentlich klar sein. Das sind Tricksereien, das ist unehrlich im Umgang mit dem Konjunkturprogramm des Bundes. Ich drücke es jetzt etwas unfein aus: Wenn einem der Bund schon den Hintern pudert, sollte man sich wenigstens die Windeln selbst besorgen.
Nicht nachvollziehbar ist für uns in diesem Haushalt, dass Sie im Grunde nicht handeln. Sie haben dargelegt, welche Steuereinnahmen nicht fließen werden. Sie haben auch dargelegt, dass natürlich die Steuerschätzung von November 2008 so nicht haltbar sein wird. Diese Ansicht teilen wir. Aber das ist kein Grund, sich auf die Position zurückzuziehen: Der Bund legt ein Konjunkturprogramm vor, wir profitieren davon und machen ansonsten einen Haushalt wie gehabt. Mein Eindruck an dieser Stelle ist, dass Sie immer noch nicht begriffen haben, dass der Neoliberalismus der letzten dreißig Jahre, der sich Deutungshoheit und Hegemonie verschafft hat, endlich vorbei ist. Gott sei Dank ist er endlich vorbei. Wir müssen vielmehr darauf setzen, dass die Ökonomie tatsächlich so gestaltet wird und der Staat aktiv handelt und eingreift, darauf, dass tatsächlich, wie Sie sagen, antizyklische Wirtschaftspolitik gemacht wird. Aber von antizyklischer Wirtschaftspolitik können wir in Ihrem Haushalt kein Fitzelchen erkennen.
Antizyklisch ist an diesem Haushalt nichts. Sie selbst gehen auf die Investitionen ein und sagen: Die Investitionen sind so herausragend. Gut. Sehen wir doch mal auf die nackten Zahlen; vielleicht hilft Ihnen das etwas, die Augen zu öffnen. Ihr Vorgänger als Finanzminister, Finanzminister Faltlhauser, hat übrigens einmal gesagt, dass 15 % die natürliche Investitionsquote in Bayern seien. 15 %! - Anfang der Neunzigerjahre, ich möchte daran nur erinnern, lagen wir bei ungefähr 20 %. Ich glaube, in der aktuellen wirtschaftlichen Lage wäre das sicherlich eine Zahl, die anstrebenswert wäre.
Wie sieht es nun in diesem Haushalt aus? Wir haben 2008 eine Investitionsquote im Haushalt von 13,4 %. 2009 haben wir eine Investitionsquote von 12,5 % und 2010 haben wir eine Investitionsquote von 12 %. Sie wollen uns heute hier anhand dieser Zahlen erklären, dass die Investitionen eines der wesentlichsten Merk
male dieses Haushalts seien. - Also, Herr Finanzminister, ich hätte von Ihnen schon erwartet, dass Sie diese Zahlen lesen können. Wer nicht versteht, dass zwischen 13,4 % und 12 % ein Minus und kein Plus ist, und nicht versteht, dass das genau nicht die Maßnahme ist, die wir jetzt brauchen, sondern dass die Investitionen nicht nur prozentual, sondern auch real um 100 Millionen sinken, dem muss ich sagen: Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Welches Gebilde des Lugs und des Trugs versuchen Sie hier vor uns aufzubauen, das Bild eines Haushaltes, der perfekt ist, der die Dinge in der Analyse richtig benennt, aber nicht die richtigen Konsequenzen aus den tatsächlichen Zahlen zieht, die im Haushalt stehen? Für mich ist das so überhaupt nicht haltbar.
Kommen wir zu den Kommunen und dem kommunalen Finanzausgleich. Sie haben hier eine Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden erzielt. Trotzdem müssen wir sagen: Für uns ist der kommunale Finanzausgleich ungenügend. Der kommunale Finanzausgleich steigt im Vergleich zum Haushalt insgesamt unterdurchschnittlich. Wir wissen aber alle: Wer der wirtschaftlichen Krise entgegenwirken will, muss insbesondere in die Infrastruktur der Kommunen investieren, weil die Investition dort am effektivsten und wirksamsten ist. Genau dies tun Sie nicht, wenn Sie die Zahlen hier prozentual eher sinken anstatt steigen lassen.
Des Weiteren steigen zwar die Schlüsselzuweisungen an, der Grund dafür ist aber im Wesentlichen der Anstieg der Steuereinnahmen im Verbundzeitraum. Bayern ist und bleibt mit einer Verbundquote von 11,94 % Schlusslicht der alten Flächenländer. Schlusslicht! Sie haben vorhin dargestellt, wie hervorragend Bayern dasteht. Ich muss sagen: Bayern steht nicht hervorragend da. Genau in dieser zentralen Frage steht Bayern nicht hervorragend da, in einer Frage, auf die es ganz, ganz maßgeblich ankommt. Es geht nämlich um die Frage: Wie viel Geld geben wir den Kommunen, damit sie in Infrastruktur investieren können? Ich werde nachher im Einzelnen noch auf einige Punkte eingehen, die deutlich machen: Dieser Haushalt ist nicht der, von dem Sie geredet haben.
Wir haben bereits im November im Rahmen unseres Konjunkturprogramms "Bayerischer Rettungsschirm für Arbeitsplätze, Sonderprogramm für Wachstum und Beschäftigung" zusätzliche Investitionen für die Kommunen gefordert. Es war richtig, diese Maßnahmen frühzeitig zu fordern. Wir haben aber nicht Ihre Zustimmung gefunden. Daran kann man auch erkennen, dass
Ihre Bereitschaft, für die Kommunen und ihre Infrastruktur tätig zu werden, zwar verbal vorhanden ist, aber nicht in die Realität umgesetzt wird. Unsere Forderungen waren, mehr Geld in Bau und Sanierung von Schulen zu investieren und die Mittel aus der Kfz-Steuer für die kommunale Infrastruktur zu erhöhen. Ich möchte daran erinnern: Der Anteil an der Kfz-Steuer war in der Vergangenheit 65 %; er wurde nun im Lauf der Jahre auf 51 % reduziert. Auch das ist nicht der richtige Weg, den Kommunen Geld sozusagen zu nehmen anstatt es ihnen zukommen zu lassen.
Wir wollen auch, dass die Sanierung von kommunalen Bädern finanziert wird. Das ist ein Problem, dessen Sie sich offensichtlich gar nicht bewusst sind. Die Bäder gerade in kleineren Kommunen stehen häufig vor der Schließung, weil kein Geld für die Sanierung vorhanden ist. Sie stellen im Haushalt nicht einen Euro dafür ein. Sie machen hier nichts. Hier gibt es Sanierungsbedarf, hier besteht tatsächlicher Handlungsbedarf. Hier ist natürlich die Wirtschaft vor Ort gefordert, die Handwerker vor Ort. Hier kann man Arbeitsplätze sichern. Das ist eines von vielen Beispielen, das zeigt: Ihr Haushalt ist verfehlt.
Er trifft nicht das, was die Kommunen brauchen und was die Bürgerinnen und Bürger in Bayern brauchen. Von unseren Zielen in der Haushaltspolitik werden nur wenige erreicht. Zu einigen Maßnahmen kann man Ja sagen. Das ist bei jedem Haushalt so. Sie versäumen aber zahlreiche Maßnahmen. Sie ergreifen keine kurzfristigen konjunkturpolitischen Maßnahmen. Das ist nicht erkennbar. Sie ergreifen nur Maßnahmen aufgrund des Konjunkturprogramms II des Bundes. Längerfristige strukturpolitische Maßnahmen ergreifen Sie in äußerst reduziertem Maß. Angeblich ziehen Sie bildungspolitische Konsequenzen aus dem, was wir seit vielen Jahren einfordern, und sagen, Sie würden 2200 neue Lehrerstellen einrichten. Tatsächlich aber wurden weit über diese Zahl hinaus Stellen gestrichen. An den Hauptschulen wurden über 1000 Stellen gestrichen. Durch die Arbeitszeitverlängerung wurden zahlreiche Lehrerstellen abgebaut. Mitnichten können Sie sagen, Sie schütten jetzt das Füllhorn aus und verbessern die Situation an den Schulen. Tatsächlich holen Sie die Lehrerstellen, die Sie abgebaut haben, mit dieser Zahl längst nicht wieder herein. Das ist die Realität, das ist aber kein massiver Ausbau.
Uns allen ist klar, dass die flächendeckende Ganztagsschule unsere Zukunft ist. Tatsächlich aber sind Sie mit Ihrem Haushalt weit von einer flächendeckenden Ganztagsschule entfernt. Das ist auch nicht das, was wir jetzt
dringend brauchen. Uns unterstellen Sie, dass wir früher weniger Investitionen und dafür mehr für die Bildung gefordert hätten. Ich frage mich, wer Ihnen dieses Gerücht zugetragen hat. Das war nie unsere Forderung.
Das ist in keiner Haushaltsrede nachzuweisen. Für uns galten immer zwei Forderungen: Investitionen in die Infrastruktur, Investitionen zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und natürlich Investitionen in die Bildung. Die Investition in die Bildung ist in diesem Land eine Zukunftsinvestition. Man kann gar nicht genug dafür ausgeben, um die Zukunft unserer Kinder zu sichern. Das war immer unsere Position und immer unsere Linie.
Ich bitte Sie, solche Unterstellungen in Zukunft zu unterlassen. Das hat in diesem Hause noch niemand vertreten.
Zu den Hochschulen: Auch das klingt zunächst ganz hübsch. Wenn man aber genau hinschaut, muss man feststellen, dass Sie 38.000 neue Studienplätze einrichten. Tatsächlich müssen wir aber mit 70.000 Studierenden rechnen. Wir haben insbesondere an den Fachhochschulen, bei denen sich der Ansturm auch noch verstärken wird, Überlastquoten von bis zu 200 %. Diese Situation haben wir an den Hochschulen. Mit diesen 38.000 Studienplätzen verbessern Sie die Situation nicht. Im Kern verschärfen Sie sie sogar noch dort, wo die Überlastquoten noch nicht so hoch sind, wie wir sie derzeit schon haben. Auch bei den Hochschulen setzen Sie kein deutliches Zeichen. Sie haben keine klare Linie, um die Ausbildung unserer Jugendlichen und Kinder zu verbessern.
Den Klimawandel haben Sie als ein großes Thema genannt. Ich vermisse ausreichende Maßnahmen zur Wärmedämmung, für die erneuerbaren Energien, zum Hochwasserschutz und zur Abwasserentsorgung. Schön reden ist das eine, Handeln das andere. Das Handeln kann ich in diesem Haushalt nicht erkennen.
Eine letzte Anmerkung zur Situation von Kindern. Ich hätte darauf gehofft, dass Sie endlich das letzte Kindergartenjahr kostenfrei machen.
Diese Forderung ist für unsere Kinder außerordentlich wichtig. Ich weiß, es ist wie bei der Ganztagsschule und bei vielem anderem mehr. Es dauert eben immer sehr lange, bis die CSU so weit ist, um zu verstehen, welche
Investitionen wirklich Zukunftsinvestitionen in die Bildung und für unsere Kinder sind. Schreiben Sie es sich einfach auf. Ich weiß, es wird irgendwann kommen. Es wird vor allem dann kommen, wenn Sie merken, dass die Wählerinnen und Wähler solche Maßnahmen deutlich einfordern. Die Wählerinnen und Wähler wollen das.
Die Abschaffung der Studiengebühren und das kostenfreie letzte Kindergartenjahr sind auch Maßnahmen, um die Nachfrage zu stärken. Diese Maßnahmen wollen Sie nicht ergreifen. Diese Maßnahmen wären aber einfacher, schneller und nicht so teuer. Warum tun Sie an dieser Stelle nichts? Steuersenkungen sind natürlich richtig, wenn damit die kalte Progression vermieden werden soll. Bei den unteren Einkommen müssen Sie aber wissen, dass die gar keine Steuern zahlen. Sie treffen mit Steuersenkungen gar nicht die Probleme dieser Menschen. Entscheiden Sie sich dafür mit uns, diese Leute zu entlasten und zu überlegen, was wir tun können. Das kostenfreie Mittagessen ist eine wunderbare Sache. Es reicht aber alleine nicht aus. Es müssen schon deutlich mehr Maßnahmen kommen, um diese Einkommensgruppen tatsächlich zu entlasten.